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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit dem Horse Creek Treaty?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem Horse Creek Treaty?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 17. September 1851 wurde einer der bedeutendsten Verträge zwischen der Regierung der USA und den größten Plainsindianervölkern geschlossen, der „Vertrag von Fort Laramie von 1851“ – auch bekannt als „Horse Creek Treaty“. Zu den beteiligten Völkern gehörten die Cheyenne, verschiedene Sioux-Gruppen, die Arapaho, die Crow, die Assiniboine, die Mandan, die Hidatsa und die Arikara. Miteinbezogen wurden auch einige Völker, die nicht anwesend waren.

Es ging nicht nur um eine Sicherheitsgarantie für die Siedler, die in langen Planwagentrecks auf dem Oregon Trail nach Westen zogen, sondern auch um Landgarantien der verschiedenen Völker. Manche der Stämme waren seit Jahrhunderten miteinander verfeindet und schlossen durch diesen großen Vertrag Frieden miteinander. Die Regierung wiederum garantierte Entschädigungen für die Verluste an jagdbarem Wild, Wald und Wasser.
Die Indianer erklärten sich mit dem Bau einiger Militärposten einverstanden, sowie mit der Abtretung einiger Landstreifen, auf denen der Oregon Trail verlief.

Die Regierung versprach Entschädigungszahlungen in Form von Lebensmitteln in Höhe von 50.000 Dollar jährlich für 50 Jahre. Der Vertrag hätte also bis ins 20. Jahrhundert Gültigkeit haben sollen.

Die beteiligten Repräsentanten der Regierung sprachen von einem Vertrag, der Frieden für die Ewigkeit sichern sollte, sowohl zwischen Indianern und Weißen als auch zwischen 8 verschiedenen Indianervölkern.

Der Vertrag hatte die besten Intentionen. Alle Beteiligten, auch die Regierungsvertreter, waren fest entschlossen, ihn zu halten. Gleichwohl wurde er schon kurz darauf gebrochen. Aber schauen wir kurz auf die Hintergründe.

Schon in den 1830er und 1840er Jahren waren Pioniere durch die Großen Ebenen gezogen. Einen entscheidenden Schub erfuhr diese Bewegung durch die Goldfunde in Kalifornien 1848. In den Rocky Mountains spaltete sich der Trail, weil ein Teil der Westwanderer nach Oregon zog, wo es zu günstigen Bedingungen Landzuteilungen gab. Ab 1847 zogen auch die Angehörigen der Mormonen-Kirche westwärts, nachdem sie in Illinois und Missouri gewaltsam vertrieben worden waren.

Bereits zu dieser Zeit drängten erfahrene Mountain Men und Pelzhändler, wie Thomas Fitzpatrick, Regierungsbehörden, eine Friedenskonferenz mit den Indianervölkern abzuhalten, um die wachsenden Spannungen zu beseitigen. Die Indianervölker beobachteten mit Argwohn, dass die sprunghaft steigenden Zahlen der Trecks eine Gefahr für ihre Versorgung darstellten. Das Wild in den Regionen beiderseits des Trails wurde knapp. Die erfahrenen Westmänner argumentierten, dass den Völkern Entschädigungen angeboten werden mussten, da sonst die Trecks in Gefahr waren.

Als Treffpunkt wurde Fort Laramie festgelegt, ein ehemaliger Pelzhandels- und jetziger Armeeposten im Herzland der Great Plains.

Es wurden Kuriere ausgeschickt, denen die Indianer vertrauten, die die Einladungen an die verschiedenen Völker und Häuptlinge aussprachen. Die Reaktion war weitaus freundlicher als erwartet. Es sammelten sich am Ende um die 10.000 Plainsindianer rings um Fort Laramie – eine Herausforderung für die kleine Besatzung, die das Schlimmste befürchtete, wenn die angekündigten Ladungen mit Geschenken nicht rechtzeitig eintreffen würden. Absehbar war, dass die Prärie rings um das Fort nicht geeignet war, diese Menge von Menschen und Pferden zu versorgen. Somit blieb Fort Laramie zwar der Name dieses einzigartigen Treffens, aber tatsächlich sammelten sich die Indianer auf den Ebenen rings um den Horse Creek, wo sich noch heute die Gedenktafeln an die Vertragsverhandlungen befinden. Hier trafen am Ende neben den bereits genannten Völkern auch die Gros Ventre, die Shoshone und andere Gruppen ein.


