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Kaiser, Könige und Cäsaren - Henry II.

Kaiser, Könige und CäsarenHenry II.

Eine der zentralen männlichen Rollen in den beiden Romanen von Ariana Franklin, im zweiten noch stärker als im ersten, spielt König Henry II. von England.

Der Plantagenet ist eine herausragende Figur in der englischen Geschichte und war ausgesprochen prägend für die weitere Entwicklung des Landes. Eine interessante Figur, die als Begründer der englischen Linie der Plantagenet das Schicksal Englands über Jahrhunderte prägte.
Henry IIKönig Henry II. ist eine der vielen spannenden Personen des Mittelalters. Geboren 1133 in Le Mans, Frankreich, lebte er bis zum Jahr 1142 in Frankreich. Seine Mutter war Matilda, Gemahlin von Geoffrey Plantagenet. Durch den Spitznamen seines Vaters „Planta Genista“ erhielt eine ganze Dynastie ihren Namen. Es war eine Dynastie, die das ganze Mittelalter hindurch England regierte. 14 Könige trugen im Laufe der Jahrhunderte diesen Titel.
 
Abstammung und Kindheit
Henry II. war der Sohn der berüchtigten Matilda, die sich mit ihrem Cousin Stephan einen jener Bürgerkriege lieferte, die das englische Land für lange Jahre ausblutete.

Matilda - Mutter von Henry PlantagenetMatilda, Henrys Mutter, war das einzig überlebende Kind der Ehe von Henry I. mit Edith von Schottland, und da sie damit das einzig legitime Kind von Henry I. war, ernannte er sie zu seiner Erbin. So war sie über die Ahnenlinie ihres Vaters mit Wilhelm dem Eroberer verwandt, mütterlicherseits stammte sie aus der Linien angelsächsischer Könige.

Dies machte Matilda zu einer hoch gehandelten „Jagdbeute“ auf dem europäischen Ehemarkt, noch dazu als sie im Jahre 1125 die Witwe von Kaiser Heinrich V. wurde und es keinen Nachkommen aus dieser Ehe gab. Ihre Position wurde weiter gestärkt, als sie 1128 Geoffrey von Anjou ehelichte. Im fünften Jahr der Ehe schließlich wurde Henry geboren, der spätere Henry II.

Nach dem Tod von Matildas Vater 1135 riss Matildas Cousin Stephen den englischen Thron an sich, obwohl Matilda aufgrund ihrer Abstammung eigentlich in Frage kam – zumindest aber ihr Sohn Henry. Sie hatte allerdings auf einen Schwur ihres Cousin Stephen vertraut, in dem dieser sie als Erbin des Throns anerkannt hatte. Diese Auseinandersetzung war der Auslöser des englischen Bürgerkriegs von 1135 bis 1154.

Erst der Vertrag von Winchester aus dem Jahre 1153 brachte endlich Frieden. In diesem wurde festgelegt, dass nicht Stephens Erben, sondern Matildas Sohn Heinrich auf den englischen Thron folgen würde. Damit war Matilda zufrieden. Sie reiste gemeinsam mit Henry wieder in die Normandie ab.

Zu dem Zeitpunkt war Henry bereits Erbe der Normandie und Anjou (Geoffrey Plantagenet, der zweite Mann Matildas und Henrys Vater, starb 1151). Zudem war er bereits verheiratet mit Eleanore von Aquitanien.

Ehe mit Eleanore

Wie schon seine Mutter Matilda war auch Eleanore eine wirklich außergewöhnliche Frau. Zunächst war sie mit Louis VII. von Frankreich verheiratet gewesen. Dieser Mann muss ein ausgesprochener Langweiler gewesen sein, zumindest schien Eleanore ihn so empfunden zu haben. Die Ehe war, unter anderem aufgrund der Tatsache, dass sie dem Franzosen keinen männlichen Thronerben gebären konnte, annulliert worden. Es gab noch andere Gründe hierfür, die den Rahmen des Artikels über Henry II. allerdings sprengen würden. Das werde ich vermutlich in einem späteren Artikel über Eleanore gesondert tun.

Mit dieser Eheschließung verdoppelte Henry fast seinen Grundbesitz und gewann Aquitanien und die Region Poitou hinzu – so besaß er mehr Land in Frankreich als der französische König selbst.
 
