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Kommentar des Autors zu “DISCLAIMER”

Lawyers in HellKommentar des Autors zu
»Disclaimer«
 einer Geschichte in Lawyers in Hell
 
Aaron „Monty“ Montgomery war ein überaus erfolgreicher und sehr gut bezahlter Strafverteidiger für die Drogenkartelle – bis er einen Fall verlor und in der Fahrstuhlkabine in Richtung Hölle wieder zu sich kam. Die ganz normalen Bewohner waren schon schlimm genug: angefangen bei den Höllenwichteln, die die Fahrstühle bedienten, bis hin zur Willkommensfrau, die alles andere als willkommen war; von Bibliothekaren und Anwälten bis hin zu seinem ersten Fall.

Aber nichts hatte ihn auf die Chance vorbereitet, Bram Stoker gegen eine Anklage wegen übler Nachrede zu verteidigen, die kein anderer eingebracht hatte als Fürst Vlad III Tepes Drakulya (besser bekannt unter dem Namen Dracula).

GLawyers in Hellanz zu schweigen davon, dass er damit im Mittelpunkt eines Machtkampfes landete zwischen Seiner Satanischen Majestät und den uralten Göttern Babylons, vertreten durch Pazuzu, den dämonischen Sohn des Windgottes.

Als langjähriger Fan von Janet und Chris Morris' „Helden in der Hölle“, sowohl des Buches als auch der Reihe, und ebenso der „Diebeswelt“, der Shared World-Anthologienreihe von Robert Asprin und Lynn Abbey (in der ich Tempus, Niko und den Stiefsöhnen begegnete) war ich verständlicherweise aufgeregt, als Janet mich fragte, ob ich bei den zu neuem Leben erweckten „Helden in der Hölle“ dabei sein wollte, indem ich eine Kurzgeschichte von 10.000 Worten (oder weniger) für „Lawyers in Hell“ ablieferte. Mein erster Roman, „Black Stump Ridge“, war gerade erst erschienen, also kam zu Aufregung auch noch Begeisterung dazu. Natürlich sagte ich Ja!
 
E-Mails haben eine wirklich gute Eigenschaft: du kannst aus voller Lunge „JA!“ schreien, ohne dass der Empfänger taub wird. Und er kann auch nicht sehen, wie lächerlich du gerade aussiehst, wenn du in deinem Büro einen Freudentanz aufführst.

Sobald ich mich wieder etwas beruhigt hatte und meinen Wunsch mitteilte, Teil des Projektes zu sein, fragte ich Janet, bis wann sie meinen Beitrag brauchte. Sie sagte mir, der absolut letztmögliche Abgabetermin wäre der 15. April. Dann hieß sie mich im Team willkommen und stellte mich jemandem namens Sarah Snyder Gray-Hulcy vor, auch bekannt als „unsere Muse“ (die eine unterhaltsame Geschichte mit dem Titel „Orientation Day“ beigetragen hat, die direkt nach meiner kommt). Sarah war die Bewahrerin der Aufzeichnungen und diejenige, die die historischen Figuren absegnen musste, die ich möglicherweise verwenden wollte (das sollte sicherstellen, dass ich keine Persönlichkeiten einsetzte, über die schon jemand anders schrieb). Ach ja, und sie würde mir die Anleitung für neue Mitschreiber schicken. Das tat sie dann auch. In zwei e-Mails.

 
Ich spürte ein erstes besorgtes Kribbeln, als ich ein paar der Dokumente im Anhang quer las, die beinahe drei Jahrzehnte abdeckten – angefangen bei den ursprünglichen Konzepten und Regeln fürs Schreiben vor diesem gemeinsamen Hintergrund (damals, 1986) über Ausschnitte von Geschichten bis hin zu Ausschnitten aus Facebook-Unterhaltungen mit ausführlichen Auslegungen von Regeln und Standards. Ich war überwältigt. Das Kribbeln steigerte sich zu kleinen Beben der Panik (noch nicht auf der seismischen Skala, aber schon gut unterwegs in diese Richtung). Ich sah vor mir eine kleine Enzyklopädie von Daten, die ich lesen musste, bevor ich mit einer Geschichte anfangen konnte, für die ich noch nicht das kleinste bisschen Handlungsfaden hatte; ganz sicher hatte ich noch keine Figuren im Sinn. Meine letzte Veröffentlichung war ein Roman gewesen. Ich hatte die letzten zweieinhalb Jahrzehnte damit zugebracht, lange Erzählungen zu schreiben. Kürzere Texte für Veröffentlichungen hatte ich das letzte Mal im Sommer 1988 geschrieben. Oder war es '89 gewesen? Es spielte ja auch keine Rolle, denn es war jetzt Ende der zweiten Februarwoche, und ich hatte eine Kurzgeschichte zu schreiben – vom ersten Grobentwurf bis zur abgabereifen Fassung – und zwar innerhalb der nächsten achteinhalb Wochen!
 
