Wild Hunt

Wild HuntWild Hunt
(The Wild Hunt)

Das Leben von Erik ist trostlos: Er muss allein für seinen pflegebedürftigen Vater sorgen, während seine Freundin Evelyn und sein Bruder Björn lieber in die Welt eines Fantasy-Rollenspiels eintauchen. Als Wikinger-Berserker strebt Björn nach seinen nordischen Wurzeln und göttlicher Führung durch den Donnergott Thor. Evelyn schließt sich auf der Suche nach Freiheit und Entfaltung dem Schamanen Murtagh an. Als sie eine Affäre mit ihm beginnt, macht sich Erik auf, Evelyn zurückzuerobern. Widerwillig muss er sich auf die Fantasie-Welt einlassen. Doch bald wird aus dem Spiel tödlicher Ernst und Murtagh bläst zur skrupellosen Blutjagd auf ihn.

Wenn die Flucht aus der Realität in einer Katastrophe endet ...

Genügend Menschen auf der ganzen Welt entfliehen immer öfter dem grauen Alltag, indem sie sich mit Gleichgesinnten treffen und sogenannte LARP (Live Action Role Plays) veranstalten, in denen sie ihrer Fantasie freien Lauf lassen können. Die Thematik der virtuellen Rollenspiele wurde ja nun schon öfter verfilmt, aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass schon einmal ein reales Rollenspiel verfilmt wurde. Gleich mit seinem Langfilm-Debüt hat sich Regisseur Alexandre Franchi nun dieser durchaus interessanten Thematik angenommen und dem Zuschauer einen sehr interessanten Genre-Mix präsentiert. Hier treffen wirklich die verschiedensten Genres aufeinander, wobei wohl der Anteil des Dramas im Vordergrund stehen dürfte. Zudem lässt der Film aber auch leichte Thriller-Elemente erkennen und auch der Abenteuerfilm kommt keinesfalls zu kurz. So ergibt sich letztendlich eine wirklich gelungene Mixtur, die dem Zuschauer ein absolut sehenswertes und durch die Genrevielfalt auch abwechslungsreiches Filmerlebnis serviert.

So hat man beispielsweise gleich zu Beginn der Geschichte das Gefühl, sich in einem waschechten Wikingerfilm zu befinden, und bemerkt erst nach einigen Einstellungen, dass man sich mitten in einem Rollenspiel befindet. Erstklassige und realitätsgetreue Kostüme der einzelnen Akteure sowie gut ausgewählte Schauplätze vermitteln dabei den wirklich authentischen Eindruck eines Historienfilms. Schon dieser Einstieg in die Story macht durchaus Appetit auf mehr - und das bekommt man dann auch geboten. Es sind insbesondere die ständigen Übergänge zwischen historischem Rollenspiel und der Realität, die den ganz besonderen Reiz der Story ausmachen, die einen immer zwischen dem wahren Leben und der geschaffenen Fantasy-Welt hin und her pendeln lassen. Im Fokus steht nämlich ein ganz banales Eifersuchtsdrama, das sich zwischen dem eher nüchternen und realitätsnahen Erik und seiner Freundin Lyn abspielt, die sich immer mehr in die Welt des Rollenspiels flüchtet, da sie nur so das Gefühl bekommt, wirklich frei zu sein. Um sie aus dieser Scheinwelt herauszuholen, findet sich auch Erik am Schauplatz des Spieles ein, wobei er aber noch nicht einmal ansatzweise ahnt, dass sein Erscheinen letztendlich zu einer Katastrophe führen soll und der Geschichte zum Ende hin eine sehr tragische Note verleiht.

