Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Ein Streifzug, Gruben und Medien - Hammerharte Horror Schocker 11

Hammerharte Horror SchockerEin Streifzug, Gruben und Medien
Hammerharte Horror Schocker 11

In den stillen Buchten des Styx bleichen seit Ewigkeiten die Knochen uralter Monstren … Verirrten sie sich einst in der dunklen Unendlichkeit? Starben sie bei dem Versuch, in die ewigen Gärten einzudringen? Oder sind es die Relikte aus jenen Tagen, da die Götter noch nicht geboren waren? Ihre Geschichten werden wohl vergessen bleiben … Nicht so wie die jener Seelen, von denen ich nun berichten werde … - (Vorwort aus Hammerharte Horror Schocker 11)

Hammerharte Horror Schocker 11Cover sind für Comichefte von großer Bedeutung. Der Leser soll beim Blick durch das Verkaufsregal dazu animiert werden einen Blick in das Heft zu werfen und es zu kaufen. Für die 11. Ausgabe des Horror Schocker ist dem Weissblech Verlag ein richtig guter Coup gelungen. Das Cover stammt von Vatche Mavilan, der bereits für die großen amerikanischen Verlage gearbeitet hat. Seine Zeichnungen haben einen hohen Wiedererkennungswert und zeichnen sich durch einen ziemlich hohen Detaillierungsgrad insbesondere bei den Figuren aus. Die Hintergründe sind oft sparsam gehalten und rücken die Figuren damit noch weiter in den Blickpunkt. Klaus Scherwinski hat die Zeichnungen koloriert und gibt dem Bild so eine stimmungsvolle Atmosphäre. Ein wahrer Eyecatcher, der es allein schon wert ist, sich diese Ausgabe zuzulegen.

Überleben
Gor ist der Anführer eines Stammes in grauer Vorzeit, der sich nach verlorenen Kämpfen mit anderen Gruppen in den kargen Norden zurückziehen musste. Nun kämpfen sie in der Kälte um das nackte Überleben.

Gor sammelt einige Krieger um sich, um auf die Suche nach Nahrung zu gehen. Sie treffen auf ein Mammut, dass sie in früheren Zeiten hätten ziehen lassen. Zu risikoreich ist ein Kampf mit dem mächtigen Tier, aber der Hunger lässt die Gruppe den Bullen dennoch angreifen.
Es gelingt den Jägern, das Mammut zu töten. Endlich können sie ihren Hunger stillen und einige Fleischreserven für die Daheimgebliebenen mit sich nehmen. Der Kadaver des Bullen wird abgedeckt, um mit der Horde den Rest des Tieres in das Lager zu holen.

Frohen Mutes begeben sich die Jäger auf den Rückweg zum Lager, als sie selbst von einem hungrigen Säbelzahntiger angegriffen werden. Das Tier fällt Gor an und reißt ihn zu Boden. Die anderen Jäger erkennen, dass Gor verloren ist und entfernen sich von der Stelle, denn das Tier beginnt bereits Gor das Fleisch von den Knochen zu nagen. Was sie nicht sehen können, ist dass Gor zwar verletzt ist, der Tiger sich aber an den Fleischreserven des erlegten Mammuts zu schaffen macht. Gor kann ein Messer ziehen und den Tiger töten.

Verletzt schleppt sich der verwundete Jäger in Richtung des Lagers, als ein Schneetreiben einsetzt. Er meint noch in der Ferne das Flackern eines Feuers zu erkennen, als er tot zusammenbricht. Tatsächlich ist er nur wenige Meter vom rettenden Lager entfernt.

ÜberlebenFazit
Levin Kurio und Roman Turowski erzählen eine Geschichte um das Überleben in grauer Vorzeit. Kurio lässt seinen Zeichnungen viel Raum, damit Turowski seine Tuschezeichnungen entfalten kann. In der Regel sind seine Zeichnungen kompakter und so entsteht in dieser Geschichte ein schöner Flow mit aufgeräumten Panels.

Jedes Wesen in dieser Geschichte versucht zu überleben und Menschen sowie Tiere nutzen untereinander als Nahrungsquelle. Gor hat den Stamm viele Jahre lang geführt. Im Angesicht des Todes sind die Jäger nicht bereit, ihrem Anführer zu helfen, als der Säbelzahntiger über ihn herfällt. Das Überleben des Stammes hat Priorität. Würden sie sich in den Kampf einmischen, bestünde Gefahr, dass sie ebenfalls von dem Tier getötet würden und das Fleisch des Mamuts könnte nicht in das Lager gelangen. Darüber hinaus möchte natürlich auch jeder einzelne überleben.

Die Tragik in der Geschichte besteht darin, dass sich Gor aus den Klauen des Tieres zwar befreien kann, die Rückkehr zum Lager aber nicht schafft. Tot bricht er im Angesicht der rettenden Zelte zusammen.

Der erfahrene Leser ahnt gleich zu Beginn, dass Gor den Streifzug nicht überleben wird. Die Geschichte kommt daher ohne große Überraschungen aus.

