Schmerz
Schmerz
Als die anderen Kollegen mit einem gefährlichen Einsatz in der Unterwelt anderweitig beschäftigt sind, bleibt ihr nur Rado als Kollege, der sie unterstützen kann, als der Fall um den verschwundenen Teenager "hochkocht".
Während Dora mit den Folgen ihrer Hirnverletzung zu kämpfen hat, die sie hin und wieder etwas "seltsam" machen, hat Rado seine eigenen Dämonen, mit denen er sich auseinandersetzen muss. Er ist der Sohn serbischer Einwanderer, die nicht unbedingt den besten Ruf in Island haben, hat es jedoch bei der Polizei geschafft, sich einen gewissen Status zu erarbeiten. Dieser ist allerdings durch seine familiären Verbindungen ins Wanken geraten, und Rado fühlt sich - zu Recht - aufs Abstellgleis geschoben.
Gemeinsam beginnt das ungleiche Paar mit den Ermittlungen und tatsächlich gelingt es ihnen, auf die Spur des Teenagers zu kommen.
"Schmerz" ist der Titel des Romans von Jón Atli Jónasson, und Schmerz ist auch etwas, das im Roman selbst immer wieder aufpoppt. Da ist zum einen der Schmerz von Dora, die aufgrund der Verletzung Dinge bemerkt, die anderen nicht auffallen, die sie aber auch verletzlich und eben etwas komisch werden lassen. Und da ist Rado, dessen Schmerz eher in den Gründen und Auswirkungen seiner serbischen Herkunft und den familiären Problemen liegt, die seine berufliche Zukunft bei der Polizei bedrohen.
Island ist für viele von uns Traumziel, wir verbinden es mit Ruhe, beeindruckender Natur und Beschaulichkeit. Und wie bei allen anderen Reisezielen verkennen wir leicht dabei die Tatsachen, mit denen diese Länder und Regionen natürlich auch kämpfen. Beispiel dafür ist Rado. Er hat es als Sohn serbischer Einwanderer in der vergleichsweise kleinen Welt Islands nicht einfach gehabt, auch dort gibt es Rensentiments gegenüber Einwanderern. Eigentlich könnte man meinen, dass er es geschafft hat. Er ist Polizist geworden, er hat etwas erreicht. Dennoch gibt es etwas, das ihn droht "aus der Kurve zu tragen", und das mit seiner Familie und der Herkunft zu tun hat.
Dora hingegen hat mit den Auswirkungen ihrer Verletzung zu tun. Die Tatsache, dass man Dora nach ihrer Verletzung wieder in den aktiven Polizeidienst genommen hat, war der einzige Moment, in dem ich mir nicht so ganz sicher war, wie nah dies an der Realtiät des Polizeidienstes ist. Ich würde nicht annehmen, dass dies im polizeilichen Alltag machbar ist, aber es sorgt für eine außergewöhnliche Protagonistin, die in dem Ganzen glaubwürdig und nachvollziehbar agiert, auch dann, wenn sie "seltsam" wird.
Es handelt sich bei Schmerz um den ersten Roman einer offenbar geplanten Serie um Dora und Rado, die im Scherz Verlag erscheint. Ich habe habe diesen Roman gerne gelesen. Er ist gut geschrieben, interessant und ungewöhnlich. Das macht Spaß. Die Tatsache, dass es sich um einen Roman des Nordic Noir handelt, tut dem sicherlich keinen Abbruch.