Um das Ganze noch ein bisschen spaßiger zu machen, wollte Janet eine Zusammenfassung, um sicher zu sein, dass ich auf der richtigen Bahn war, und könnte ich wohl bitte Sarah die Figuren zum Absegnen vorlegen, die ich verwenden wollte?
 
Inzwischen war ich übers Kribbeln und Beben weit hinaus und an dem Punkt angelangt, wo eine Herde panischer Elefanten mich in den Flor des Büroteppichs trampelt. Ich hatte keine Geschichte, ich hatte keine Figuren, und was wusste ich denn schon über Anwälte? Abgesehen von ein paar Witzen und ein oder zwei Büchern, die ich mal gelesen hatte, gar nichts. Ach ja, und Fernsehserien. Wir wissen ja alle, was für eine zuverlässige Quelle die sind.
 
"Reiß dich zusammen!" sagte ich. Ich rede öfter mit mir selbst, wenn ich einen klaren Kopf brauche. Ich rede auch mit meinem Plüschbären Cubby, aber das ist wieder ein anderes Thema. "Du kriegst das hin."
 
Die Idee, Dracula Bram Stoker verklagen zu lassen, entwickelte sich (wie es auch viele andere meiner Ideen tun) aus einer Unterhaltung mit einem meiner Freunde auf dem Weg zu einer Runde Dungeons & Dragons in einer Nachbarstadt. Plötzlich hatte ich also zwei Figuren, die ich Sarah vorlegen konnte. Natürlich brauchte ich jetzt noch einen Anwalt. Die erste Liste, die ich Sarah schickte, enthielt nur drei Namen: Bram Stoker, Fürst Vlad III Tepes Drakulya und Johnny Cochran.

Sarahs Antwort kam recht schnell, machte mich aber nicht restlos glücklich. Bram und Dracula waren in Ordnung, aber Cochran kam nicht in Frage. Es gab Grund zur Sorge, dass seine immer noch aktive Anwaltskanzlei Anstoß daran nehmen könnte, wenn ich ihn in der Hölle durch den Kakao zog - Anstoß genug, um uns zu verklagen. Cochran war draußen.

 "Wie wär's mit Clarence Darrow?" schrieb ich.

"Tut mir Leid," schrieb sie zurück. "Den nimmt schon jemand anders."

 
Mist! Ich musste einen Anwalt finden, und auf dem Kalender rückte der März schnell näher. Ich las die Regeln noch einmal. Aha! Die Regeln erlaubten mir eine erfundene Figur. Also erschuf ich Monty - Aaron Montgomery. Ich schrieb eine kurze Zusammenfassung und einen schnellen Rohentwurf. Beide wurden angenommen, mit ein paar kleinen Änderungsvorschlägen. Ich machte mich wieder an die Arbeit, und recht bald war „Disclaimer“ eine fertiggestellte Kurzgeschichte.

John ManningIch hatte Gelegenheit zu einem weiteren Freudentanz (im Büro, ohne irgendwelche Zeugen außer dem Bären), als Janet die Geschichte akzeptierte und mir sagte, sie werde mir einen Vertrag zum Unterschreiben schicken.
 
Und das ist die Geschichte, wie ein Teufelsbraten aus mir wurde und wie es war, diese Erzählung zu schreiben. Bin ich froh, dass es so gekommen ist? Ohne jeden Zweifel. Würde ich irgend etwas ändern wollen? Ob ihr's glaubt oder nicht, nein. Als Janet mich aufforderte, ein Teil dieses Projekts zu werden, da sah ich nichts außer der Kurzgeschichte, die ich mir ausdenken und abliefern musste. Was ich nicht sehen konnte, das waren die Veränderungen, die in mein Leben treten würden. Ich bin jetzt beschäftigter, arbeite intensiver und fühle mich ausgefüllter als je zuvor. Falls Janet jemals einen Don Quijote braucht, der für sie Windmühlen niederreitet, dann suche ich meine struppige Rosinante, die verbeulte Rüstung und die verbogene Lanze und ziehe wacker in die Schlacht.

Disclaimer, © Jason Cordova; Perseid Publishing, 2011
© Lawyers in Hell (Janet Morris), 2011, all rights reserved
Übersetzung: Harald Weber
 

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