Eleanore, 1122 geboren, war über zehn Jahre älter als er. Die Tatsache, dass Eleanore nicht nur einen zweiten Gemahl fand (und nicht im Kloster endete) und ihrem zweiten Mann noch dazu acht Kinder gebar, darunter nicht weniger als fünf männliche potenzielle Erben, war eine nicht zu unterschätzende Demütigung für den französischen König.

Henry II. Henry und Eleanore schienen ein außergewöhnliches Paar gewesen zu sein.

Henry galt als gutaussehend, selbstbewusst und sehr intelligent. Seine Mutter Matilda hatte ihn in Frankreich von großen und bedeutenden Lehrern unterrichten lassen. Neben Latein sprach er noch mehrere andere Sprachen, war belesen, liebte und förderte Literatur und Kunst. Gleichermaßen fühlte er sich zum Sport und der Jagd hingezogen – und zu Frauen.

Eleanore ihrerseits besaß einen ausgesprochen starken Willen und war für ihre Zeit eine mehr als eigenständige Frau. Sie begleitete ihren ersten Mann auf seinem Kreuzzug, regierte in Abwesenheit ihres zweiten Manns Henry in Vertretung das Land, führte Verhandlungen mit Botschaftern und setzte sich mit der mächtigen Kirche zusammen - und auseinander.

Eleanore von AquitanienRebecca Gable beschreibt sie als eine der "unterhaltsamsten und wunderbarsten Skandalnudeln, die je auf Englands Thron gesessen haben". Intelligent, voller Energie, sich ihrer selbst bewußt und bereit, sich für sich und ihre Interessen einzusetzen - den Freuden der Erotik aufgeschlossen war sie skandalumwittert aufgrund ihrer diversen (sicher nicht nur angeblichen) Liebschaften.

Offensichtlich hatte Henry Eleanor bereits vor ihrer Hochzeit im biblischen Sinne „erkannt“. Im Alter von 18 Jahren war Henry mit seinem Vater beim König von Frankreich vorstellig geworden und hatte Eleanor dort kennen gelernt. Es heißt, dass die beiden damals eine innige Affäre verband, die Auslöser für Eleanores Betreiben der Annullierung der Ehe war.

Im Dezember 1154 wurden Henry und Eleanore zum König und Königin von England gekrönt.  Übrigens eine sehr wichtige Tatsache. Eleanore war damit nicht "nur" Gattin des Königs. Damit hatte sich das Haus Plantagenet in Englands Herrscherfolge eingereiht.

Leider war der Ehe nur vorübergehendes Glück beschieden. Henry war nicht wirklich treu, eine Tatsache, die Eleanore nur begrenzt akzeptieren konnte (wen wundert's bei einer Person wie Eleanore - auch sie selbst war allerdings nicht immer treu), und einige Entscheidungen Henrys bezüglich Eleanore lassen ahnen, was dies für eine so selbständige Frau bedeuten musste (darauf gehe ich noch ein).

Henrys Regentschaft(sstil)

Henry erwies sich als kluger Herrscher, in vielerlei Hinsicht. Er war stark genug um in seiner Person als Halt zu fungieren und nach der langen Kriegszeit endlich wieder Ruhe entstehen zu lassen.

Die Encyclopædia fasst seine Karriere unter drei Aspekten zusammen2:

"His career may be considered in three aspects: the defense and enlargement of his dominions, the involvement in two lengthy and disastrous personal quarrels,
and his lasting administrative and judicial reforms."

Die drei Bereiche
  1.  Vergrößerung und Verteidigung des Gebietes,
  2.  Verwicklung in langwierige und verheerende persönliche Auseinandersetzungen
  3.  bleibende Reformen in Administrative und Legislative
ziehen sich durch die gesamte Zeit seines Lebens. Vor allem im zweiten Punkt zeigten sich seine charakterlichen Schwächen, die ihn vermutlich nicht wirklich glücklich machten. Doch der Reihe nach ...

