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Rollenspiele bzw. Roleplaying-Games – Was ist das eigentlich?

RollenspieleRollenspiele bzw. Roleplaying-Games –
Was ist das eigentlich?

Der folgende Artikel ist sozusagen als Auftakt einer kleinen Reihe zum Thema Rollenspiele gedacht, die in nächster Zeit dieses Spielgenre etwas genauer unter die Lupe nehmen soll.

Es handelt sich bei dem Text um einen nur in geringem Umfang überarbeiteten Auszug aus meiner Diplomarbeit zum Thema „Roleplaying-Games:


Möglichkeiten und Gefahren aus sozialpädagogischer Sicht“, die ich vor einigen Jahren an der Uni Kassel geschrieben habe. Daher lässt sich der Text unter Umständen teilweise etwas trocken lesen, bietet aber hoffentlich (vor allem Neulingen im Bereich der Rollenspiele) einiges an interessanten Infos zu diesem Spielgenre.

Was sind Roleplaying-Games?

Logo Dungeons and DragonsMir ist durchaus bekannt, dass meistens, wenn in den Medien von RPG´s die Rede ist, von "Fantasy-Rollenspielen" oder auch nur von "Rollenspielen" gesprochen wird. Ich habe bewusst den englischen Ausdruck "Roleplaying-Games" gewählt, da er mir zur genaueren Definition dieser Spielgattung geeigneter erscheint. Dies hängt damit zusammen, dass es verschiedene andere Formen des Rollenspiels gibt (beispielsweise in pädagogischen oder therapeutischen Zusammenhängen) und der Tatsache, dass die ersten RPG´s zwar tatsächlich im Bereich der Fantasy angesiedelt waren, es inzwischen aber eine Vielzahl von RPG´s gibt, die in anderen fiktiven Welten wie z.B. Science Fiction- oder Horrorwelten gespielt werden, aber auch vor einem Geschichtlichen Hintergrund angesiedelt sein können. Dies z.B. im Wilden Westen, so dass mir der Begriff Fantasy-Rollenspiele zu sehr auf einen Teilbereich der Roleplaying-Games beschränkt scheint.

Der englische Ausdruck beinhaltet meiner Meinung nach auch eine bessere Definition als die im deutschen Sprachraum übliche Verwendung des Begriffs Rollenspiele, da der spielerische Aspekt im englischen durch den Zusatz "Games" hervorgehoben wird, denn eigentlich müsste die Übersetzung ins deutsche wohl "Rollenspiel-Spiele" heißen. Im Deutschen gibt es keine Möglichkeit zwischen "playing" und "gaming" zu differenzieren, da beides "spielen" bedeutet. Der englische Begriff grenzt die RPG´s also viel mehr von anderen, beispielsweise therapeutischen Formen der Rollenspiele ab.

Die meisten Menschen wissen wahrscheinlich kaum etwas über diese Form von Spielen.
 
RPG´s sind Gesellschaftsspiele. Sie richten sich in erster Linie an Jugendliche und junge Erwachsene. Die Gründe hierfür liegen auf der Hand, wenn man  diese Spiele näher betrachtet.
 
Im Gegensatz zu fast allen anderen Spielen, die man käuflich erwerben kann, nehmen die geschriebenen Spielregeln einen extrem großen Teil der Spielausstattung ein, wenn nicht sogar den gesamten. Der Umfang dieser gedruckten Regeln ist unterschiedlich, doch in den meisten Fällen handelt es sich um mehr als einhundert Seiten, zieht man die diversen Zusatzpublikationen, die es für fast alle RPG´s gibt, mit ein, so können sogar mehrere tausend Seiten an Regelwerk zusammen kommen.
 
Außer Büchern oder Heften gibt es höchstens noch ein paar Würfel, Blätter auf denen spielrelevante Werte für die Mitspieler festgehalten werden und manchmal Skizzen oder Landkarten.
 
