Langer, Siegfried: Vater, Mutter, Tod

Siegried Langer - Vater, Mutter, TodVater, Mutter, Tod
von Siegfried Langer

Ein Vater, der große Schuld auf sich lädt, eine Mutter, die alles tun würde, um ihren Sohn zurückzubekommen, ein Junge , der tot in einer Berliner Wohnung liegt. Eine Frau, deren Erinnerungen sie betrügen. Kommissar Manthey sucht nach den Zusammenhängen. Er will ein Kind retten - um jeden Preis. Und stößt auf einen Abgrund aus Verzweiflung und Wahn.
 
Der Klappentext verrät relativ wenig, und wer die ersten 50 Seiten des Buches gelesen hat, der weiß auch warum. Näher auf die Handlung einzugehen, hieße alles zu verraten. Das Grundgerüst der Geschichte ist relativ dürftig, und eigentlich haben wir es hier mit einem Drama zu tun, und weniger mit einem Thriller. Dennoch hat es Siegfried Langer geschafft, aus einer relativ dünnen Idee einen umfassenden Roman zu schaffen. Dieser fesselt allerdings nur bedingt. Denn recht schnell wird dem Leser klar, wo die Geschichte hinläuft.

Eine Mutter kommt nach Hause, ihr betrunkener Ehemann droht ihr mit dem Messer. Der kleine siebenjährige Sohn geht im Streit zwischen seine Eltern, und wird mit dem Messer tödlich verletzt. Dies ist die Ausgangssituation des Romans, und spätestens nach 100 Seiten wird klar: Wer als Mutter so ein grausiges Schicksal erlebt hat, ist nicht mehr normal. Kann nicht mehr normal sein. Die Person flüchtet sich sich in einen Wahn, der sich von der Wirklichkeit nicht mehr unterscheiden lässt. Dem Schreiber dieser Zeilen war das relativ schnell klar. Der Autor jedoch versteht es mit dem Leser elegant zu spielen. Er lässt Jacqueline zur Protagonistin der Story werden und der Leser erlebt mit ihr die Geschichte, so dass er mittendrin genauso verwirrt ist wie die Heldin. Diese Verwirrung wird allerdings noch perfekter durch die vielen Zeitebenen, auf denen der Roman erzählt ist. Meiner Meinung nach hätte man die einfach weglassen und eine chronologische Erzählweise wählen sollen. So aber ist der Leser auf eine schnelle Aufklärung der Verwirrung angewiesen, die sich jedoch erst nach ca. 200 Seiten einstellt.

Das Grundgerüst der Geschichte besteht aus nur einer Person: Jacqueline. Die restlichen Personen kann man eigentlich nur als Statisten bezeichnen. Niemand weiß lange Zeit, welche Person echt ist.

Die Spannung ist zu Beginn sehr stark, flacht aber in der Mitte aufgrund der zunehmenden Verwirrung wieder ab. Zum Ende hin wird es wieder nachvollziehbarer und auch spannender. Wer einmal einen ungewöhnlichen Krimi lesen möchte, der nur auf einer einzigen simplen Idee aufbaut, aus der letztlich viel gemacht wurde, dem kann ich dieses Werk empfehlen.

Fazit: Grandiose Umsetzung einer Schizophrenie, welche die Psyche der Protagonisten dem Leser hautnah präsentiert. Von den verschiedenen Handlungsebenen darf man sich nicht verwirren lassen. Einfach weiterlesen - zum Ende klärt sich alles auf.
 
 
 
Daten zum Buch

Titelbild: plainpicture, bürosüd
Taschenbuch, ca. 320 Seiten
ISBN: 978-3-548-61051-1
Ullstein-Verlage GmbH Berlin/List 2011
 

Kommentare  

#1 Kerstin 2011-08-04 20:34
Dieses Buch habe ich die letzten Tage auch gelesen. Und war auch zwischenzeitlich ziemlich durcheinander, weil es scheinbar so viele Widersprüche gibt, z. B. das vormalige Einzelkind hat plötzlich einen Bruder. Es verlangt dem Leser wirklich einiges ab, da nicht ganz den Faden zu verlieren. All diese Zeitsprünge, die zwei Handlungsebenen in zwei Familien, dazu das persönliche Interesse des Polizisten, warum er so versessen auf die Rettung des Kindes ist, das ist schon verwirrend. Am Ende ist das, was einen vorher so durcheinander gebracht hat, auf einmal ganz logisch.

Das Buch zu lesen hat sich sicher gelohnt. Das Lesen, der Versuch, dass alles richtig zu interpretieren, was da an widersprüchlicher Handlung vorgetragen wird, ist auch eine Art Gehirntraining. Anders als G. Walt kann ich mir das aber gar nicht als chronologischen Bericht vorstellen, der Reiz liegt doch gerade darin, dass man als Leser selber in diese Wirren hineingezogen wird. Für die chronologische Version ist die eigentliche Handlung wirklich zu simpel, das würde sich auf zwei Seiten schon komplett erschöpfen.

Somit kann ich dem Autor nur Respekt zollen dafür, wie er das alles aufbereitet hat. Dazu gehört Mut und er muss zu jeder Zeit genau seinen Plot im Blick gehabt haben, um sich nicht selber auf den verschlungenen Wegen der Jacqueline zu verirren.

Allerdings: Die letzte Seite ist einfach nicht mehr glaubwürdig. Das hätte man weglassen sollen.

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