Vergrößerung und Verteidigung des Gebietes

Wie bereits oben erwähnt, hatte Henry illustere Eltern: Seine Mutter hatte Besitzungen in England und Frankreich, sein Vater brachte nicht unerhebliches Land mit ein.  Henrys Herrschaftsbereich war riesig – nicht nur für damalige Zeiten und erstreckte sich über fast die Hälfte des heutigen Frankreich und reichte von der schottischen Grenze im Norden bis zu den Pyrenäen in Nordspanien. Ein solches Reich wollte verwaltet werden – zu damaligen Zeiten blieb ihm da kaum etwas anderes übrig als ständig unterwegs zu reisen und unterwegs zu sein. Damals haftete ja dem Königtum noch der (fast magische) Nimbus des Gottberufenen an und machte es erforderlich sich sehen zu lassen in den Regionen. Hinzu kam, dass es ständig irgendwo gärte. Wie auch der deutsche Kaiser (die ja bis ins Spätmittelalter mit Hilfe des Pfalzsystems auch ständig unterwegs waren) regierte er über ein sehr heterogenes Gebiet, das ständige Aufmerksamkeit vor Ort erforderte.

Karte Frankreich / EnglandDie gelb und ocker gefärbten Bereiche decken den Herrschaftsbereich Henrys in etwa ab. So war er Herzog der Normandie (ab 1150), Graf von Anjou (ab 1151), Herzog von Aquitanien (ab 1152)König von England (ab 1154).    und

Nicht nur der französische König (wir erinnern uns, der Ex-Mann von Eleanore) war immer wieder ein potenzieller Quell des Unfriedens - schließlich war Henry und Eleanor mit ihren Besitzungen teilweise der französischen Krone unterworfen und standen im Vasallenverhältnis. Auch von anderen Seiten gab es immer wieder Unruhe.

Nachdem er sich die Kontrolle über England verschafft hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit nach Norden und Westen. Sehr wahrscheinlich ging es ihm dabei daru eine "Befriedung" dieser beiden Reichsgrenzen zu erreichen indem er sie England eiinverleibte. 1157 rang Henry Malcom IV., König von Schottland, die Regionen Northumberland, Cumberland und Westmorland ab. Er versuchte ebenso Wales und Irland zu bezwingen, was ihm allerdings nie ganz gelang.
 
Bleibende Reformen in Administrative und Legislative

Während des Bürgerkriegs und unter Stephens Herrschaft hatten englische und normannische Adelige feudale Rechte an sich gerissen und erfolgreich die Autorität des Königs unterlaufen. Indem Henry diese Rechte wieder beschnitt und so seine eigene Macht stärkte, bewirkte er gleichzeitig eine Stabilisierung des gesamten Herrschaftsbereichs. Ebenso erreichte er, dass Tribute nicht mehr durch Dienst an der Waffe sondern durch Geldzahlungen erfüllt werden konnten.

Unfähige Sheriffs wurden ersetzt und köngliche Gerichte in ihrer Macht gestärkt.

Henry schuf ein neues Verwaltungssystem und führte eine neue soziale Klasse ein, die während seiner Abwesenheit loyal zu ihm stand und so ebenfalls das Land stabilisierte: die Staatsbeamten von Henrys Gnaden. Auch wenn er sich nicht vor Ort aufhielt, wurde in seinem Sinn weiter regiert.

Und Henry war eigentlich ständig unterwegs: Während seiner 34 Jahre dauernden Regentschaft war er insgesamt nur 13 Jahre in England, die übrigen 21 Jahre verbrache er auf dem Kotinent in seinen französischen Besitzungen.

Seine Veränderungen im Bereich der Rechtssprechung veränderte das gesamte englische Rechtswesen - sehr zum Leidwesen der katholischen Kirche.
 
Verwicklung in langwierige und verheerende persönliche Auseinandersetzungen

Diese Opposition zur Machtfülle der katholischen Kirche ist eine der großen (persönlichen) Auseinandersetzungen, die ihn beinahe den Kopf gekostet hätten.

Im mittelalterlichen England war die Kirche übermächtig. In der Angst vor den Bestrafungen im Jenseits und dem Verlust der ewigen Seeligkeit war die katholische Kirche - und der Gehorsam ihr (Gottes "Vertretern" auf Erden) und Anordnungen gegenüber die einzige Aussicht auf Rettung. Die wichtigste Position in der mittelalterlichen Kirche hatte der Erzbischof von Canterbuy inne, über ihm stand nur noch der Papst selbst.

Die Päpste sprachen sich das Recht zu jeden König durch Exkommunkation von ihrem Thron zu entfernen, umgekehrtes würde dem englischen König nicht gelingen können. Eine Exkommunikation zu riskieren bedeutete "vogelfrei" zu sein und seine Untertanen aller Eide und Treueschwüre ledig.

Vor allem wenn es Auseinandersetzungen mit der Kirche gab hatten die Menschen in England ein sehr reales Problem: Auf wen hörte man nun? Von den Kanzeln herab wurde Politik betrieben und verkündet, in eingeschränktem Maß war auch das Volk über Spannungen informiert, und bereits damals gab es Informationspolitik. Eigentlich mussten der König und der Papst zusammen arbeiten um Ruhe zu schaffen und ihre Macht zu bewahren.

Nicht sehr verwunderlich die Tatsache, dass Henry sich in dieser Machtfrage mit einem Duett der Macht schwer tat, in dem der Papst (und der Erzbischof) die Oberhand hatte.

Hinzu kam, dass Mitglieder des katholischen Klerus qua "Profession" der englischen Gerichtsbarkeit entzogen waren - wenn sie es wollten. In Henrys Reich bedeutete dies, das auf fünfzig englische Untertanen ein Kleriker kam, der entscheiden konnte ob er durch ein kirchliches Gericht oder das königliche Gericht abgeurteilt werden konnte. Dies konnte Henry nicht länger dulden und forderte die Kirche dazu auf, Schuldige aus ihren eigenen Reihen der weltlichen Gerichtsbarkeit zu übergeben - und den Maßstäben zu unterwerfen, die für alle galten. Die Gesetzlosigkeit im Lande, an der Kleriker offensichtlich nicht wenig Anteil hatten, besorgte Henry.

Zu dieser Zeit war bereits Thomas Becket Erzbischof von Canterbury. Eigentlich hatte Heny II. den verarmten Sohn eines englischen Händlers dazu ermuntert die Berufung anzunehmen, da es sich bei ihm um einen engen persönliche Freund handelte.

Henry und Becket waren schon lange miteinander bekannt, seit 1155, Henry war zu dem Zeitpunkt erst ein Jahr König, war Becket Lordkanzler und damit engster Berater des Königs. Sie hatten offensichtlich viele gemeinsame Interessen und Passionen und verbrachten wesentlich mehr Zeit als für die Regentschaft notwendig miteinander. Ein Zeitgenosse verglich die Beziehung zwischen den beiden mit der von Josef aus dem alten Testament und dem ägyptischen Pharao.  

Dies änderte sich schlagartig als Thomas Becket nach einer längeren Bedenkzeit doch mehr oder weniger unwillig 1161 den Ruf zum Erzbischof annahm. Lange hatte Becket gezögert. Ihm war klar gewesen, dass er sich in einen moralischen und politischen Zwiespalt begeben würde. Er kannte Henry gut genug um zu wissen, dass es nicht einfach werden würde, und er fühlte sich außerstande zwei Herren zu dienen, außerdem war er durchaus nicht unzufrieden mit den weltlichen Freiheiten, die er als Kanzler hatte. "our friendship will turn to hate" schrieb er in dem Versuch an Henry, eine Ernennung zu vermeiden.

Henry gelang es seinen Freund zu überreden - und im Jahr 1162 wurde Thomas Becket zum Erzbischof ernannt. Tatsächlich dauerte es nicht lange bis der Konflikt offensichtlich wurde. Thomas Becket machte eine große Wandlung durch, gab seinen luxuriösen Lebensstul auf, verteilte seinen Besitz an die Armen und schlief auf dem nackten Erdboden.

Bereits 1164 traten erste Probleme auf: Henry erließ ein Gesetz nach dem jeder, der in einem Kirchengericht für schuldig befunden war, dem königlichen Gericht übergeben werden musste. Becket verweigerte seine Zustimmung. Als erste Antwort wurde Thomas Becket von Henry beschuldigt sich auf Kosten der Krone zu bereichern - indem er falsche Abrechnungen über seine Ausgaben anstellte, wurde verurteilt und mit astronomisch hohen Strafsummen belegt. Die logische Folge wäre gewesen, dass Thomas Becket von seinem Amt als Erzbischof hätte entlassen werden müssen. Dies hatte Becket nicht vor. Er schrieb ein Hilfeersuchen an den Papst  und machte sich auf den Weg über den Kanal ins Festlandexil - wußte er doch um Henrys Temperament und fürchtete seine prompte Reaktion.  

Die Provokationen hielten an. 1170 ließ Henry seinen Sohn Henry durch den Erzbischof von York zum Nachfolgekönig krönen. Es war durchaus üblich bereits zu Lebzeiten einen Nachfolger krönen zu lassen - aber es war das Vorrecht des Erzbischofs von Canterbury dies zu tun.

Henry II. und Thomas Becket im StreitgesprächRechts eine Darstellung von Henry II. und Thomas Becket im Streit in einem Manuskript des 14. Jahrhunderts.

Erst sechs Jahre später kehrte Becket nach England zurück, nachdem ein Treffen zwischen den beiden Kontrahenten arrangiert worden war. Formal kamen sie zu einem "Gentlemen-Agreement" und sprachen sich aus - Henry hatte es sorgsam vermieden Thomas den rituellen Friedenskuss zu geben, der ihn dazu verpflichtet hätte niemals seine Hände an Becket zu legen.

Es war eine sehr brüchige Harmonie entstanden, die schon bald wieder zerbrach als Becket den Papst darum ersuchte den Erzbischof von York zu exkommunizieren, der sich zu offensichtlich auf die Seite des Königs geschlagen hatte. Yorks Bischof hatte sich offen dazu bekannt nur dem König gegenüber loyal zu sein - ein Unding für einen treuen katholischen Kleriker. Anfang Dezember 1170 drohte Thomas Becket noch dazu für eine Exkommunikation Henrys sorgen zu wollen - wegen Missachtung der Macht der Kirche.

Henry hielt sich zu dem Zeitpunkt in der Normandie auf. Was Henry in einem Anfall von rasender Wut nun genau gesagt hat wird wohl für immer ungeklärt bleiben. Angeblich soll er gerufen haben

"will no-one rid me of this troublesome priest?"

Für vier seiner Ritter war dies genug Motiviation zu einer Mordaktion. Sie brachen nach Canterbury auf, wo Becket wieder als Bischof seinen Aufgaben nachkam. Ob sie es als Auftrag verstanden hatten oder ob sie sich bei ihrem König in ein gutes Licht stellen wollten ... sie brachen bei dieser politischen Mordaktion nicht nur Recht und Gesetz, sondern begingen auch einen christlichen Frevel par excellence: Sie schlachteten Becket auf den Stufen vor dem Altar des Doms von Canterbury ab. Es war der 29. Dezember 1170.

Grablege von Thomas Becket im Dom von CanterburyDer Sterbeort Beckets und seine Grablege wurde binnen kürzester Zeit zu einer Pilgerstätte. Nicht weniger rasch wurde der tote Erzbischof durch den Papst zum Heiligen erklärt nachdem es immer mehr Berichte über Wundergeschehnisse vor Ort gab.

Henry musste etwas tun - stand doch zu befürchten, dass er selbst nun exkommuniziert werden würde. Neben den politischen Sorgen kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass Henry auch persönlich betroffen war und seine Trauer durchaus echt. Um dem Papst (und dem Volk) seine Bußfertigkeit zu beweisen und Vergebung zu erlangen, zog er barfuß und im Büßergewand nach Canterbury ein, betete an der Stelle an der Becket gestorben war und ließ sich währenddessen von Mönchen geißeln.

Bis zum Ende der katholischen Kirche in England unter Heinrich VIII war Thomas Becket und "sein" Dom ein ständiger Ort von Pilgerreisen.

Die andere große Auseinandersetzung war die mit seiner eigenen Familie. Über die Jahre hinweg hatte sich zwischen Henry und Eleanor eine immer größere Entfremdung ergeben.

Was letzten Endes der Grund gewesen war, ist nicht ganz klar., es wäre auch zu einfahc nur einen einzigen Grund anzunehmen, stand das mächtige Paar der Henry und Eleanore doch zu sehr im Interesse von Politik und Intrigen. Durch Kind- und Jugendehen, die aus politischen Motiven geschlossen worden waren, war der englische Thron eng mit dem französischen Königshaus verbandelt - eine nicht ganz ungefährliche Sache angesichts der dem französischen König noch immer nachhängenden Geschichte seiner Ehe mit Eleanore.