Allein Anhand dieser Tatsache kann man erkennen, dass RPG´s nur sehr bedingt für Kinder geeignet sind, da es diese bis zu einem bestimmten Alter überfordern würde, sich mit einer solchen Menge an Spielregeln zu beschäftigen und diese zu verinnerlichen. Trotzdem gibt es Möglichkeiten RPG´s auch mit Kindern zu spielen, z.B. wenn ein Jugendlicher oder Erwachsener die Rolle des Spielleiters übernimmt.
 
Doch zurück zur Frage "Was ist ein RPG eigentlich?".
 
In den meisten Regelwerken der RPG´s und auch in einigen anderen Publikationen, die sich mit RPG´s beschäftigen, gibt es Abschnitte, die sich mit eben diesem Thema beschäftigen und fast immer gibt es in ihnen ähnliche Definitionen. Hier nun exemplarisch einige Beispiele:

Logo DSAIm Basis-Spiel des deutschen RPG´s "Das Schwarze Auge" (DSA)  heißt es, nach einer kurzen Definition von Fantasyliteratur:
 

Rollenspiel bedeutet, Sie, der Spieler übernehmen eine Rolle in einem solchen Fantasy-Abenteuer. Sie agieren wie ein Romanheld in einer imaginären Welt und bestimmen gemeinsam mit ihren Freunden Verlauf und Ausgang der Geschichte.1



Aus "Star Trek - Das Rollenspiel":

Wie man schon der Bezeichnung Rollenspiel entnehmen kann, ähnelt es ein wenig dem Theaterspiel (...) bei dem die Charaktere ein Abenteuer, das zunächst nur der Spielleiter kennt, bestehen und lösen.2



Das Rollenspielmagazin "Envoyer" definiert RPG´s auf recht plakative Weise:

Fantasy-Rollenspiel ist Kino live. (...) Als Spielbrett dient die Phantasie der Spieler.3



Peter Kathe wiederum schreibt von einem "(...) Buch, Film, Theaterstück, dessen Handlung nicht festgelegt ist, sondern die Sie zusammen mit anderen in Form eines Gesprächs entwickeln (...)"4.
 
Lawrence Schick bietet in seinem Buch "Heroic Worlds"5 eine eher abstraktere Definition an, die ich allerdings für recht gelungen halte.
 
Grundvoraussetzung, damit ein Spiel in die Kategorie der RPG´s eingeordnet werden kann ist für ihn, dass es "quantified interactive storytelling" als wesentliches Merkmal beinhalten muss.
 
Doch was genau verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Unter "quantified" ist in diesem Zusammenhang zu verstehen, dass in RPG´s Zahlen verwendet werden, um die meisten der Fähigkeiten und Charakteristika der Spielfiguren bzw. Charaktere, die die Spieler im Spiel übernehmen, zu definieren.
 
Zweitens bestimmen die Spieler mit ihren im Spiel getroffenen Entscheidungen den Spielverlauf und die Handlung der Geschichte, die gespielt wird, worauf sich der Begriff "interactive" bezieht.
 
Und "storytelling", also das Erzählen von Geschichten durch die Person des Spielleiters  ist der zentrale Punkt des Spiels. Hier wird der Hauptunterschied zu anderen Gesellschaftsspielen deutlich, in denen es meistens mehr um Punkte oder Positionen geht, während Geschichten, wenn überhaupt, höchstens als Hintergrund des eigentlichen Spiels dienen.
 
Logo MidgardEs gibt sehr viele unterschiedliche RPG´s, die sich nicht nur durch Umfang und Komplexität des Regelwerks, sondern auch durch die Spielwelt, die ihnen zugrunde liegt unterscheiden. Häufig wird in diesem Zusammenhang von unterschiedlichen Systemen bzw. Spielsystemen gesprochen.
 
Spielercharaktere
 
(Fast) jeder Mitspieler übernimmt während eines RPG´s einen so genannten Spielercharakter (häufig auch als Held, Spielerheld o.ä. bezeichnet), mit dem er sich während der einzelnen Spielsitzungen identifizieren, dessen Rolle er spielen und mit dem er die zu spielenden Geschichten (meist als Szenarien oder Abenteuer, bei mehreren  zusammenhängenden Szenarien als Kampagnen bezeichnet) erleben und bestehen soll.
 