Der Vertrag passsierte den amerikanischen Kongress, wobei die Abgeordneten die Gültigkeit von 50 Jahren auf 10 Jahre kürzten. Tatsächlich wurden die versprochenen Lebensmittellieferungen nur an wenige Stämme ausgezahlt, an die meisten überhaupt nicht.

Die Lakota-Gruppen sicherten sich den exklusiven Besitz der Black Hills – ein für sie heiliges Gebiet. Daran stießen sich die Northern Cheyenne, die dieses Gebiet ebenfalls als Heimat ansahen. Die Arapaho fühlten sich ebenfalls düpiert. Ihr Häuptling Black Coal erklärte 1875: „Wir haben niemals eine Entschädigung für unser Land – die Black Hills – erhalten. Dieses Gebiet ist nur teilweise das Eigentum der Sioux, aber teilweise unser Land. Sie sind zunächst vom Missouri gekommen, als sie diese Region erreichten, und jetzt beanspruchen sie das gesamte Land.“


Noch 1967 erklärte ein Historiker der Cheyenne, das den Lakota die Black Hills unrechtmäßig als Ganzes zugesprochen wurden. Auch andere Völker klagten darüber, dass die Landaufteilungen sich nicht an die tatsächlichen Besitzansprüche der einzelnen Stämme hielten, und zwar vom heutigen Montana bis nach Süden zum North Platte, in Wyoming und Colorado. Im Sommer 1862 klagten die Crow, dass große Lakota-Gruppen in die ihnen vertraglich zugesicherten Gebiete eindrangen, um Bisons zu jagen. Andere Sioux-Gruppen zogen zur Jagd in Gebiete, die den Assiniboine zugesagt waren. Weitere Lakota vertrieben die Arikara über den Missouri.


1858, nach mehreren Jahren der permanenten Vertragsverstöße, wuchsen die Spannungen, da die US-Regierung es versäumte, die Springflut von Gold- und Silbersuchern zum Pikes Peak und in andere Regionen des heutigen Colorado zu stoppen. Verbunden damit war auch der Zuzug von Farmern, die sich indianisches Land als Eigentum abstecken. Noch vor 1861 waren Gruppen von Cheyenne und Arapaho aus diesen Gebieten vertrieben worden. Jetzt wurden hier Siedlungen gegründet. Diese neuen Pioniere kümmerten sich nicht um die vertraglichen Zusagen. Sie verlangten von der Regierung, sie zu verjagen. 1864 kam es am Sand Creek im Südosten Colorados zu einem der schlimmsten Massaker der Indianerkriege, als Colonel John Chivington ein friedliches Dorf der Cheyenne unter Black Kettle brutal niedermetzeln ließ.


Als noch schlimmer zu bewerten war, dass die Regierung die weißen Bisonjäger unterstützte, die die großen Büffelherden wegen ihrer Häute auslöschten, wodurch den Indianern ihre Lebensgrundlage entzogen wurde. Jedes Jahr wurden im Nordwesten mindestens 100.000 Bisons erschlagen. Die Stämme wurden damit gezwungen, in die Jagdgründe ihrer benachbarten Völker einzudringen, um sich mit diesen um die Büffelbestände zu streiten. Letztlich mussten sie ihre Kultur aufgeben und sich den Regierungsbehörden unterwerfen, weil sie sonst vom Hungertod bedroht waren.

Schritt für Schritt gerieten die Plainsvölker in die Defensive. Der einzige, der einen Zeitaufschub erkämpfte, war Red Cloud, der im heutigen Wyoming einen erfolgreichen Krieg gegen die US-Armee führte, so dass es 1868 zum zweiten Laramie-Vertrag kam, in dem noch einmal Landgarantien festgeschrieben wurden, die nach der Entdeckung des Goldes in den Black Hills nichts mehr wert waren. Daran änderte dann auch der Sieg der Lakota, Cheyenne und Arapaho am Little Bighorn nichts mehr. Der Untergang der Plainskulturen war nur noch eine Frage weniger Jahre. Was 1851 mit vielen Hoffnungen begonnen hatte, war innerhalb weniger Jahre nicht einmal mehr die Tinte wert, mit der dieser Vertrag geschrieben worden war.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

 

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