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Artus-Epik goes Arthouse - »The Green Knight«

The Green KnightArtus-Epik goes Arthouse
»The Green Knight«

Anspruchsvolles Fantasy-Drama, welches das Publikum auf eine epische Quest mitnimmt, die zwar Geduld erfordert, auf die man sich aber trotzdem unbedingt einlassen sollte.

Gawain, der Neffe von König Artus, will sich vor seiner Familie und vor seinem Königreich beweisen. Als der mysteriöse Grüne Ritter in Camelot auftaucht, nimmt Gawain dessen Herausforderung an.

The Green KnightEin Jahr später muss er sich auf den Weg machen, um den Grünen Ritter zu bezwingen. Eine Reise voller Gefahren und Abenteuer beginnt.

Die Artussage fasziniert die Menschen schon viele Jahrhunderte lang, ursprünglich in den wichtigsten Zügen erstmals von Geoffrey von Monmouth niedergeschrieben, ist heutzutage vor allem die Roman-Erzählung von Chretien de Troyes populär, welche die grundlegenden Eckpunkte etablierte, mit denen man König Artus und die glorreichen Ritter der Tafelrunde verbindet. Eine derartig epische Geschichte war natürlich geradezu prädestiniert für eine Adaption auf der großen Kinoleinwand, weshalb es im Laufe der Filmgeschichte zahlreiche Adaptionen des beliebten Stoffes in die Lichtspielhäuser der Welt schafften.

Den Beginn markierte dabei „Die Ritter der Tafelrunde“ aus dem Jahr 1953, welcher die magischen Elemente eher zur Seite schob und sich stattdessen als ein sehr buntes und klassisches Ritter-Abenteuer darbot. In den 60er Jahren sind vor allem die beiden Filme „Lancelot, der verwegene Ritter“ und „Camelot – Am Hof von König Artus“ erwähnenswert, wobei letzterer die Sage als überlanges aber durchaus unterhaltsames Musical adaptierte.

Die Ritter der KokosnussIn den 70er Jahren sorgten die britischen Komiker Monty Python mit ihrem „Ritter der Kokosnuss“ für eine absolut zu Recht zum Kult gewordene Veralberung des Artus-Mythos. Ganz im Gegensatz steht dazu „Lancelot du Lac“ von Robert Bresson, welche eine mehr als reduzierte Verfilmung der Geschichte darstellt und fast schon eine meditative Aura evoziert.

ExcaliburIn den 80er Jahren entstand schließlich mit John Boormans „Excalibur“ die bis heute beste Verfilmung der Artussage: In erlesen Bildern und fantasievollen Sets, welche die zugrundeliegende Mystik der Geschichte perfekt reflektieren, entfaltet sich die epische Geschichte (welche sich im Gegensatz zu vielen anderen Verfilmungen sehr nah um Ursprungsmaterial orientiert) voller Dramatik, Verrat und Tragödien, die einen als Zuseher vollkommen in ihren Bann zieht (und mit dem Walkürenritt von Richard Wagner die perfekte musikalische Untermalung vorzuweisen hat). Besonders in Erinnerung bleibt dabei die überragende Performance von Nicol Williamson als Zauberer Merlin, der der unwiederbringlich verlorengehenden Verbundenheit mit der Natur und den alten heidnischen Ritualen („The old ways“) melancholisch nachtrauert und als letzter Hüter der Magie die tragische Dimension der Figur perfekt verkörpert.

Der 1. RitterAn diesem Meisterwerk mussten sich fortan alle Verfilmungen des Stoffes messen - was nicht nur für den im Jahr 1985 veröffentlichten „Arthur and the Sword“ eine unüberwindbare Hürde darstellte. Deshalb versuchten viele Filmemacher den Stoff aus neuen Blickwinkeln zu verfilmen bzw. mit neuen Genres zu kreuzen. So ergab sich etwa der im Jahr 1995 veröffentlichte „Der Erste Ritter“, welcher im kompletten Kontrast zu „Excalibur“ auf jede Art von Magie und Mystik verzichtet und satt eines düsteren Epos eine leichte und romantische Abenteuer-Geschichte erzählt, welche dafür mit ihrem Humor, den spielfreudigen Darstellerinnen und Darstellern sowie den waghalsig inszenierten Kampf-Sequenzen punkten kann.  

King ArthurWiederum einen neuen Ansatz wählte Antoine Fuqua für seinen Film „King Arthur“ aus dem Jahr 2004, welcher dem historischen Kern der Artussage auf den Grund gehen wollte und sich deshalb dem römischen Heerführer Artorius im 5. Jahrhundert n.Chr. widmete. Durch die Inszenierung als Schlachtenpanorama hat der Film zwar mehr Gemeinsamkeiten mit „Braveheart“ als mit „Excalibur“, gefällt aber besonders im Directors Cut mit den brutalen und sehr blutig inszenierten Kampf-Szenen. Nach „King Arthur“ verschwand die Artussage eine Zeit lang von den großen Kinoleinwänden und war stattdessen vermehrt im TV präsent:

Die familienfreundliche BBC-Serie „Merlin“ wurde von 2008 bis 2012 produziert und begleitet den jungen Arthur und den jungen Merlin auf ihren frühen gemeinsamen Abenteuern. Abgesehen von einigen Filler-Episoden ist die Seite sehr unterhaltsam und überzeugt mit ihren stark geschrieben (und gespielten) Charakteren sowie eine Reihe illustrer Gast-Auftritte (so gibt sich etwa im Laufe der fünf Staffeln gefühlt der halbe Cast von „Game of Thrones“ zumindest einmal die Ehre).