Ein wichtiger Aspekt der RPG´s ist, dass die einzelnen Spieler nicht, wie bei den meisten anderen Spielgenres, gegeneinander sondern vielmehr miteinander spielen, um die ihnen gestellten Aufgaben zu lösen.
 
Der Spielercharakter wird vor Beginn des Spiels entweder vom Spieler erschaffen oder man benutzt einen vorgefertigten Charakter, was allerdings eher die Ausnahme ist.
 
Die Charaktererschaffung funktioniert von System zu System unterschiedlich. Manche Systeme verwenden das Zufallsprinzip, d.h. die spielrelevanten Werte des Charakters werden durch Würfeln bestimmt. Auf diese Weise werden den Spielcharakteren z.B. Werte für Intelligenz, Stärke, Geschicklichkeit, Mut und ähnliche Eigenschaften zugewiesen, wobei die gerade Genannten bei allen Charakteren eines Spielsystems Verwendung finden. Darüber hinaus gibt in vielen Systemen noch die so genannten Skills bzw. Fertigkeiten wie z.B. Klettern, Schwimmen, Lesen, Pflanzenkunde usw., die nicht unbedingt allen Charakteren zur Verfügung stehen, die aber dafür sorgen, dass eine Vielzahl von alltäglichen Handlungen einer Person spieltechnisch geregelt und in vergleichbare Form gebracht werden können.
 
Andere (zumeist eher modernere) Systeme geben dem Spieler die Möglichkeit die Eigenschaften und Fähigkeiten des Charakters mittels des Verteilens von Punkten aus einem für alle Mitspieler gleich großen Punktepool selbst zu bestimmen. In vielen Systemen (vor allem in denen, die in Welten spielen, die im Bereich der Fantasy angesiedelt sind) sucht sich der Spieler auch gleich einen bestimmten Charaktertypus (auch Charakterklasse genannt) aus. Meist handelt es sich bei diesen um häufig in literarischen Vorlagen vorkommende Archetypen wie Krieger, Magier, Waldläufer usw.
 
Logo CthuluEbenso häufig wird den Spielern bei den Fantasy-Rollenspielen, aber auch bei thematisch anders zugeordneten RPG´s, die Möglichkeit gegeben, sich bei der Auswahl nicht allein auf das Spielen eines menschlichen Charakters zu beschränken. So kann man z.B. zwischen Zwergen, Elfen, Orks und anderen klassischen Wesen der Fantasyliteratur, aber auch Vampiren, Werwölfen und außerirdischen Wesen auswählen. Diese Auswahl wird natürlich durch die jeweilige Spielwelt begrenzt.
 
Recht häufig wird in den jeweiligen Regelwerken der Begriff der "Rasse" zur Unterscheidung der einzelnen Wesen benutzt.
 
Alle im Laufe der Charaktererschaffung zusammengekommenen Zahlen und Werte, sowie Charakteristika wie das Aussehen, Größe und Gewicht und eventuell im Besitz des Charakters befindliche Ausrüstung werden nun auf einem oder mehreren (je nach System) Blättern Papier notiert. Dieser so genannte Charakterbogen oder Spielerbrief verbleibt beim Spieler. Auf diesem wird er während des Spiels immer wieder nach den Spielwerten seines Charakters schauen, vor allem in Situationen in denen gewürfelt werden muss, um Erfolg oder Misserfolg von Aktionen des Charakters zu überprüfen. Dieses Würfeln wird im Allgemeinen als Probe bezeichnet.
 
Bei RPG´s kommen im Übrigen die unterschiedlichsten Arten von Würfeln zum Einsatz, also nicht nur der allseits bekannte sechsseitige Würfel, sondern spezielle Würfel mit drei, vier, acht, zehn und sogar zwanzig Seiten. Diese Würfel haben ihren Ursprung in den so genannten Tabletopspielen.

