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Die Rückkehr der Hexenklinge - Witchblade

Die Rückkehr der Hexenklinge

Witchblade

Vol.3 Ausgabe 1 – 6

 

30 Jahre nach Start der ersten Witchblade-Serie startet Top Cow unter Marc Silvestri einen neuen Anlauf, um ihr einstiges Zugpferd wieder erfolgreich am Markt zu etablieren. 2018 misslingt ein Versuch, mit Alex Underwood eine weitere Trägerin der Witchblade einzuführen. Man hat aus den Fehlern der ersten beiden Serien gelernt. Fulminant kehrt Sara Pezzini zurück und ihre Geschichte wird neu von vorn erzählt.

 

Im Jahr 1992 wird der Image Verlag aus der Taufe gehoben. Einer der Gründer ist der Zeichner Marc Silvestri, der sich mit sechs anderen Größen der US-Szene zusammenschließt, um den Marktführern der Branche, Marvel und DC, die Stirn zu bieten. Der Image Verlag schreibt sich auf die Fahnen, dass die Comiccharaktere sowie deren Vermarktungsrechte allein bei den jeweiligen Schöpfern liegen. So ist Image kein Großverlag im eigentlichen Sinne, sondern ein Zusammenschluss von mehreren kleinen Studios.

Silvestri nennt sein Studio im März 1993 in Top Cow Productions um, dessen unverkennbares Logo seitdem auf jedem ihrer Comics prangt: Die Erde in kuhgefleckten Farben, von der vier Euter abgehen. Fun-Fact am Rand: Geplant war eigentlich ein ganz anderes Logo. Im alkoholisierten Zustand entstand die Idee des Kuhlogos und Silvestri gefiel es am nächsten Tag so gut, dass er es behielt.

Bereits 1992 landet er mit der Superheldenserie Cyberforce einen ersten Erfolg. Im Jahr 1995 folgt die Serie Witchblade, mit der Top Cow einen größeren Bekanntheitsgrad erlangt. Die Polizistin Sara Pezzini gelangt in den Besitz eines geheimnisvollen Artefaktes, der Witchblade. Die Hexenklinge hüllt ihre Trägerin in eine Rüstung, die sie für ihre Angreifer nahezu unüberwindbar macht. Im Zuge des Erfolges werden weitere Charaktere geschaffen, die über ähnliche Artefakte verfügen, wie The Darkness oder The Magdalena.

In der Anfangszeit der Serie stehen die Zeichnungen von Toptalent Michael Turner im Blickpunkt der Leserschaft. Turner legt Layouts vor, die sich über ganze Seiten erstrecken. Sein Zeichenstil wird viele Nachahmer finden, in dem vor allem die weiblichen Proportionen der Charakter hervorstechen. Autor der ersten Bände ist David Wohl, der Witchblade zusammen mit Marc Silvestri aus der Taufe gehoben hat.

Wohl schafft es nicht immer, eine stimmige Geschichte und ausgefeilte Charakterzeichnungen zu erschaffen. Zu sehr verlässt er sich auf die ausufernden Zeichnungen von Michael Turner. Als Turner die Serie mit Band 25 verlässt, treten die Schwächen bei Witchblade deutlich hervor. Wohl wird als Autor von Christin Z. abgelöst, die die Serie vollends in die Bedeutungslosigkeit führt. Sie schreibt wirre und schlecht durchdachte Geschichten, in denen nicht ganz klar wird, ob die Autorin überhaupt selbst versteht, was sie da zu Papier bringt. Schließlich übernimmt der britische Autor Paul Jenkins die Serie und bringt etwas Ordnung in die Geschichten rein. Er erzählt einzelne, in sich abgeschlossene übernatürliche Cop-Storys, die zwar einen gewissen Unterhaltungswert haben, aber keinen übergeordneten Handlungsbogen erkennen lassen.

Mit Band 80 übernimmt Ron Marz Witchblade. Erste Sporen hatte er sich bei Marvels Silver Surfer erworben, um dann bei DC in Green Lantern richtig aufzuräumen. Serienheld Hal Jordan wird zum Schurken und Kyle Rayner als junge Green Lantern eingeführt, um auch ein jüngeres Publikum anzusprechen. Silvestri scheint sich einen ähnlichen Schub für Witchblade zu versprechen.

