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Ein Kinobesuch ...

Ein Kinobesuch...

... war früher etwas Besonderes. Vermutlich ist er es auch heute noch. Aber wenn man gerne in der Vergangenheit schwelgt wie ich, war er früher einfach magischer. Das mag zum Großteil an der Tatsache liegen, dass wir früher bei weitem nicht die Auswahlmöglichkeiten hatten, um uns unterhalten und permanent berieseln zu lassen. Unser S/W- Fernseher bot ganze 5 Programme, und da waren wir noch gut dran. Es gab insgesamt 3 Deutsche Sender (einer davon regional). Da wir aber sehr grenznah lebten, konnten wir zusätzlich noch die beiden Österreicher empfangen.

Zum anderen liegt es auch gewiss daran, dass ein Heranwachsender die Dinge einfach viel intensiver wahrnimmt. Komisch? Ist aber so. Ein Beispiel sind die Heftromane. Die waren früher garantiert nicht besser als es die heutigen sind. Aber in der Wahrnehmung eines Jugendlichen waren sie früher grusliger und beeindruckender. Ich denke da bloß an VHR 150 „Totentanz der Ghuls“ (Ringo berichtete). Meine Fresse, was hatte ich da für einen Schiss! Und Meister Thole (Ringo berichtete) jagte mir mit seinen seltsamen und oft befremdlichen Bildern immer wieder Gänsehautschauer über den ganzen Körper.

Zurück zum Kino

Ins Kino war ich schon immer gerne gegangen. Das erste Mal muss so Anfang der Siebziger gewesen sein, als ich mit meiner Mutter eine Vorstellung von „Pippi Langstrumpf“ besuchte. Das war im Berchtesgadener Kurkino, das leider zusammen mit dem schmucken und historischen Kurhaus dem geplanten Neubau des Kur- und Kongresszentrum weichen musste. Denkmalschutz war seinerzeit ein Fremdwort. Ich kann mich noch erinnern, als ich täglich auf dem Schulweg an dieser für mich gigantischen Baustelle vorbeikam. Bagger und Baufahrzeuge aller Art tummelten sich dort, die meisten von der einheimischen Baufirma „Schmölzl“ in ihrem charakteristischen Orange. Diese Farbe war für die Siebziger typisch. Auch mein Zimmer bekam von meinem großen Bruder irgendwann diesen Anstrich verpasst. Bis ich es 1979 komplett schwarz strich, sehr zum Verdruss meiner Großmutter! Aber das ist eine andere Geschichte.

Mein Bruder war ebenfalls ein leidenschaftlicher Kinobesucher. Seine Vorlieben waren Godzilla und die Bud Spencer & Terence Hill-Filme (Ringo berichtete). Da er 2 Jahre älter war, durfte er sich diese Art Filme mit Duldung der Oma natürlich ansehen, während ich, der kleinere, zu Hause bleiben musste. Immerhin durfte ich an seinen Erlebnissen teilhaben, wenn er mir unmittelbar danach mit Genießermiene vorschwärmte, wie toll der Film doch gewesen sei. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Als Dank bewarf ich ihn manchmal mit Dart-Pfeilen, die damals „Spicker“ hießen.

Als ich Zehn war, wurde ich durch einige Lesezirkel-Illustrierte auf einen brandneuen Film aufmerksam, den ich unbedingt sehen wollte: „Der Exorzist“. Aber alles Flehen, Winseln und Betteln half nichts, Oma war unerbittlich. Ich spielte mit dem Gedanken mich mit einem angeklebten Schnurrbart zu verkleiden und mein Glück an der Kinokasse zu versuchen, aber da ich nicht einmal einen Faschingsbart besaß, verwarf ich die Idee ganz schnell wieder. Versuche mit den Haaren eines alten Pinsels erwiesen sich als unbrauchbar. Eine weitere Idee war, meinen Bruder mit unserer Super8-Kamera, einem Weihnachtsgeschenk, ins Kino zu schicken, damit er den Streifen abfilmen konnte. Das war aber eine noch unsinnigere Idee als das Schnurrbartprojekt. Mit der Super8 konnte man pro Filmspule nur wenige Minuten filmen. Aber all dies zeigt, wie groß mein Interesse an diesem Film war, obwohl er mir auch eine Heidenangst einjagte. Zumal Oma immer mit damit drohte, wenn ich nicht brav wäre, würde mich der Teufel holen.

