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Die Legende vom Tränenvogel - Bd 1 Das Blut der Herzlosen

Coer Young-do Blut der HerzlosenDie Legende vom Tränenvogel - Bd 1 Das Blut der Herzlosen

Nur zu dritt kann man gegen einen antreten ...
Das ist ein uraltes Sprichwort in der Welt, die Lee Young-Do in seinem Buch zum Leben erweckt.
In einer fernab liegenden Taverne treffen sich die drei Abenteurer das erste Mal, und es wird deutlich, dass sie nur fragmentarisch wissen, um was es überhaupt geht. Einer von ihnen ist Kaygon Draga, ein legendärer Nagaschlächter und Führer, einer ein etwas großmäuliger Krieger mit dem Kopf eines Hahns, der dritte ist ein Dokebi, der Feuer entfachen kann. Und ihre Aufgabe: Die Welt vor dem Untergang retten.


Um was genau es geht, das ist nicht ganz klar, aber es hat ganz offensichtlich mit der vierten Person zu tun, die sie retten sollen, einem Naga-Mann.
Mit diesen spärlichen Inhaltsangabe müsst ihr euch zunächst begnügen, wenn ihr in meinen Artikel über das erste Buch aus der Buchreihe vom Tränenvogel einsteigt.

Als ich den Hinweis auf das Buch entdeckte, war ich skeptisch, ob ich mit koreanischer Fantasy etwas anfangen könnte, denn ich bin nicht unbedingt ein Fan von asiatischen Fantasyfilmen mit viel fliegenden Kämpfer*innen, fliegenden Messern und entsprechender Choreographie, aber ich habe mich eines Besseren belehren lassen dürfen.

Die Reihe, die in vier Bänden bei Heyne erscheinen wird, ist ein Megabestseller in Korea und sein Autor, Lee Young-do gilt als der Schöpfer der modernen koreanischen Fantasy. Seine Leistung für die moderne koreanische Fantasy wird mit der von Tolkien für die englische/europäische Fantasy verglichen. In der Tat ist es so, dass es zwischen dem Herrn der Ringe und der Legende vom Tränenvogel einige Ähnlichkeiten gibt, die erschöpfen sich aber in der Tatsache, dass es sich bei der Gruppe der vier um klassische Motive der Heldenreise handelt, mit allen Steinen und Monstern, die ihnen das Schicksal in den Weg legt.
Sie durchwandern auf ihrem Weg in den Norden, denn dorthin müssen sie, trotz aller Probleme, die dies für den Naga mit sich bringt, unwirtliche Gegenden, geraten immer wieder in Gefahr, nicht zuletzt durch die Duokxinis, die ihren Gott - und damit jede Regel - verloren haben. Gerade der Aufenthalt bei den Duokxinis hat mir einen Schauer über den Rücken gejagt, für mich definitiv die gruseligste Stelle des Romans. Immer wieder ertappte ich mich bei der Frage, wie Filmemacher das wohl in Film/Serie umsetzen würden.

Es half ungemein, am Ende des Buches ein Personenverzeichnis und eine Liste mit wichtigen Begriffen zu finden, mit denen man sich immer wieder vergewissern konnte, um welches Volk mit welchen Besonderheiten es sich handelte, oder was eigentlich mit den Himmelsfischen auf sich hat, hinter denen Tinahan so gerne her wäre.

Beim Lesen des Buches stolperte ich immer wieder über Passagen, die mich in besonderer Weise angesprochen haben, und die ich am liebsten alle zitieren würde. Ich entscheide mich für einen recht frühen Absatz, der nicht viel inhaltlich offenbart, aber in meinen Augen deutlich macht, wieviel Aufmerksamkeit und Liebe Lee Young-do so etwas wie einen Schloss beschreibt. Es sind zum Teil genau diese Beschreibungen, durch die die Lektüre des Buches so magisch wird.

Hier ein Zitat:

"Als die Menschen, der Legende zufolge, die Abenddämmerung durch Kerzen und Lampen vom Übergang zur Nacht zu einem festen Teil des Tages machten, verlor sie ihren Platz in der Ordnung und irrte umher. Es war ein Dokebi, der die herumirrende Dämmerung wieder in die Nacht hineinführte. So gewann er Mutter Nacht für sich, und so konnte er auch die fünf Töchter den Nacht erobern: Verwirrung, Verlockung, Gefangenschaft, Verschleierung und Traum. Mit ihrer Hilfe bauten die Dokebis ein gigantisches Schloss (...) Verlockung bestimmte das Äußere des Schlosses und verlieh ihm ein würdevolles Antlitz. Verwirrung gestaltete das Innere. Gefangenschaft baute unzählige Labyrinthe, Irrgärten und Fallen, während Verschleierung Geheimgänge, Geheimtüren und Geheimcodes hinzufügte. Es ist jedoch nicht überliefert, welchen Einfluss die jüngste Tochter der Nacht auf den Schlossbau hatte ..."

Young-do verwebt einen uns bekannten Erzählstil mit den Mythen seines Kulturkreises und schafft so etwas ganz Neues.

Mich hat das Buch sehr begeistert, nachdem ich den Einstieg geschafft hatte, es ist wirklich großartig, nicht zu vergessen die wirklich toll gelungene Covergestaltung, die einen unglaublich neugierig macht.

Das Einzige, was mich störte, ist eine Kleinigkeit, die mir aber den Lesefluss etwas verdarb. Bei einem Perspektivenwechsel in der Geschichte ist im Buch eine einzige Leerzeile eingefügt, wahrscheinlich um Platz zu sparen, statt eines größeren Absatzes. Das brachte mich immer wieder in Stocken, wenn ich plötzlich feststellte, dass von einer Perspektive zu einer anderen gewechselt wurde, und ich mich vergewissern musste, dass ich tatsächlich nichts überlesen hatte.

Und obwohl ich es kaum erwarten kann: Band 2, Der täumende Krieger, erscheint (erst) am 10. Juli 2024.

 

Die Legende vom Tränenvogel - Bd 1 Das Blut der Herzlosen
von Lee Young-do
Verlag: Heyne

1. Auflage: April 2024
Seitenzahl: 560
Hardcover
ISBN: 978-3-453-27441-9

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