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Feral 5

Feral 05

Die mittlerweile fünfte Ausgabe des Feral Magazins enthält wieder drei Geschichten.
Die erste Episode ist Teil des Sisterhood-Universums, die im Verlag Bad Press erscheint.
In der zweiten Geschichte löst die Polizeizeichnerin Jette Greif im Berlin der 20er Jahre ihren zweiten Fall und zum Abschluss begleitet der Leser einen britischen Soldanten im 2. Weltkrieg, wie er den Ausweg aus einer Pyramide heraussucht.

In den Feral News der letzten Ausgabe wurde bereits angekündigt, dass in dieser fünften Ausgabe eine Zusammenarbeit mit Sisterhood-Schöpfer Richard Boom erscheint. Die üblichen Feral News entfallen und der Platz wird genutzt, um ein Interview mit Richard Broom abzudrucken. Der Leser erfährt einige Hintergründe zur bei Image Comics erscheinenden Comicserie „Sisterhood“.

FeralDurchbrochene Grenzen
Im November 1989 fällt die Berliner Mauer und es gelingt der Sisterhood eine Horde osteuropäischer Vampire in die Falle zu locken. Im ägyptischen Museum in Charlottenburg platzieren sie ein Buch, in dem beschrieben ist, wie ein Übergang ins Reich der Toten geschaffen werden kann. Die Strigoi wollen sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen und initiieren eine Beschwörung, um den Übergang zu aktivieren.

Es bildet sich ein Tunnel, aus dem nicht wie vermutet weitere Untote heraustreten, sondern zwei Schwestern der Sisterhood. Im Museum haben sich noch weitere Frauen der Schwesternschaft verborgen, die nun aus ihren Verstecken heraustreten, um den Kampf mit den Strigoi aufzunehmen. Die Strigoi glauben sich im Kampf überlegen, müssen aber erkennen, dass sie doch in Unterzahl sind.

Eine verhüllte Strigoi entpuppt sich als eine Schwester, die sich einige Zeit zuvor unerkannt unter die Vampirgruppe gemischt hat. So hat die Sisterhood ausreichend Informationen über die Vampirgruppe sammeln können und die Falle konnte gut vorbereitet werden.

In einem Kampf gelingt es der Sisterhood, die Strigoi zu zerschlagen. Einige entkommen aus dem Museum, laufen aber geradewegs der aufgehende Sonne entgegen.

Fazit
Markus v. Renthe-Fink hat die Geschichte nach Motiven von Richard Boom geschrieben, die von Ömer Yalinkilic gezeichnet wurde. Richard Boom stammt aus Holland und vertreibt seine Comics über den eigenen Verlag Bad Press. Es benötigt kein Vorwissen, um die Geschichte zu verstehen.

Es wird in einer Randnotiz auf Sisterhood 3 hingewiesen, der Ausgabe, in der sich die Schwester unter die Strigoi mischte. Auf den Handlungsverlauf dieser Geschichte hat dies keinen weiteren Einfluss. Die Handlung der Geschichte ist schnell erzählt. Die Vampire werden in das Museum gelockt, um sie zu vernichten.

Der Schwerpunkt der Geschichte liegt in den Kampfszenen, in denen die Akteure der Sisterhood sukzessive in die Kampfhandlungen eingreifen. Der Leser erhält zu jede der Schwestern eine Kurzvorstellung in Form eines narrativen Textes und darf in der Folge die Fähigkeiten der einzelnen Kämpferinnen live miterleben.

Die Sisterhood sind die Seelen verstorbener Frauen, die in ihre wiederbelebten Körper zurückgekehrt sind. Jede der Frauen verfügt über eine übernatürliche Kraft, die ihnen von einem Artefakt, den Phönix- Juwelen, verliehen wird. Die Nähe der Sisterhood zur ägyptischen Kultur ist augenscheinlich, da die Frauen in mumienähnlichen Bandagen gehüllt sind. Die Sisterhood verfügt zudem über eine gruppeninterne Organisationsstruktur.

Neben den Kriegerinnen ist eine der angreifenden Frauen für die Außeneinsätze zuständig. Zum Ende der Geschichte lernt der Leser den 1895 geborenen Marcus Rand und Luciana kennen. Er ist der taktische Anführer der Sisterhood und sie die Heilerin und Diplomatin des Teams.

Die Geschichte wirkt wie eine erste Folge, in der der Leser die Charaktere und die Ziele der Gruppe kennenlernt; trotzdem ist sie in die Chronologie der Originalserie eingebaut. Neue Leser können sich mit den Figuren vertraut machen und vielleicht motiviert es den einen oder anderen, mal in die Serie reinzuschauen. Die Episode würde sich für eine Veröffentlichung zum Gratis-Comic-Tag eignen, sollte Sisterhood mal in Deutschland erscheinen.

Zeichner und Herausgeber Ömer Yalinkilic entwickelt seinen Zeichenstil weiter. In früheren Ausgaben waren die anfänglichen Dialogszenen in klar abgrenzbare Panels unterteilt. In den Kampfszenen wurden die Zeichnungen verspielter und gingen ineinander über. Diese kampflastige Episode kommt Yalinkilic sehr entgegen, da er besonders in der Beschwörungs- und den Kampfszenen seine zeichnerischen Stärken voll ausspielen kann.

Wiederum sind auf einigen Seiten die Hintergründe detailliert ausgezeichnet, auf anderen sind sie ziemlich leer. In der Regel lassen Zeichner die Hintergründe frei, damit der Kolorierer dort besser wirken kann. Da es sich bei vorliegender Geschichte um Schwarz-Weiß-Zeichnungen handelt, scheint dies ein Stilmittel des Künstlers zu sei.

Der Fluch von Chichen Itza
Der Filmregisseur von Norman will 1926 den ultimativen Film schaffen, der Publikum und Leinwandgeschehen zu einer einzigartigen Einheit formt. Auf einer Reise in Mittelamerika kommt er mit der Macht der alten Maya-Priester in Berührung und lernt einen Zauber kennen, der Publikum und Leindwandgeschehen miteinander verschmelzen lässt.

Wie im Film werden die Zuschauer in einer erotischen Ekstase übereinander herfallen und sich im Anschluss töten. So wird er der Regisseur sein, über den die Welt spricht. Bevor er allerdings den großen Versuch im Kinosaal wagt, testet er den Zauber erfolgreich am Schnittmeister. Der bringt sich auf dem Filmgelände von Babelsberg um und wird dort von der Polizei untersucht.

Jette Greif bearbeitet mit ihrem Chef Kommissar Kling den Fall. Die Hinweise führen zur Filmvorstellung am Abend. Dort trifft sie auf Rachel Raumann, deren Bruder Benno auf dem Filmgelände in Babelsberg beschäftigt ist. Die Frauen verlassen die Filmvorstellung, um sich heimlich zu treffen. Das rettet ihnen das Leben, denn in der Vorstellung beginnen die Zuschauer bereits in einer wilden Orgie übereinander herzufallen.

Den beiden Frauen gelingt es mit Unterstützung eines Polizisten von Norman aufzuhalten. Die Zuschauer sind gerettet, aber von Normann entkommt. Ein Zeuge will gesehen haben, wohin er entkommen ist. Kommissar Kling erhält eine Karte mit dem Namen des Zeugen: Dr. Mabuse.

Fazit
Autor M.W. Ludwig und Zeichner Kritzkunst lassen das Berlin der 20er Jahre wieder auferstehen. Wie schon in der ersten Geschichte verstehen sie es wunderbar, das Flair dieser Jahre einzufangen. Ein besonderer Hingucker sind wiederum die ausdrucksstarken Zeichnungen von Kritzelkunst, die einen außergewöhnlich hohen Wiedererkennungswert haben.

Die Zeichnungen sind derart detailliert ausgearbeitet, dass sie ein eigenes Leben entwickeln. Die Zeichnungen sind in Schwarz-Weiß und trotz der Fülle an Details könnte ich mir eine Kolorierung vorstellen, die mit Rot-und Brauntönen arbeitet. Die dürften allerdings nur sehr dezent eingesetzt sein.

In dieser zweiten Geschichte sieht der Leser einige der handelnden Charaktere aus der ersten Episode wieder. Am Schluss der letzten Story wurde dieses Geschichte bereits angeteasert. Es bleibt abzuwarten, ob dies nur als Appetizer gedacht ist, oder ob die Fälle in einem inhaltlichen  Zusammenhang stehen. Auf jeden Fall ist diese Episode nicht beendet und wird in Feral 6 fortgesetzt.

Die Kulisse dieser Story ist das Filmgelände in Babelsberg. Der deutsche Film war in den 20ern einer der führenden in der Welt, dessen Einfluss später von den Nazis zerstört wurde. Hollywood hatte zu der Zeit noch nicht die Bedeutung, die es heute hat. So werden ganz selbstverständlich Namen wie Fritz Lang oder Max Schreck in die Handlung eingewoben.

Der Charakter der Jette Greif bietet ein gutes Identifikationspotential für den Leser. Sie hat als Frau in den 20er Jahren keinen leichten Stand im Berufsleben, was zu der Zeit noch eine reine Männerdomäne ist. Trotzdem schafft sie es die Fälle zu lösen, was ihr schließlich auch ein Lob ihres Chefs Kling einbringt, der ansonsten damit beschäftigt ist, sie als Frau herabzuwürdigen.

 Im Film-Theater trifft Jette auf Rachel, zu der sie schon in der ersten Episode Gefühle entwickelt hat. In der Filmvorstellung schleichen sich die beiden hinaus und beginnen sich zu küssen. Das rettet ihnen das Leben. Das Berlin der 20er Jahre steht zwar für ausufernde Lebensstile, in denen es in gewissen Schichten offen zu gleichgeschlechtlichen Partnerschaften kommt, verhältnismäßig normal wie es heutzutage ist, ist es aber noch lange nicht. Homosexualität ist nach wie vor verboten.

Von daher kann der Leser mit Spannung darauf warten, wie es mit den beiden Frauen weitergeht. Darüber hinaus wird im letzten Panel eine Person für die nächste Episode angeteasert, der den meisten Lesern ein Begriff sein dürfte und für viel Spannung sorgen dürfte: Dr. Mabuse.

Zurück ins Licht
Zur Zeit des 2. Weltkrieges dringen zwei britische Soldaten in die Grabkammer einer Pyramide ein. Sie öffnen den Sarkophag eines Hohepriesters, in der Hoffnung dort viel Gold zu finden.

Die Augen des mumifizierten Priesters beginnen zu leuchten und einer der Soldaten endet als Skelett an der Kammerwand. Der andere bekommt es mit der Angst zu tun und tritt den beschwerlichen Rückweg durch die Pyramide an. Schließlich sieht er am Ende des Tunnels das Sonnenlicht.

Als er sich dem Ausgang nähert, vernimmt er eine Person, die deutsch spricht. Vermutlich ist der Feind bis zur Pyramide vorgerückt. Er zieht sein Messer und schneidet dem Deutschen von hinten die Kehle durch. Als er in das Sonnenlicht tritt, wird die Tragik der Situation deutlich.

Der Deutsche ist ein Tourist, der mit einer Reisegruppe unterwegs ist und die Pyramide besichtigt. Begleitet werden sie von ägyptischen Security-Kräften, die den untoten britischen Soldaten niederschießen. Der Soldat ist zusammen mit seinem Kameraden in den 40ern in der Grabkammer getötet worden und wandelte jahrzehntelang in der Pyramide umher, bis er heute endlich den Ausgang gefunden hat.

Fazit
Markus v. Renthe-Fink erzählt und zeichnet eine Geschichte in bester, alter Gespenster-Geschichten-Manier. Der Leser erlebt die Geschehnisse aus der Perspektive des untoten Soldaten und bemerkt nicht, dass dieser viele Jahre in der Pyramide unterwegs ist. Das Gesicht des Mannes ist im Verlauf der Geschichte nicht erkennbar. Erst im letzten Panel, als er aus der Pyramide in das Sonnenlicht tritt und niedergeschossen wird, erkennt der Leser, dass es sich bei dem Soldaten um einen Untoten handelt.

Das Ende wirkt dabei ziemlich skurril. Der Soldat vernimmt unter anderem das Wort „Führer“ und vermutet einen Zusammenhang zu Adolf Hitler. Tatsächlich meint er den Fremdenführer. Der Tourist ist zudem mit seiner Star Wars Mütze und seinen Kopfhörern ziemlich überzeichnet dargestellt, was den grotesken Charakter der Geschichte hervorhebt.

Renthe-Fink nutzt die Größe der A4-Seiten für seine Zeichnungen gut aus. Der Leser hat in der nur vier Seiten langen Geschichte eine Menge zu bestaunen. Die erste und die letzte Seite sind ganzseitige Zeichnungen mit vielen Details. Die Flucht aus der Pyramide wird auf den Seiten zwei und drei abgehandelt und bekommt durch die Nutzung vieler kleiner Panels und in sich übergehenden Zeichnungen eine schwungvolle Dynamik.

Feral 5
Erscheinungsdatum: Februar 2023
Preis: 6,66€

Durchbrochene Grenzen
Text: Markus v. Renthe-Fink
Zeichnungen: Ömer Yalinkilic

Der Fluch von Chichen Itza
Text: M.W. Ludwig
Zeichnungen: Kritzelkunst (Detlef Klewer)

Zurück ins Licht
Text: Markus v. Renthe-Fink
Zeichnungen: Markus v. Renthe-Fink

Chapter-X Comic


© Torsten Pech (10/2023)

Halloween-Kürbiskopf-Foto © Bright Angel

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