MordbubenMordbuben
Der Graf von Rabenfels ist ein Raubritter, der mit seinen Mannen die Wagentrecks entlangfahrender Kaufleute überfällt. Gern nimmt er die Händler als Geisel, um noch ein schönes Sümmchen für deren Freilassung zu kassieren.

Drei Kaufleute weigern sich, einen Brief an ihre Familien zu schreiben und um das Lösegeld zu bitten. Der Graf wirft die Händler in ein Verlies und sperrt seinen Folterknecht dazu. Der Folterknecht Rufus ist allerdings nicht ganz bei Verstand. Durchweg brabbelt er vor sich hin, dass er Menschen ein Stück Fleisch herausschneiden und es verspeisen möchte. Rufus wird an eine Wand gefesselt, damit er nicht auf die Händler losgehen kann, diese aber dennoch einen Eindruck von dem vermittelt bekommen, sollten sie nicht kooperieren.

Der Graf begibt sich im Laufe des Tages zurück in das Verlies und muss mit Schrecken feststellen, dass Rufus sich aus der Fesselung befreien konnte und die Händler getötet hat und sie nun munter verspeist.

Es tritt das ein, was der Graf befürchtet. Die Gilde der Kaufleute zieht bewaffnete Männer zusammen, da die drei Kaufleute nicht nach Hause zurückgekehrt sind. Die Truppen greifen den Rabenfels an und können die Verteidiger besiegen. Der Graf wird in die Stadt der Kaufleute gebracht, um ihm dort den Prozess gemacht zu bekommen. Er ist überzeugt davon, dass er nicht wie seine Getreuen am Galgen enden wird. Der Adel wird sich dafür stark machen, dass er in Freiheit entlassen wird.

Vorrübergehend sperren die Kaufleute den Grafen in ein Verlies der Stadt, um den Gerichtsprozess vorzubereiten. Die Kerkermeister sperren einen weiteren Verbrecher zu ihm in die Zelle. Es ist Rufus, der einen weiteren Mord begangen hat und nun ebenfalls vor Gericht gestellt werden soll. Als die Wärter verschwunden sind, macht sich Rufus über den Grafen her.

Fazit
Levin Kurio hat diese Geschichte geschrieben und gezeichnet. Die Tuschezeichnungen übernimmt dieses Mal Damir Hamidovic. Hamidovic stammt aus Bosnien und ist 1998 nach Deutschland gekommen. Seine ersten Arbeiten hat er bei Weissblech veröffentlicht und ist fortan in Serien wie den Horror Schocker und Captain Berlin zu sehen.

Diese Geschichte funktioniert nach dem Prinzip „wer anderen eine Grube gräbt“. Der Graf ist ein wahrhaft übler Kerl, mit dem der Leser nicht eine Sekunde Mitleid hat. Er sperrt die drei Händler in das Verlies und zur Abschreckung gesellt er Ihnen den Folterknecht Rufus dazu. Rufus befreit sich aus seinen Fesseln und verspeist die Händler. Der Graf hat nicht einen Augenblick Mitleid mit den drei so elendig zu Tode gekommenen. Vielmehr befürchtet er neben seinen Einkommensverlusten die Reaktionen der Kaufleute aus der Stadt. Bis dahin bestand Uneinigkeit zwischen den Händlern. Nun aber im Angesicht der drohenden Gefahr durch den Grafen, schließen sie sich zusammen und lassen die Burg des Grafen stürmen.

Die Getreuen des Grafen werden hingerichtet. Boshaft macht er sich noch über sie lustig, da er sich ziemlich sicher ist, dass er als Adeliger über die notwendigen Privilegien verfüge, die nicht zu einer Hinrichtung führen werden. Es sieht auch immer noch danach aus, als könne der Graf aus den Klauen der Kaufleute befreit werden. Als sie ihn vorrübergehend in den Kerker der Stadt sperren, traut er seinen Augen nicht. Die Männer haben den umherstreuenden Rufus aufgelesen, der weitere Menschen getötet hat. Sie sperren ihn zu dem Grafen in die Zelle und er erkennt, dass er die Nacht nicht überleben wird. Das ist wieder eine schöne, kleine und fiese Geschichte in bester Horror Schocker Manier.

Breaking NewsBreaking News
Frank und seine Frau sitzen am Abend vor dem Fernseher und schauen die Nachrichten. Die Moderatorin warnt vor einem Killer, der sich auf der Flucht befindet und wahrscheinlich noch in der Gegend aufhält.

Das Pärchen bekommt es mit der Angst zu tun und Frank bewaffnet sich mit seinem Baseballschläger. Im Nachbarhaus befinden sich mehrere Personen. Sie vermuten, dass die zwei Brüder in Abwesenheit ihrer Eltern ein paar Freunde eingeladen haben.

Vor dem Haus fährt ein Streifenwagen der Polizei vorbei. Die Polizisten bekommen Anweisung, Präsenz zu zeigen, um der Bevölkerung ein Gefühl von Sicherheit zu vermitteln. Das Pärchen schließt aus der Anwesenheit der Polizei, dass der Killer in der Nähe sein muss und ihre Anspannung nimmt weiter zu.

