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Grasmück, Lonati und Ringo

Grasmück, Lonati und Ringo - ein kleiner Beitrag zum Todestag von Dan Shocker

Es ist schon ein Kreuz mit diesen Heftromanen. Fängt man einmal damit an und hat es einen gepackt, kann man fast nicht mehr damit aufhören. Meistens beschränkt sich diese Leidenschaft aufs Lesen und natürlich auf das Sammeln. Manch einer versucht selbst aktiv zu werden und schreibt eigene Texte, zeichnet oder malt etwas Schönes und schickt es dem Verlag. Mit ein wenig Glück und dem Wohlwollen des Redakteurs findet man sein Werk dann auf einer LKS und ist mächtig stolz. Klar, dass man damit wenige zu beeindrucken vermag, aber meist ist es schon ausreichend, wenn man selbst beeindruckt ist. Beim Baggern verschafft es einem natürlich keinen Vorteil, eher das Gegenteil ist der Fall.

Oder man taucht ein ins schillernde Fandom, schickt seine Texte oder Zeichnungen an ein so genanntes Fanzine, die meistens eine nur sehr geringe Halbwertszeit haben. Wer ganz engagiert ist, gibt selbst eins heraus oder plant gar eine ganz eigene Serie, die man mutig und selbstsicher auf mehrere Hundert Ausgaben vorplant. Ich selbst habe nur einige Male Zeichnungen verschickt, die dann sogar abgedruckt wurden. Z.B. meine Version der Blues-Brothers, die auf der LKS von Perry Rhodan 1205 abgedruckt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Seit meiner Jugend war und bin ich ein großer Fan von Horror-Heftromanen, zu denen ich hauptsächlich durch die Vampir Horror Romane gekommen bin (Ringo berichtete). Mir hatten es vor allem die Titelbilder angetan, und so war es auch kein Wunder, dass ich die Romane zwar gelesen habe, mich aber an den Bildern einfach nicht satt sehen konnte. Nachdem der Thole (Ringo berichtete) von Lutohin (Ringo berichtete) abgelöst wurde, stellte ich auch den Kauf dieser Reihe ein, da mir Nikolais Stil einfach nicht zusagte. Nach der vorzeitigen Einstellung des legendären Dämonenkillers stieß ich auf der Suche nach einem geeigneten Ersatz auf Dan Shocker`s MACABROS. Auch hier faszinierten mich die oft sehr bizarren Cover eines gewissen LO, wie man an der Signatur erkennen konnte. Das war natürlich der Lonati, was ich in den Siebzigern aber nicht wusste.

MACABROS war auch inhaltlich cool. Nicht so düster und hart wie der DK, dafür aber äusserst phantasievoll. Die Serie war eigentlich kein Horror, sondern eine bunte Mischung aus allen denkbaren Genres. Die Story entfernte sich rasch von seinen Horror-Wurzeln und Dan lotete alle Gefilde aus, die ihm gefielen. Shocker mixte alles, was ihm gefiel wild durcheinander, ohne jemals aber peinlich zu wirken. Fantasy paarte sich mit wohligem Gruseln, garniert mit vielen liebenswürdigen Albernheiten. Es gab sogar einen Ausflug in die SF und einen fliegenden Wundermann in bester Superheldenmanier! Leider hatte ich nie das Glück, Jürgen persönlich kennen zu lernen. Allerdings hatte ich kurz Briefkontakt mit ihm, als ich beschloss, Marlos-Bürger zu werden. Shocker war sehr freundlich und hilfsbereit, was mich angenehm überraschte. Ich war damals der Meinung, Autoren wären eher abgehoben und unnahbar. Aber nichts davon war zu bemerken. Ob ich letztlich noch Marlos-Bürger wurde, weiß ich nach über 40 Jahren nicht mehr.

Ende der Neunziger las ich keine Heftromane mehr, besaß aber nach wie vor meine umfangreiche Sammlung. Irgendwie stieß ich irgendwo auf eine Annonce (in irgendeinem Versandkatalog), wo man tatsächlich Original-Titelbilder kaufen konnte! Ui, da war mein Interesse aber geweckt und ich nahm also Kontakt auf. Tatsächlich gab es eins meiner Lieblingsbilder, MACABROS Nr. 22 „Phantom aus dem Unsichtbaren“. Gerahmt, zu einem guten und fairen Preis, der mir dummerweise damals aber zu hoch erschien. Und so ließ ich die Chance verstreichen, was ich aber sehr bereuen sollte. Denn das Bild ließ mich nicht mehr los, aber leider war es einige Zeit später nicht mehr erhältlich.