Besonders gut wurde hier der Kontrast zwischen Erik und den Rollenspielern herausgearbeitet, denn während Erik jederzeit schon fast provozierend seine Einstellung gegenüber dem Spiel zum Ausdruck bringt und keinen Zweifel daran lässt, dass er das gesamte Szenario für absoluten Humbug hält, hat man bei den anderen Teilnehmern phasenweise den Eindruck, dass sie schon zu sehr in ihren Rollen aufgehen. Es entsteht durchaus der Eindruck, dass einige von ihnen die Grenze zwischen Realität und Fiktion schon nicht mehr erkennen können, was dann im Endeffekt ein Mitauslöser für die folgende Katastrophe ist. Man kann dabei förmlich spüren, wie die ganze Situation immer angespannter wird und das Geschehen langsam außer Kontrolle gerät, doch haben sich mit der Zeit schon so viele negative Emotionen aufgestaut, dass man das Unheil nicht mehr aufhalten kann. Bis es jedoch dazu kommt, wird der Zuschauer nicht unbedingt mit actionreichen Passagen bedient, entpuppt sich gerade die erste Stunde als ziemlich dialoglastig und legt ihren Fokus auf die einzelnen Hauptcharaktere, indem man ihnen eine etwas tiefergehende Beleuchtung zukommen lässt. Dabei ist es besonders gut gelungen, die beiden vollkommen unterschiedlichen Brüder Erik und Björn in Szene zu setzen, drücken die verschiedenen Ansichten der Brüder in Bezug auf das Spiel doch nahezu perfekt den Unterschied zwischen Realität und Fantasie aus. Denn Björn ist so dermaßen in seine Rolle vertieft, dass die Identifikation mit seiner Figur schon fast erschreckende Ausmaße annimmt.

Ganz generell kann man durch die Bank von wirklich authentischem Schauspiel der Darsteller sprechen, denen man auch jederzeit die Freude am Spiel ansieht, dadurch erhält das ganze Szenario einen äußerst glaubwürdigen Anstrich, was für einen Film mit der vorliegenden Thematik meiner Meinung nach auch unerlässlich ist. Letztendlich kann man festhalten, dass WILD HUNT zwar nicht unbedingt ein Überflieger ist, aber ein Film mit einer sehr interessanten Geschichte, die mit guten Darstellern besetzt ist. Lediglich die Freunde der rasanten Action werden wohl nicht unbedingt auf ihre Kosten kommen, hat der Film doch in dieser Beziehung recht wenig zu bieten. Erst als sich im letzten Drittel die drohende Katastrophe anbahnt, gibt es einige Passagen zu sehen, in denen auch etwas Action vorhanden ist. Mich persönlich hat das allerdings überhaupt nicht gestört, denn steht doch die Vermischung der verschiedenen Genres im Vordergrund, und diese strahlt auch eine starke Faszination auf den Zuschauer aus.


Fazit: Manche Leute werden diesen Beitrag sicherlich als eher langweilig ansehen, doch sollte man schon im Vorfeld wissen, auf welche Art Film man sich hier einlässt. WILD HUNT wurde nicht darauf ausgelegt, den Betrachter mit einem Action-Spektakel zu bedienen, sondern verbindet die verschiedendsten Genres miteinander und entpuppt sich so als absolut gelungene Kombination aus Realität und Fantasie, in die sich viele Menschen flüchten, um dem grauen Alltag zu entfliehen. Dass man sich dabei auch zu sehr mit einer Rolle identifizieren kann und bestimmte Dinge viel zu ernst nimmt, endet in dieser Geschichte mit einer absoluten Tragödie, die man sicher hätte vermeiden können. Insbesondere für Freunde von Rollenspielen kann man hier eine unbedingte Empfehlung aussprechen.


Daten zur DVD

Darsteller: Ricky Mabe, Mark Antony Krupa, Trevor Hayes, Kaniehtio Hom, Kent McQuaid, Claudia Jurt, Nicolas Wright, Kyle Gatehouse, Terry Simpson, Spiro Malandrakis, Victor Trelles, Martin Stone, Holly O'Brien, Nicholas Simard, Claude Gauthier
Regie: Alexandre Franchi
Drehbuch: Alexandre Franchi / Mark Antony Krupa
Kamera: Claudine Sauve
Musik: Vincent Hanni / Gabriel Scotti
Laufzeit: 91 Minuten
FSK 16
Kanada / 2009
Vertrieb:
Ascot Elite
 
Sprache / Ton: Deutsch DTS 5.1, DD 5.1 / Englisch DD 5.1
Untertitel: Deutsch
Bild: 1,85:1 (16:9)
Extras: Slideshow, Originaltrailer, Trailershow
 

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