 

Einige Jahre später hat er dann aber zuerst sie geholt, aber auch das ist eine andere Geschichte.

Tröstlicherweise aber hatte meine Beharrlichkeit zur Folge, dass die Zügel etwas gelockert wurden und ich nicht nur „Pippi Langstrumpf“ oder den „Räuber Hotzenplotz“ im Kino sehen durfte. Bald schon kam ich nun ebenfalls in den Genuß, „Godzilla“, „Terence Hill & Bud Spencer“ und andere Filme für harte Jungs sehen zu dürfen. Mein erster Monsterfilm war, wenn ich mich recht erinnere, „King Kong und die Dämonen aus dem Weltall“. Wie üblich für einen Toho-Streifen hatte der Film nichts mit King Kong zu tun. Stattdessen war der Kinderfreund Godzilla mit dabei sowie ein quietschbunter Roboter namens Jet Jaguar, der für die deutsche Fassung King Kong gatauft wurde. Es gab natürlich auch ganz böse Widersacher aus dem All: Megalon und Gigan! Ich war so begeistert davon, dass ich mir an der Kinokasse ein Filmplakat und einige Aushangfotos kaufte. Da mir das aber nicht genügte, begann ich damit, mir eine Jet Jaguar-Verkleidung zu basteln. Aus Alufolie und Teilen von Waschpulverkartons. Das Resultat sah ziemlich bescheuert aus und hielt auch nicht recht lange. Es folgten noch weitere Godzilla-Filme, denn aus irgendeinem Grund liefen die ständig im Kino. Genauer gesagt, in einem der Kinos. Aber dazu später mehr.

Godzilla war faszinierend, was vermutlich meiner intrinsischen und latenten Zerstörungswut zuzuschreiben war. Bud Spencer und Terence Hill waren auch nicht schlecht, aber eben nicht Godzilla. Die Filme des Prügelduos schauten Bruder und ich ab und zu gerne gemeinsam an und verließen dann das Kino in bester Pöbelmanier. Klar, dass ich der gutaussehende Terence Hill war und mein Bruder der dicke Bud Spencer. Auf dem Schulhof brachte mir dies aber wenig bis nichts ein, bis auf Ärger mit den Lehrern. Für mich war eben nichts dabei, das im Film gesehene handgreiflich in die Tat umzusetzen, was nachträglich betrachtet ein ernstes Zeichen dafür ist, dass derlei Filme eben doch nichts für Kinder sind.

1975 kam der nächste Straßenfeger ins Kino, zu dem es im Vorfeld erneut eine Menge Reklame gab: „Der Weiße Hai“. Ein Jahr älter und reifer sah ich diese Art Film als für mich passend an. Vorbei war die Zeit der Naivität, in der ich mir ein Roboterkostüm baute oder mich wie Terence Hill auf dem Schulhof benahm (und meist im Staub landete). Mich wundert es heute noch, dass man mich als Elfjährigen an der Kasse nicht abwies. Allerdings waren mein Bruder und ich dort Stammkunden, und obwohl noch minderjährig, drückte man wohl beide Augen zu. Mein Bruder hatte es ohnehin einfacher, da der Sohn des Kinobesitzers ein Klassenkamerad von ihm war. Den Weißen Hai schaute ich mir mehrmals an, achtete aber, wie üblich, nicht auf die Handlung, denn die war in meinen Augen nebensächlich und eher störend. Nur der Hai zählte. Und die Schockmomente. 1975 war ich auch aus dem Alter heraus, wo ich mir von Filmen inspirierte Kostüme basteln wollte. Außerdem war es ohnehin unmöglich, eine Hai-Verkleidung selbst zu basteln.

