Die Abgründe der Vereinigten Staaten - »American Dreamz – Alles nur Show«
Die Abgründe der Vereinigten Staaten
»American Dreamz – Alles nur Show«
Im 21. Jahrhundert bestimmt das Fernsehen mehr denn je die Wirklichkeitswahrnehmungen der Menschen weltweit. Was über die Mattscheibe flimmert, die in den USA nicht nur zu jedem Haushalt wie selbstverständlich dazugehört, sondern geradezu in jedem Raum präsent und dadurch allgegenwärtig sein muss, wird für bare Münze genommen. Durch das Fernsehen haben wir mehr über die letzten Kriege der USA erfahren als viele Soldaten vor Ort, die in gleißender Wüstensonne für ihr Vaterland in den Kampf zogen. Und die Flimmerkiste hat Andy Warhols berühmten Satz vom 15-minütigen Ruhm längst eingeholt, indem mit Castingshows talentfreie Nobodys für kurze Zeit zu Somebodys werden. All diese Phänomene haben ihren Ursprung im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, haben aufgrund derer medialer Vormachtstellung jedoch längst ihren globalen Siegeszug angetreten. Paul Weitz („Reine Chefsache!“, „American Pie“) ist mit „American Dreamz – Alles nur Show“ in sich gegangen und hat diese Auswüchse des modernen Fernsehens respektlos unter die Lupe genommen – ohne Rücksicht auf etwaige Befindlichkeiten – und gerade deswegen einen wahren Treffer gelandet!
US-Präsident Staton (Dennis Quaid als geniales George-W.-Bush-Double) wurde gerade in seine zweite Amtszeit gewählt, als er aus Langeweile die Tageszeitung zur Hand nimmt und sich vor Schreck über die ihm bislang unbekannten Vorkommnisse in der Welt erst einmal aus der Öffentlichkeit zurückzieht. Als Star-Juror im Finale der neuesten „American Dreamz“-Staffel, dem fiktiven amerikanischen Pendant zu „Deutschland sucht den Superstar“, soll er seinen bröckelnden Charme wieder unter Beweis stellen. Aufgrund der quotenfixierten Entscheidungen des Moderators Martin Tweed (Hugh Grant) stehen sich beim Gesangswettstreit ein mittelständisches All-American Girl (Mandy Moore) mit Irakkriegsveteranenfreund (Chris Klein) und ein Schläfer aus dem Mittleren Osten (Sam Golzari), der auf seinen todbringenden Selbstmordanschlag wartet, gegenüber. Die komplexe Handlung mit all ihren gelungenen Seitensträngen lässt sich gar nicht angemessen in wenigen Sätzen wiedergeben. Dafür ist es Paul Weitz umso besser gelungen, die unterschiedlichen Elemente stimmig zu einem ansprechenden Ganzen zu verquicken. Einem Ganzen, dem im Ergebnis einfach nichts mehr heilig ist. Amerikanischer Politzirkus steht dabei zusammen mit den scheinheiligen Methoden jenes unsäglichen Reality-TVs gleichermaßen unter Beschuss, aber auch die Terrorzellen des islamischen Dschihads werden immer wieder der Lächerlichkeit preisgegeben.
In einigen Momenten erinnert das an den Humor von Jim Abrahams und Pat Proft, die sich in ihren „Hot Shots“-Filmen auch schon dem irakischen Diktator Saddam Hussein auf respektloseste Weise angenommen hatten. Oftmals jedoch, und das ist vor allen Dingen den herausragenden darstellerischen Leistungen von Dennis Quaid, Willem Dafoe, Hugh Grant und Mandy Moore zu verdanken, erreicht „American Dreamz“ noch ganz andere Qualitäten, die ihn als astreine Politsatire durchgehen lassen, die man aus Hollywood bislang nur aus dem subversiven Milieu des anspruchsvollen Puppentheaters („Team America – World Police“) oder durch die populistischen Dokumentarfilme Michael Moores („Fahrenheit 9/11“) kannte. Ein tiefgründiger und durchweg kurzweilig inszenierter Spaß für Zuschauer, die die USA schon lange nicht mehr ernst nehmen können und denen es folglich nicht schwerfällt, sich über deren Gebaren lustig zu machen. Die BluRay-Erstveröffentlichung bietet ein exzellentes Bild (im Widescreen-Format 1,78:1) und einen ebenfalls sehr guten Ton (Deutsch und Englisch im DTS HD Master Audio 5.1). Bonusmaterial ist allerdings keines vorhanden.