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Professor Zamorra 1208 - Festung der Nacht

Professor Zamorra - Der Orden der Tausend

(Amulette-Zyklus, von Adrian Doyle)

1207 Orden der Nacht

"Ein neuer, stärkerer Orden als der damalige würde erstehen. Stärker schon deshalb, weil es die Beschränkungen von einst nicht mehr geben würde. Die Macht, die Kelan aus der Taufe zu heben beabsichtigte, würde alles in den Schatten stellen, was jemals Anspruch auf das niedere Volk erhoben hatte." der vierte Band beginnt damit, dass Kelan schließlich doch Prior des Ordens der Tausend wird. endlich kann er die Chronik der Sterne lesen, das vom Ersten, dem Gründer des Bundes geschriebene Buch, in dem alles über den Krieg gegen die Armageddondiener und den Ursprung der Sternenpest aufgeschrieben ist. die Enttäuschung ist groß - bei Kelan wie bei mir - als sich herausstellt, ein solches Buch gibt es gar nicht. nur einen Hinweis vom alten Prior findet er, der da lautet: wer suchet, der findet!

Spoiler? hell, yeah!

der als Mörder eingekerkerte Thibaut kann ein paar Mitbrüder geistig manipulieren, sie befreien ihn und setzen ihrerseits nun Kelan fest, er soll hingerichtet werden. doch bäms! im letzten Moment erscheint dem aber nun doch das Buch, allerdings unbeschrieben, dafür findet er im Umschlag ein neues Amulett. das reagiert sofort, legt einen Schutzschild um Kelan, und setzt die Abtrünnigen reihum außer Gefecht. dabei wird Kelan in eine Art andere Dimension versetzt, von wo er die Szenerie beobachtet. nicht nur das - er erkennt eine Art schwarzes Gespinst, das in den Amuletten sitzt - offenbar die bösartigen Verunreinigungen. nach geschlagener Schlacht wird Kelan wieder in seinen Körper gezogen und erkennt, alles Wissen ist in diesem Gründer-Amulett gespeichert.

hier schwenkt der Autor in die Gegenwart, Carrie Bird erwacht in der unterirdischen Totenstadt, wir erleben ja Kelans Vergangenheit durch sie bzw. mit ihr. sie trifft bei ihrer Suche nach Kelan auf den Golem Tomasz/Jakub, viel Neues oder Wesentliches erfährt sie (und wir) nicht von ihm.

Schwenk zu Zammy. in den Katakomben hat es offenbar mehrere Zeitdimensionen, in einer ist ja Nicole verschwunden, Zamorra sucht sie, und findet zunächst nur hunderte tote Ritter, die in den Waben der Nekropole aufgebahrt sind, von den Zeitläuften aber völlig unberührt. er sucht weiter und findet - Kelan. showdown? nö, zumal das Amulett des Meisters des Übersinnlichen schon wieder Reißaus nimmt. Kelan lässt den Wehrlosen mit der Ankündigung zurück, er werde Teil der Erweckung werden - was immer das bedeutet. jedenfalls werde Zammy dabei einen qualvollen Tod sterben. Carrie stößt zu den beiden, sie ist sauer, dass sie aus den Erinnerungen Kelans rausgeworfen wurde, sie will unbedingt wissen, was da noch war (ich auch!).

Kelan foltert das freche Vögelchen ein bisschen, bevor er verduftet. sie fasziniert ihn, und er rätselt über das Verhältnis zu Zamorra, den sie, wenn auch mit sarkastischem Unterton, Papa nennt. letzterer erhält von Carrie einige Infos zu Kelan, sie teilt ihm gerne mit, was sie selbst quasi miterlebt hat. in ihren Gesprächen wird Zammy klar, dass er Carrie nicht mehr umdrehen kann, sie ist an das Böse verloren. sie meditiert sich in Kelans Erinnerungen zurück - was natürlich nur gelingt, weil der das erlaubt - doch sie ist schockiert, denn da klafft eine Lücke von mehreren Jahren.