Je nach Komplexität des Systems gibt es noch weitere Möglichkeiten, seinen Charakter  zu definieren. In vielen Fällen wird vorgeschlagen eine Hintergrundgeschichte, sozusagen einen Lebenslauf des Charakters anzufertigen, was dem Spieler eine bessere Identifikation mit dem zu verkörpernden Charakter ermöglichen soll, aber auch für den Spielleiter von Bedeutung sein kann, womit ich bei einem weiteren wichtigen Aspekt der RPG´s angekommen bin.
 
Spielleiter
 
verschiedene Spielwürfel bei RolegamesEiner der Mitspieler muss nämlich eine gänzlich andere Funktion als die anderen einnehmen. Er übernimmt den Part des Spielleiters (je nach RPG kann diese Bezeichnung auch anders lauten, z.B. Meister, Dungeonmaster, Gamemaster, Erzähler bzw. Storyteller usw.). Etwas Vergleichbares ist mir aus keinem anderen Gesellschaftsspiel bekannt. Zwar kommt es auch bei anderen Spielen durchaus vor, dass ein Spieler etwas andere Aufgaben erhält als die anderen, beispielsweise verwaltet er die "Bank" bei Spielen wie "Monopoly", doch bedeutet diese Aufgabe nicht, dass er nicht genau wie alle anderen Mitspieler in gleicher Form am Spiel teilnimmt. Bei den RPG´s ist dies anders. Der Spielleiter, bzw. SL wie ich ihn von nun an der Einfachheit halber nennen werde, ist sozusagen der Autor oder Regisseur der Spielgeschichte, um bei den weiter oben angeführten Vergleichen mit Theater, Film oder Literatur zu bleiben.

Die Aufgaben des Spielleiters sind sehr unterschiedlich und recht komplex.

Zum einen ist er, wie gesagt, derjenige, der die Geschichten bzw. die Abenteuer in die sich die Spieler mit ihren Spielercharakteren hineinbegeben, entweder selbst entwirft, oder aber (bei gekauften Geschichten) bereits vor Beginn des Spiels gelesen und verinnerlicht haben muss. Im Spielverlauf ist er dafür zuständig, den Spielern alle wichtigen Informationen über die jeweilige Situation zu geben. Er beschreibt alle Örtlichkeiten der Spielwelt, das Aussehen und die Handlungen aller nicht von den Mitspielern verkörperter Personen und Kreaturen und übernimmt selbst die Rollen der mit den Spielercharakteren interagierenden Bewohnern der Spielwelt. Diese werden im Allgemeinen als Nichtspielercharakter (NSC´s) bzw. Non-Player-Characters (NPC´s) bezeichnet.

Des Weiteren ist er die entscheidende Person, wenn es um Regelfragen geht. Er ist quasi als Schiedsrichter anzusehen. Er sollte deshalb die meisten Regeln so weit verinnerlicht haben (alle Regeln zu kennen ist bei der großen Vielfalt an Regeln für fast jede denkbare Situation beinahe unmöglich), dass es ihm möglich ist, Spielsituationen, die ohne Einbeziehung der Regeln nicht oder nur schwer zu bewältigen sind, zu beurteilen.

Würfel mit unterschiedlich vielen Seiten, die bei Rolegames zum Einsatz kommenViele Spielsituationen verlangen den Einsatz von Würfeln. Die Frage nach Erfolg oder Misserfolg einer vom Spielercharakter durchzuführenden Aktion wird Anhand des Würfelergebnisses, das mit den persönlichen Spielwerten des jeweiligen Charakters verglichen wird, beantwortet. Hierbei ist der Spielleiter dafür zuständig zu bestimmen wann gewürfelt werden muss, und auf welchen Wert sich das Ergebnis beziehen soll.

Wichtig scheint mir in diesem Zusammenhang auch, dass der Spielleiter nicht als Gegenspieler der anderen Spielteilnehmer zu sehen ist. Zwar steuert er die Aktionen potentieller Gegner in Gestalt von gefährlichen Kreaturen oder NSC´s, doch ist er auch für die Darstellung eventueller Verbündeter oder Informanten der Spielercharaktere zuständig.