 

Es folgten noch weitere Filme, die mich faszinierten, prägten und mein Leben lang begleiten sollten: „Flammendes Inferno“ und „Erdbeben“! Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich „Flammendes Inferno“ gesehen habe. Der Film ging mir so in Fleisch und Blut über, dass ich bald jede einzelne Szene kannte. Sehr zum Verdruss meiner Sitznachbarn, denn diese ließ ich unfreiwillig an meiner Erfahrung teilhaben, indem ich unablässig daher plapperte, was als nächstes geschehen würde. Ja, so war ich eben. Meine Lieblingsszene war die mit dem brennenden Mann. Ich war im wahrsten Sinne des Wortes Feuer und Flamme! Bud Spencer & Terence Hill und Godzilla waren inzwischen out. Für mich zählten nur noch Tierhorror- und Katastrophenfilme.

Ich machte wahre Freudentänze, als der nächste diese Genres angekündigt wurde: Erdbeben. Ganz neu an diesem Film war ein spezielles Tonverfahren, das besonders die tiefen Töne verstärkte, sodass diese als Vibrationen wahrgenommen werden konnten. Ideal also für ein Erdbeben oder Explosionen. Zur Anwendung kam dieses Verfahren erstmals eben bei Erdbeben, sowie später bei „Schlacht um Midway“ und „Achterbahn“. In den USA wurden in machen Sälen während der Vorstellung Mauerbrocken aus Styropor auf die Zuschauer geworfen, um den Effekt eines tatsächlichen Bebens zu verstärken. In Deutschland kam das Verfahren leider nur in wenigen Kinos zur Anwendung. Berchtesgaden gehörte leider nicht dazu.

 

 

 

Ein wenig zu den Kinos selbst

Das alte Kurkino musste, wie bereits erwähnt, dem neu gebauten Kur- & Kongresszentrum weichen. Einem für Berchtesgadener Verhältnisse gigantischen und hypermodernen Bauwerk, das ein Musterbeispiel für Fehlplanung und Geldverschwendung war. Nicht nur, dass es den historischen Ortskern verschandelte (es lag direkt neben dem historischen Friedhof) war es auch völlig überflüssig. Es fand nämlich, falls überhaupt, nur selten ein Kongress statt. Kernstück des Baus war eine riesige Halle im Erdgeschoß, zu dem ein weiteres Geschoß im unteren Bereich gehörte, dem eigentlichen Kongresszentrum. Dort war eine riesige Garderobe sowie eine sehr große Öffentliche Toilette. So gut wie immer herrschte überall gähnende Leere. Was das Kongresszentrum natürlich zu einem idealen Spielplatz für mich und meine Freunde machte.

In diesem Gebäude war auch eine Leihbücherei, in der ich mir ständig Bücher auslieh. Meist waren dies die Was-ist-Was-Bücher. In einem Trakt befand sich auch das brandneue Kurkino. Man musste eine dunkle Treppe hinabsteigen, und schon war man im Kassenbereich des Kinos, das großspurig „Kur-Lichtspiele“ hieß. Der Kassenbereich war in typischem Orange gehalten und eher bescheiden.  An der kleinen Kasse konnte man tatsächlich fast ausschließlich Kinokarten kaufen. Es gab aber auch eine kleine Auswahl an Süßigkeiten und Eis. Popcorn gab es damals noch nicht.

Der Kinosaal konnte sich sehen lassen. Er war großzügig und, für damalige Verhältnisse, modern.

Sobald das Licht ausging, begann die Reklame in Form einer Diaschau, die für Geschäfte und Betriebe des Ortes warb: Für die Enzianbrennerei Grassl, das Schornbad und alles Mögliche. Die Diaschau war mit gesprochenem Text garniert, die wie aus einer alten Wochenschau klang. Nicht, dass ich damals gewusst hätte, was eine Wochenschau war. Nein, aber Stimme, Wortwahl und Ton waren selbst für damalige Verhältnisse altbacken. Sobald diese Diaschau zu Ende war, ging das Licht wieder an und die Dame von der Kasse erschien mit ihrem Bauchladen und bot Süßigkeiten und Eis an. Es gab 3 Sorten Eis: Den „Happen“ für 70 Pfennig, den ich verabscheute, dann noch „Eiskonfekt“ für eine Mark und außerdem das doppelt so teure „Eis-Likörkonfekt“. Das kaufte man sich, wenn man es ordentlich krachen lassen wollte. Hatte ich keine Mark mehr, musste ich manchmal mit dem ekelhaften „Happen“ Vorliebe nehmen. Würg!

Wer jetzt denkt, es begänne der eigentliche Film, der irrt sich. Nachdem die Lichter wieder erloschen, ging der Vorhang wieder auf und es wurden Trailer, damals „Vorschau“ genannt gezeigt. Wenn man wie ich voller brennender Begierde auf den richtigen Film (mit brennendem Mann, einstürzenden Gebäuden oder einem menschenfressenden Hai) wartete, war dies eine schier endlose Geduldsprobe. Das Ganze dauerte nicht länger als 10 bis 15 Minuten, mir erschienen diese aber wie eine Ewigkeit. Und dann begann endlich der Film. Die Lichter gingen nun vollständig aus, der Vorhang ging weiter auf und ich musste meist ganz dringend auf die Toilette.

Es gab in Berchtesgaden, wie bereits erwähnt, nicht nur ein einziges Kino. Es gab insgesamt drei!

Die Kurlichtspiele waren im neuen Kongresszentrum im oberen Teil der Stadt. Im unteren Ortsteil gab es noch ein zweites: das Schwabenkino. Ein richtig schönes und sehr altes Kino mit einer antiquarischen Bestuhlung, einer aufwendigen Kassettendecke und grünlederner Wandbespannung. Der Vorhang war aus rotem Samt und schon ein wenig mottenzerfressen. Außerdem roch es dort immer ein wenig muffig. Auch dort gab es Eis, Süssigkeiten, die Diaschau und die Vorschau. Manchmal sogar noch einen Vorfilm.

Die Zeit hat das Schwabenkino inzwischen eingeholt. Es war nach vielen Betriebsjahren irgendwann nicht mehr zeitgemäß und schon ein wenig marode. Eine Renovierung hätte Unsummen verschlungen, und so schloss es 2012 endgültig seine Pforten.

Die Kurlichtspiele gibt es in modernisierter Form immer noch. Es heißte jetzt aber „Kino im AlpenCongress“.

Zurück zum Kinobesuch

In den Siebzigern wurde es allmählich Mode, für Filme, von denen sich die Produzenten und Verleiher viel Geld versprachen, aufwendige Werbung zu machen. Je mehr, desto besser. „Der Weiße Hai“ war hier der eigentliche Wegbereiter. Die sündhaft teure Marketingkampagne begann bereits zwei Jahre vor Erscheinen des Films, als das Studio erst die Filmrechte erwarb. Es wurden TV-Spots gedreht, Werbung in Illustrierten veröffentlicht und vieles mehr. Vor allem in den USA, aber auch bei uns in Deutschland. Es war schier unmöglich, sich dem Film zu verschließen. Und so wurde man konditioniert, die Botschaft lautete: Diesen Film musst Du sehen! Vor allem Menschen wie ich waren für derlei empfänglich.

Das Konzept ging auf, und so wurde es weiterentwickelt und immer wieder aufs Neue eingesetzt. Der nächste Höhepunkt in Sachen Marketing war „Der Krieg der Sterne“, über den ich heute ein wenig berichten werde.

Der Aufwand war bis dato beispielslos. „Krieg der Sterne“ war omnipräsent. Er war in den gängigen Illustrierten wie z.B. Stern, Burda, Neue Revue (Nana!), er war in den Bayerischen Tageszeiten (in gröbkörnigem S/W) wie z. B. TZ und auch in den Jugendzeitschriften wie z.B. BRAVO. Obwohl mich die gar nicht interessierte, da ich inzwischen Progger (Ringo berichtete) war.

Aber auch das ist eine andere Geschichte

Man konnte sich ihm nicht entziehen. Schlug man eine Illustrierte auf … Zack! - erschien irgendeine Art von Reklame für diesen Film. Schlug man eine Jugendzeitschrift auf, erging es einem genauso: Zack! - es erschien irgendeine Art von Reklame für diesen Film. Und im Fernsehen (man erinnere sich, wir hatten sage und schreibe satte 5 zur Auswahl!) konnte man diesem Film schon gar nicht entkommen. Ich erinnere mich, dass irgendwann in Rudi Carrell`s Samstagabends-Show „Am Laufenden Band“ sogar der Protokoll-Droide C-3PO zu Gast war.

Auch der Pabel-Moewig-Verlag wollte ein Stück vom Kuchen (Riding the Gravy Train) abhaben und schmiss, vermutlich mit hoher Auflage, ein Perry-Rhodan-Sonderheft mit dem Schwerpunkt „Der Krieg der Sterne“ auf den Markt. Enthalten waren eine Vielzahl ansprechender Photos und Hintergrundberichte, unter anderem:

  • Die Stars von STAR WARS
  • Spezial-Effekte
  • STAR WARS – Erste Skizzen und Layouts
  • George Lucas– Interview mit einem Genie 
  • Poster –  C3PO
  • Eine Galaxis in Flammen – Die Geschichte vom KRIEG DER STERNE

Von allen Seiten wurden wir unaufhörlich bombardiert und berieselt wie besonders, einzigartig, phantasievoll und trickreich umgesetzt dieser brandneue Film eines totgeglaubten Genres doch sei. Ständig erschienen überall und nirgends neue Photos und Details aus dem Film, sodass man immer wieder aufs Neue scharf wurde. Und so kam es, dass ich, eigentlicher Tierhorror- und Katastrophenfilm-Enthusiast auf diesen cineastischen Leckerbissen ansprang.

Perry Rhodan las ich schon seit einiger Zeit (wobei der Begriff „Zeit“ im juvenilen Alter sehr dehnbar ist). In der zweiten Auflage den grandiosen „Das kosmische Schachspiel“-Zyklus, in der Erstauflage die Anfänge des BARDIOC- und späteren PAN-THAU-RA-Zyklus. Und nebenbei den legendären KÖNIG-VON-ATLANTIS-Zyklus in der Atlan-Serie. SF war zu dieser Zeit genau mein Ding. Und noch besser war SF, wenn sie mit einem gehörigen Schuß Fantasy gepaart war. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich im Sommer 1977 mit irgendeiner Jugendzeitschrift am Berchtesgadener Stadtbrunnen saß und staunend in dieser blätterte. Krieg der Sterne war ganz neu und eigenständig. Statt glattrasierten Helden in schmucker Uniform gab es da abgehalfterte Weltraum-Cowboys in kaputten Raumschiffen, die von behaarten Co-Piloten begleitet wurden. Für das Comedy-Element sorgte das Roboter-Duo C-3PO und R2-D2, wohl vom berühmten Slapstick-Duo Laurel & Hardy inspiriert.

Krieg der Sterne begleitete mich in diesem Sommer 1977 ständig, sodass ich es kaum erwarten konnte, bis diese Offenbarung eines Films auch endlich bei uns zu sehen sein würde. Der Sommer 1977 war heiß und aufregend. Ich selbst war in einer Art Proto-Pubertät und begann zu merken, dass die Welt tatsächlich noch mehr bot als Rangeleien ums Pausenbrot. Mädchen waren plötzlich nicht mehr nur Objekte zum Ärgern auf dem Schulhof. Sie waren tatsächlich … irgendwie anders. Und das Bemerken derlei feiner Unterschiede charakterisiert eine Pubertät, also das Heranwachsen. Vermutlich spürte ich dies auch auf unterschwellige Art. Denn auch Juvenilität ist nur ein ganz begrenzter Intervall im Leben, das letztlich im so genannten Tod mündet.

Zurück zum Thema

Der Krieg der Sterne war also überall, man konnte sich dem Film nicht ohne weiteres entziehen. Auch wenn es einen gar nicht interesseierte. Wie meine Oma beispielsweise. Mich dafür umso mehr.

Wie nicht anders zu erwarten, erfuhr man durch die ausgefeilte und eigentlich fast schon übergriffige Marketing-Kampagne bereits lange vor dem eigentlichen Filmstart alles über den Film. Man kannte die Hauptfiguren, man kannte die Nebenfiguren, man kannte die Schauplätze, man kannte einfach alles. Geblendet und vielfach sogar überfordert erfuhr man alles über den Film, ob man es nun wollte, oder eben nicht. 1978 lief der Film dann auch endlich bei uns in der Berchtesgadener Kur-Lichtspielen.

