van Allen, Marc: Invisibilis

Invisibilis von Marc van AllenInvisibilis
von Marc van Allen
Ullstein Taschenbuch
erschienen: 2007 (Originalausgabe), Sommer 2008 (in der Reihe „Galileo Mystery präsentiert“)
555 Seiten, 8.95 € (Originalausgabe), 6.00 € (Neuausgabe)
ISBN: 978-3-548-26613-8 (Originalausgabe)
978-3-548-26935-1 (Neuausgabe)
Ullstein

Europa 1945. Der Zweite Weltkrieg nähert sich seinem Ende, die Niederlage des Dritten Reichs steht unmittelbar bevor. Da erhält die Besatzung eines U-Boots neuster Bauklasse einen streng geheimen Auftrag: Sie sollen eine Kiste unbekannten Inhalts durch die Seeblockade der Alliierten schmuggeln und zu einem Treffpunkt auf der Südhalbkugel bringen, wo ein japanisches Schiff die Ladung übernehmen wird.

Viele Jahrzehnte lang war die Mission in Vergessenheit gewesen. Bis heute.

München, Gegenwart. Die junge Geschichtsdozentin Alexandra Lessing erhält von einem unbekannten Gönner das Logbuch eines deutschen U-Boots aus den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das Schriftstück berichtet von einer geheimen Mission, in der die Crew unterwegs war. Alex kommt jedoch nicht dazu, das Rätsel um die mysteriöse Fracht zu lösen; eine dunkle Macht setzt alles daran, das Buch in ihre Hände zu bekommen, und schreckt dabei nicht einmal vor der Ermordung Unschuldiger zurück.

New York, zur gleichen Zeit. Kurz vor seiner Pensionierung soll der vom Leben schwer gezeichnete Cop Winston Seymour einen letzten Fall übernehmen: Ein Antiquitätenhändler aus Greenwich wurde brutal ermordet. Was zunächst wie ein gewöhnliches Eifersuchtsdrama aussieht, wirft bald eine Reihe von Fragen auf. Besonders die Aussage einer Zeugin gibt Winston zu denken. Sie will gesehen haben, wie ein Unsichtbarer die Bluttat beging. So unglaublich die Geschichte auch klingt, Winston ist überzeugt, dass mehr dahinter steckt als die bloße Spinnerei einer alten Frau, denn vor vielen Jahren hat er etwas ganz ähnliches gesehen: bei dem Attentat auf John F. Kennedy...

Invisibilis ist ein klassischer Verschwörungsthriller, in dessen Zentrum, der Titel verrät es, eine Gruppe von Menschen steht, die über eine einzigartige Gabe verfügen: Sie sind unsichtbar. Der Roman wurde von Marc van Allen stimmig in Szene gesetzt und verspricht einige Stunden guter, spannender Unterhaltung.

Was nicht heißt, dass es nichts zu kritisieren gäbe. Im Wesentlichen sind es dabei zwei Punkte, die dem einen oder anderen Leser unangenehm auffallen könnte.

Da wäre zum einen die Sache mit der Unsichtbarkeit und der geheimen Gruppierung, die einige der Unsichtbaren gegründet haben und deren Mitglieder, wie könnte es anders sein, finstere Pläne verfolgen. Dass Verschwörungsthriller gerne Themen als Grundlage haben, die ein wenig abgehoben und unglaubwürdig wirken, ist ja nichts Neues. Doch was van Allen seinen Lesern hier bietet, ist schon starker Tobak. Wer nicht von Anfang an bereit ist, hinzunehmen, dass es unsichtbare Menschen und den angesprochenen Orden mit seinen unlauteren Absichten gibt, der wird an dem Buch keine Freude haben, sondern ständig ungläubig den Kopf schütteln.

Zum zweiten muss man festhalten, dass der Roman alles andere als besonders innovativ oder einzigartig ist. Invisibilis bietet nichts wirklich Neues. Er ist ein schlichter Verschwörungsthriller, der den Konventionen des Genres strikt folgt. Er hat alle Versatzstücke, die nötig sind, um Fans dieser Art von Thrillern zu fesseln, aber mehr eben auch nicht. Wäre nicht die Sache mit der Unsichtbarkeit, könnte man den Roman, storytechnisch gesehen, gegen jeden beliebigen anderen Verschwörungsthriller austauschen, ohne dass es großartig auffallen würde.

Das wiederum heißt allerdings nicht, dass Invisibilis langatmig bzw. langweilig wäre. Marc van Allen versteht es, seine Leser von Anfang an bei der Stange zu halten. Die Story ist, wenn schon nicht besonders innovativ, spannend und bietet immer mal wieder die ein oder andere überraschende Wendung. Die beiden überzeugenden, lebendig wirkenden Hauptcharaktere, ein gelungener Mix aus interessanten Enthüllungen und dramatischen „Auf-der Flucht“-Sequenzen sowie jegliches Fehlen überflüssiger und eintöniger Szenen trösten über den Mangel an Action und ungewöhnlichen Einfällen hinweg und machen den Roman äußerst kurzweilig und unterhaltsam.