In den ersten Ausgaben schreibt sich Ron Marz noch mit einzelnen Episoden warm. Zunehmend verknüpft er Witchblade mit den anderen Top Cow Serien, hier vor allem mit dem Mafiakiller Jackie „The Darkness“ Estacado und der Magdalena, die im Auftrag der Kirche unterwegs ist. Das Top Cow Universe ist wahrlich geboren. Er schreibt Geschichten, die vor Einfallsreichtum nur so strotzen. Der Fantasyanteil ist hoch und er erschafft ein Epos, das sich über mehrere Jahre hinwegzieht.

Ron Marz hat seine Vision bis Band 170 erzählt und mit Band 185 wird Witchblade schließlich eingestellt. 2018 gibt es einen Versuch, eine neue Witchblade-Serie auf den Markt zu bringen. Trägerin des Artefaktes ist dieses Mal die Reporterin Alex Underwood. Der Serie ist kein großer Erfolg beschieden und sie wird mit der Ausgabe 17 wieder eingestellt.

Seine Kreation scheint Marc Silvestri keine Ruhe zu lassen und so erfolgt 2024 ein weiterer Versuch, Witchblade neu zu starten. Trägerin des Artefaktes ist wiederum Sara Pezzini. Marguerite Bennet kann als Autorin gewonnen werden, die bereits Arbeiten für DC, Dynamite und Boom Comics angefertigt hat. Man möchte sich vom Ballast der Vergangenheit befreien und so wird Sara Pezzinis Geschichte noch einmal von vorn erzählt.

So finden sich im ersten Story-Arc denn auch die wesentlichen Grundzüge der ersten Ausgaben von 1995 wieder, nur sind sie viel besser erzählt und die Charakterzeichnung, vor allem die Sara Pezzinis, ist sehr viel besser gelungen.

Kenneth Irons ist auf der Suche nach Artefakten und findet in Berlin die Witchblade. Das Artefakt entwickelt ein Eigenleben und heftet sich an verschiedene Trägeinnen, um nach New York zu gelangen. Dort findet die Witchblade ihre wahre Trägerin, die Polizistin Sara Pezzini. Pezzini ist einem Menschenschmugglerring auf der Spur, von dem sie noch nicht ahnt, dass der in einem Zusammenhang mit Kenneth Irons und den weiteren geheimnisvollen Artefakten steht.

Irons versucht Sara zu kontrollieren, indem er seinen Gehilfen Ian Nottingham auf sie ansetzt. Der spielt ihren Mentor und weiht sie nach und nach in die Geheimnisse der Witchblade ein. Sara vernachlässigt dabei ihre Ermittlungsarbeit, war sie doch eigentlich zur Polizei gegangen, um den Mord an ihrem Vater aufzuklären. Der war ebenfalls Polizist gewesen und wahrscheinlich von seinen Kollegen umgebracht worden. Sara findet heraus, dass ihr Vater ebenfalls dem Menschenschmugglerring auf der Spur war und dass es Verbindungen zu Kenneth Irons gibt. Wutentbrannt geht sie auf die Suche nach ihm.

Bennet nimmt sich viel Zeit, um Sara als Charakter einzuführen. In der alten Serie war Sara der Witchblade zunächst etwas hilflos ausgeliefert. In der neuen Version führt die Klinge zwar auch ein Eigenleben, Sara aber ist ein sehr viel eigenständigerer und stärkerer Charakter. Nach dem Mord an ihrem Vater dient sie sie in der US-Armee und ist in vielen Krisengebieten auf der Welt unterwegs. Sie kehrt nach New York zurück und tritt der Polizei bei. Sie führt Undercover-Einsätze durch, um den Verantwortlichen für den Tod ihres Vaters auf die Schliche zu kommen. Dabei geht sie nicht gerade zimperlich vor. Als die Witchblade sie als Trägerin erwählt, gehen Veränderungen in ihr vor. Ihr Körper wird stärker und ihre Vitalität nimmt zu. Ihre sexuelle Begierde steigert sich und sie wirft sich in amoröse Abenteuer. Wenn ein James Bond in jedem Film eine Schönheit ins Bett bekommt, dann darf Sara das natürlich auch.