Neben den beiden bereits erwähnten Lichtspielhäusern gab es noch ein drittes, das sich auf einer Anhöhe direkt gegenüber unseres Wohnhauses befand. Es war das Kino der US-amerikanischen Streitkräfte. In den Siebzigern waren die Amerikaner in Berchtesgaden noch sehr präsent. In unmittelbarer Nähe unserer Wohnung  begann der amerikanische Sektor. Der war zwar auch für uns zugänglich, aber nur von außen. Betreten durften wir die Anlagen und Gebäude leider nicht. Dort gab es mehrere Hotels, einen Supermarkt, einen Barber-Shop und das besagte Kino. Dort, wo der Sektor begann, sah es tatsächlich genauso aus, wie wir Amerika aus dem Fernseher kannten. Das Trottoir war mit quadratischen Betonplatten gepflastert, die Häuser im typisch amerikanischen Stil erbaut. Auch die Mülltonnen sahen so aus wie aus der Sesamstrasse. Es gab eine eigene Müllabfuhr und eine eigene Buslinie mit den typischen US-Bussen. Die in Berchtesgaden stationierten GI´s hatten auch ihre eigenen Autos aus Übersee mitgebracht. So war es kein Wunder, dass ständig diese riesigen ultracoolen US-Limousinen durch die Straßen fuhren. Das einzige, das wir als Einheimische betreten durften, war die Bowlingbahn gegenüber des Bahnhofs. Dort ging ich zwar nicht zum Bowlen hin, sondern kaufte mir häufig für umgerechnet eine Mark entweder einen Hamburger oder einen Hot-Dog. Zu dieser Zeit gab es zwar schon MacDonalds in Deutschland, aber der nächstgelegene war ungefähr 150 Km entfernt, also unerreichbar. Und diese Burger und Hot Dogs waren nicht nur gut, sondern auch cool. Man bestellte, bekam sein frisch gegrilltes Patty oder das Würstchen und durfte sich dann nach Herzenslust am Beilagenbuffet bedienen, wo man seinen Burger mit Zwiebeln, eingelegten Gurken, Ketchup, Senf und ähnlichem verfeinern konnte.

Zurück zum Kino

Der Schaukasten des US-Kinos war unterhalb der Anhöhe neben der Bushaltestelle angebracht, sodass wir auf dem Nachhauseweg von der Schule daran vorbeikamen und immer wieder staunten, was dort alles lief. Grausamerweise wurde auch Star Wars lange vor dem deutschen Kinostar gezeigt, sodass die Warterei ins schier unermessliche gesteigert wurde. Ein anderer Film, der dort lief war „Squirm“, den ich auch unbedingt sehen wollte. Zu meinem Verduss aber lief der niemals bei uns.

Was lange währt, wird endlich gut

Der Film lief nun auch endlich in den Berchtesgadener Kurlichtspielen, und mich hielt nichts mehr davon ab, ihn endlich anzuschauen. Was an sich unnötig war, denn ich kannte ohnehin schon jede Einzelheit.

Ich kaufte meine Eintrittskarte, bestaunte die ausgehängten Plakate und Filmbilder und wartete geduldig, aber sehnsüchtig darauf, dass sich die verschlossenen Türen zum Vorführraum öffneten und ich eintreten durfte. Geduldig ließ ich die obligate und stets gleiche Dia-Reklame über mich ergehen, kaufte mir danach ganz ein Eis-Likör-Konfekt zur Feier des Tages und schaute die lästige Vorschau an.  Das waren die längsten 15 Minuten meines Lebens, kann ich sagen.

Und dann begann endlich der Film nach einem schier endlosen Vorspann und ich bekam all die bunten Szenen, die ich schon aus unzähligen Berichten kannte auf der Leinwand zu sehen. Da ich durch die Marketing-Kampagne schon dermaßen im Bilde und eigentlich überinformiert war, lag mein Hauptaugenmerk in erster Linie darauf, die bewegten Bilder ganz groß und mit Ton, Musik und Soundeffekten auf der Leinwand zu sehen. Auf die Handlung achtete ich gar nicht so richtig, die erschien mir wie immer nebensächlich. Ich wollte nur die Figuren sehen, wie sich bewegten und sprachen, wollte die Spezialeffekte bestaunen und hatte die Hoffnung, vielleicht doch noch ein ganz klein wenig Neues zu entdecken. Es war schon prickelnd, die beiden Roboter glänzend und funkelnd in Bewegung zu sehen und zu hören, wie sie sprachen. Besonders die Roboter hatten es mir nämlich angetan. Nicht nur R2-D2 und C3PO, sondern auch all die anderen, die aber keine nennenswerte Rolle spielten. Roboter waren mein Ding, besonders C3PO der meinem Ideal eines humanoiden Roboters entsprach. Der sah nämlich nicht so altbacken aus wie die faden Blechmänner in Perry Rhodan, die eher wie Spielzeuge wirkten oder wie aus Konservendosen (oder Waschpulverkartons) gebastelt, sondern richtig cool. Auch wie er sich bewegte und wie seine Stimme klang. Die beiden waren von Anfang an meine Lieblingsfiguren und ich fieberte mit, als sie in die Hände der Jawas fielen, den galaktischen Schrottpiraten!

Luke Skywalker fand ich blöd, der war mir einfach zu brav. Mit dem halbseidenen Han Solo hingegen konnte ich mich aber sehr gut identifizieren. Chewbacca war sogar noch cooler, aber nicht so cool wie die Droiden. Und die Prinzessin, die war schon heiß. Allerdings störte mich ihre dämliche Frisur. Besonders faszinierend waren die Raumschiffszenen, die, wie die restlichen Trickaufnahmen, Ende der Siebziger bahnbrechend und immer noch zeitlos sind. Trickaufnahmen in SF-Filmen waren damals überwiegend eher lächerlich. Es gab natürlich Ausnahmen wie den genialen „Lautlos im Weltraum“ von 1972, aber die Masse der SF-Filme dümpelte eher im B-Sektor herum. Sie waren zwar gut gemeint, aber nicht unbedingt ernst zu nehmen. Die Raumschiffe aus „Raumpatrouille“ und Star Trek waren nicht wirklich überzeugend.

An Star Wars aber passte alles. Alles sah authentisch aus und nicht so glattgebügelt wie in den alten Streifen. Star Wars war so etwas wie Italo im Western Genre, wo es auch so etwas wie Schmutz und Gebrauchsspuren gab und nicht nur frisch gestärkte und gebügelte Uniformen, die eher Schlafanzügen glichen.

George Lucas war ein Visionär, der ein Genre neu erfand und dem eine ganze Welle von Nachahmern folgte, die seinem Film aber nicht das Wasser reichen konnten. Ein heutzutage vergessenes Plagiat, das fast eine direkte Kopie darstellt, ist „Kampf um die 5. Galaxis“ aus Italien, der 1979 in die Kinos kam, und zu dem Ennio Morricone die Musik beisteuerte. Für eine Handvoll Dollars. „Kampfstern Galactica“ ist zwar kein Nachahmer, aber ein augenscheinlicher Trittbrettfahrer. Immerhin starbesetzt. Aber Star Wars war anders und vor allem völlig eigenständig.

Als der Film zu Ende war (nein, viel zu früh!!) verließ ich wohl wie betäubt das Kino und machte mich auf den Nachhauseweg mit dem festen Vorsatz, mir den Film noch einmal anzuschauen. Was ich auch tat. Und nicht nur einmal.

Ich bin inzwischen zwar kein glühender Fan mehr, das schien im zunehmenden Erwachsenenalter abzunehmen, aber der Film hat mich in meiner Entwicklung doch sehr geprägt und beeinflusst.

Inzwischen lebe ich schon lange nicht mehr in Berchtesgaden, komme aber einmal im Jahr dorthin. Nicht für einen Kinobesuch, nein. In Berchtesgaden gibt es nämlich einen wunderschönen Christkindlmarkt. Und den gönne ich mir. Manchmal bin ich auch zum Filmdreh dort. Ich spiele zwar keinen Protokoll-Droiden, sondern wirke als Komparse bei einer sehr bekannten Heimat-Fernsehserie mit.

Aber auch das ist eine andere Geschichte

 

 © by Ringo Hienstorfer  (04/2025)

 

 

Kommentare  

#1 Mainstream 2025-05-04 10:05
-
HAPPY STAR WARS DAY alle zusammen !

"Am 4. Mai sind wir bei ihnen."
- Gottschalks Simultanübersetzer -
#2 Ringo Hienstorfer 2025-05-04 13:33
*Klick*
:lol:

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