Kelan zieht in der Vergangenheit mit seinem Heer aus der Ordensburg aus. der Vorfall mit Thibaut hat dem Bösen die Schleusen geöffnet, "der Heilige Eid wurde mit Füßen getreten, die Sternpest grassierte, und sprang explosionsartig von Ritter zu Ritter", ohne dass Kelan es verhindern konnte. er kennt mittlerweile das Geheimnis der Sternenchronik, dieses Wissen bleibt mir und Carrie verborgen, was uns beide ziemlich nervt, langsam könnte Herr Weinland ein paar Infos locker machen.

in der Zwischenzeit durchlebt Nicole in einer Zwischendimension als Muyal - wir erinnern uns, die Hohepriesterin - die Anfänge der letzten Ruhestätte. körperlos schwimmt sie in einer Umgebung, die von Pentagrammen wie auf Merlins Stern durchwoben ist, sie badet förmlich in einem Meer von Amuletten, die schließlich alle in sie und durch sie hindurchsausen, und ihr so Stück für Stück Informationen zu verabreichen, "mit Hilfe von Bits und Bytes einer magiegleichen Technik, älter noch als die früheste menschliche Zivilisation".

wir nähern uns dem Höhepunkt - die Amulettträger tauchen auf, ebenso wie herrenlose Amulette jener Hundertschaften, die es nicht rechtzeitig nach Peru geschafft haben. in einem brutalen magischen Akt saugen die Amulette die Sternträger aus - ihre Seelen, aber auch ihre Gaben und Besonderheiten - und übertragen sie auf die nun erwachenden Ritter, mit denen die Amulette sogar verschmelzen. Carrie streift rechtzeitig ihr Amulett ab und rettet sich und Zamorra vor dem Massaker durch Teleportation auf die Oberfläche. Kelan will den neu formierten Orden nun heimführen, um den Plan des Gründers in die Tat umzusetzen. dabei nimmt er den Geist des Gründers in sich auf, jenen Geist, der von den tausend Amuletten nun auf ihn überspringt.

Zammy und Carrie stehen auf der Oberfläche, und sehen die Armee der wandelnden Amulette, der nun silbernen Ritter aus dem Spalt kommen. sie tragen die Amulettzeichen wie Tätowierungen auf ihren nackten Körpern. Carrie verabschiedet sich auf französisch, und läßt unseren Franzosen angesichts dieser Übermacht alleine stehen. doch Kelan verschwindet ebenfalls, und nimmt seine Ritterschar mit sich, er hat sich ja auch die Gabe von Carrie angeeignet, und kann jetzt teleportieren. unverhofft tauchen Onyx und der peruanische Geheimdienstler mit einem Hubschrauber auf, und wie schon früher sind tatsächlich drei Wochen vergangen, was Zamorra als nur ein paar Stunden empfunden hatte. Ende gut, alles gut - Nicole kriecht nun auch aus der Spalte, unversehrt, und stößt zu Zammy & Onyx. erst jetzt, quasi bei der Brandbesprechung, erfahren wir, was Nicole wirklich erlebt und gesehen hat - offenbar ein Raumschiff, dessen Besatzung mittels Maschinen versuchten, die Energie der Menschen zum Überleben zu nutzen, was auf lange Sicht letztlich nicht gelungen ist. außerdem diskutieren Zammy & Nici über den Ritter Kelan von St. Cyriac, und den Orden der Tausend. wie wurde schon auf dem Titelbild geteasert: "Ein Tyrann sucht die Unsterblichkeit - und erschafft die Höllensterne!" so wird also klar, wer der Ordensgründer wohl war - Leonardo. und die Ordensburg ist natürlich Château Montagne. schließlich heißt der Roman ja auch Festung der Nacht...

Fazit

dicht und komplex ist der Abschlussband dieses Vierteilers. einige wesentliche Fragen zum Orden und Ursprung der Sternenpest werden beantwortet oder zumindest werden unsere Gedanken in eine bestimmte Richtung gelenkt. viele andere Fragen bleiben offen - wie geht's zum Beispiel mit Carrie weiter?

der Stil ist wie gewohnt eher nüchtern, dennoch kommen immer wieder schöne Sprachbilder, Beispiel: "gemeinsam waren sie in die saugende Tiefe hinabgestiegen"; "staubfeine Reste menschlicher Vergänglichkeit"; "ihre Umgebung war golden und durchmustert mit einem sich unendlich oft wiederholenden Motiv".

