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Schwert & Magie – Kurt Luif’s Geschichte eines Sub-Genres (Teil 8)

Schwert & Magie Liebe Fantasy-Freunde,
(8. Teil)

heute setzen wir unsere Serie über die Entwicklung der „Schwert & Magie" mit der 8. Folge fort, in der wir eine verblüffende Entdeckung machen können. Oder haben Sie gewußt, daß eines der besten Fantasy-Magazine in Deutschland erschien? Und das in den 20er Jahren! Die meisten Fantasy-Fans haben bereits irgendwann einmal etwas vom berühmten Weird Tales Magazine (1923-1954) gehört. Und viele glauben auch, daß es das erste Fantasy-Magazin der Weit sei. Das stimmt aber nicht.

 

Der Orchideengarten Nach Franz Rottensteiner dürfte das erste Fantasy-Magazin der Welt das schwedische Hugin (1916-1920) gewesen sein, eine ziemlich miserable Publikation. Das erste amerikanische Fantasy-Magazin ist das von Street & Smith herausgegebene The Trill Book, welches nur kurze Zeit (1919) erschien. Street & Smith brachte später dann Astounding Science Fiction, Unknown und Doc Savage heraus.

Die wenigsten Fantasy-Freunde werden wissen, daß eines der besten Fantasy-Magazine zwischen 1919 und 1921 in München erschien. Es war Der Orchideengarten, ein großformatiges Magazin, von dem 51 Ausgaben erschienen. ( Wir zeigen das Titelbild der ersten Nummer) Die Herausgeber waren Karl Hans Strobl und Alfons von Czibulka. Strobl schrieb selbst Stories für dieses Magazin, andere Autoren waren: Schmilz, Perutz, Wells, Dickens, Victor Hugo, Maupassant, Poe, Washington Irving, Hawthorne, etc. Die Illustrationen stammten von hervorragenden Künstlern, so arbeitete z.B. Alfred Kubin für den Orchideengarten. Zweifelsohne war es eines der schönst gestalteten Fantasy-Magazine, das je erschien.

In den USA ging um das Jahr 1920 der Trend zu immer mehr Spezialmagazinen hin. Es gab da Pirate Stories, Zeppelin Stories, Oriental Stories, Baseball Stories, Sea Stories, War Stories, Navy Stories, Jungte Stories, etc.

Ein Mann, der diesen Trend erkannte, war J. C. Henneberger, ein Fan von Edgar Allan Poe. Seit 1920 gab er mit großem Erfolg zwei Humor-Magazine heraus: College Humor und The Magazine of Fun. 1922 gründete er zusammen mit J.M. Lansinger einen neuen Verlag: Rural Publications, Inc. Dieser Verlag gab anfangs 1923 zwei neue Magazine heraus: Real Detective Tales and Mystery Stories und Weird Tales.

Als Chefredakteur für diese beiden Magazine verpflichtete Jacob Clark Henneberger den Schriftsteller Edwin Baird. Bei der Auswahl der Stories halfen ihm der Musikkritiker Farnsworth  Wright und der Schriftsteller Otis Adelbert Kline.

Edwin Baird (1886-1957) wurde in Cattanooga, Tennessee, geboren. Er begann 1906 zu schreiben, und seine Arbeiten erschienen in unzähligen Zeitschriften und Magazinen. Baird war für die ersten 13 Nummern von Weird Tales verantwortlich. Später dann arbeitete er als Star-Reporter für The Chicago Daily Journal.

Die erste Nummer von Weird Tales (weird = unheimlich, geisterhaft; tales = Erzählungen, Geschichten) kam mit dem Untertitel „The Unique Magazine" (Das einzigartige Magazin) im März 1923 heraus. Der Preis betrug 25 Cents. Es war 192 Seiten stark und enthielt 24 Stories und einen Fortsetzungsroman. Die Titelgeschichte war „Ooze" von Anthony Rud (1893-1942), der später dann Herausgeber von Adventure und Detective Story Magazine wurde. Die Titel der anderen Geschichten waren nicht gerade geschmackvoll: „Das Grab", „Der Ghoul und der Leichnam" und „Das Ding der tausend Gestalten". Die Stories waren alle ziemlich miserabel, und es sah nicht danach aus, als würde Weird Tales ein hohes Alter erreichen. Die Geschichten in der April-Nummer waren etwas besser. Die Mai-Nummer erschien im Großformat mit 64 Seiten Umfang. Baird war alles andere als ein  guter Chefredakteur. Er lehnte Stories ab, die später dann von seinem Nachfolger angekauft wurden und große Erfolge waren, wie z. B. der Roman „Invaders in the Dark“ von Greye la Spina.

Weird talesDie Oktober-Nummer ging in die Geschichte der Fantasy ein: Die erste von vielen von H. P. Lovecrafts Stories erschien in dieser Ausgabe: Dagon. Da H. P. Lovecraft für die Entwicklung der Fantasy so überaus wichtig ist, werde ich mich mit ihm und zwei  anderen Weird-Tales-Autoren Clark Ashton Smith und Robert E. Howard gesondert beschäftigen

Ebenfalls in der Oktober-Nummer wurden zwei Beiträge von Seabury Quinn (1889 - 1969) veröffentlicht. Ein Artikel in der Serie „Weird Crimes" und eine Story „The Phantom Farmhouse.“

Quinn wurde 1889 in Washington DC geboren. Er studierte Rechtswissenschaften und war dann später der Herausgeber einer Reihe von Gewerbezeitschriften, darunter auch einem Anzeigenblatt für Bestattungsunternehmungen, das den wohl nur in den USA möglichen Titel führte: Casket and Sunnyside (Sarg und Sonnenseite -  wobei mit Sonnenseite ein hübscher Grabstein an einem sonnigen Fleckchen gemeint ist).

Weird talesSeabury Quinn war ohne Zweifel der populärste Autor, der für Weird Tales schrieb. Besonders beliebt war sein Held Jules de Grandin, der geheimnisvolle Detektiv des Okkulten, der in insgesamt 93 Stories vorkam. Sein Debüt gab er in der Oktober-Nummer 1925. (Das Cover ist einfach irre! Es bezieht sich allerdings auf die Titel-Story Der bösartige Floh, die noch verrückter war.)

Falls Grandin nicht gerade bei seiner Lieblingsbeschäftigung dem Essen war, rettete er hübsche Damen vor Vampiren, Werwolf und Zombies. Seine Rolle für die Weiterentwicklung der heroischen Fantasy ist äußerst gering, aber zu seiner Zeit war er überaus berühmt, wie die von de Camp aufgezeichnete Anekdote beweist.

Quinn kam einmal geschäftlich nach New Orleans. Die Geschäftsleute, mit denen er zu tun hatte, wollten ihm die Lustbarkeiten der Stadt zeigen und führten ihn in eines der besseren Bordelle. Die Mädchen dort, die alle treue Leserinnen von Weird Tales waren, waren so angetan von seiner Gegenwart, daß sie ihm einen Abend auf Kosten des Hauses boten.

Quinns Werk ist Deutschland fast unbekannt,  auch in den USA dauerte es ziemlich lange, bis von seinen weit über 500 veröffentlichten Geschichten einige in Buchform erschienen. Roads erschien 1948 im Arkham House Verlag. 1966 kam die erste Sammlung von Jules de Grandin Geschichten unter dem Titel The Phantom Fighter heraus. Weitere Bücher von Quinn: IS THE DEVIL A GENTLEMAN?  ADVENTURES OF JULES DE GARDIN, CASEBOOK OF JULES DE GARDIN, DEVIL'S BRIDE.

Bis in einer Woche

Schwert & Magie - NachtragNachtrag von Kurt Luif zu:
The Fantasy BookDie Informationen zum Orchideengarten entnahm ich Franz Rottensteiners The Fantasy Book, An Illustrated History From Dracula To Tolkien.

Ein wirklich großartiges Werk! Es ist noch immer lieferbar, z. B bei Amazon.

En.wikipedia (Der Orchideengarten)
Johncoulthart.com


Ajourneyroundmyskull.blogspot.com

Dort findet man:
Other links:
  • At The Black Sun, Theo Paijmans gives some background about the magazine and points out that "while the venerable Weird Tales was launched in March 1923, Austrian magazine Der Orchideengarten (The Garden of Orchids) preceded the American venture with four years." [note: looking at the copyright pages, it seems both Austrians and Germans were involved]
  • Mike Ashley talks about early fantasy publications.
  • Da kommt man zu: The History of the science fiction magazine von Mike Ashley!!!

Nachtrag zu Weird Tales:
Auf dieser Seite bekommt man einen raschen Überblick über alle Nummern, die Titelbilder (die teilweise unglaublich primitiv sind) und Stories: Collectorshowcase.fr

Nachtrag zu Seabury Quinn:
Die Braut des Teufels"Die Braut des Teufels"
Horror Expert 9
von Seabury Quinn
September 1971
Luther Verlag

The Devil's Bride
[Jules de Grandin] Februar bis Juli 1932
SF-hefte.de
Worldlingo.com
Chpr.at

Besonders hinweisen möchte ich (ein großes Kompliment an Ingo Löchel) auf diese Serie:

Die Zauberspiegel-Kolumne Brutstätte des Phantastischen.

In dieser Serie werden auch viele der Autoren, die in WT veröffentlich haben, sehr ausführlich vorgestellt, wie z.B. Seabury Quinn.

Da heißt es:
Viele hervorragende Autoren der Phantastischen Literatur schrieben für dieses Magazin, dass sich lange im hart umkämpften Markt der Pulp Magazine der 30er und 40er Jahre halten konnte. Conan und der Cthulhu-Mythos sind nur zwei der ganz herausragenden literarischen Mythen, die diesem Magazin entstammen. Ein Blick darauf lohnt sich.
Copyright Kurt Luif, 1980, 2011

Kommentare  

#1 Lefti 2011-04-11 20:54
:-)

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