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Von finsteren Verschwörungen und tödlichen Geheimnissen - Über Ulrich Hefners Bruderschaft Christi

In den Schuhen des Brown?Von finsteren Verschwörungen und tödlichen Geheimnissen
Über Ulrich Hefners Bruderschaft Christi

Nach seinem Wissenschafts- und Katastrophenthriller »Die Dritte Ebene« wendet sich der deutsche Krimiautor Ulrich Hefner mit seinem neuen Roman dem Genre der Religionsthriller zu. »Die Bruderschaft Christi« erzählt von einer spektakulären Entdeckung, die das Antlitz der Welt auf immer verändern könnte – auf radikale Art und Weise.

 

Die Bruderschaft ChristiDer Kriminalbeamte Stefan Bukowski und seine junge Kollegin Lisa Herrmann sehen sich mit einer grausigen Mordserie konfrontiert. In verschiedenen bayrischen Gotteshäusern werden Menschen, die auf die ein oder andere Weise mit der Kirche verbunden sind, ermordet aufgefunden. Die Ermittler stehen vor einem Rätsel. Welches Motiv könnten der oder die Killer haben?

Zur gleichen Zeit, viele tausend Kilometer entfernt, in Israel. Bei Ausgrabungen in der Nähe Jerusalems machen Professor Jonathan Hawke und sein Team einen sensationellen Fund. Dort, wo sie die Überreste einer römischen Garnison vermuteten, entdecken sie die Gruft eines Tempelritters. Noch spektakulärer als diese ohnehin schon außergewöhnliche Entdeckung sind einige der Artefakte, die im Grab gefunden werden. Diese, so hat es den Anschein, enthalten Hinweise, die die Lebensgeschichte Jesu und insbesondere den Mythos um seine Auferstehung in einem völlig neuen Licht erstrahlen lassen. Könnte es sein, dass der Welt eine ungeheure Enthüllung bevorsteht?

Bevor die Wissenschaftler jedoch mit ihren Erkenntnissen an die Öffentlichkeit gehen können, verschwindet einer der ihren mitsamt den Artefakten. Zeitgleich kommt es zu einer Reihe tragischer Unglücksfälle. Eine geheimnisvolle Gruppierung möchte mit aller Macht verhindern, dass die Rätsel der Relikte entschlüsselt werden. Dafür sind ihre Mitglieder bereit, über Leichen zu gehen ...

Im Laufe von »Die Bruderschaft Christi« kommt die Frage auf, wie sehr eine einzelne Enthüllung – die zudem selbst nicht die absolute, sondern nur eine mögliche Wahrheit darstellt!!! – das Fundament der Katholischen Kirche erschüttern könnte. Eine gute Frage, die sich auch so mancher Leser von Religionsthrillern stellen dürfte. Ob in Romanen oder (pseudo-)wissenschaftlichen Veröffentlichungen, mittlerweile sind so viele Spekulationen über Jesus, die Auferstehung und weiß Gott welche mit dem christlichen Glauben verbundenen Themen noch geäußert worden, dass eigentlich niemand mehr von neuen Theorien erschüttert werden dürfte. Denn, wie gesagt, wer kann schon garantieren, dass die neue „Wahrheit“ die echte ist?

Aber gut, würde man danach gehen, dann dürften keine Religionsthriller mehr geschrieben werden. Also drückt man als Leser ein Auge zu und nimmt es hin, dass irgendwo auf der Welt eine Entdeckung gemacht wird, die einige finstere, kirchennahe Kreise so sehr beunruhigt, dass sie ihre Killerkommandos aussenden. Wenn man aber auf die Schwächen von Hefners Roman zu sprechen kommt, dann kann man nicht anders, als an genau diesem Punkt anzusetzen.

Das ist nun nicht auf die Killerkommandos bezogen. Nein, die müssen schon sein, tragen sie doch in nicht unerheblichem Maße zum Spannungsaufbau des Romans bei. Was hingegen negativ auffällt, ist die überzogene Naivität der Protagonisten des Romans gegenüber der neuen Theorien bezüglich Leben und Tod Jesu, die Hefner zum Besten gibt. Da taucht ein Artefakt auf, das einzelnen Passagen aus der Bibel möglicherweise widerspricht, und schon sind alle, selbst die erfahrensten Wissenschaftler und die gläubigsten Christen, davon überzeugt, dass dieses eine, ganz für sich alleine stehende und noch nicht untersuchte Relikt die Wahrheit verkündet.

