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Keine Angst vorm zweiten Teil

Keine Angst vorm zweiten TeilKeine Angst vorm zweiten Teil
Drei Thrillerreihen, die auch jenseits des starken Debüts zu überzeugen wissen

Kennt ihr das? Da liest man den ersten Teil einer Thrillerreihe und ist begeistert. Erstklassig gezeichnete Figuren, eine rasante Story, die einen vom Fleck weg packt und eine durch und durch stimmige Atmosphäre machen die Lektüre zu einem echten Erlebnis. Entsprechend freudig greift man zur Fortsetzung – und wird böse enttäuscht.

Der zweite Band der Reihe kann mit Teil eins einfach nicht mithalten, nicht im Geringsten.

Ärgerlich, wenn so etwas passiert, richtig ärgerlich, oder?

Zum Glück gibt es allerdings Reihen, deren zweiter Teil dem Auftaktband in keinster Weise unterlegen ist, ja, deren Fortsetzung das ohnehin schon grandiose Debüt noch einmal um Längen übertrifft. Drei Thriller, bei denen genau dies der Fall ist, möchte ich Euch im Folgenden kurz vorstellen.


The DeveivedBrett Battles: The Deceived
Mit »The Cleaner« (auf Deutsch bei Goldmann unter dem Titel »Der Profi« erschienen) hat der amerikanische Autor Brett Battles ein fantastisches Debüt hingelegt. Der erste Roman um den Cleaner Jonathan Quinn, dessen Job es ist, nach bestimmten Ereignissen „aufzuräumen“ (also Leichen zu beseitigen, Spuren zu verwischen und ähnliches) ist ein Thriller, den man so schnell nicht mehr vergisst. Actionreich, mit einer durchdachten Story und gelungenen Wendungen ist das Buch die ideale Lektüre für jeden Freund anspruchsvoller Spannungslektüre.

Brett battlesMit »The Deceived« kehrt Battles nun fulminant in die Welt von Jonathan Quinn zurück. Die neuste Mission des Cleaners ist eine ganz persönliche. Ein alter Freund, Steven Markoff, wurde ermordet, und die Frau, die er liebte, ist verschwunden. Die Suche nach dem Killer und nach der Markoffs Freundin führt Quinn um den halben Globus – und mitten hinein in ein finsteres Netz aus Lügen, Mord und Täuschung. Schon bald ist es Quinn kaum noch möglich, jemandem zu vertrauen – jeder könnte ein Verräter sein!

»The Deceived« steht seinem Vorgänger in nichts nach. Ganz im Gegenteil! Battles ist es tatsächlich gelungen, einen Roman zu schreiben, der noch fesselnder ist als sein Erstling. Die Story lässt einen bis zum hochdramatischen, schockierenden Ende nicht mehr los. Die Figuren sind nicht minder gut charakterisiert als im ersten Teil, und auch sonst, ob nun hinsichtlich der Sprache, der interessanten, gelungen in Szene gesetzten Schauplätze oder der stimmigen Atmosphäre, gibt es absolut nichts zu meckern. »The Deceived« ist die starke Fortsetzung zu einem ohnehin schon starken Auftaktroman. So und nicht anders müssen zweite Teile sein.

BurnNick Brownlee: Burn
Als der Knaur-Verlag vor einigen Monaten Nick Brownlees Debütroman »Mord in Mombasa« veröffentlichte, war ich begeistert. Endlich mal ein waschechter, knallharter Krimi ohne Terroristen und Serienkiller, aber auch ohne lästige Ermittler in Form ältlicher Damen oder einem Polizistengespann, bestehend aus einem Mann und einer Frau, die sich ohnehin nach spätestens fünfzig Seiten mehr miteinander als mit dem eigentlichen Fall beschäftigen. Mit dem kenianischen Inspektor Daniel Jouma und dem Ex-Cop und jetzigen Besitzer eines Charterboots Jake Moore hat Brownlee ein Ermittlerduo sondergleichen geschaffen: Zwei gut gezeichnete Figuren, die mitunter gemeinsam an einem Strang ziehen, von denen aber im Grunde jeder sein eigenes Ding durchzieht. So auch in »Burn«, dem zweiten Teil der Thrillerreihe.

