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Facetten des Königs: Darsteller - The Dark Half

Facetten des KönigsDarsteller - The Dark Half

Vorproduktion für einen Film erfüllt den Zweck, dass sich Menschen mit dem Material vertraut machen. Nebenbei lernt man die an der Produktion Beteiligten kennen. Man muss abwägen, entscheiden, überlegen und Einfluss nehmen. George A . Romero hat abgewogen. Und er hat entschieden, das er die Regiearbeit für ,Salems Lot' nicht übernehmen könne, weil aus dem ursprünglich geplanten Kinofilm eine TV-Miniserie werden sollte. So eine Vorproduktion hat auch den Vorteil, dass sich Menschen näher kennenlernen.

Stephen King zum Beispiel, der war wegen ,Night of the Living Dead' und ,Dawn of the Dead' ein großer Verehrer Romeros. Beide waren zu der Zeit leidenschaftliche Biertrinker. Dies könnte man Gottesfügung nennen. Andere könnten es als evolutionäre Stufe abtun. In Wahrheit nennt sich so etwas fürchterliche Mutation.

"Come on over here, Sugarbuns, this machine just calls me an asshole."
 
Der lang ersehnte Traum, endlich selbst einmal Regie zu führen, ging 1986 in Erfüllung. Stephen King durfte mit Hilfe der Finanzierung durch Dino de Laurentiis seine Kurzgeschichte ,Trucks' verfilmen. Und so wurde der Regisseur King zum Freudenexempel der Filmstudenten ob seines gerne als Desaster bezeichneten Debüts und einzigen selbstinszenierten Films. Der Kinogänger wurde Jahr um Jahr mit zum Teil miesen King-Verfilmungen gequält. Was den Meister immer etwas ärgerte, aber zumindest konnte er sich immer schön aus der Verantwortung nehmen. Bei ,Maximum Overdrive', wie ,Trucks' letztendlich heißen sollte, gab es keine Ausreden mehr. Doch die Schadenfreude aller Spötter ging mit einer Spülung die Toilette hinunter, weil Stephen Edwin King stets über den Dingen steht.

Dass ,Maximum Overdrive' nur unteres Mittelmaß war, konnte sich King ohne weiteres eingestehen. Es war ein reines Ego-Projekt, das der Meister in voller Pracht und strahlendem Überschwang auf der Leinwand versenkte. Dass sich der leinwand-erprobte King nach großen Vorbildern orientierend selbst in Szene setzte, verstand sich dabei fast schon als Selbstverständlichkeit. Auch wenn die eigentliche Ausgangssituation des Filmes nicht im Geringsten Sinn macht, gehört der Auftritt des Regisseurs zum besten Lacher in der bitterbös' gedachten Horrorschlacht, in der sämtliche Maschinen ein Eigenleben entwickeln. Der dargestellte, biedere Mittelstands-Typ, der von einer Geldmaschine als Arschloch betitelt wird, war nicht der erste All-American-Guy, den Stephen King gab.

Stephen King in Pet Sematary
"I'll dipped in shit, if that ain't a meteor."
 
Es war dem Fan schon immer eine Freude, in der Verfilmung eines Romans von King denselbigen auch einmal auf der Leinwand zu entdecken. Gerade die Rolle des Priesters in ,Pet Sematary' sorgte, allein der Absurdität dieses Auftrittes wegen, für ein freudiges Durchatmen des Zuschauers beim sonst so beklemmenden Horrorthriller. Ob Bus- oder LKW-Fahrer, Pizzabote oder Friedhofswärter. Er hat sie alle dargestellt. In sehr kleinen, sehr kurzen Rollen. Stephen King ist immer nur der kleine Gag am Rande. Selbst im Vierteiler von ,The Stand' macht es nur anfänglich den Eindruck, als würde sich der Charakter des Teddy Weizak langsam zu einer wichtigeren Rolle ausbauen. In 'The Stand' gab sich der Drehbuchautor Stephen King selbst etwas mehr Text, darf des Öfteren ins Bild treten, bleibt aber die nette Nebenfigur.

So bleibt die Figur des Jordy Verrill bis dato die einzige Rolle, in der King ausführlicher seinen schauspielerischen Ambitionen frönen kann. Der minderbemittelte Bauer Jordy Verrill, einsam und glücklos, mutiert durch die Auswirkungen eines Meteoreinschlags zu einem Bündel Grünzeug. Dieses Segment aus dem Episodenfilm ,Creepshow' dürfte trotz allen Vergnügens keine Beurteilung von Stephen Kings Schauspielfähigkeiten erlauben. George Romero inszenierte ,Creepshow' exakt nach dem Schema alter Grusel-Comics, wozu eine extreme Form der Übersteigerung und das Aufarbeiten gefälligster Klischees gehört. So lässt sich schwer sagen, ob der Autor mit den riesigen Schneidezähnen sehr gut schauspielert oder nur so überdreht wirkt, weil er es nicht besser kann. Das Stück bereitet dennoch allemal Freude, wie eigentlich der gesamte Film. Nur mit hässlichen Bemerkungen über die Schneidezähne sollte man sich zurückhalten. Die sind nämlich echt.


Stephen King und Romero"Come on it's a fake, it's all a fake. They try to make it look tough."

Dass sich die Horrorspezialisten King und Romero sofort verstanden, lag zum einen an der schon erwähnten gemeinsamen Freude an reichlich Hopfensaft, aber auch an einer gewissen Einstellung gegenüber ihrem Zielpublikum. Romero bemerkt dazu immer wieder sehr gerne: "Wenn die Leute im Kino anfangen zu kotzen, beginnen wir beide zu kichern." Das ist natürlich nicht sehr nett, hatte aber immerhin zur Folge, dass sich die Herren zusammen ,Creepshow' ausdachten und nicht lange kämpfen mussten, um den Film finanziert zu bekommen. Die Gebrüder Fürchterlich fanden in der Vorbereitungsphase Gefallen daran, King die Rolle des Jordy Verrill selbst übernehmen zu lassen. Aber vor ,Creepshow' wollte erst einer der meist unterschätzten Filme Romeros umgesetzt werden, ,Knightriders'. ,Die Ritter auf heißen Öfen' sind weder dem Horror verfallene Bestien, noch mittelalterliches Action-Spektakel. Es ist ein fast schon poetisch anmutender Versuch, die Artus-Sage in einen modernen Kontext zu setzen. Romero setzt seine durchweg überzeugenden Darsteller sehr glaubwürdig und realistisch in Szene. Aus diesem Konzept heraus fällt ein Zwischenschnitt besonders unangenehm auf. Ein mit Kühlbox und Baseballkappe ausgerüstetes Klischee des unteren Mittelstand-Amerikaners nervt umstehende Gäste mit Zwischenrufen über die Vorstellung der Knightrider. Neben dem mit schlechtem Bart-Ersatz geschminkten Typen sitzt seine Frau, welche auch seine Gattin im richtigen Leben war und ist. Aber Tabitha King hat nur eine kurze Zeile Dialog bekommen. Bei allem Hochgenuss, den man bei diesem sehr vernachlässigten Film empfinden kann, macht ausgerechnet Kings witzig gedachter Zwischenschnitt den Eindruck eines Kronkorkens, der auf die falsche Flasche gesetzt wurde. Die Absicht Romeros war wohl, seinem Kumpel Stephen oder sich selbst eine Freude zu bereiten, weil der Autor sowieso bei jeder Gelegenheit an den Drehorten eines Romero-Films herumlungerte. King wollte dabei eingehend die Regiearbeit beobachten und studieren, denn für ihn stand fest, dass er auf alle Fälle einmal probieren musste, einen Film zu inszenieren. Was ja 1986 dann auch geschah. Der glücklos wirkende Auftritt 1981 für Romero tat dem keinen Abbruch.

Aber ,Knightriders' war der Beginn einer außerordentlichen Schauspielkarriere, bei der sich Stephen King durchaus typisieren lässt. Er ist und bleibt der All-American-Guy, einer, der auf der Leinwand nur auffällt, weil man sein Gesicht aus der Presse kennt. Hier erfreut sich der leidenschaftliche Fan an der Leidenschaft seines Idols. Für die Filmwelt hingegen könnte man seine Auftritte als besonders bedeutungslos einstufen.
 
Bildquelle: cryptdvd.com, Paramount

 

 

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