Frost, Jeaniene – Halfway To The Grave

HALFWAY TO THE GRAVE Halfway To The Grave
von Jeaniene Frost
erschienen: November 2007 (USA)
384 Seiten; ca. 5 Euro
ISBN-10: 0061245089
ISBN-13: 978-0061245084
Taschenbuch

Harper Collins

Ich gebe es gerne zu: ich lasse mich manchmal von Amazons Buchvorschlägen beeinflussen. Man bekommt da ja durch ihr ausgefeiltes Vorschlagssystem oftmals beeindruckend zum eigenen Geschmack – oder besser zur eigenen Leserichtung - passende Bücher feilgeboten und so war es auch in diesem Fall. Über Dresden war ich in die Richtung »Urban Fantasy« gestolpert, auf »Magic Bites« gestossen (das wurde aber noch nicht geliefert) und hatte dann auch »Halfway To The Grave« gefunden.

Der Plot hörte sich auch ganz nett an: Halbvampirin meuchelt so ziemlich alle Vampire, die ihr unter die Pflöcke geraten, wird dann von einem wohlmeinenden Blutsauger unter seine Fittiche genommen und muss feststellen, dass nicht alle Spitzzähne böse sind.

Hinzu kamen die zwar wenigen aber fast schon enthusiastisch zu nennenden Rezensionen beim Online-Verkäufer, an denen man sich oft orientieren kann. Diesmal nicht.

Als ich das Taschenbuch in Händen hielt, schwante mir schon was: Auf dem Buchrücken stand »Romantic Mystery«. Aha, also offenbar ein Buch der Sorte »Frauenroman«. Das muss aber erstmal ja gar nichts Schlimmes bedeuten und einen Roman aufgrund dieser willkürlichen Klassifizierung nicht zu lesen liegt mir fern. Außerdem soll man ja nach allen Seiten offen sein. ;o)

Dummerweise liest sich »Halfway To The Grave« an zu vielen Stellen wie der feuchte Traum eines Teenagers, der zu viel Zeit in der »World Of Darkness« verbracht hat (wer die WoD in seinem Sarg verpennt hat, folgt dem Link am Ende des Artikels). Auch, wenn die Geschichte nicht wirklich vor diesem Hintergrund spielt, dann gibt es doch deutlich zu viele Parallelen, um sie ignorieren zu können. Auf der anderen Seite könnte man natürlich auch argumentieren, dass White Wolfs WoD möglicherweise längst ein Teil unserer Popkultur geworden ist oder die möglichen Settings für Vampirgeschichten beschränkt sind. Es kommen aber zu viele bekannte Versatzstücke vor, als dass es sich hier um einen Zufall handeln könnte.

An anderen Stellen hat die Autorin die WoD- (und anderswo-) Klischees ein wenig verbogen, beispielsweise haben Vampire weder Probleme mit Kreuzen noch mit Knoblauch und auch Sonnenschein lässt sie nicht stante pede knusprig werden, wenngleich sie trotzdem die Nacht als aktive Zeit vorziehen.

Cat ist 22 und tötet seit ihrem 16 Lebensjahr Vampire. Sie kann das, weil es sich bei ihr um eine Spezies handelt, die es eigentlich gar nicht geben darf: Eine Halbvampirin, entstanden dadurch, dass ihre Mutter von einem Vampir vergewaltigt worden war (Blade läßt schön grüßen, auch hier wurde wieder abgekupfert, es gibt allerdings im Verlauf der Handlung eine halbwegs brauchbare Erklärung für das Phänomen »Halbvampir«). Ihre Mutter, durch das Erlebnis traumatisiert, haßt alle Vampire und hat dieses Trauma nachhaltig an die Tocher weiter gegeben. Für Cat ist eins völlig klar: Alle Blutsauger sind böse und müssen vernichtet werden und da sie aufgrund ihrer Herkunft einige übermenschliche Fähigkeiten aufzuweisen hat, ist sie bei ihrem Kreuzzug auch ziemlich erfolgreich. Außerdem hofft sie bei ihren nächtlichen Meucheltouren irgendwann auf ihren »Vater« zu treffen...

Auf diese Art und Weise gerät sie irgendwann an den Vampir und Kopfgeldjäger Bones, der über die Existenz einer Halbvampirin völlig verblüfft ist und Cat unter seine Fittiche nimmt, um sie auszubilden. Dieser passt das natürlich überhaupt nicht, denn sie weiss ja, dass alle Spitzzähne böse sind. Dennoch bleibt ihr keine Wahl, als auf Bones' Deal einzugehen. Nebenbei sieht der natürlich zufällig auch noch extrem gut aus. War ja klar.