Nick BrownleeIn »Burn« sehen sich Jake und Jouma mit einer wahren Flut von Problemen konfrontiert. Da verschwindet eine alte Nonne, und niemanden scheint das sonderlich traurig zu stimmen. Ein Polizist im Ruhestand begeht scheinbar Selbstmord – doch war es wirklich Suizid? Dann legt sich Jake auch noch mit einem Bauunternehmer an, der seine Ziele mit gnadenloser Härte verfolgt, auch auf Kosten Unschuldiger. Und als wäre das nicht schon genug, werden Jake und Jouma auch noch von den Geschehnissen aus »Mord in Mombasa« eingeholt – auf grausamste Art und Weise ...

Gradlinig, hart und schockierend – Brownlee nimmt kein Blatt vor den Mund. Er traut sich, was andere Autoren nicht trauen, und bietet dem Leser so manchen vollkommen unvorhersehbaren Schockmoment. Endlich mal ein Thriller, der diese Bezeichnung wirklich verdient hat. Aber Achtung: Wer »Mord in Mombasa« nicht gelesen hat, der wird mit »Burn« so seine liebe Mühe haben.

Mein Tipp daher: Unbedingt beide Romane lesen. Es lohnt sich! Abseits ausgetretener Pfade und konventioneller Storylines, aber immer auf dem Boden der Tatsachen bleiben, sind die Romane ein wahrer Lichtblick in einer Zeit, in der Autoren nichts besserer zu tun haben, als einen uninteressanten Serienkiller nach dem anderen auf die Leser loszulassen. Eine Thrillerreihe, wie man sie sich nur wünschen kann!

ResurrectionistJames McGee: Resurrectionist
Hier noch ein echter Leckerbissen für alle Fans historischer Kriminalromane und Thriller: »Resurrectionist« von James McGee. Nach »Ratcatcher« ist dies der zweite Roman um den Bow Street Runner Matthew Hawkwood, der im London des angehenden 19. Jahrhunderts Jagd auf Diebe, Mörder und Spione macht. »Resurrectionist«, so hieß es im Vorfeld, sei deutlich besser als der Vorgänger. Da mir »Ratcatcher« schon ausgesprochen gut gefallen hat, war ich natürlich gespannt, ob McGees zweiter Hawkwood-Roman den Vorschusslorbeeren gerecht werden konnte.

Ich wurde nicht enttäuscht.

James McGee»Resurrectionist« beginnt mit einem grausigen Fund auf einem Londoner Friedhof: Ein Mann wurde hier gefoltert und gekreuzigt. Hawkwood kommt einer Bande finsterer Verbrecher auf die Spur, die einer widerlichen Beschäftigung nachgehen: Sie graben Leichen aus, um sie Ärzten und Studenten zu Versuchszwecken zur Verfügung zu stellen. Als dann auch noch ein hochgefährlicher Insasse aus einer berüchtigten Londoner Psychiatrie entkommt, muss Hawkwood all sein Können in die Waagschale werfen, um ein Blutbad in der englischen Hauptstadt zu verhindern.

Die Story von »Resurrectionist« ist nicht sonderlich originell. Dieser Mangel wird durch McGees begnadetes Erzähltalent wettgemacht. In eindrucksvollen Bildern schildert er Geschichte, die vor allem von dem düster-bedrückenden Setting des vorindustriellen Londons und der einzigartig dichten Atmosphäre lebt. Fast bekommt man beim Lesen das Gefühl, unmittelbar an der Seite der Helden und Schurken zu wandeln. Nichts für schwache Nerven! Wer allerdings Spannung liebt und finsteren Schauplätzen sowie nicht minder finsteren Handlungsbögen etwas abgewinnen kann, der wird das Buch lieben. Unbedingt empfehlenswert!

Daten zu den Romanen:
The DeveivedThe Deceived
von Brett Battles
Dell Taschenbücher
erschienen: 2008 (Original, USA), 2009 (Taschenbuch, USA)
467 Seiten, ca. 6,00 €
ISBN: 978-0-440-24371-7
Dell

BurnBurn
von Nick Brownlee
Piatkus Taschenbücher
erschienen: 2009 (Großbritannien)
390 Seiten, ca. 7,00 €
ISBN: 978-0-7499-2906-0
Piatkus

ResurrectionistResurrectionist
von James McGee
Harper Taschenbücher
erschienen: 2007 (Großbritannien)
536 Seiten, ca. 10,00 €
ISBN: 978-0-00-721271-2
HarperCollins

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