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(Un-)vergessene Genre-Stars - CAMILLE KEATON und PERSIS KHAMBATTA

Unvergessene Genre-StarsUnvergessen

Es gibt Schauspieler/innen, die sind haften geblieben, obwohl sie manchmal nur einen oder zwei Filme innerhalb eines Genres gemacht haben. Entweder sind sie durch ein besonderes Äußeres aufgefallen, oder die Filme bekamen einen legendären Ruf. In jüngerer Vergangenheit habe ich mich oft gefragt, was sie sonst gemacht haben oder was wohl aus ihnen geworden ist, jenen Leuten, die für einen kurzen Zeitraum die Anhänger der (Phantastischen) Genres begeistert konnten.
Jeder erinnert sich noch gern an sie, obgleich sich kaum jemand mit ihnen beschäftigt hat. Die Leute existieren auch jetzt immer noch von jenem Ruhm eines kleinen Momentes in der Filmgeschichte. Ich habe mir mal ein paar Leute aus den 70ern und 80ern herausgesucht, die Genrefreaks zwar kennen, die aber nach ihrem grossen Auftritt verschwunden sind. Jedes Mal wird es zwei Kurzportraits geben.
CAMILLE KEATON und PERSIS KHAMBATTA

Camille KeatonCAMILLE KEATON: I SPIT ON YOUR GRAVE
Es war wirklich nur dieser eine Film, der die Frau zu einer unsterblichen Ikone des Exploitation-Kinos machte. Nun, sehr viele weitere Filme hat sie auch nicht gemacht. Ein Blick in die IMDb zeigt, dass sie insgesamt nur 12 Mal vor der Kamera stand. In dem angegebenen 13. Film DECAMEROTICUS (1972) trat sie nicht auf.

Camille ist eine Grossnichte der Komiker-Legende Buster Keaton und wurde am 20. Juli 1950 in Pine Bluff/Arkansas geboren. Sie begann ihre Karriere in Italien, wo sie aufgrund einer Fotoserie für das Magazin Playman für den Film entdeckt wurde. Ihr Debut gab sie 1972 in dem Streifen COSA AVETE FATTO A SOLANGE? (Das Geheimnis der grünen Stecknadel), ein Giallo, der mit finanzieller Beteiligung aus Deutschland entstand und hier als Teil der Bryan Edgar Wallace-Serie ausgegeben wurde. Es folgte DECAMERON II.

In der Folge drehte sie noch vier Giallos und Horrorfilme, von denen jener mit dem seltsamen Titel ESTRATTO DAGLI ARCHIVE SEGRETI DELLA POLIZIA DI UNA CAPITALE EUROPEA (1972) wohl am am Erwähnenswertesten ist. In ihm geht es um vier junge Leute, die Zeuge einer extrem gewalttätigen Satansmesse werden und danach von dem Geist der obersten Satansanbeterin einer nach dem anderen umgebracht werden. Nach eigener Aussage beeinflusste ihre Darstellung in diesem Film jene in I SPIT ON YOUR GRAVE (Ich spuck' auf dein Grab, 1978) massgeblich.

Eben jenen Film (der eigentlich unter dem Titel DAY OF THE WOMAN entstand) drehte sie nach ihrer Rückkehr in die USA. Dieser für seine Zeit ungewöhnlich lange, offene und gewalttätige Rape and Revenge Film erregte schnell die Gemüter. Er wurde in England und (natürlich) Deutschland verboten. Daraus entstand eine Art Kult um diesen Film. Obwohl er in seiner Art eher wie ein Amateurfilm aussieht, hat er doch eine zuweilen verstörende Atmosphäre. Camille Keaton spielte die Rolle der übel misshandelten Rächerin ohne ingendwelche Hemmungen und grub sich insbesondere deshalb in die Erinnerungen der Fans. Sie erhielt für ihre Darstellung 1978 auf dem Festival in Sitges den Preis als beste Darstellerin.

Danach heiratete sie den Regisseur Meir Zarchi, von dem sie sich 1982 aber schon wieder scheiden liess. 1993 ehelichte sie den 35 Jahre älteren Filmproduzenten Sydney Luft, mit dem sie bis zu seinem Tod 2005 verheiratet war.

