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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit den Slim Buttes?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit den Slim Buttes?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 9. und 10. September 1876 kam es im Harding County von Süd-Dakota zu einem erbitterten Kampf zwischen der US-Armee unter dem Kommando von General George Crook und Gruppen von Lakota-Kriegern in der Nähe einer Felsformation, die als SLIM BUTTES bekannt war.

Es handelte sich um ein Gefecht, das in direkter Folge der Schlacht am Little Bighorn stattfand, als der Departmentskommandeur General Phil Sheridan den Generälen Alfred Terry und George Crook befahl, die am Little Bighorn beteiligten Indianer unermüdlich zu verfolgen. Crook, der sich nach seiner Niederlage am Rosebud aus dem Feldzug zurückgezogen hatte, marschierte mit seinen Truppen zum Little Missouri im westlichen Nord-Dakota. Er nahm die Fährte der Indianer auf, die ihn in Richtung der Black Hills führte. Sein Kommando hatte zu dieser Zeit so gut wie keine Versorgungsvorräte mehr, aber Crook trieb seine fast 2.000 Soldaten rücksichtslos an. Sein Feldzug ging als „Crook’s Starvation March“ (Crooks Hunger-Marsch) in die Geschichte ein. Neben den Versorgungsmängeln mussten sich die Soldaten mit harten Wetterbedingungen auseinandersetzen. Kurz vorher hatten Wildfeuer die Prärie abgebrannt. Die Pferde und Mulis der Armee fanden kein Gras mehr.

Einige der völlig entkräfteten Tiere brachen zusammen, wurden von den Soldaten erschossen und gegessen.

Am 7. September hatte die Truppe den Grand River erreicht. Crook schickte eine Patrouille der 3. Kavallerie unter Captain Anson Mills – ca.150 Mann – in Richtung der Minenstadt Deadwood, um dort frischen Proviant zu besorgen. Mit Mills ritt der Chief-Scout Frank Grouard, der am Rabbit Creek bei den Slim Buttes ein Indianerdorf entdeckte. Zu diesem Zeitpunkt wusste er nicht, dass es sich um die Gruppe des bekannten Oglala-Häuptlings American Horse handelte, die aus Minneconjous, Brule und Cheyenne bestand. Es waren 37 Zelte mit etwa 260 Menschen. Davon waren etwa 40 Krieger.

Captain Mills entschied kurzentschlossen, nicht nach Deadwood weiterzureiten, sondern das Lager am nächsten Morgen anzugreifen. Er ließ sich von seinem Scout bis in die Nähe des Dorfes führen und ging mit seinem Kommando in einem nahegelegenen trockenen Flussbett in Deckung. Im Morgengrauen des 9. September ließ Mills seinen Packzug mit 25 Mann unter Lieutenant John Bubb zurück und attackierte das noch schlafende Lager mit größter Rücksichtslosigkeit. Weder Frauen noch Kinder wurden geschont. Die Indianer wurden im Schlaf überrascht, setzten sich gleichwohl heftig zur Wehr, schossen zwei Salven auf die stürmenden Soldaten und gingen in Niederungen und hinter Buschwerk in Deckung. Zwei Soldaten wurden schwer verwundet, darunter Lieutenant Adolphus von Luettwitz, der sein Bein verlor.

Sowie die Indianer ihre Familien in Deckung gebracht hatten, kehrten sie um und begannen mit einem Gegenangriff auf die Soldaten. Gleichzeitig schickten sie Boten aus, um weitere Indianerdörfer in der Nähe zu alarmieren.

Die Soldaten gerieten in Bedrängnis. Indianische Scharfschützen töteten und verwundeten Offiziere und Mannschaften von Anson Mills.

Als eine gewisse Ruhe eintrat, hasteten einige Soldaten in das verlassene Dorf und durchsuchten die Indianerzelte nach Vorräten. Sie fanden über 5.000 Pfund Fleisch, Büffelroben und natürlich die Pferdeherde. Die Kavalleristen entdeckten zu ihrer Erbitterung auch Gegenstände der 7. Kavallerie, die die Indianer vom Little Bighorn mitgenommen hatten. Damit stand fest, dass die Bewohner dieses Lagers an der Schlacht gegen Custer teilgenommen hatten. Sie entdeckten u. a. die durchbluteten Reithandschuhe von Captain Myles Keogh, 30 Sättel, US-Kavallerie-Pferde und Uniformteile. Mills ordnete an, das Dorf niederzubrennen. Zudem schickte er Boten zurück zu General Crook.

Crook bekam einen Wutanfall, als er hörte, dass Mills seine Aufgabe, Proviant zu besorgen, nicht erfüllt hatte. Er schickte den Kurier mit dem Befehl zurück, jeden weiteren Kampf zu vermeiden.
Am 10. September waren die Indianer verstärkt worden. Sie nahmen ihre Angriffe auf die Soldaten wieder auf. Gegen 11.30 Uhr traf General Crook auf dem Schlachtfeld ein. Die Kämpfe hielten an. Eine Gruppe Krieger unter persönlicher Führung von American Horse erreichte den ehemaligen Standort des Zeltdorfes, geriet allerdings in ein mörderisches Kreuzfeuer der Soldaten und musste aufgeben. Während dieses Kampfes wurde American Horse in den Leib geschossen und erlag dieser Verwundung wenige Tage später.

Es wird geschätzt, dass zu diesem Zeitpunkt etwa 800 Krieger am Kampf teilnahmen, während Crook mit etwa 2.000 Soldaten angerückt war.

Am Abend des 10. September tauchten weitere Krieger unter Crazy Horse auf, der sich aber nach einem kurzen Zusammenprall mit den Soldaten wieder zurückzog.

Damit endete das Gefecht. Captain Mills Kommando verzeichnete drei Gefallene und 14 Verwundete. Die Verluste der Indianer sind nicht genau bekannt. Man fand später die Leichen von 4 Kriegern, 6 Frauen und 13 Kindern.

Das Mills-Kommando zog am 10. September weiter nach Deadwood. Am 11. September ritt Major Mason mit 5 Kompanien der 5. Kavallerie zurück und entdeckte, dass die bestatteten Soldaten ausgegraben und geschändet worden waren.

Die Schlacht von Slim Buttes wurde als Sieg der US-Armee verzeichnet. Das kann man so sehen, aber tatsächlich hatten die Lakota und Cheyenne ihr Interesse am Kampf mit der Armee verloren und hatten sich zurückgezogen. Das Monument, dass an das Gefecht bei den Slim Buttes erinnert, wurde im August 1920 errichtet.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

 

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