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Ein Schlitzohr im Rathaus - »Schwäbische Geschichten«

Schwäbische GeschichtenEin Schlitzohr im Rathaus
»Schwäbische Geschichten«

In loser Folge entstanden in den Jahren 1962 bis 1965 zehn jeweils rund einstündige Episoden der Serie „Schwäbische Geschichten“ mit Willy Reichert und Oscar Heiler, die durch ihre Mundart sprechenden Unikate auch über die Grenzen Baden-Württembergs hinaus bekannt wurde.

Nun ist die Reihe in einer Neuauflage wieder auf DVD zu haben.

Schwäbische GeschichtenAuf den ersten Blick verwundert es ein wenig, dass ausgerechnet der in Linz geborene Österreicher Fritz Eckhardt (1907-1995; „Hallo – Hotel Sacher… Portier!“) die Idee zu einer Serie hatte, die in der tiefsten schwäbischen Provinz spielt und von dort bekannten und beliebten Volksschauspielern in Mundart dargeboten werden sollte. Mit dem schwäbischen Urgestein Willy Reichert (1896-1973) hatte Fritz Eckhardt ungefähr zur gleichen Zeit in einer Fernsehadaption von „Schwarzwaldmädel“ von Wilm ten Haaf ebenfalls gemeinsam vor der Kamera gestanden. Nachdem die ersten beiden Folgen der „Schwäbischen Geschichten“ bei ihrer Erstausstrahlung im Jahr 1963 zum Erfolg wurden, sollten bis in den Januar 1966 jährlich zwei bis drei weitere Episoden folgen, die das Figurenensemble aus der Feder Eckhardts vertieften und dem Autor selbst in den finalen Folgen noch eine schmackhafte Nebenrolle als Darsteller ermöglichten. Aufgrund des Erfolges bei dieser Kollaboration sollten Reichert und Eckhardt kurz danach auch bei der „Chronik der Familie Nägele“ wieder zusammenarbeiten. Und auch den „Schwäbischen Geschichten“ wurde 1981 noch eine späte Fortsetzung zuteil: In „Ich denke oft an Krottenbrunn“ rückte dann Fritz Eckhardts Alfred Diggelmann in den Mittelpunkt, unterstützt von den meisten regulären Darstellern aus der ursprünglichen Serie. Lediglich Willy Reichert, der bereits acht Jahre zuvor verstarb, war in diesem Sequel dann nur noch in Rückblenden aus der Originalserie mit von der Partie.

Schwäbische GeschichtenBad Krottenbrunn ist ein verschlafenes Städtchen mit rund 5000 Einwohnern, das zum Kreis Goschach im schwäbischen Württemberg gehört. Der pfiffige Bürgermeister Gottfried Gscheidle (Willy Reichert) ist seit längerem verwitwet und wohnt mit seiner fast erwachsenen Tochter Liesel (Christel Timerding) und seiner unverheirateten Schwester Gerlinde (Barbara Müller) unter einem Dach. Für seine Stellung im Rathaus ist immer wieder Bauernschläue und Verhandlungsgeschick gefragt, denn es ist gar nicht so einfach, die unterschiedlichen Begehrlichkeiten und gegensätzlichen Ansichten seiner Bürger unter einen Hut zu bringen. Auf der einen Seite gibt es da den Kur-Ausschuss und die um die Wahrung der Natur bemühte Hedwig Immel (Ilse Künkele), auf der anderen Seite Industrielle und Ladenbesitzer wie den Wurstfabrikanten Karl Bullinger (Oscar Müller), den Bauern Hugo Pfisterer (Oscar Heiler) oder den Gastwirt Erwin Scheuffele (Hans Elwenspoek). Einige von ihnen sind zudem Mitglieder des Gemeinderates, was die Entscheidungsfindungen nicht gerade vereinfacht. Und Gscheidles Mitarbeiter im Rathaus glänzen oft durch notorisches Nichtstun, insbesondere sein Amtsdiener Karl Schmälzle (Werner Veidt), der entweder gerade Vesperpause hat oder mit dem Ohr an der Tür zu Gscheidles Büro klebt, damit ihm keine der dort diskutierten und beschlossenen Neuigkeiten entgeht.

Schwäbische GeschichtenIn der heutigen Zeit wirkt eine Serie wie „Schwäbische Geschichten“ ziemlich aus der Zeit gefallen. Nicht nur, weil sie noch in Schwarz-Weiß und im Vollbildformat gedreht wurde, sondern auch, weil Serien in regionalen Dialekten mittlerweile kaum noch produziert werden und ihre Behäbigkeit und Stammtischmentalität mit dem 21. Jahrhundert kaum mehr zu vereinbaren sind. Trotzdem werden auch hier schon Themen wie Umweltschutz und „Vetterleswirtschaft“ angesprochen, die nichts von ihrer Aktualität eingebüßt haben. Die zehn Episoden (die Laufzeit schwankt zwischen 38 und 56 Minuten pro Folge) sind insbesondere Fans der Volksschauspieler ans Herz zu legen, die hier in maßgeschneiderten Rollen zu brillieren verstehen, aber auch Nostalgiker oder Freunde der schwäbischen Mundart werden bestens unterhalten. Die DVD-Wiederveröffentlichung auf drei Scheiben präsentiert das Bild (im Vollbildformat 1,33:1) unrestauriert, weswegen es noch einige Verunreinigungen, Laufstreifen und mitunter auch Magnetbandartefakte aufweist. Der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) ist stets gut zu verstehen, wenngleich man dafür den schwäbischen Zungenschlag schon ein wenig beherrschen sollte. Bonusmaterial ist keines vorhanden.

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