AMANDO DE OSSORIO - Eine kleine Werkschau: Teil 9: LA ENDEMONIADA

LA ENDEMONIADA

Mutter Gautere, die ein Baby entführt hat, wird von der Polizei verhaftet. Die Frau begeht Selbstmord, ehe sie in Versuchung kommt, etwas zu sagen. Eine Hexe ihrer Zigeunersippe schwört Rache und macht sich an die Tochter Susan des Police-Commissioners Barnes heran. Sie übergibt ihr eine kleine Teufelsstatue. Darauf dringt der Geist von Mutter Gautere in das Mädchen ein. Fortan verändert sich das Verhalten des Mädchens.
Anne Crawford, die Gouvernante des Kindes, ist zunehmend irritiert über das neue Verhalten, das ungewöhnlich aggressiv ist und sich auch in sehr vulgärer Sprache äussert. Ein Arzt, der konsultiert wird, findet heraus, dass Susan von überaus hoher Intelligenz ist. Nach und nach führen die Aktivitäten Susans dazu, an eine Besessenheit zu glauben. Susan selbst verwandelt sich hin und wieder in Mutter Gautere. Als solche tötet sie das entführte Baby während einer Satansmesse.

Wie immer bei solchen Filmen ist es ein Leichtes, sich auf die Schwächen zu stürzen und ihn zu verreissen oder ins Lächerliche zu ziehen. Nun mag man meine Penetranz entschuldigen, aber ich finde so etwas immer wieder unfair. Im Verlaufe des Schauens der Filme musste ich zwar feststellen, dass de Ossorio von vielen Leuten deutlich überschätzt, von vielen Leuten aber auch zu Unrecht herunter gemacht wird.

"Man brachte mir Mariàn Salgado für die Rolle des besessenen Mädchens. Sie hatte Linda Blair in der spanischen Version von THE EXORCIST synchronisiert. Das gab mir einen beachtlichen Vorteil für den heimischen Markt."Und er hatte sogar Glück dabei, denn das überraschend ausdrucksstarke Gesicht des Mädchens lässt sie die Rolle sehr gut meistern. Dabei ist sie sogar einigen in der bemerkenswert namhaften Besetzung überlegen. Fernando Sancho etwa spielt entsetzlich lustlos und Lone Flemings ständig weit aufgerissene Augen ziehen ihre Rolle fast ins Lächerliche. Wieder einmal zeigt dieser Film, dass de Ossorio kein guter Schauspieler-Regisseur war. Er hatte offenbar das hingenommen, was die Leute vor der Kamera ihm boten.
(Amando de Ossorio)

Ein paar Dinge aus dem grossen amerikanischen Vorbild werden hier natürlich trotzdem eingebracht, denn de Ossorio wusste schliesslich, was das Publikum verlangte. So werden auch ein paar Möbel hin und her geschoben, der Kopf des Mädchens dreht sich um 180 Grad, der Körper schwebt auf und nieder. All das hat nichts mit der Geschichte zu tun, sondern sind lediglich aufgesetzte Momente. In einer Szene klettert die Besessene eine Hausmauer kopfüber herunter. Dieses ist wirklich blamabel gemacht, denn der Rock des Mädchens reicht weiterhin bis zu den Knien, was zeigt, dass das Bild einfach nur umgedreht wurde. Nun, die Verwandlungen in die Hexe sind mit billiger Überblendtechnik gemacht, aber darüber kann man hinweg sehen.

Überraschend ist die Tatsache, dass der Film selten wirklich berechenbar ist. Komischerweise resultiert das ausgerechnet aus einer Schwäche der Story. Es wird nie wirklich klar, was die Hexe im Körper des Mädchens zu erreichen versucht. Zum Einen nimmt sie an den Opferriten der Zigeuner teil, zum Anderen tötet sie zwei Menschen, was aber keinen Sinn ergibt. Dass das Kind am Ende stirbt, ist ebenfalls überraschend und eigentlich gar nicht notwendig.

Aber wenn man diese Sache übersehen kann, dann ist LA ENDEMONIADA ein akzeptabler Zeitvertreib. Er kann sicherlich den führenden Vertretern wie THE EXORCIST (Der Exorzist, 1973) oder L'ANTICHRISTO (Schwarze Messe der Dämonen, Italien 1974) nicht das Wasser reichen, aber er stellt ihnen eine unspektakuläre und unterhaltsame Variante gegenüber. Und er ist allemal kurzweiliger als der zum Gähnen einladende, ebenfalls 1975 in Spanien entstandene, Streifen EXORCISMO mit Paul Naschy.
Marián Salgado übrigens zog aus diesem Film keinen Nutzen. Sie trat lediglich im Jahr darauf noch in dem höllisch spannenden Horrorthriller QUIÉN PUEDE MATAR A UN NINO? (Tödliche Befehle aus dem All/Ein Kind zu töten...) auf, der noch deutlicher ihr schauspielerisches Talent zeigte. Warum sie danach dieses nicht nutzte und keine weiteren Filme drehte, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben.