schlitzohrig blendet der Autor kurz vor entscheidenden Stellen weg: wie er Kelan die Ordenschronik eben nicht finden lässt; wie er nach dem Kampf Kelans gegen die Meuterer in die Gegenwart geht; wie er Carrie und uns um entscheidende Erinnerungen Kelans betrügt. damit wird der Spannungsbogen bis zum Anschlag gespannt, was schreibtechnisch vielleicht clever ist, aber bei mir Frustration auslöst. aber gut, der Zyklus ist ja noch lange nicht zu Ende.

ein bisschen was zu meckern hab ich auch. obschon noch nicht alle Sternträger eingetroffen sind, startet Kelan die Umwandlung, die Amulette verabschieden sich von ihren bisherigen Trägern und materialisieren von selbst in Peru; warum also das Brimborium mit den Hundertschaften, warum die Sternträger nach Peru holen, wenn's die Amulette alleine auch tun?

in der Nekropole waren also Aliens am Werk, eine für PZ wohl typische Verquickung von SciFi mit Grusel. der Autor geht nochmal gesondert darauf ein: "Erich lässt grüßen", denkt da Zamorra. "Bei Erreichen des Nazca-Plateaus hatten Nicole und er sich noch über die Thesen des Schweizer Präastronautik-Gurus Von Däniken unterhalten, dem Zamorra auf mehreren Kongressen, bei denen er selbst referiert gehalten hatte, persönlich begegnet war. Ein sympathischer Zeitgenosse, voller Leidenschaft, wie nur jemand sie an den Tag legte, der an das glaubte, was er an Ideengut vertrat." auch Walter "Clark Darlton" Ernsting zählte wohl zu den Freunden des Schweizers, eine interessante Geschichte dazu gibt es hier (hat mit dem Amulette-Zyklus aber überhaupt nix zu tun).

der peruanische Agent hat einen komplizierten Armbruch, der nach drei Wochen schon wieder fast ganz verheilt war. nun, ich habe mir selber vor zwei Monaten den Arm gebrochen, dieser Bruch war keinesfalls kompliziert, aber selbst nach 2 Monaten ist er noch nicht wieder vollständig verheilt. aber gut, vielleicht hat der Peruaner ja besseres Knochenmaterial als ich...

Kelan teleportiert eben mal seine Armee der tausend Amulettritter auf das Schloss Montagne - das wäre selbst für den Mausbiber Gucky aus Perry Rhodan zuviel, und der ist immerhin Supermutant und Retter des Universums. die Zinn-, nein Silbersoldaten landen dort wohl in der Gegenwart, aber offenbar versteckt in einer anderen Dimension? oder ist es die geballte Macht der tausend Amulette, die den Trupp nur einfach unsichtbar macht - das kann's nicht sein, so viele Figuren brauchen ja trotzdem ihren Platz. und die M-Abwehr hat auch wieder mal versagt.

und wie geht's jetzt weiter? da steht die Armee, bereit zum Losschlagen, und was geschieht? nix. und zwar 21 Hefte lang nix, oder 10 Monate lang. das ist nicht stimmig für mich.

so bekommt auch dieser letzte Roman 4 von 6 Gruselroman-Forum Punkten von mir. obschon - das Ganze ist mehr als seine Einzelteile. während mir alle vier Geschichten, also quasi Kapitel, gut bis sehr gut gefallen haben, fand ich den Vierteiler als ein Werk "sehr gut".

P.S.: diese Rezi hat mich ungewöhnlich lange beschäftigt. normalerweise mache ich bereits beim Lesen Notizen, und schreibe dann meine Eindrücke recht rasch in einem herunter, eventuell lese ich anderntags nochmal quer. nicht so hier. über zwei Wochen habe ich gebraucht, zu dicht, zu komplex, zu verworren? war diese Geschichte, zumal auch sie wieder ein paar Fragen beantwortet, aber noch mehr offen gelassen oder sogar hinzugefügt hat. wie sagt der Autor in seinem Werkstattbericht: das Schreiben war manchmal Quälerei, aber immer Freude. für mich gilt dasselbe: das Lesen war manchmal Quälerei, aber immer Freude.

Professor Zamorra
1208 Festung der Nacht

Autor: Adrian Doyle (Manfred Weinland)
Titelbild: diesmal durchaus stimmig, mit Loire-Schloss, und Amulett und so; aber von wem?
Verlag: Bastei
Erscheinungsdatum: 15.09.2020

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