Weniger für Kinde geeignet sind dagegen die düsteren Serien „Camelot“ und „Cursed“ – beide wurden allerdings bereits nach einer Staffel abgesetzt, was insofern bedauerlich ist, da der Dark-Fantasy-Ansatz beider Serien durchaus Potenzial hatte und man mit Joseph Fiennes als Merlin und Eva Green als Morgana in „Camelot“ zwei grandios aufspielende Stars in den Titelrollen hatte. Um diesen Rückblick auf die wichtigsten Verfilmungen der Artussage abzuschließen, bedarf es unbedingt noch der Erwähnung von Guy Ritchies grandios gefloppten „King Arthur: Legend of the Sword“, welcher zwar bis auf einige Grundelemente und Figuren nicht viel mit dem ursprünglichen Stoff zu tun hat, dafür dank der typisch hektischen Guy Ritchie Inszenierung und den kreativen Ideen als flotter Fantasy-Film viel Spaß bereitet.

The Green KnightUnd wo reiht sich nun David Lowerys „The Green Knight“ in diese illustre Riege ein? Nun zunächst handelt es sich dabei um eine Adaption der aus dem späten 14. Jahrhundert stammenden mittelenglischen Ritterromanze „Sir Gawain and the Green Knight“ und fokussiert sich dementsprechend auf eine eigentliche Randfigur der klassischen Artussage: Sir Gawain. Der Stoff wurde bereits 1984 verfilmt mit dem aus den „Ator“-Filmen mehr oder weniger bekannten Miles O‘Keefe als Sir Gawain und niemand Geringerem als Ur-Bond Sean Connery in der Rolle des Grünen Ritters (der allerdings in seinem unfreiwillig komischen Kostüm mehr an einen Mann im Weihnachtsbaum-Outfit erinnerte als einen furchteinflößenden Grünen Ritter). Ganz im Gegensatz zu diesem amüsant-bunten Fantasy-Abenteuer an der Grenze zum Trash geht „The Green Knight“ eher in Richtung Arthouse. Dabei wird Sir Gawain von Dev Patel dargestellt, welcher den Protagonisten zwar reduziert aber dennoch ausreichend charismatisch verkörpert, das man als Zuseher gerne Anteil an seinem Schicksal nimmt. Auch die übrigen Mitglieder des Casts können überzeugen, auch wenn ihre Screentime leider teilweise etwas knapp bemessen ist (dies trifft insbesondere auf die aus der Fantasy-Serie „Game of Thrones“ bekannten Kate Dickie als Königin und Ralph Ineson als titelgebenen Green Knight zu, von denen man gerne noch etwas mehr gesehen hätte.)

The Green KnightDabei handelt es sich bei „The Green Knight“ keineswegs um ein von Schlachten durchzogenes Fantasy-Epos, sondern vielmehr um ein über weite Strecken leise erzähltes und geradezu meditatives Fantasy-Drama auf den Spuren von Nicolas Winding Refns sehr sehenswerten Arthouse-Wikinger-Abenteuer „Valhalla Rising“, dessen opulente Bildkompositionen eine Sogwirkung erzeugen, der man sich als Zuseher mit der Zeit nicht mehr entziehen kann – von weitläufigen Steppen über schroffe Klippen und saftigen grünen Wäldern findet ein Großteil des Abenteuers vor echter Kulissen statt, welche mit mystischer Kraft von Kameramann Andrew Droz Palermo in Szene gesetzt werden.

Neben „Valhalla Rising“ diente David Lowery auch der 80er Jahre Fantasy-Kultfilm „Willow“ als wichtige Inspirationsquelle, was die Ausgestaltung der Fantasy-Welt und den vorkommenden Kreaturen anbelangt (Stichwort Steinriesen). Zudem wecken die zurückhaltende Inszenierung und die opulente Ausstattung Erinnerungen an Kenneth Branaghs theaterhaftes Shakespeare Epos „Henry V.“ Leider kann die Narration des Films nicht mit dem visuellen Einfallsreichtum mithalten: Puristen dürften zunächst einmal Anstoß daran nehmen, dass sich der Film sehr weit vom Ursprungsmaterial entfernt und sich einige Freiheiten erlaubt. Davon abgesehen wiegt es wohl viel schwerer, dass der Film nach gut der Hälfte der Laufzeit merklich den erzählerischen Faden verliert und etwas ziellos dem Finale entgegen mäandert. Dies ist wenig verwunderlich, da Regisseur David Lowery schon bei seinem vorherigen Werk „A Ghost Story“ einen ähnlichen entschleunigten Inszenierungsstil an den Tag legte. In dieser Zeitspanne benötigt das Publikum Sitzfleisch wird dafür aber mit einem atmosphärischen Ende belohnt, welches einen mit der sicheren Gewissheit zurücklässt, einem wahrlich einzigartigen Filmerlebnis beigewohnt zu haben.

Kommentare  

#1 Mainstream 2022-09-05 19:58
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Es fehlt Disney DIE HEXE UND DER ZAUBERER - THE SWORD IN THE STONE. Shame on You !

Eine sehr gute Zusammenfassung, die Lust auf so einige Wiederholungen macht. Wobei mich GREEN KNIGHT gerade wegen Dev Patel abschreckt. Aber FIRST KNIGHT und KING ARTHUR reißen das wieder raus.
Und DIE HEXE UND DER ZAUBERER.
#2 Niklas Klocker 2022-09-05 21:19
zitiere Mainstream:
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Es fehlt Disney DIE HEXE UND DER ZAUBERER - THE SWORD IN THE STONE. Shame on You !


Absolut berechtigter Einwand - Die Hexe und der Zauberer hätte eigentlich auch in diese Auflistung gehört, vor allem da ich den Film zu meinen persönlichen Lieblingen unter den klassischen Zeichnetrickfilmen von Disney zähle. Da habe ich wohl bei der Erstellung des Artikels den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr gesehen ;-)

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