Es kommt, wie es kommen muss, natürlich kommt man sich näher. Diese Annäherungsphase wird von der Autorin allerdings kaugummiähnlich künstlich in die Länge gezogen. Sie will – sie will nicht – sie will – Gewissensbisse – doch ganz nett – ach nee, ein Vampir. Seufz. Irgendwann ungefähr in der Mitte des Buches kommt es dann (man ist versucht »na endlich!« zu rufen) zum ersten Sex zwischen Cat und Bones.
Da gibt die Autorin dann aber auch gleich alles und beschreibt den Beischlaf derart detailliert, dass man es eigentlich nur als pornografisch bezeichnen kann. Von wegen »Romantic Mystery«. Auf der anderen Seite war's dass dann auch, alle späteren Sex-Szenen zwischen den Protagonisten werden nur noch angedeutet. Da sind allen möglichen Spekulationen natürlich Tür und Tor geöffnet: Angst vor der eigenen Courage? Vorgabe des Verlegers: »mindestens eine derbe Sex-Szene!« (im prüden Amerika eigentlich kaum zu glauben) abgearbeitet und gut ist? Mangelnde Phantasie für weitere Spielarten? Die Antwort darauf habe ich zugegebenermaßen ebenfalls nicht, ich kann nur feststellen, dass mich nicht die detailliert geschilderte Sex-Szene an sich gestört hat (man hätte sie aber durchaus auch mit weniger Einzelheiten schildern können), sondern vielmehr die Tatsache, dass die Autorin den Stil dann nicht konsequent weiter geführt hat.

Wie auch immer. Die beiden raufen sich zusammen und neben der vordergründigen Lovestory, die natürlich aufgrund der Abneigung von Cats Mutter gegen Vampire tragisch werden muss, gibt es auch noch einen eher halbgaren und ebenfalls nicht vollständig durchkonstruierten Krimi-ähnlichen Plot, der sich damit beschäftigt, dass ein mächtiger Vampir zusammen mit einem nicht weniger mächtigen Menschen eine Art »Essen auf Rädern« für Blutsauger organisiert: Man sammelt junge Mädchen ein, deren Verschwinden nicht auffällt und verkauft sie meistbietend. Bei der Polizei läßt man Berichte verschwinden. Kopfgeldjäger Bones ist bereits seit Jahren hinter dem Drahtzieher des Geschäfts her. Warum genau kommt irgendwie nicht raus, aber Bones ist ja offenbar ein Gutmensch, äh, Gutuntoter.

Gegen Ende kommt dann noch eine Spezialeinheit der Regierung hinzu, womit dann so ziemlich alle bekannten Versatzstücke abgegrast worden sein dürften. Jeaniene Frost klaut sich ihr Universum an allen Ecken und Enden zusammen, eigene Erfindungen muss man mit der Lupe suchen. Zusätzlich ist der Charakter Cat nicht stringent und eher unglaubwürdig (wäre sie ein paar Jahre jünger könnte man das unter Pubertät einsortieren, ist sie aber nicht...).

Dabei ist der Schreibstil an sich so schlecht gar nicht und im Prinzip kurzweilig zu lesen. Es gibt hier also definitiv Potential, wenn sich Frau Frost bemüht, die Fehler des Erstlings zu umgehen und sich deutlich mehr Mühe mit der Ausarbeitung der Geschichte gibt.

Alles in allem würde ich »Halfway To The Grave« wirklich nur hartgesottenen Freunden des Genres ... äh ... nein, nicht empfehlen, denen würde ich nicht abraten. Allen anderen schon, denen würde ich tatsächlich eher einen Roman aus der World Of Darkness ans Herz legen, denn so schlecht wie oftmals behauptet sind viele davon nicht, ganz im Gegenteil. Und auch sonst gibt es brauchbare Vampirgeschichten wie Sand am Meer, so dass man diese eher schlechte nicht wirklich lesen muss.

Den Rest der Serie (natürlich ist es eine Serie namens »Night Huntress« - wie originell...) wird Frau Frost an mich wohl nicht verkaufen.

Aber vielleicht war ich einfach nur nicht die Zielgruppe...

 

Links:

Jeaniene Frost

World Of Darkness (Erklärung)


Bildzitat Quellennachweis:

Cover Copyright 2007 Harper Collins

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