Auch die Tatsache, dass der Spielleiter in den meisten Fällen ein Interesse daran hat, dass die Spielgruppe ein Abenteuer bis zum Ende spielen bzw. die darin gestellten Aufgaben lösen kann, macht deutlich, dass er eher ein Mit- als ein Gegenspieler der anderen ist. Immerhin bedeutet es für den SL einen nicht geringen Arbeitsaufwand, sowohl zeitlich als auch aus kreativer Sicht, sich auf eine Spielsitzung bzw. ein Abenteuer vorzubereiten, und der eigentliche Spaß am Leiten eines RPG-Abenteuers besteht wohl eher darin, den Spielern eine spannende Geschichte zu präsentieren und sie zu kreativem Rollenspiel anzuregen, als die Charaktere vor unlösbare Aufgaben zu stellen und sie scheitern zu lassen.
 
Ablauf und Aufgaben anhand einer Spielsituation
 
Die bisher gemachten Ausführungen lassen allerdings nur ein recht abstraktes und etwas oberflächliches Bild davon entstehen, wie ein RPG eigentlich abläuft. Daher erscheint es mir sinnvoll einen Blick auf eine typische Spielsituation zu werfen. Als Beispiel soll eine Situation aus dem RPG "Das schwarze Auge" dienen, die so oder zumindest recht ähnlich in einer real existierenden Spielrunde stattgefunden hat:
 