Invisibilis lässt sich äußerst gut lesen. Marc van Allen hat einen angenehmen, sehr eingängigen Schreibstil, de dafür sorgt, dass die Seiten nur so an einem vorüber rasen und man das Buch in Windeseile durch hat. Dass sich dabei die ein oder andere Plattitüde und gelegentlich eine etwas unbeholfen wirkende Dialogzeile einschleicht, tut dem Lesevergnügen keinen Abbruch.

Insgesamt gesehen hat mir Invisibilis enorm viel Spaß gemacht. Trotz seiner über 550 Seiten hat es gerade einmal zwei Tage gedauert, bis ich das Buch aus hatte. Dass es der erste Teil einer Trilogie ist, habe ich erst am Schluss des Thrillers gemerkt, was mich daher ziemlich überrascht hat, allerdings auf eine positive Weise. Zum einen verspricht mir das nämlich, dass ich noch mindestens zwei weitere Romane von Marc van Allen lesen kann, zum anderen erlaubt dies dem Autor, das Buch vernünftig zu beenden, ohne auf die Schnelle einen unglaubwürdigen, überhasteten Schluss zu Papier bringen zu müssen. Die losen Fäden werden dann (hoffentlich) in den nächsten Büchern überzeugend zusammengeführt und abgeschlossen.

Invisibilis ist ein Thriller, dem man jedem empfehlen kann, der auf Romane im Stile von John Twelve Hawks' Traveler steht. Wer Verschwörungsthrillern zugeneigt ist, sollte auf alle Fälle zugreifen, und auch Freunde von Spannungsliteratur im Allgemeinen machen keinen Fehler, wenn sie dem Buch eine Chance geben.

Kommentare  

#1 Olsen 2008-05-29 13:47
Jetzt muss ich einfach mal was loswerden:
Vielen Dank für deine Rezis, Jochen! Ich lese sie wirklich immer mit großem Interesse, vor allem, weil sich nach und nach herauskristallisiert, dass unsere beiden Geschmäcker eine große Schnittmenge haben.
Insofern dienen deine Rezis für mich immer wieder auch als Anregungen, was ich noch so alles lesen könnte. (Es ist ja nicht so, dass ich im Augenblick nicht schon gute 70 ungelesene Bücher im Regal stehen hätte - da müssen noch unbedingt mehr dazukommen! Wer weiß, vielleicht kommt irgendwann mal ein Schneesturm und ich bin von der Außenwelt abgeschnitten. Dann brauch ich Lesevorrat!)
Also, noch mal: Vielen Dank und weiter so!
#2 Gabriel Adams 2008-05-29 18:47
@ Olsen
Wow. So ein Lob hört man selten. Da weiß ich gar nicht, was ich sagen soll...
Auf jeden Fall einmal: Herzlichen Dank dafür!!! So ein Kommentar ermuntert einen echt, noch viel mehr Bücher zu lesen und Rezis darüber zu schreiben. Es freut mich wirklich, dass dir meine Rezis weiterhelfen.
Und was dein Problem mit den ungelesenen Büchern angeht: Das kenne ich nur zu gut. Was bei mir zu Hause alles an ungesehenen DVDs und ungelesenen Büchern rumsteht... Oh Mann. Bestes Beispiel ist "Invisibilis". Erst jetzt, wo die Neuausgabe rauskommt, hab ichs endlich geschafft, das Ding zu lesen...
Was das Ganze noch schlimmer macht: Ich habe die Vorschau verschiedener Verlage bis April 09 gesehen... Da kommen anstrengende Zeiten auf mich zu, kann ich nur sagen.
#3 Olsen 2008-05-30 23:19
Ich verstehe genau, was du meinst!
Bei mir kommt der "Kaufteuf" (wie ich ihn immer nenne) immer in Schüben. Da bin ich wochenlang (länger halt ich's meistens nicht aus) diszipliniert und les nur die Rückstände weg, ohne was Neues zu kaufen. Dann hab ich endlich ein paar Bücher geschafft, stolper bei Amazon (oder hier bei deinen Rezis :-* ) über was Neues, was ich unbedingt brauche. Und wenn ich schon dabei bin, kauf ich gleich noch dieses, eines von jenem, ein Pfund von dem dort drüben und noch ein bisschen Aufschnitt. Und schwupps hab ich danach mehr als vor dem Beginn meiner disziplinierten Phase ...
Unnötig zu erwähnen, dass ich morgen auf eine Amazon-Lieferung warte, oder? :o
Und zwar kommt morgen der erste Band der Ashes-Serie von William W. Johnstone ... und ich hoffe inständig, dass er nix taugt. Denn sonst muss ich ja nach und nach die restlichen Bände auch noch kaufen (und davon gibt es sehr, sehr viele). :cry:
#4 Dark Knight 2008-05-31 17:54
:lol: :lol: :lol: :lol: :lol:

Schön dass es noch mehr so verrückte gibt wie ich. Ich dacht schon ich hätte einen an der Klatsche weil ich für ein gelesenes Buch oder einen Heftroman mindesten 3 nachkaufe. Momentan versuche ich alle Macabros zu bekommen, bei Zamorra und Maddrax bin ich auch eingestiegen (natürlich jeweils ganz von Anfang an) und die Scheibenwelt von Terry Pratchett ist auch was, was mich unheimlich in den Fingern juckt. *seufz* So viel Lesestoff und so wenig Zeit........

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