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Leftis Plausch # 03: Der Herr der Ringe, 1978, Animationsfilm von Ralph Bakshi

Leftis Plausch Nummer 3Der Herr der Ringe
Animationsfilm von Ralph Bakshi

Hallo, meine lieben Mitplauscher von Ah bis Zett, von eins bis hundert, von Norden bis Süden, von Osten bis Westen.

Dies ist Teil 2 über Ralph Bakshis Fantasy-Trilogie bestehend aus Wizards, Der Herr der Ringe und Feuer und Eis.

Worum geht es?

 

Es geht um einen Ring. Daher ja auch der Titel.
Aber nicht um irgend einen Ring, sondern um einen ganz besonderen Ring:
Bilbos einunfelfzigster Geburtstag
Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden,
Ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden...
Klar so weit?

Da dat Dingen natürlich unkaputtbar (ich liebe dieses Wort... Wink) ist, kann der Ring nur vernichtet werden, indem er in die Feuer geworfen wird, wo er einst hergestellt wurde. - Ist doch logisch, oder?

Um diese Quest zu bestreiten, rotten sich 'ne Hand voll Spießgesellen jedweiger Otkotür zu einer Party* zusammen.

Skizze von Bree Mit dabei ist eine ganz besondere Art von Spezies, nämlich die Hobbys... äh, Hobbits (sagte man mir gerade über die Schulter). Die kleinen Kerle heißen also: Hobbits.

Hobbits sind kleine Leuts, die man leicht vom Äußeren her mit Menschenkindern verwechseln kann. Besonderes Erkennungsmerkmal dieser abgedroschenen Typen: Sie sind Barfüßler.

Barfüßler, nicht zu verwechseln mit den Schmerbäuchlern* . Laughing
Auf dem Weg zur Esche trifft die Party auf allerlei Gesocks, dat ebenfalls hinter dem Schmuckstück her ist.

Soviel zum Inhalt des Films. Entschuldigt bitte meine lapidare Ausdrucksweise. Nehme ich doch wohlweislich an, dass jedem von Euch der Inhalt von "Der Herr der Ringe" bekannt sein dürfte.

Kommen wir nun zur Aufmachung von Raph Bakshis Animationsfilm

"Der Herr der Ringe"

Die Nazgul im Schlafsaal der Hobbits in breeAufmachung, der Stil
So gut wie dieser Film von der Aufmachung her beginnt, so schlecht endet er.

Wie ihr ja alle wisst, besteht die Buchvorlage von "Der Herr der Ringe" aus drei Bänden...! Wisst ihr doch alle, oder? Sagt mir nicht, dass ihr es nicht wisst...

Und olle Ralph Bakshi wollte auch tatsächlich zu jedem Band einen Film herstellen. Leider hat er sich damit total übernommen. Schon zu Produktionsanfang war abzusehen, daß Produktionskosten und -zeit in die Höhe steigen. So wurde umdisponiert und aus den geplanten Dreiteiler sollte ein Zweiteiler werden.

D.h. der erste Film schließt nicht mit dem Ende des ersten Bandes ab (der Zerfall des Bundes*), sondern erzählt die Geschichte bis zur Schlacht um Helms Klamm.

Aber ab etwa der Hälfte der Fertigstellung von diesem Film gingen die Zeit- und Geldmittel aus. Wurden anfangs noch alle Realdarsteller überzeichnet, so sind es am Ende nur noch die Hauptfiguren. Gerade der Orkmeute, die wohl nur mit Wasserfarben übertüncht wurde, sieht man ganz genau an, dass es Realdarsteller sind, die Pappmasken mit Gummiband vor ihren Gesichtern tragen.
Nichts desto Trotz war der Film anfangs so gut, dass sich Peter Jackson für seine Realverfilmung von diesem Film inspirieren ließ. Bestes Beispiel: die Szene, in der sich die Hobbits vor einem Nazgul (Ringgeist) unter einen großen Baum verstecken.

Nun...

Lord nazgulDieser oben verfasste Text, den ihr gerade gelesen habt, sollte im Groben ungefähr das zusammenfassen, was ich über diesen Film in Erinnerung hatte. Wobei meine Erinnerungen auf VHS-Material aus den 1980er und Informationen bzgl. verkalkulierten Produktionskosten auf Hörensagen und nicht repräsentativen Informationsquellen beruhen.

Doch wie es der Zufall will, besorgte sich gerade ein Kumpel die BluRay-Version des Films, als ich an diesem Artikel arbeitete.

-Ich sag' euch: Zufälle gibt's, die gibt’s gar nicht. Also, wenn man solche Zufälle nicht selbst miterlebt, würde man sie glatt ins Reich der Fabeln verbannen! - Wink

Jedenfalls bot sich mir so die Chance, diesen Schund in höchster Qualität aktuell anzusehen und meine Meinung zu...
 
