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Verschwörung, Mord und Intrigen: »Inspector Koo«

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneVerschwörung, Mord und Intrigen
»Inspector Koo«

Zwei Seiten einer Medaille: Die etwas heruntergekommene ehemalige Polizistin Koo Kyung-yi, die jetzt ab und an für eine Versicherungsagentur arbeitet. Auf der anderen Seite die erfolgreiche Studentin Song Yi-kyung, die ein Faible für Amateur-Theater hat. Die Eine das Spiegelbild der Anderen - könnte man annehmen, wenn man einen Blick auf die Nachnamen wirft. So einfach ist das aber nicht. Koo Kyoung-yi steht auf der Seite des Gesetzes, Song Yi-kyung nicht.

Die eine ist Polizistin, die andere eine Mörderin. Beide sind sich in der Vergangenheit schon begegnet und beide begeben sich erneut, als Inspector Koo einen seltsamen Versicherungsfall untersucht.

Man kann Etliches an der Serie aussetzen: So sind die Zufälle, durch die Handlung ab und vorangetrieben wird, durchaus manchmal etwas zu auffällig. Auch, dass die Serie in der ersten Hälfte den Haupt-Plot ein wenig aus den Augen verliert. Zudem: Haben wir das nicht schon mal alles so ähnlich gesehen? Clevere Mörderin ist der Polizistin immer einen Schritt voraus? Dazu ein Hauch von Intrigen auf der obersten Politikebene? Heldin hat eine tragische Vergangenheit und ist deswegen dem Alkohol verfallen? Irgendwie schon und doch ist „Inspector Koo“ anders.

Die Handlung mag durchaus Kapriolen schlagen, die bei einem Katz-und-Maus-Spiel aber durchaus auch passen. Song Yi-Kyung hat durchaus sehr einfallsreiche Mord-Methoden. Es sollte uns zwar keinen Spaß machen, da zuzusehen, aber wir fragen uns ja dennoch: Wie schafft sie es denn jetzt wieder ihr Ziel zu erreichen. Gerade in der zweiten Hälfte der Staffel kann auch durchaus etwas wie Sympathie für die Mörderin aufkommen. Allerdings - so arrogant und lässig wie sich Song Yi-Kyung präsentiert … Da ist uns die namensgebende Ex-Polizistin doch näher. Oder?

Am Anfang nicht. Koo Kyung-yi ist wegen ihrer tragischen Hintergrundgeschichte - die leider etwas zu klischeehaft ist - versumpft. Dem Alkohol verfallen. Ständig am Spielen eines Online-Rollenspiels. Sie ist harsch. Unwirsch. Und will zuerst auch gar nicht richtig mitarbeiten. Was sie dann doch tut und dabei feststellt, dass der Versicherungsfall zu einer Reihe von Unfällen gehört. Unfälle, zu denen alle Personen gehören, die an Bord eines bestimmten Schiffes waren. Und die alle auf intelligente Art und Weise ermordet worden sind. Irgendwas ist auf dem Boot passiert - nur was? Das ist die Ausgangsfrage, die Frau Koo rasch bis in die höchsten Politiker- und Magnatenkreise führt. Dabei ist sie natürlich auch noch damit beschäftigt die Mörderin zu fangen. Erst im Laufe der Zeit wird Frau Koo dann doch sympathischer.

Wobei: Auch die Serienmörderin hat eine tragische Hintergrundgeschichte. Natürlich. Wobei ich mir persönlich da mehr gewünscht hätte. Offenbar waren sich die Autor*innen der Serie in den ersten Folgen nicht so ganz einig, ob nicht noch ein übernatürliches Element mitspielen sollte oder eher doch nicht. Es gibt dezente Hinweise darauf. Im Laufe der 10 Folgen spielt das aber keine Rolle mehr. Das Katz-und-Maus-Spiel bei den einzelnen Todesfällen steht in der ersten Hälfte der Staffel im Vordergrund - und die kommen ohne Geister oder Ähnliches aus. In der zweiten Hälfte gehts dann ans Eingemachte.

Natürlich gibts noch ein Team, dass Frau Koo hilft, einen Gefährten, der Frau Song hilft … Das kennt man ja. Natürlich haben auch diese Charaktere ihre Hintergrundgeschichten und irgendwie scheint es üblich zu sein bei Detektivdramen ALLEN eine dramatisch-tragische Geschichte zu verleihen. Das soll wohl irgendwie zur Atmosphäre beitragen. Was natürlich Unsinn ist, denn so sehr werden auch die Hintergrundgeschichten der Nebencharaktere nicht erforscht. Aber: Atmosphäre hat die Serie dennoch. Zum Einen durch den Soundtrack - immer, wenn dieses pulsierende Rhythmische einsetzt, dieses Vorwärtsdrängende, dazu dann die weibliche Singstimme … Uff. Besonders dieser englischsprachige Popsong, der als Thema von Koo auftaucht - hach. Dazu dann: Diese Regieeinfälle …

Selten ist eine Serie so visuell gut in Szene gesetzt worden. Da vermischen sich Gegenwart und Vergangenheit; die Protagonisten sind leibhaftig in ihren Erinnerungen oder in den Dialogen, die sich auf spätere Dinge beziehen präsent. Wenn Frau Koo über die Mordfälle nachdenkt, werden die auf einer Bühne wie Theaterstücke inszeniert. Die Kamera nimmt sich Zeit für Details: Wenn Frau Koo auf einer Müllkippe landet, dann zoomt die Kamera von oben auf sie herab. Langsam. Stetig. Zu all diesen Dingen kommen dann noch Elemente, die aus Computerspielen entlehnt werden. Zum Einen sind das kleine Details wie der Energielevel von Frau Koo, der sich natürlich füllt, wenn sie Alkohol getrunken hat. Es sind aber auch längere Sequenzen. Da rollt wie in einem Geschicklichkeitsspiel vor den Augen der Zuschauenden eine Tonne den computergenerierten Weg hinab - in herrlicher Comic-Optik mit passendem Soundtrack. All diese Elemente erzeugen eine Atmosphäre, der man sich nicht so schnell entziehen kann.

Diese Atmosphäre trägt die Serie auch dann, wenn es halt zuviele Zufälle gibt oder die Autor*innen offenbar meinten, man müsste noch mal einen Twist auf den anderen häufen. Bisschen weniger Dramatik hätte der Serie durchaus gutgetan. Etwas weniger dramatische Hintergrundgeschichte auch. Dass die Serie sich fängt, bevor sie anfängt sich zu sehr zu verzetteln - das kann man ihr immerhin zu gute halten. Insgesamt bietet die Serie ein spannendes, unterhaltsame Vergnügen durch gute Charaktere, einer passablen Haupthandlung und zahlreichen exzellenten Regieeinfällen. Wobei: Man sollte halt öfters nicht wirklich über die Handlung oder einige Stränge nachdenken.

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