Ihr Widersacher ist Kenneth Irons, von dem der Leser in den ersten Ausgaben noch nicht allzu viel erblickt. Von ihm erfährt der Leser, dass neben der Witchblade noch weitere Artefakte existieren. The Darkness erwähnt er in einem Nebensatz, sodass davon auszugehen ist, dass sich Saras Wege wieder mit Jackie Estacado kreuzen werden. Vom Erfolg von Witchblade wird es wohl abhängen, ob die Finsternis wieder eine eigene Serie bekommen wird und der Ausbau des Top Cow Universes vorangetrieben wird.

Ian Nottingham nimmt eine vergleichbare Rolle wie in der alten Serie ein. Der charismatische Killer versucht Saras Vertrauen zu gewinnen und wirkt dabei etwas unberechenbar. Wird er Irons Anweisungen folgen oder fühlt er sich doch zu Sara hingezogen?

In einer kurzen Sequenz erscheint eine Stimme aus dem Hintergrund, die sich als die Reporterin Alex Underwood zu erkennen gibt. Alex war in der 2. Serie von 2018 die Trägerin der Witchblade. Es ist nicht erkennbar, ob es sich hier um ein Easter-Egg handelt, oder ob sie im Verlauf der Handlung nochmal eine Rolle spielen wird.

Witchblade hat immer für ausufernde Layouts gestanden und das ist auch jetzt nicht anders. Der italienische Zeichner Guiseppe Cafaro ist bereits ein erfahrener Künstler, der an vielen Projekten mitgearbeitet hat. Nach seinem Ausscheiden bei Witchblade konzentrierte sich Michael Turner auf sein eigenes Projekt Fathom und gründete mit Aspen Comics schließlich ein eigenes Studio. Cafaro hat bei Aspen bereits an einige Projekten mitgewirkt und dürfte von den Arbeiten Turners inspiriert sein. Daher bringt er die besten Voraussetzungen für Witchbalde mit, die er auch umzusetzen weiss. In den Dialogszenen zeichnet er sehenswerte Panel zu Panel Sequenzen, um dann in den Action-Szenen zu explodieren. Ganzseitige Zeichnungen fließen ineinander über und versprühen eine außergewöhnliche Dynamik. Cafaro hat seine Seiten selbst getuscht, was sich leider nicht immer als Glücksgriff erweist. An einigen Stellen wirken die Schattierungen etwas grob und einfach. Ein Tuscher mit mehr Blick für die Details hätten den atemraubenden Layouts sicher besser gestanden.

Der Einstand der neuen Witchblade ist geglückt, wenn auch mit leichten Abzügen bei den Tuschezeichnungen. Leser der alten Serie sollten sich nicht dadurch abschrecken lassen, dass das Original noch einmal neu erzählt wird. Marguerite Bennet fügt der Geschichte um Sara Pezzini viele neue Elemente hinzu und erzählt sie in sich stimmiger. Und nach 30 Jahren ist eine Neuinterpretation durchaus vertretbar.

 

Autorin: Marguerite Bennet
Zeichnungen/Tusche: Guiseppe Cafaro
Farben: Arif Peteri

 

Witchblade 1: I put a spell on you
Erscheinungsdatum: Juli 2024
Preis: $3,99

 

Witchblade 2: Feeling good
Erscheinungsdatum: August 2024
Preis: $3,99

 

Witchblade 3: Don't let me be missunderstood 
Erscheinungsdatum: September 2024
Preis: $3,99

 

Witchblade 4: Lilac Wine 
Erscheinungsdatum: Oktober 2024
Preis: $3,99

 

Witchblade 5: My Father
Erscheinungsdatum: November 2024
Preis: $3,99

 

Witchblade 6: Don' t smoke in bed
Erscheinungsdatum: Dezember 2024
Preis: $3,99

 

Top Cow Productions

 

09/2025

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