Ausschnitt Website Das Schwarze AugeVier Personen im Alter zwischen 25 und 30 Jahren sitzen an einem Samstagnachmittag um einen Wohnzimmertisch herum. Vor ihnen auf dem Tisch befinden sich außer einer ganzen Reihe Würfel und Papiere auch noch Erfrischungsgetränke und Knabberzeug. Einer der vier hat einen Sichtschirm aus Pappe vor sich aufgebaut, und hat verschiedene Hefte, Bücher und Notizzettel sowie Würfel hinter diesem Schirm. Im Hintergrund läuft leise Musik aus dem Film "Conan - Der Barbar". Auf den ersten Blick lässt sich nur schwerlich erkennen, was hier genau geschieht, doch hört man genauer hin, erkennt man, dass es sich um eine Rollenspielgruppe handelt. Doch nun zur Situation, in der sich die Spieler befinden.
Die Spielercharaktere, zwei Krieger (in der Spielwelt von DSA sehr ritterliche Kämpfer mit einem strengen Ehrenkodex) namens Nanuk Donnergrimm bzw. Raskir Torbensson, eine Amazone (weibliche Kämpferinnen, die den Kriegern nicht unähnlich sind) mit Namen Shara von Rothian und ein Magier (gebildete, auf so genannten Magierakademien ausgebildete Personen mit der Fähigkeit unterschiedliche Zauber zu wirken) der Landor Terrentinus heißt, befinden sich während eines großen Ritterturniers nach mittelalterlichem Vorbild in der Herzogsstadt Trallop, der Hauptstadt einer mitteleuropäisch anmutenden Region (etwa vergleichbar einem "kontinentalen" Schottland). Während des Turnierverlaufs haben die Helden, von denen die beiden Krieger und die Amazone selbst am Turnier teilnehmen, Bekanntschaft mit einigen anderen Turnierteilnehmern gemacht, sowohl in positivem wie in negativem Sinne. Nachdem nun einer ihrer Bekannten auf mysteriöse Weise verschwunden ist und einige von den Charakteren recherchierte Indizien auf ein stattliches Haus in der Stadt deuten, begeben sich die Helden schließlich bei Anbruch der Nacht durch die spärlich beleuchteten Straßen der Stadt in die Nähe des Anwesens, um zu erkunden, ob ihr Bekannter vielleicht dorthin verschleppt worden ist. Da ein relativ einflussreicher Turnierteilnehmer, einer von denen mit denen die Helden negative Erfahrungen gemacht hatten, in der Nähe des Hauses gesehen worden ist, haben die Helden die Stadtwache noch nicht informiert, sondern versuchen ihr Glück zunächst auf eigene Faust.
SL: "Ihr befindet euch in einer recht schmalen Gasse, von der aus ihr die Straße, an der das Anwesen liegt ganz gut einsehen könnt. Allerlei Unrat und Müll liegt neben euch am Boden herum, auch scheinen die Leute, die hier wohnen, ihre Fäkalien des Öfteren aus den Fenstern in diese Gasse zu befördern, was den Geruch der hier vorherrscht noch verstärkt. Die Straße ist ca. alle zehn bis fünfzehn Schritt (ein Schritt = ein Meter) durch eine Öllaterne beleuchtet, es ist also kein besonders gutes Licht. Es sind auch kaum noch Leute auf der Straße unterwegs, aus der Entfernung hört ihr das Weinen eines Babys und gerade huscht eine Katze hinter einem der Müllhaufen hervor und entschwindet recht schnell wieder euren Blicken."
LANDOR (zum SL): "Wie weit ist das Anwesen von der Einmündung der Gasse auf die Straße entfernt?"
SL: "Ich würde mal sagen so um die zwanzig bis fünfundzwanzig Schritt."
SHARA (zum SL): "Wie sieht der Eingangsbereich des Anwesen genau aus, ich meine gibt es da ein Eingangstor, einen Zaun oder irgendsowas?"
SL: "Ja tatsächlich, als du genauer hinschaust kannst du erkennen, dass ein ca. 3 Schritt hoher Gusseiserner Zaun, mit Spitzen am oberen Ende versehen, um das Anwesen führt. Und noch etwas kannst du sehen, ein zweiflügeliges Tor befindet sich ca. in der Mitte des Zaunes."
RASKIR (zum SL): "Kann man sehen, ob es offen ist?"
SL: "So wie es aussieht ist es geschlossen. Ob es auch verschlossen ist, lässt sich aus der Entfernung natürlich nicht sagen."
LANDOR (leise, zu seinen Mitspielern gewandt): "Also gut, ich bin dafür, dass Raskir und ich einfach mal unauffällig die Straße lang gehen und schauen, ob wir irgendwas genaueres bei dem Anwesen erkennen können."
RASKIR (zum SL): "Kann man denn von hier schon irgendwas bei dem Anwesen erkennen? Ist da irgendwo ein Licht oder so was?"
SL: "Mach doch mal ´ne Probe auf SINNESSCHÄRFE."
RASKIR (würfelt, schaut auf seinem Charakterbogen nach und sieht den SL grinsend an): "Klappt, also was sehe ich?"
SL: "Die eisernen Stäbe des Zauns sind weit genug voneinander entfernt, so dass du durch sie hindurch in den Garten des Anwesens sehen könntest, wenn es hell genug wäre. Dies ist allerdings nicht der Fall, und auch vom Anwesen selbst scheint kein Licht zu kommen."
RASKIR (zu seinen Mitspielern): "Also gut, Landor und ich werden mal sehen, ob wir was erkennen können."
SL (zu Shara und Nanuk): "Ihr bleibt also in der Gasse stehen, oder was?"
SHARA & NANUK: "Ja."
SL (zu RASKIR und LANDOR): "Ihr begebt euch also aus dem Dunkel der Gasse hinaus und die Straße entlang  in Richtung des Anwesens. Wie weit wollt ihr gehen?"