...nun ja...
 
...zu revidieren!

Die 9 NazgulRalph Bakshis “Der Herr der Ringe“ – besser als sein Ruf?
Zu Anfang möchte ich hier einige Dinge festhalten:

Ralph Bakshi stellte sein "Herr der Ringe" 1978 her. In dieser Zeit gab es als Animationsstudio eigentlich nur Disney. Bei Disney arbeiteten die besten der besten Animationskünstler und brachten zu dieser Zeit solche Gurken wie "Aristocats" (1970), "Robin Hood" (1973) und "Bernard & Bianca" (1977) heraus. Diese Filme spielten mehr ein als ihre Herstellung kostete. Aber waren diese Filme Erfolge? Blockbuster? Nicht wirklich, oder? Wen haben diese Filme wirklich interessiert? Damals dauerte die Fertigstellung eines Disney-Films mehrere Jahre. Die Disney-Studios lagen zu dieser Zeit am Boden und es drohte die Schließung, also das komplette Aus für zukünftige Animationsfilme.

GandalfIn dieser Zeit nahm Ralph Bakshi das Mammut-Projekt, einen Animationsfilm für ein erwachsenes Publikum, den "Herrn der Ringe" in Angriff.

Ralph Bakshis "Der Herr der Ringe" ist ein Animationsfilm, kein reiner Zeichentrickfilm, sondern ein tricktechnischer Film.

Und nirgends steht geschrieben, dass man nicht mehrere verschiedene tricktechnische Verfahren zur Herstellung eines Films verwenden darf.

Bakshi verwendete mindestens drei verschiedene tricktechnische Verfahren:

  • ... die Solarisierung
  • ... die Rotoskopie
  • ... die klassische Zeichentricktechnik

Bei der Solarisierung beleuchtet man den Film, während er verarbeitet wird. Die Menge des Lichtes und die Beleuchtungsdauer ist ausschlaggebend dafür, dass der Film, bzw. die Bilder eines Realfilms fast wie Zeichnungen aussehen.

Diese Technik fand hauptsächlich bei den Massenkampfszenen Verwendung.

Balrog und OrksDie Rotoskopie (Beschreibung siehe "Leftis Plausch # 02: Wizards") fand bei allen Hauptcharakteren Verwendung. Die Gefährten wurden tricktechnisch überzeichnet; die Nazgul wurden nur eingefärbt, die Reiter von Rohan bekamen die Solarisierung spendiert und die Orks (soweit ich das beurteilen kann) eine Mischung aus beidem.

Dieser Mischmasch aus verschieden Techniken war von Ralph Bakshi durchaus gewollt und wurde nicht während der Produktion nachträglich angewandt, um Kosten einzusparen. Jedoch wirkte dies immer weiter hin zum Filmende uneinheitlicher, willkürlich, unkoordiniert und kam beim Publikum nicht gut an.

Bakshi und seinen Leuten war es wichtig, Tolkiens "Der Herr der Ringe" nicht wie einen Disney-Film aussehen zu lassen.

Einen kleinen Eindruck, wie Tolkiens "Der Herr der Ringe" eventuell als Disney-Film dargestellt worden wäre, liefert der Disney-Film "Taran und der Zauberkessel"* von 1985, basierend auf den Büchern "Die Chroniken von Prydain" vom Autor Lloyd Alexander.

Die Gemeinschaft des RingsRalph Bakshis "Der Herr der Ringe" – der wahre "Herr der Ringe"?

Die Realfilmaufnahmen zu Bakshis Film fanden in England und Spanien statt.

Für die Schlacht um Helms Klamm hatte Bakshi 3.000(!) Statisten zur Verfügung.

Die Ork-Armee in Peter Jacksons Real-Verfilmung war 10.000 Mann stark. Und wie viele waren davon wohl echt?

Für die Schlacht um Helms Klamm nutzte Bakshi acht Kameras gleichzeitig. Er brauchte den ganzen Vormittag, um alle Kameras und Blickwinkel einzustellen. Jeder Statist war auf seinem Posten. Und als die Kameras anliefen und Bakshi übers Megafon „Action!“ rief, rief der Leiter der Statisten, dieser (laut Bakshi) "Kommunistenführer" Laughing, die Mittagspause aus. Alle Statisten schmissen ihre Waffen hin und verließen ihre Posten.

Dies zeigt, mit was für Schwierigkeiten Ralph Bakshi bei der Produktion des Animationsfilms zu kämpfen hatte.

Doch der Film wurde schließlich fertig.

Streicher und BoromirEr spielte 27 Millionen US-Dollar ein. Eine Fortsetzung war geplant, jedoch mit einem noch geringeren Budget. So blieb die Fortsetzung aus.