Schon verblüffend, wie in Sekundenschnelle ein Glaube gegen einen anderen ausgetauscht wird. Das Neue wird fraglos akzeptiert, ohne zunächst ernsthaft überprüft zu werden, und das Alte einfach so über Bord geschmissen.

Die geradezu blauäugige Leichtgläubigkeit der Protagonisten ist nicht so leicht hinzunehmen. Dass Personen Glaubensfragen skeptisch gegenüberstehen, da gibt es nichts dran zu meckern. Dass sie (Wissenschaftler!!!) allerdings derart schnell bereit sind, neue Spekulationen für bare Münze zu nehmen ... Na ja, na ja.

Ulrich HefnerGlücklicherweise hat Hefners Thriller aber mehr zu bieten als naive Protagonisten. Abgesehen davon ist »Die Bruderschaft Christi« ein nämlich großartiger Roman geworden. Die Handlung ist spannend, die Dramatik des Augenblicks wird in mitreißenden Szenen eingefangen, und der Leser hat so seine liebe Not, sich wieder von dem Roman zu lösen.

Dass darüber hinaus von den Schwächen, die Hefners vorheriger Roman »Die Dritte Ebene« noch aufzuweisen hatte, nichts mehr zu spüren ist, macht die Lesefreude umso größer. Mit seinem neuen Thriller stellt der Autor bravurös unter Beweis, dass er sich nicht nur auf große Actionmomente versteht und darauf, Katastrophenszenarien eindrucksvoll in Worte zu fassen. »Die Bruderschaft Christi« weiß auch hinsichtlich der Protagonisten und ihrer Darstellung zu überzeugen (zumindest jenseits ihrer Leichtgläubigkeit neuen Theorien gegenüber).

Die Charaktere sind durchweg lebendig, haben allesamt Profil und die notwendige Tiefe. Allen voran die Figur der bärbeißigen Polizisten Bukowski wird Fans ausgefeilter Protagonisten begeistern. Da verzeiht man es Hefner auch, dass die ein oder andere Dialogszene ein wenig künstlich wirkt. Im Großen und Ganzen gibt es hinsichtlich des Figurenensembles nämlich wirklich nichts zu bemängeln, was auch daran liegt, dass Hefner ein Gespür für interessante Beziehungsgeschichten hat. Statt auf die üblichen Klischees zu setzen, hat sich der Autor hier einige unvorhersehbare Entwicklungen einfallen lassen.

Was die Story anbelangt, so weiß »Die Bruderschaft Christi« durchweg zu überzeugen. Temporeich, aber immer am Boden der Tatsachen bleibend und niemals übertrieben ins Actionreiche abgleitend, schildert Hefner eine packende Mischung aus Krimi und Verschwörungsthriller, der so manch angenehme Überraschung zu bieten hat. Wundervoll: Während andere Autoren von Religionsthrillern die ominöse Verschwörung immer und immer wieder betonen, ist sie bei Hefner zwar ein wichtiger Bestandteil der Handlung, jedoch nicht der entscheidende. Dem Autor geht es vielmehr darum zu zeigen, wie verschiedene Personen in verschiedenen Positionen auf eine Nachricht reagieren, die ihr Weltbild ins Wanken bringt. Die Sicht der Geheimbündler ist dabei nur eine von mehreren, und der Fokus der Handlung liegt deutlich stärker auf den übrigen Perspektiven. Ein toller Schachzug.

Hinsichtlich der Auflösung erweist sich »Die Bruderschaft Christi« als echte Offenbarung, macht Hefner hier doch endlich klipp und klar deutlich, was im Laufe seines Romans nur in Ansätzen zum Ausdruck kam: Wahrheit und Glaube sind immer relativ – gerade auch in der heutigen Mediengesellschaft. Selten hat man ein so schönes, nachdenklich stimmendes Ende lesen dürfen (wobei ich den etwas schmalzigen Epilog hier mal ausklammere).

»Die Bruderschaft Christi« ist ein gelungener Religionsthriller. Die kleineren Schwächen können darüber nicht hinwegtäuschen. Hefner gelingt es, die Leser bis zum fantastischen Ende bestens zu unterhalten.

Die Bruderschaft ChristiGut geschrieben und spannend in Szene gesetzt ist der Roman ein vorzügliche Lektüre für Fans von Dan Brown, Chris Kusnezki und Raymond Khoury. Sollte man gelesen haben!

Die Daten zum Buch
Die Bruderschaft Christi
von Ulrich Hefner
gebunden, mit Schutzumschlag
erschienen: Sommer 2009 (Deutschland)
573 Seiten; 18,95 €
Bestellnummer: 103090
Bertelsmann Club Premiere (zunächst nur im Buchclub erhältlich)

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