Viele Jahre später machte ich im Gruselromanforum Bekanntschaft mit einem Sammler von Originalen, der sich von einigen Bildern trennen wollte. Leider hatte auch er „Phantom aus dem Unsichtbaren“ nicht in seinem Besitz, dafür aber Macabros Nr. 89: "Rückkehr in den Totenbrunnen“. Macabros Nr. 31: „Der Schreckliche aus dem Totenbrunnen“ wäre mir lieber gewesen, aber das hatte er leider nicht. Aber immerhin war es ein Lonati, und den gönnte ich mir dann auch. Später kamen dann einige Lutohins (oder heißt der Plural Lutohinne?) dazu sowie 2 Tholes, zwei Bertholds und ein Les Edwards.

Die beiden Tholes bekamen den Ehrenplatz im Wohnzimmer, wo auch zwei oder drei Lutohins hingen. Der Lonati hing im Flur, schön edel in seinem Holzrahne. Eine wahre Augenweide! Besucher bestaunten die Bilder aber eher mit Argwohn und wunderten sich gelegentlich, weshalb ich mir solch schaurige Darstellungen aufhängte.

12 Jahre hingen diese Kostbarkeiten also dort, bis ich schließlich aus meiner Wohnung ausziehen musste. „Eigenbedarf“ meinte mein Vermieter, der direkt unter mir im Parterre wohnte. Zu dieser Zeit bekam ich über meine Facebookseite „Ringos Kunst- und Bücherecke“ mit einem netten Berliner Kontakt, der durch die dort gezeigten Thole-Bilder aufmerksam wurde. Und so kamen wir ins Plaudern. Der Berliner, ein Rechtsanwalt, war ebenfalls ein Sammler und kannte tatsächlich jemanden, der MACABROS Nr. 22 „Phantom aus dem Unsichtbaren“ besaß und sich davon trennen wollte. Nach 25 Jahren also schloß sich der Kreis und ich hatte die Chance, das Bild endlich zu bekommen! Der Handel ging flott über die Bühne, denn wir tauschten die Bilder einfach. Erfreulicherweise wollte der andere Sammler auch meinen Edwards unbedingt haben, und das kam mir ganz recht. Der bevorstehende Umzug entglitt allmählich meiner Kontrolle. Ich hatte endlich eine neue Wohnung, wunderschön mit großem Garten und Terrasse gefunden, allerdings brach eine Pechsträhne (nein, nicht Torstens Haarpracht) über mich herein. Fast zeitgleich bekam ich im beruflichen Umfeld mächtigen Ärger, dann wurde ich schwer krank und musste ins Krankenhaus und zu guter Letzt gab mein Auto den Geist auf. Und das alles im laufenden Umzugsprozess!

Und so kam es dann, dass mein eingetauschter, neuer Lonati mittendrin eintrudelte, ohne dass ich ihm einen gebührenden Platz zuweisen konnte. Zuerst lag er brav und artig in seinem Karton im Wohnzimmer herum, da ich erst alles andere auspacken und einräumen sowie die Möbel aufbauen musste. Das Bild selbst war in einem hervorragenden Zustand, wies keinerlei Beschädigungen oder Verfärbungen auf, war aber leider nicht gerahmt. Aber immerhin gehörte er nun mir und ich werde ihn nicht mehr hergeben. Mein Schatz!!!

Gemalt wurde das ca. 26 x 38cm große Bild mit Gouache auf einen einfachen, aber dicken Karton. Die Signatur, das signifikante LO, ist links unten. Der Schriftzug MACABROS verdeckt nicht, wie man annehmen könnte, einen Teil des Schädels, sondern befindet sich ein wenig darüber. Dafür aber wurde das Bild, damit es aufs Cover passt, ein Teil des Gebäudes im Vordergrund sowie der Schneelandschaft, ein wenig beschnitten. Auf der Rückseite ist ein Stempel des Künstlers sowie ein Vermerk für welchen Roman es vorgesehen ist: MACABROS Nr. 22 – Phantom aus dem Unsichtbaren.

 © by Ringo Hienstorfer  (08/2025)

 

Kommentare  

#1 RainerTD 2025-08-06 23:38
einmal Heftroman, immer Heftroman. die Archive sind sich uneinig, auch aufgrund des Phasenvertriebs, aber ich liebe den Gedanken, dass der allererste Gruselroman ausgerechnet an meinem Geburtstage erschienen sein soll. Schicksal halt. danke, Herr Grasmück!
und ja, die Tibis, wie wir Verrückten die Umschlagbilder gerne nennen, waren Teil der (schwarzen?) Magie, mit der uns die Verlage verzaubert haben. brutal, sexy, lächerlich, trashig - aber leider geil.
danke für diesen Artikel!

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