Weiter oben schrieb ich, dass Peter Jackson sich von Bakshis "Der Herr der Ringe" für seinen “Real-“Film inspirieren ließ. Doch nach nochmaligen Ansehen des 1978 produzierten Animationsfilms glaube ich eher, dass Jackson gar kein Drehbuch verwendete. Jackson hat Bakshis Film schamlos als Vorlage genommen und kopiert! Selbst die Kameraeinstellungen!

Eigentlich wollte ich die Szenen herausschreiben und auflisten, die Jackson kopierte. Aber es ist mehr oder weniger der ganze Film.

Interessant ist, dass in beiden Filmen die Kapitel mit Tom Bombadil außen vor gelassen wurden. Bei Jacksons Realverfilmung ist klar, warum auch hier dieser Teil der Geschichte fehlte: Bakshi lieferte dafür keine Vorlage. Innocent

Gimli und LegolasWas man Jackson eventuell zu Gute kommen lassen kann, ist, dass er die im Original nicht vorhandene Liebesbeziehung zwischen Aragorn und Arwen, und einige Rückblenden mit dem noch lebenden Boromir, hinzugefügt hat.

Denn ohne diese Stilmittel würden gerade Teil 2 und 3 ausschließlich aus Gekloppe und Massenschlachten bestehen – langweilig. - So, wie der Schluss vom Animationsfilm. Man sieht, der Kreis schließt sich.

Das PlakatRalph Bakshis Animationsfilm "Der Herr der Ringe" war seine eigene Version dieses Stoffes.

Er war Produzent, Zeichner, Regisseur, Kameramann, Synchronisator und vieles mehr. Er brauchte lediglich Geldgeber für sein Projekt. Es war für Ralph Bakshi ein schwerer Weg, dieses Mammut-Projekt zu realisieren.

Und dafür ziehe ich vor Ralph Bakshi meinen Hut.

  • The Lord of the Rings
  • (Der Herr der Ringe)
  • Regisseur: Ralph Bakshi
  • Komponist(en): Paul Kont, Leonard Rosenman
  • FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
  • Spieldauer: 128 Minuten
  • USA 1978

Olav Linke 2011

  • Party ist der relativ neumodische Begriff für Abenteuergruppe und wurde seiner Zeit mit dem Aufkommen der PC-Rollenspiele eingeführt.
  • Schmerbäuchler: Insidergag vom Zauberspiegel.
  • Die Party, bzw. der Bund der Gefährten zerfällt in drei kleinere Grüppchen:
    Frodo (der Ringträger) und Sam (der Beschützer des Ringträgers und in meinen Augen die eigentliche Hauptfigur) suchen den Weg nach Mordor; Boromir stirbt; Merry und Pippin werden von den Orks entführt und Aragorn, Legolas und Gimli jagen den Orks hinterher.
  • Disneys "Taran und der Zauberkessel" von 1985 ist der erste Film der Disney-Studios, in dem computeranimierte Sequenzen eingearbeitet wurden. Der damalige Vorsitzende der Walt Disney Studios, Jeffrey Katzenberg, fand diesen Film zu brutal, daher wurden 13(!) Minuten aus diesem Film herausgeschnitten und gekürzt. Unter anderen Szenen wie die Auferstehung von Untoten aus dem Kessel oder die Zersetzung eines Soldaten im grünen Nebel. Dies merkt man unter anderem an den abrupten Schnitten der Hintergrundmusik, die dem gekürzten Film im Nachhinein nicht mehr angepasst wurde. Trotzdem ist "Taran und der Zauberkessel" der zweite Disney-Film nach "Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte" von 1949, der eine FSK ab 6 Jahren erhielt. Ichabod ist wohl all jenen ein Begriff, die die Legende vom Kopflosen Reiter kennen... HIER

Kommentare  

#1 PepiloJones 2011-06-30 19:26
Ich habe den Film seinerzeit auch im Kino gesehen.

Der Film von Bakshi war mit Sicherheit Inspiration für die spätere Jackson Verfilmung.
Auch wenn einem bestimmte Szenen beim lesen im Kopf erscheinen, lassen sich jedoch einige Parallelen nicht von der Hand weisen.
#2 Lefti 2011-07-12 20:24
Hah! :D
Der Artikel ist ja fast absolut zeitnah!

Am Samstag, den 16.07.2011 um 20:15 Uhr wird der Film auf Super RTL gezeigt.
#3 Harantor 2011-07-15 17:30
Mich wundert, dass diese These Zitat:
Jackson hat Bakshis Film schamlos als Vorlage genommen und kopiert! Selbst die Kameraeinstellungen
kritiklos hingenommen wurde.

Beide haben auf zahllose Illustrationen (auch und gerade von Tolkien) zurückgegriffen.
#4 Cpt. Claudi 2011-07-15 22:35
Der Film ist wirklich Klasse! Schade nur, daß der so gut ist, daß ich jahrelang auf den angekündigten zweiten Teil gewartet habe ......... umsonst. :sad:

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