Henry hatte offensichtlich immer Liebschaften gehabt, es gab einige uneheliche Kinder. Vielleicht war es auch die Tatsache, das er es mit einer Affäre übertrieb: Rosamunde de Clifford. Rosamunde galt als außergewöhnlich schön, Henry nannte sie vorgeblich liebevoll und verehrend „Rose Mundi“ (Rose der Welt), und sie war die Mutter zweier seiner unehelichen Kinder. Sie stammte aus einer Adelsfamilie an der walisischen Grenze, während einem der Kriegszüge dort hatte Henry sie kennen gelernt. Sie muss eine ausgesprochen schöne Frau gewesen sein, weicher und femininer offensichtlich als Henrys Frau Königin Eleanore.

Filmplakat "Lion in Winter"Eleanore war Erfurcht einflößend in ihrer Stärke und inneren Kraft - und bei aller Bewunderung, die Henry zweifelsohne für sie hegen musste, schwang sicherlich auch ein wenig Angst mit. Beharrlich, dabei durchaus intrigant und selbständig, das sind einige der Merkmale Eleanores, die in dem Film  "The Lion in Winter" (1968) von Katherine Hepburn in der Rolle von Eleanore dargestellt wurden.

Nachdem das köngliche Ehepaar für ausreichend männliche (lebende) Erben gesorgt hatte, war es eigentlich üblich, dass jeder von beiden seiner Wege ging und - solange man es nicht zu öffentlich und zu laut werden ließ - waren Affären auf jeder Seite stillschweigend akzeptiert. Außerdem lebte Eleanore zu dem Zeitpunkt bereits in Poitiers. Rosamunde ging auf Henrys Avancen ein und wurde seine Geliebte.

Zwischen 1165 and 1174 reiste Rosamond mit Henry wann immer sie es konnte, Eleanore war schließlich nicht da. Es war unvermeidlich, dass die Affäre öffentlich wurde. Es gab öffentliche Pamphlete gegen Rosamundes Position, die vor allem Henry schaden sollten.

Die Geschichte der Teufelshaube setzt ein als Eleanore bereits um die fünfzig ist. Henry hatte es zu dem Zeitpunkt noch nicht gewagt Rosamunde in einer „Ehe zur linken Hand“ zu binden.

Als Rosamunde die Anfeindungen - und ihre Gewissensbisse einer Beziehung ohne kirchlichen Segen - nicht mehr ertragen konnte, traf sie die Entscheidung. Sie trennte sich vom König und zog sich zu ihren Schwestern in das Frauenkloster von Godstow zurück. Sie hörte nie wieder von Henry. Sie starb 1176.

historische Literatur über die angebliche Ermordung Rosamundes durch EleanoreGerüchte hielten sich hartnäckig: Rosamunde sei ermordet worden, wahlweise von verschiedenen Personen, bevorzugt jedoch von Eleanore, die sich - so eine Darstellung - heimlich persönlich nach England begeben hatte um die Nebenbuhlerin zu entfernen. Links die Abbildung eines Buches mit einem Bericht über die angebliche Ermordung Rosamundes (rechts) von Königin Eleanore (links).
 
Die Geschichte der Teufelshaube setzt ein als Eleanore bereits um die fünfzig ist. Henry hatte es zu dem Zeitpunkt noch nicht gewagt Rosamunde in einer „Ehe zur linken Hand“ zu binden. Waren doch royale Ehen in der Regel durch politische und nicht emotionale Erwägungen bestimmt und ein König bewies seine Stärke und seinen Herrschaftswillen durch seine Potenz.
Mindestens genauso viel Aufruhr in der Familie Plantagenet dürfte Henrys Umgang mit dem Erbe und seiner Verteilung an seine Kinder erzeugt haben.

Als 1173 das Schlimmste ausgestanden schien, erhob sich seine eigenen Söhne gegen ihn - ein offensichtlich hausgemachtes Problem. Inzwischen waren seine ehelichen Söhne im Alter von achtzehn, sechzehn und fünfzehn Jahre alt.

Seine Söhne waren mit Henrys Plänen zur Aufteilung der Erbteile nach seinem Tod nicht zufrieden. Prinz Henry, 1170 gekrönt, wollte mehr als nur einen royalen Titel - ihn gelüstete nach echter Macht, die ihm der selbst sehr machtbewußte Vater nicht geben wollte. Am Hof nannte man die beiden den "alten" und den "neuen" König. Kein sehr zufriedenstellender Zustand für den "neuen" König Henry. Neben England würde dies das Herzogtum Normandie und Anjou in seine Hand geben. Richard sollte Aquitanien erhalten. Geoffrey als dritter seiner Söhne erhielt die Bretagne.