Erst nach der Scheidung von Meir Zarchi trat sie wieder in einem Film auf. RAW FORCE hätte das Zeug zu einem echten Exploitation-Trash-Klassiker gehabt, doch er fand kaum Verbreitung. Ein paar Leute verschlägt es auf eine Insel, auf der kannibalistische Mönche, Zombies und irgendwelche Geister entarteter Martial-Arts Kämpfer ihr Unwesen treiben. Es folgte eine kleinere Rolle als Inhaftierte in THE CONCRETE JUNGLE (Mädchen hinter Gittern, 1982).

Camille KeatonErst 1989 spielte sie wieder eine kleine Rolle in den Thriller NO JUSTICE. Danach sollte es weitere vier Jahre bis zum nächsten Film dauern. Der allerdings erregte die Gemüter der Fans.
Es entstand SAVAGE VENGEANCE (1993), der auch unter dem Titel I SPIT ON YOUR GRAVE 2 aufgeführt wurde (Der Streifen hat indes nichts mit der deutschen Videoveröffentlichung „Ich spuck' auf dein Grab, Teil 2“ zu tun, jener heisst eigentlich EYES OF PREY). In ihm geht es um eine Frau, die von vier Männern vergewaltigt wird und sich dafür rächt. Camille ist zu diesem Müll kein Kommentar zu entlocken. Sie trat auch unter dem Pseudonym Vickie Kehl auf.

Die Story des Films ist ohne jeden Zusammenhang, die Darsteller (Camille eingeschlossen) agieren unterirdisch und das filmische Handwerk bewegt sich in einer Region, die selbst Amateure weit hinter sich gelassen haben. Wie schlampig der Film ist, sieht man schon daran, dass in den Vergewaltigungsszenen alle Akteure, Täter wie Opfer, ihre Klamotten noch tragen – da wird nicht einmal der Hosenschlitz geöffnet.

Als Ehefrau von Sydney Luft zog sie sich vom Filmgeschäft zurück. Es gab 1999 noch einen kurzen Gastauftritt in der Komödie HOLY HOLLYWOOD, den sie aus Gefälligkeit machte. Der Regisseur des Films ist Terry Zarchi, ein Sohn von Meir Zarchi.

Heute lebt sie zurückgezogen in einem Haus in Los Angeles von ihrem geerbten Geld.

Filmografie in der IMDb



Persis Khambatta in Star Trek 1PERSIS KHAMBATTA: STAR TREK 1
Auch sie hatte letztlich nur diesen einen Film, der sie für manche unvergesslich gemacht hat. Und ihre Filmografie ist ebenfalls nicht sonderlich lang, umfasst gerade einmal 20 Titel, von denen einige noch Auftritte in TV-Serien sind. Und dennoch: Als glatzköpfige Lt. Ilia hat die Inderin in STAR TREK – THE MOTION PICTURE (Star Trek – Der Film, 1979) die Herzen der Fans erobert.

Miss India 1965 - Persis GhambattaPersis wurde am 2. Oktober 1950 in Bombay geboren. Schon im zarten Alter von 15 Jahren wurde sie 1965 zur Miss India gekürt. So wurde sie 1968 für das Drama BOMBAI RAAT KE BAHON MEIN engagiert, welcher ihr einziger Film im Heimatland bleiben sollte. Sie ging nach Europa, wo sie sich mehr Chancen erhoffte.

Zwischenstation Deutschland – sozusagen. Sie erhielt eine kleine Rolle in der Sexklamotte KAMASUTRA – VOLLENDUNG DER LIEBE (1969), der zum Teil in Indien gedreht wurde. Das war sicherlich nicht der erhoffte Einstieg in die grosse Filmwelt. Persis ging Anfang der 70'er Jahre lieber in das Land der ehemaligen Kolonialherren, nach England.

Sie nahm Schauspielunterricht und spielte auf kleinen Theaterbühnen. Ihre Vergangenheit als Miss India nahm hier kaum jemand zur Kenntnis. So konnte sie erst 1975 in zwei Filmen auftreten. Es gab eine winzige Nebenrolle in CONDUCT UNBECOMING (Die Schande des Regiments), ein Drama zur Zeit der Kolonialherrschaft in Indien. Immerhin eine gute Rolle gab es in THE WILBY CONSPIRACY (Die Wilby Verschwörung). Sie wurde in der zweiten Reihe hinter solch illustren Namen wie Sidney Poitier, Michael Caine und Nicol Williamson genannt.