LANDOR: "Ich würde sagen, wir gehen einmal am Eingangstor vorbei, und solange weiter, bis man uns vom Anwesen aus nicht mehr sehen kann. Dann warten wir einen Moment und kehren dann um."
RASKIR (nickend): "Genau."
SL: "Ihr kommt immer näher an das Eingansportal und bemüht euch wahrscheinlich etwas mehr vom Garten und dem Haus zu erkennen. Tatsächlich sieht es so aus, als ob im gesamten Haus entweder kein Licht brennt, oder Fensterläden vorhanden sind, die kein Licht herausdringen lassen. Ihr schlendert weiter am Zaun entlang und könnt erkennen, dass sich im Garten mehrere Gebüsche und Sträucher befinden, auch einige relativ niedrige Bäume sind zu sehen. Als ihr fast am Ende des Zauns angekommen seid, könnt ihr erkennen, dass zwischen diesem und dem nächsten Grundstück ein kleiner Weg entlang führt. Macht doch beide mal Proben auf SINNESSCHÄRFE."
W20-Würfel bei DSARaskir und Landor würfeln beide, Landor gelingt die Probe, Raskir nicht.
SL: "Landor, du siehst, dass es scheinbar einen zweiten Eingang in Form einer kleineren Tür am Ende des kleinen Weges gibt. Vielleicht ein Dienstboteneingang oder etwas ähnliches. Raskir, du kannst nichts Besonderes erkennen."
LANDOR: "Wir gehen noch weiter, bis man uns nicht mehr vom Anwesen aus erkennen kann, dann gehen wir erst mal zurück in die Gasse, wo die anderen warten."
SL: "Gut, wir machen allerdings kurz einen Schnitt zu den anderen. - Ihr wartet also in der dunklen Gasse. Gerade sind die anderen beiden am Haupteingang des Anwesens vorbei gegangen, als ihr von der Straße her Geräusche wahrnehmen könnt. Diese kommen allerdings nicht von euren Begleitern, sondern aus der anderen Richtung. Wenn ihr euch mal vorstellt, dass eure Begleiter links aus der Gasse heraus in Richtung des Anwesens gegangen sind, kommen die Geräusche eher von rechts. Es scheint sich um Schritte zu handeln, aber auch Stimmen sind zu vernehmen. Gerade hört ihr jemanden sagen: (mit verstellter Stimme gesprochen) "...und dann hat er allen Ernstes behauptet, er hätte den Geldbeutel gerade zur Stadtwache bringen wollen, dieser Lump. Diese Kerle sind manchmal so unverschämte Lügner. Ich bin froh, wenn das Turnier vorbei ist, dann wird sich endlich auch wieder das Gesindel aus der Stadt verziehen.". und eine zweite Stimme sagt: "Ja ja, Alrik, hast ja recht.", dann gehen die beiden Gestalten weiter. Sie scheinen an der Gasse vorbeigehen zu wollen, mehr oder weniger hinter euren Begleitern her."
SHARA: "Ich bleibe ganz ruhig stehen und versuche nicht gesehen zu werden."
NANUK: "Ich auch, ich drücke mich eng gegen die Wand von einem der Häuser."
SL: "Gut, dann macht mal beide eine Probe auf SICH VERSTECKEN."
Shara und Nanuk würfeln, beide Proben gelingen.
SL: "Als die Männer an euch vorbeigehen, könnt ihr erkennen, dass sie beide Uniformen der Stadtgardisten tragen. Beide haben ein Kurzschwert am Gürtel hängen, und tragen Kettenhemden über die ein Stoffüberwurf, der mit dem Wappen der Stadt versehen ist, getragen wird. Einer von ihnen hält eine Öllampe in der Hand. Tatsächlich scheinen sie euch nicht zu bemerken und gehen weiter. - So, Landor und Raskir, jetzt wieder zu euch. Ihr habt euch gerade herumgedreht und begebt euch wieder in die Richtung zurück, aus der ihr gekommen seid, als ihr seht, das zwei Gestalten die Straße entlang auf euch zu kommen. So wie es aussieht handelt es sich um Männer der Stadtwache. Einer davon scheint euch bemerkt zu haben und spricht euch an: (wieder mit verstellter Stimme gesprochen) "He da, noch so spät unterwegs?". Der andere legt die Hand auf den Griff des Kurzschwertes, das an seiner Seite baumelt."
RASKIR: "Die Götter zum Gruße. Ich bin Teilnehmer des herzoglichen Turniers, und das ist mein Begleiter, der bekannte Magus Landor Terrentinus. Wir suchen eine Taverne, um noch einen Schluck zu trinken."
WürfelSL: "O.K. Raskir, mach mal eine LÜGEN-Probe."
RASKIR würfelt: "Klappt."
SL: (mit der Stimme des Gardisten) "Gut gut, aber seid vorsichtig, eine Menge zwielichtige Gestalten treibt sich in der Stadt herum. Und viel Glück noch beim Turnier, mögen die Götter euren Weg begleiten."
LANDOR: "Die Götter mit euch."
SL: "Die Männer setzen ihren Weg fort, und bald sind ihre Schritte hinter euch verhallt. Ihr erreicht wieder die Gasse mit den anderen."
An dieser Stelle lassen wir die Heldengruppe wieder allein. Ihnen stehen nun verschiedene Möglichkeiten offen. Vielleicht schleichen sie sich zum Nebeneingang, und versuchen in das Grundstück einzudringen. Vielleicht gehen sie auch zum Haupttor und verlangen trotz der späten Stunde Einlass. Oder sie lassen es für diese Nacht erst einmal gut sein, und begeben sich in ihre Unterkünfte zurück, um am nächsten Tag weiter zu recherchieren. Wahrscheinlich gibt es noch andere Möglichkeiten, und der Spielleiter wird nun flexibel auf die Vorgehensweise der Spieler reagieren müssen.

Ich hoffe, dass dieser kurze Einblick in eine Spielsitzung etwas vom Ablauf einer RPG-Sitzung verdeutlicht hat. Wie man erkennen kann wird während so einer Sitzung in erster Linie viel gesprochen, das würfeln nimmt eher eine untergeordnete Rolle ein. Lediglich in Situationen in denen gekämpft werden muss, was je nach Abenteuer sehr unterschiedlich oft vorkommt, kann es zu längeren Phasen des Würfelns kommen.
 
Spielatmosphäre
 
Logo World of DarknessWichtig scheint mir noch zu erwähnen, dass in vielen Spielgruppen großer Wert auf die richtige Atmosphäre während des Spiels gelegt wird. Doch was ist darunter zu verstehen?

Zum einen kann passende Hintergrundmusik ein hilfreiches Mittel zur Stimmungserzeugung sein. Je nach Spielwelt kann diese von Hardrock oder Techno bis hin zu Klassik, Filmmusik etc. reichen.

Zum anderen spielt die Beleuchtung eine nicht unwesentliche Rolle. Es dürfte klar sein, dass man sich schlechter in die düstere Atmosphäre einer unterirdischen Höhle hineinversetzen kann, wenn man durch den hellen Sonnenschein, der durchs Fenster kommt, geblendet wird. Vorhänge und Kerzenlicht können in diesem Zusammenhang hervorragende Mittel sein.

Überhaupt ist es so, dass RPG´s im Gegensatz zu anderen Gesellschaftsspielen weniger Interaktion und Gespräche zwischen den Teilnehmern zulassen, die nicht spielrelevant sind. Kann man bei einer Runde "Monopoly" oder "Mensch, ärgere dich nicht" zwischendurch auch über alltägliche Dinge wie das Fernsehprogramm, Fußballergebnisse oder Ereignisse am Arbeitsplatz reden, so wird dies von den meisten Rollenspielern als eher störend empfunden, da man sich natürlich in solchen Situationen nicht mehr aufs Spielen seiner Rolle konzentriert, und damit die Spielatmosphäre negativ beeinflusst wird.
 
Zitate:
1 Kiesow, Ulrich: Abenteuer Basis Spiel, Die elden des schwarzen Auges, Regelbuch I, Schmidt Spiel & Freizeit
GmbH, Eching, 1992
2 Wheeler, John: Star Trek - Das Rollenspiel, Fantasy Productions GmbH, Erkrath, 1997
3  Envoyer Spezial - Systemübersichten, FZ-Werbung Hannover (Hrsg.), Hannover 1998
4 Kathe, Peter: Struktur und Funktion von Fantasy-Rollenspielen, 1986
5 Schick, Lawrence: Heroic Worlds: A history and guide to Role-Playing Games, Prometheus Books, New York 1991

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