Wie sich bereits in der Auseinandersetzung mit dem "jungen Henry" abzeichnete, hatte Henry II. gar nicht vor sich in der Ausübung seiner Herrschaft auch nur ein bisschen zurück zu ziehen, und so waren seine Söhne zwar auf dem Papier mächtig, in Wirklichkeit hatten sie aber weder finanzielle Mittel noch Rechtsgewalt durch die Regelung.

Es erinnert ein wenig an Dallas als es um die geplante Ehe Henrys jüngstem Sohn John ging. Der zukünftige Schwiegervater forderte für den Bräutigam eine entsprechende Mitgift in Form von angemessenem Landbesitz. Der König beschied seinen Jüngsten mit drei Schlössern in Anjou, viel war das nicht. Johann, der sogenannte "Johann ohne Land" - womit der Ausgang schon vorab verraten wäre - hatte nicht viel Erfolg mit weiteren Versuchen an ein "angemessenes" Erbe zu kommen, ging der junge Henry doch  prompt auf die Barrikaden, widersprach der Regelung und (ein typisch Plantagenet-Hitzkopf offensichtlich) forderte für sich England, die Normandie oder Anjou zur sofortigen Verfügung unter seiner Herrschaft und flüchtete nach Frankreich an den französischen Hof.

Gemeinsam mit Louis VII, der noch immer am Leben und noch immer Exmann von Eleanor war, rebellierte er gegen seinen Vater. Eleanor - zur Überraschung vieler - unterstützte ihren Sohn dabei. Sehr erfolgreich war der junge Henry nicht, schon im Herbst 1173 war Henry seinem Vater unterlegen und in einem Vertrag wurde festgelegt, dass der "junge König" nur noch die Hälfte des Landes von Henry II. erben sollte. Den Rest des Gebietes teilte Henry II. nun zwischen Richard (dem späteren Richard Löwenherz) und Geoffrey (dem drittältesten Sohn Eleanores) auf. Damit hoffte Henry, seien die Probleme beseitigt - allerdings hatte er John wieder nicht ausreichend bedacht.

Die Strafe für seine Ehefrau war härter: Über Eleanore wurde Arrest verhängt und für die kommenden 15 Jahre wurde Eleanore wie eine Gefangene behandelt - sie sollte jedoch dennoch alle Pflichten erfüllen, die einer englischen Königin zukamen.

Wie es schien war es Henry II. zu dem Zeitpunkt gerade noch einmal gelungen seinen Hals zu retten. Nach dem immensen "Imageverlust" durch die Ermordung Thomas Beckets, die ja gerade mal drei Jahre zurück lag und für nicht wenig Aufruhr gesorgt hatte, hatte er es gerade noch geschafft.

1174 war sein demonstrativer Bussgang in Canterbury.

1180/81 kam es zu erneuten Auseinandersetzungen, dieses Mal zwischen Richard, dem Zweitgeborenen und dem "jungen Henry". Richard war ja zu der Zeit im Besitz von Aquitanien - und Bruder Henry war nicht einverstanden mit der Art und Weise wie Richard den Besitz verwaltete. Henry hob Truppen aus und zog gegen Richard in den Kampf. Wieder brach eine kriegerische Auseinandersetzung aus, in deren Folge der junge Henry 1183 starb - der designierte Nachfolger von Henry II. Ein weiteres Mal musste Henry II. das Erbe neu verteilen.

Johann LacklandZu Weihnachten 1184 rief Henry II. seine Familie in Westminster zusammen. Hier soll auch der bereits oben genannte Film, bei dem Eleanore zum ersten Mal seit zehn Jahren alle ihre Söhne wiedersah. Die Absicht Henrys, Johann "Lackland" (siehe Bild) mit mehr Macht auszustatten, schlug fehl, dieses Mal war es Richard, der querschoss - und Eleanore. Die Königin hatte sich geweigert Aquitanien an Johann abzutreten wie es Henry II. vorgesehen hatte. Schließlich war dieses Gebiet bereits Eleanores Lieblingssohn Richard versprochen.

Besonders pikant und explosiv wurde das mittelalterliche Familiendallas als Richard seinem Vater mitteilte, dass er nun tatsächlich plante Prinzession Alix (auch als Alice bezeichnet) von Frankreich zu heiraten und seinen Vater darum ersuchte ihn zum Thronerben zu ernennen. Pikant weil Henry II. zu dem Zeitpunkt eine Affäre mit seiner zukünftigen Schwiegertochter hatte, bei der er nach Rosamundes Tod Trost gefunden hatte. Manche Historiker vermuten, dass Henry, der offensichtlich die Annulierung seiner Ehe mit Eleanore betrieb, eine weitere Ehe mit Alix eingehen wollte und aus diesem Grund die Ehe mit Richard nur sehr wenig motiviert betrieb.

Richard LöwenherzZwei Jahre später, die Situation in der Familie hatte sich durch das Weihnachtsfest nicht wirklich beruhigt, kam der drittälteste Sohn Geoffrey bei einem Turnier im Juli 1186 ums Leben. Nun blieben nur noch Richard (Löwenherz) (siehe Abbildung), noch immer nicht verheiratet, und Johann (Ohneland).

Wer glaubte, dass mit dieser erneuten Neuaufteilung Ruhe einkehrte, irrt. Schon 1187 kam es zu erneuten Streitigkeiten bezüglich der Heirat von Alix und Richard. König Philipp II., Nachfolger seines Vaters auf dem französischen Thron, forderte die Mitgift von Alix zurück. Diese Auseinandersetzung führte zu einer militärischen Akition. Noch einmal zog Henry 1188 auf den Kontinent um gegen Phillip ins Feld zu ziehen.

Richard hatte sich zu dem Zeitpunkt mit Philipp II. verbündet, mit dem ihn eine Freundschaft verband.  

Noch einmal machte Henry II. einen entscheidenden Fehler: Bei einem Friedenstreffen im Juni 1189 verweigerte Henry ein weiteres Mal seine Zustimmung zu einer Ehe zwischen Alix und Richard. Daraufhin wandte sich Richard endgültig von ihm ab und wurde ein Vasall des französischen Königs. In diese Allianz brachte Richard Anjou, Maine und Tourraine ein.

Dieses Mal unterlag der zusehends geschwächte englische König. In Le Mans unterlag er der Belagerung durch Richard, flüchtete in die Normandie und musste im Juli 1189 einen Friedensvertrag mit Richard und Phillip schließen.

Henry stimmte allen Forderungen zu und zog sich nach Chinon zurück, einer Stadt im französischen Tourraine. Dort hatte Henry II. eine große Burg als seine Residenz errichten lassen, die sein letzter Aufenthaltsort wurde. Nur wenige Tage nach seinem Einzug in Chinon starb Henry II. schließlich am 06. Juli 1189.

Grablege Eleanore von Aquitanien und Henry II.Er wurde am 10. Juli in Fontevraud beigesetzt, einer Stadt im Anjou, unweit von Chinon gelegen.

1204 fand Eleanore ihren Platz neben ihrem Gatten.

Neuer König würde Richard Plantagent, gekrönt am 07. September 1189 in Westminster.
 
 
 
 
 
 
 
Zitate:

1 Rebecca Gable, Von Ratlosen und Löwenherzen, Ehrenwirth, S. 71 (leider erscheint das Buch voraussichtl. erst im August - wir versprechen euch für dann eine Rezension)

2 Rev. Michael David Knowles, O.S.B. in Encyclopædia Britannica, Inc. (Online-Version)
 
 
Quellen:
 
Wikipedia
http://www.britannia.com
http://www.bbc.co.uk
http://www.newadvent.org
http://www.schoolhistory.co.uk
http://www.historylearningsite.co.uk
http://www.spartacus.schoolnet.co.uk
http://www.englishmonarchs.co.uk
http://www.yale.edu
http://www.royalty.nu
http://www.middle-ages.org.uk
Encylopedia Britannica 2002, Expanded Edition DVD
http://www.sexualfables.com
http://www.bbkl.de
Medieval Sourcebook:
Peter of Blois: Description of Henry II
[Letter no. 66: to Walter, archbishop of Palermo, 1177)]

 
 

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