Dennoch stagnierte die Karriere. So versuchte sie es in den USA und wurde dort als indische Prinzessin für den TV-SF-Film THE MAN WITH THE POWER (Der Mann, der Berge versetzt, 1978) engagiert.

Nun, dann folgte eben STAR TREK – THE MOTION PICTURE. Zunächst war es ihr gar nicht recht, dass sie mit einer Glatze durch die Gegend rennen sollte. Dennoch war das ihre grosse Chance. Also verzichtete sie auf eine entsprechende Maskerade und liess sich tatsächlich einen kahlen Kopf rasieren. Nach Ende der Dreharbeiten wuchsen die Haare schnell wieder nach. Mal ehrlich, an was erinnert man sich bei diesem Film noch? Obwohl ich durchaus der Meinung bin, dass der Film krass unterbewertet ist, so bleibt doch in erster Linie Ilia hängen. Und das nicht nur, weil sie eine Glatze hat, sondern auch, weil sie damit wirklich verdammt gut aussieht. Zudem bringt sie ihre Rolle sehr gut 'rüber.

1981 folgte mit NIGHTHAWKS (Nachtfalken) ein wirklich guter Thriller, in dem sie neben Sylvester Stallone und Rutger Hauer agierte und dieses hervorragend meisterte. Aber dann war es plötzlich vorbei. Warum sie in der Folge nicht Fuss fassen konnte und deshalb in billigen kleinen Filmen versackte, ist nicht mehr zu ergründen. Vielleicht traf sie auch nur die falschen Entscheidungen.

Böse Zungen könnten behaupten, dass es mit ihrem Autounfall 1979 zusammenhing, kurz nach Beendigung der Dreharbeiten zu STAR TREK. Sie wurde schwer am Kopf verletzt. Wenig später musste ihr auch wegen einer Herzschwäche ein Bypass eingesetzt werden. Jedenfalls drehte sie 1982 den Dumpfbackenfilm MEGAFORCE (Megaforce), der im Grunde, trotz einer anderen Story, nichts anderes als der Versuch war, CANNONBALL RUN (Auf dem Highway ist die Hölle los, 1981) ein futuristisches Gewand der zu jener Zeit grassierenden Endzeitfilm-Welle zu geben. In beiden Fällen war Hal Needham der Regisseur.

Es folgte ein weiterer Endzeitfilm in Italien mit dem Titel IL GIUSTIZIERE DELLA TERRA PERDUTA (The Last Warrior – Kämpfer einer verlorenen Welt, 1983). Hier zierte sie immerhin die Headline, trotz Namen wie Robert Ginty, Donald Pleasence und Fred Williamson. Danach folgten ein paar kleinere, unbedeutende Filme und einige TV Auftritte (u.a. in HUNTER und McGYVER).

Ihren letzten Spielfilm drehte sie 1988 mit dem Titel PHOENIX THE WARRIOR (Phoenix the Warrior), wo sie sogar als Associate Producer in Erscheinung trat. Gleichwohl sollte man diese Mär von der Erde, auf der nur noch Frauen leben, vergessen (Ich mag den Film, aber das ist eine andere Sache). Plötzlich taucht doch noch ein Mann auf und schwängert eine Frau. Die Herrscherin dieser Endzeitwelt (Persis) will das Kind töten, um dessen Lebensenergie zu ziehen.

Pride Of IndiaDanach arbeitete Persis noch ein wenig im Fernsehen. Sie wurde sehr anfällig für Krankheiten und ihr Herz machte ihr mehr und mehr zu schaffen. Sie ging zurück nach Bombay.
 
Dort schrieb sie ein Buch, das 1997 veröffentlicht wurde, mit dem Titel PRIDE OF INDIA. Es geht dabei in Wort und Bild um die Geschichte der Miss India, um all die Siegerinnen des Wettbewerbs. Ich habe dieses Buch vor einiger Zeit mal ergattern können, und ganz ehrlich, das Ding ist wunderschön. Ich weiss nicht, ob es ausserhalb Indiens erschienen ist.

Am 17. August 1998 wurde sie wegen massiver Schmerzen in der Herzgegend ins Krankenhaus eingeliefert. Einen Tag später verlor sie den Kampf und starb nach einer schweren Herzattacke.

Filmografie in der IMDb

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