Es klopft an der Tür und Frank öffnet. Seine Frau meint eine Waffe in der Hand des Mannes zu sehen und Frank erschlägt ihn mit seinem Baseballschläger. Der Erschlagene ist einer der Brüder aus der Nachbarschaft, der sich lediglich Batterien für eine Taschenlampe leihen wollte. Die beiden erkennen ihren Irrtum und Frank versucht die Leiche von dem Grundstück zu schaffen.

Die jungen Männer im Nachbarhaus beobachten, wie Frank die Leiche aus dem Garten trägt. Sie vermuten in Frank den flüchtenden Killer und der andere Bruder schießt mit einem Revolver mehrere Salven auf ihn und trifft ihn tödlich. Eine der umherirrenden Kugeln schlägt durch das Fenster des Polizeiwagens und trifft einen der Polizisten.

Der andere Bruder ist der Meinung, dass er den Killer aus dem Fernsehen erwischt hat. Er läuft mit gezogener Waffe auf den Polizeiwagen zu und der überlebende Polizist glaubt in dem anderen Bruder ebenfalls den Killer gefunden zu haben. Er eröffnet das Feuer und der junge Mann ist tot.

Die Nachrichtensendung nimmt den Fall auf und schickt einen Hubschrauber an den Ort des Geschehens. Ohne irgendeine Form von Recherche erfinden die Nachrichtensprecher neue Zusammenhänge und dramatisieren den Fall weiter.

Fazit
Levin Kurio hat als Autor und Zeichner eine bitterböse Mediensatire vorgelegt. Die Nachrichtensendung dramatisiert die Flucht des Killers mit einer ausufernden Berichterstattung. Es kommen Psychologen und Fachleute zur Sprache, die die Anspannung bei den Zuschauern weiter anheizt. Das führt dazu, dass alle Beteiligten sich aus Angst bewaffnen und irrtümlicherweise aufeinander losgehen. Im Prinzip ist gar nichts passiert und doch sind am Ende vier Personen tot. Die Nachrichtensendung hat bei den handelnden Personen Bilder erzeugt, die die Akteure glauben lassen, dass sie sich in einer gefährlichen Lage befinden. Das führt dazu, dass die Personen allesamt zu Schutzmaßnahmen greifen und es genügt ein Funke, um die Situation hochgehen zu lassen. Die Berichterstattung auf der letzten Seite der Geschichte treibt die Angstspirale noch weiter hoch und wird andere Menschen zu vielleicht weiteren Handlungen veranlassen.

Die Geschichte spielt in den USA und soll die polarisierten Nachrichtensendungen dort persiflieren. Kurio hat die Geschichte im Jahr 2006 geschrieben. Bis zu dieser Zeit haben derartige Nachrichtensendungen in Deutschland wenig Erfolg gehabt, wenn auch private Fernsehsender über die Jahre immer wieder versucht haben, derartige Formate zu etablieren. Es ließ sich daher mit einem ironischen, und vielleicht sogar leicht überheblichen Blick über den großen Teich schauen.

Schaut man in das Deutschland des Jahres 2023 hat uns die Realität längst eingeholt. Facebook/Youtube – Blasen und AfD-Desinformationskampagnen haben unter anderem längst dafür gesorgt, dass Menschen sich ihre eigene Realität zurechtbasteln und in einer Gefahrensituation wähnen, in der sie sich bewaffnen und verteidigen müssen. Es bleibt zu wünschen, dass die Menschen einen Umgang mit den Medien, egal ob TV oder Social Media, erlernen, der Polarisierungen nicht weiter zuspitzt und die Gewaltspirale nicht weiter hochtreibt.

Der Nachrichtensprecher macht zum Schluss der Geschichte den Verfall der christlichen Werte und natürlich Videospiele für die Vorkommnisse verantwortlich. Hier wird besonders deutlich, dass das Medium der eigentliche Verursacher der Ereignisse ist, die Verantwortung dafür aber von sich schiebt. Der Nachrichtensprecher setzt sich vordergründig für den Erhalt von Werten ein, um diese aber in Wahrheit zu unterlaufen. Eine weitere Parallele zu Deutschland, in der diejenigen, die sich vordergründig als die einzig wahren Bewahrer des Rechtsstaates inszenieren,  diesen in Wirklichkeit unterwandern.

Redaktionelles
Im hinteren Teil des Heftes ist wiederum eine Leserbriefseite zu finden, auf der Levin Kurio zu Fragen der Leserschaft Stellung nimmt. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt darin, welche Geschichten den Lesern am besten gefallen haben.

Hammerharte Horror Schocker 11Hammerharter Horror Schocker 11
Erscheinungsdatum: Oktober 2006
Cover: Vatche Mavilan, Klaus Scherwinski
Preis: 3,90€

Überleben
Text, Bleistift: Levin Kurio
Tusche: Roman Turowski

Mordbuben
Text, Bleistift: Levin Kurio
Tusche: Damir Hamidovic

Breaking News
Text, Artwork: Levin Kurio

Weissblech Comics

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles