Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Go West! - 06. Juli 2014

Go WestEine Reise in den ›Wilden Westen‹
6. Juli 2014

Jedes Jahr führe ich zwei kleine Reisegruppen durch den Westen der USA.

Dazu lege ich in Facebook ein Reisetagebuch an, das auch im Zauberspiegel erscheinen soll. Es geht zu legendären Orten des Wilden Westen auf den Spuren von Cowboys, Indianern und eines spannenden Stücks Geschichte. - Folgt mir ...


Go WestAuf deutscher Fährte und Fort Buford
Ab heute sind wir einige Tage auf den Spuren von Maximilian Prinz zu Wied, Karl Bodmer, Herzog Paul von Württemberg und Friedrich Kurz unterwegs.

Wir erreichten Fort Union am Missouri, einen der größten und bedeutendsten Pelzhandelsposten des 19. Jh., der 1828 von Johann Jacob Astors „American Fur Company“ errichtet wurde. (Die AFM wurde 1808 gegründet.) Herzog Paul war 1830 der erste europäische Besucher hier; dann kamen Maximilian und Karl Bodmer. Friedrich Kurz arbeitete zeitweise als Clerk hier. Auch der berühmte amerikanische Maler George Catlin war hier, und der amerikanische Naturwissenschaftler John James Audubon.)

Schon die Lewis & Clark Expedition lagerte unweit der Einmündung des Yellowstone in den Missouri und erwähnte in ihren Tagebüchern, daß dieser Platz strategisch günstig für ein Fort sei. Für die Indianerstämme war er ein Verkehrsknotenpunkt ihrer Kriegs- und Jagdpfade.

Ab ca. 1829 übernahm der wohl einflußreichste Pelzhändler in Johann J. Astors Diensten, der Schotte Kenneth MacKenzie, die Leitung. Damit wurde Fort Union der erfolgreichste Handelsposten des „Upper Missouri Outfit“ der American Fur Company, ein Wirtschaftszentrum im Indianerland, wo alle Fäden des Pelzhandels zusammenliefen. MacKenzie wurde der „König des Oberen Missouri“ genannt. Er herrschte in Fort Union wie ein Fürst und knüpfte erfolgreich Kontakte zu den Indianervölkern der Region.

In seinen besten Zeiten beschäftigte der Posten bis zu 100 Angestellte, darunter viele Handwerker, die Fort Union zu einer autarken Niederlassung machten.

10 Stämme lieferten ihre jährliche Pelzbeute in Fort Union ab. Mit 9 Pelzarten wurde in der Regel gehandelt, wobei Biber und Bison den Hauptanteil hatten.

Manchmal lagerten mehr als 5000 Indianer rings um den Posten. Die Trade-Chiefs verhandelten im Meeting-Raum des Forts tagelang um die Preise für ihre Pelzwaren. Ca. 150 verschiedene Artikel lagen zum Tausch bereit, von Metallwerkzeugen über Feuerwaffen, bis zu Stoffen und Schmuck. Mit Perlen wurde in Fort Union selten gehandelt – Perlen wurden als Bonus dazugegeben.

Als der Biberhandel endete, wurde die Bisonhaut dominierend. 1851 gingen allein über 100.000 Bisonroben von Fort Union nach St. Louis.

Einmal im Jahr kamen die Dampfschiffe den 1800 Meilen langen Weg auf dem Missouri herauf und brachten Tauschwaren. Kenneth MacKenzie hatte die Konstruktion von sogenannten „Mountain Boats“ angeregt. Bis dahin waren nur Mississippi-Steamer mit tiefgängigem Kiel gebaut worden. Jetzt entstanden extrem flachgängige Schiffe mit einem Schaufelrad am Heck.

Fort Union war jahrelang die Endstation für diese Schiffe, bis später Fort Benton errichtet wurde. Das erste Dampfschiff, das hier anlegte, war 1832 die „Yellowstone“.

Fort Union war ein Mikrokosmos, ein Spiegelbild der einzigartigen Gesellschaft des Pelzhandels, der kurzlebigen aber einflußreichen Kultur, die dieser Wirtschaftszweig schuf.

Die Trader waren in der Regel mit indianischen Frauen verheiratet. Das förderte das friedliche Miteinander. Ihre mischblütigen Kinder, heute allgemein als „Metis“ bezeichnet, stellten oft die zweite Generation der Händler dar.

Die Zeit des Pelzhandels sah die verschiedenen Kulturen, die hier zusammentrafen, in einer absoluten sozialen und wirtschaftlichen Balance. Sie hingen voneinander ab, begegneten sich auf Augenhöhe und respektierten sich. Es war keine Frage: Der Pelzhandel veränderte das Leben der Plainsstämme tiefgreifend. Sie gelangten in den Besitz von Waren, die ihren Lebensstil revolutionierten.

Die Indianer waren überzeugt, daß die Weißen die Pelze überbewerteten. Die weißen Händler wiederum nutzten ihre überlegene Technologie aus; beide Seiten waren zufrieden. Die Situation änderte sich, als zunehmend Kolonisten in den Westen zogen und das Land in Besitz nahmen, das die Stämme als ihr Eigentum ansahen. Diese Menschen sahen in den Indianern keine Partner mehr, sondern Störfaktoren, die es zu beseitigen galt.

1834 hatte Astor seine Anteile an der American Fur Company an die Händler Pratte und Chouteau verkauft, diese verkauften Fort Union 1865 an die Northwestern Fur Company, die den Posten wiederum 1867 an die US-Regierung weitergab; zu dieser Zeit waren die Bisonherden auf den nordwestlichen Plains so gut wie ausgerottet. 39 Jahre war Fort Union aktiv gewesen, länger als jeder andere Trading Post.

Die Armee schlachtete den ehrwürdigen Pelzhandelsposten aus und nutzte das Holz für den Bau von Fort Buford.

1966 wurde der Platz von Fort Union unter Denkmalschutz gestellt. Nach sorgfältigen archäologischen Untersuchungen begann in den 1980er Jahren der Wiederaufbau auf den alten Fundamenten, um Fort Union als Denkmal an eine der wichtigsten Phasen der amerikanischen Geschichte und eine bedeutende Periode in der Geschichte North Dakotas zu bewahren.

Die Fotos zeigen die Gesamtansicht von Fort Union, den Eingangsbereich mit der Pelzpresse, den Innenhof mit dem "Bourgeois-Haus" im Hintergrund und einem Red River Cart vorn und den Handelsraum, in dem sich früher die Chiefs mit den Händlern trafen und in dem wir ebenfalls einen Kaffee vom offenen Feuer in Blechtassen genießen konnten.

Ein Ranger demonstrierte für uns eine "Tradegun", eine Steinschloßmuskete. Eine Rangerin erklärte indianische Gebrauchsgegenstände.

Der Trader ließ sich mit meiner Gruppe fotografieren.

Zu meiner großen Freude hatte sich Mike Casler bereiterklärt, die Führung in Fort Union zu übernehmen.

Mike und ich sind seit über 25 Jahren befreundet. Er war zwei Jahrzehnte Nationalpark-Ranger in Fort Union und hat den Posten mit aufgebaut. Er ist einer der profiliertesten Historiker der Pelzhandelszeit in den USA, Verfasser einiger Standardwerke, wie z.B. des Buches "Steamships on the Upper Missouri" - des umfassendsten Werks über die Dampfschifffahrt auf dem Oberen Missouri -, und Herausgeber der Tagebücher von Charles Larpenteur, eines der einflußreichsten Pelzhändler im 19. Jh. Wir hatten den besten und kenntnisreichsten Führer, den wir bekommen konnten.

Many thanks, Mike. I enjoyed every minute!


Go WestWir fuhren gegen Mittag weiter zu dem 1866 errichteten Militärposten Fort Buford – benannt nach dem Bürgerkriegshelden General Buford – nur wenige Meilen westlich von Fort Union. Aufgabe der Besatzug war es, die wachsende Besiedlung durch Heimstätter zu schützen und die aggressiven Stämme der Region, vor allem die Sioux, unter Kontrolle zu halten.

In seinen besten Zeiten hatte der Posten mehr als 1000 Bewohner, überwiegend Infanterie, sehr wenig Kavallerie – selten mehr als 2 Kompanien. (Der Unterhalt von Kavallerie im hohen Nordwesten war der US-Regierung zu teuer.).In den 1890er Jahren waren die berühmten Buffalo Soldiers hier stationiert, Angehörige der schwarzen 10. Kavallerie.

Das bedeutendste Ereignis in der Geschichte von Fort Buford fand 1881 statt, als der bedeutende Lakota-Führer Sitting Bull mit seinen Anhängern aus Kanada zurückkehrte.

Nach der Schlacht am Little Big Horn am 25. Juni 1876, in der die Lakota, Cheyenne und Arapaho 5 Kompanien der 7. US-Kavallerie vernichtet hatten, einschließlich des Kommandeurs, Brevet Major General George A. Custer, war Sitting Bull nach Kanada geflüchtet. Aus Prestigegründen hatten die USA jahrelang versucht, den prominenten Häuptling zurückzuholen. Als schließlich die Kanadier die exilierten Sioux loswerden wollten, entschied sich Sitting Bull zur Rückkehr.

Mit ca. 160 Gefolgsleuten erreichte er Fort Buford und ließ dem Kommandeur, Major Brotherton, durch seinen Sohn seine Winchester überreichen.

Sitting Bull „kapitulierte“ nicht, wie es häufig heißt. Er unterwarf sich nicht. Die Lakota legen Wert auf die Feststellung, daß er zurückkehrte, weil er die amerikanische Vorherrschaft akzeptierte, aber nicht, um sich geschlagen zu geben. Er war ein stolzer Mann, der sich immer selbst als frei ansah.

Die Kommandantur von Fort Buford, in der Sitting Bull seine Winchester übergab, ist noch im Original erhalten. Eine Mannschaftsbaracke wurde rekonstruiert.

Fort Bufords Aufgabe als Sicherungsposten für die Besiedelung war 1895 erfüllt; die Armee gab den Stützpunkt auf.

Die Fotos zeigen die Kommandantur, in der Sitting Bull sein Gewehr übergab und einen Blick in die rekonstruierte Infanterie-Baracke.

Auf der Anfahrt nach Fort Union und Fort Buford überquerten wir den Missouri, der an vielen Stellen in North Dakota und Montana noch immer so aussieht wie zu Lewis & Clarks Zeiten.

Zur Einleitung - Die erste Gruppe - Die zweite Gruppe

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles