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Tempoverlust in Serie(n)

Jochen und der (phantastische) TellerandTempoverlust in Serie(n)

Serienfans kennen das: Pilotepisoden zeichnen sich oft durch ihr enorm hohes Tempo aus.

Kein Wunder, muss der erste Folge den Zuschauer bzw. Leser doch regelrecht vom Hocker hauen und ihn somit dazu bewegen, auch bei den kommenden Episoden mit von der Partie zu sein. Ein probates, immer wieder gern genutztes Mittel ist dabei ein äußerst hohes Erzähltempo.

Dem Zuschauer soll keine Zeit zum Luftholen gelassen werden, sei es durch rasante Kamerafahrten, rasche Schnittfolgen oder einer Story, die ohne Rücksicht auf Verluste von einem Ereignis zum nächsten hetzt.

Serienfans wissen aber auch, dass das hohe Tempo, das die Serie in der Pilotepisode vorlegt, in den allermeisten Fällen in den folgenden Episoden deutlich zurückgefahren wird. Das heißt nicht, dass die Serie nach dem rasanten Auftakt von einer Folge zur nächsten plötzlich langsam und zäh wird. Auch in den Folgeepisoden kann es hinsichtlich der (Erzähl-)Geschwindigkeit noch so richtig zur Sache gehen. Doch vergleicht man dieses Tempo einmal mit dem der Pilotepisode, so bemerkt man meist einen spürbarer Tempoverlust.

Der hier erwähnte Vorgang lässt sich leicht feststellen, wenn man sich einmal verschiedene Serien der letzten Jahre zu Gemüte führt. Die Krimiserie »Shark« etwa, die kürzlich beendete SF-Action-Reihe »Perry Rhodan Action« oder, um ein aktuelles Beispiel zu bringen, das derzeit auf Kabel 1 laufende Anwaltsdrama »Justice«. So verschieden diese Serien auch sein mögen, eines ist ihnen allen gemeinsam: Nach teils ungeheuer rasanten Einstiegsepisoden hat das Tempo der Serien merklich nachgelassen.

Der angesprochene Tempoverlust bedeutet nicht zwangsläufig etwas Schlechtes. Die enorme Geschwindigkeit verhindert nämlich im Grunde, dass sich Story und Charaktere in ausreichendem Maße entfalten können. Erst wenn es die Macher etwas ruhiger angehen lassen, kommen insbesondere die Figuren und ihre Eigenarten (also das, was oftmals das Salz in der Seriensuppe ausmacht) so richtig zum Tragen. Wunderbar zeigt sich das bei PRA. Waren die ersten Romane (so spannend und atemberaubend sie auch sein gewesen mögen) noch Actionspektakel ohne echte Tiefe, hat die Serie bezüglich Story- und Charakterausarbeitung erst dadurch gewonnen, dass der Action- und Tempoaspekt deutlich reduziert wurden.

Und dennoch, so nachvollziehbar der Schritt der Temporeduzierung auch sein und so viele Vorteile dieser Schritt auch mit sich bringen mag, in gewissem Sinne ist der Tempoverlust wirklich schade. Ich meine, dass ich mir die Serie doch überhaupt erst angucke bzw. durchlese, ist doch in allererster Linie der hervorragenden Pilotepisode zu verdanken (so lese ich etwa »Sternenfaust« nicht, weil mich die ersten Romane einfach nicht gepackt haben). Und Teil diese Pilotfilms ist nun einmal das ungeheure Erzähltempo, das einen nicht unwesentlichen Teil dazu beigetragen hat, dass ich auch bei den Folgeepisoden noch dabei war bzw. bin.

Ich kann ja verstehen, dass das Tempo irgendwann etwas raus genommen werden muss. Die genannten Gründe sprechen da für sich. Was die Entwicklung insbesondere von PRA und »Justice« angeht, bin ich auch größtenteils zufrieden damit, wie sich die Serien nach der Reduzierung der Erzählgeschwindigkeit entwickelt haben. Und dennoch ist da ein Teil von mir, der sich wünscht, die Serien hätten das Tempo der Auftaktfolgen beibehalten.

Einmal, nur einmal würde ich gerne eine Serie erleben, die auch nach zwanzig Episoden noch die Anfangsgeschwindigkeit aufweist...

Kommentare  

#1 Cartwing 2009-08-21 08:37
Den Tempoverlust habe ich zuletzt bei PR EA bemerkt. (Negasphäre) und ich kann nicht sagen, dass ich das ok fand.
was Fernsehserien angeht, finde ich es persönlich viel schlimmer, wenn den Machern nach drei oder vier Staffeln entweder die Ideen ausgehen oder wie bei "Seinfeld" und "King of Queens" die Storys immer alberner und die Figuren in ihrem Verhalten unglaubwürdiger werden.
Sehr ärgerlich finde ich es auch, wenn Serien nicht beendet werden. Bestes Beispiel: Lost. Das hätte man nach drei Staffeln beenden müssen. Aber die Serie ist erfolgreich, also gehts weiter und die anfangs noch sehr interessante Story wird immer verworrener und abstruser. Die Beziehungen der Figuren untereinander immer weniger nachvollziehbar usw.
#2 Frank Rieger 2009-08-21 09:22
Da geh ich konform...
Nichts gegen "Tempo rausnehmen" aus schnellen Romanen oder Fernsehfolgen. Das ist Teil der Dramaturgie. Was ich allerdings gar nicht abkann ist das endlose Strecken von erfolgreichen Serien. Das erwähnte Lost aber auch Akte X etc. wären für immer als "Kult" in die Fernsehgeschichte eingegangen. Aber wenn eine Serie immer mehr Leute verliert die von Anfang an dabei waren - Was bleibt dann? Eine Serie von der jeder sagt: "Jaja, die war richtig gut - Am Anfang".
Ausnahme ist hier wohl Babylon 5. Dort wurde die letzte Staffel erst abgesagt und dann doch noch schnell hinterhergedreht. Was bei der besten Sci-Fi TV-Serie (natürlich total subjektiv :-) ) den Gesamteindruck leicht eintrübt.
#3 Olsen 2009-08-21 11:25
Grundsätzliche Zustimmung in fast allem - mit einer Ausnahme: Lost.
Der Rahmen der Geschichte, den die Lost-Macher erzählen wollten, stand von Anfang an fest. Was sie nicht wussten, war aber, wie viel Zeit sie dafür haben. Deshalb haben die ersten beiden Staffeln und die erste Hälfte der dritten Staffel leichte Länge (die bei der ersten Staffel noch nicht so aufgefallen sind, weil die Serie noch so neu war).
Ab dem Augenblick, wo bekannt war, dass es insgesamt sechs Staffeln werden, und die Macher dadurch wussten, auf wie viele Folgen sie den Rest der Geschichte verteilen können, zog die Serie drastisch an! Die Konsequenz waren sensationelle Staffeln vier und fünf.
#4 Laurin 2009-08-21 11:58
Ehrlich gesagt habe ich nichts gegen eine gute Mischung aus Tempo und ruhigen Phasen, in denen dann gut die Charaktere vertieft werden können.
Schlimm wird es eigendlich immer dann, wenn man merkt das etwas "künstlich" gestreckt wird um mögliche Durchhänger in der Kreativität zu überbrücken :-? !
#5 Christian Montillon 2009-08-21 12:21
Puh, mal schnell Olsen (3) zustimmen!
Was bei Lost sensationell funktioniert, ist, wie die Serie bei jeder Staffel auf eine neue Ebene gehoben wird bzw. eine neue "Schale" des Hintergrunds aufgemacht wird.
Und in der Tat wird das Tempo immer stärker seit Staffel 4. Keine Ahnung, wie die das in Staffel 6 noch toppen wollen :-)

Ansonsten: Manche Serien zieht man natürlich, weil man damit Geld verdient (mal von der "Macher"-Seite aus gesagt). Wenn letztendlich die Wahl steht von "Wir stellen die Serie mit Staffel 4 ein oder wir machen noch Staffel 5 und verdienen damit eine Million" wird man noch Staffel 5 machen. Und 6. Und so weiter.
Das nur allgemein gesprochen. Einzelfälle können und werden ganz anders aussehen.
#6 Cartwing 2009-08-21 19:01
Olsen: Ok, dann weißt du mehr als ich. Ich hatte zumindest diesen Eindruck, und mir hat Staffel 3 längst nicht mehr so gut gefallen, wie 1, auch wenns da ruhiger zuging (womit wir wieder beim Tempo wären).
Mich nervt einfach, dass plötzlich jeder jeden kennt, dass auch Personen, die vorher nichts miteinander zu tun hatten, plötzlich verwandt oder sich zumindest mal begegnet sind. Wie in ner soap halt.
#7 Christian Montillon 2009-08-21 19:40
wobei ich, cartwing, überzeugt bin, dass in DIESEM fall (im unterschied zu einer soap) ein SINN dahintersteckt, dass diverse leute verwandt etc. sind. das sehe ich nicht als zufall an in lost. sonst wäre ich (das gebe ich zu) auch in diesem punkt enttäuscht.
grüße, christian, alter lost-fan, der nun ruhig ist, ehe dies zu einer lost-diskussion ausartet, die mit jochens artikel nix mehr zu tun hat :-))

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