Child, Lincoln: Terminal Freeze

Child, Lincoln: Terminal FreezeTerminal Freeze
von Lincoln Child
erschienen: 2009 (USA); Frühjahr 2010 unter dem Titel »Nullpunkt« auch in deutscher Ausgabe bei Wunderlich
429 Seiten; ca. 8,00 €
ISBN: 978-1-4000-9548-3

Anchor Books

Eine Gruppe von Klimaforschern, stationiert in einer abgelegenen ehemaligen Militärbasis in der Arktis, macht bei Untersuchungen am Rande eines Gletschers eine unglaubliche Entdeckung: Eingefroren im Eis befindet sich ein prähistorisches Lebewesen. Für den Fernsehsender, der die Expedition finanziert, ist das ein gefundenes Fressen. In Windeseile entsenden die Verantwortlichen eine gut ausgestattete Filmcrew in die eisige Kälte des hohen Nordens. Die Idee der Programmmacher klingt ebenso abenteuerlich wie quotenträchtig: Das eingefrorene Lebewesen soll zur Primetime live vor Millionen Zuschauern aufgetaut werden.

Einen Tag vor dem sensationellen TV-Event überschlagen sich allerdings die Ereignisse. Das tiefgefrorene Tier verschwindet spurlos – und ein Mitglied der Filmcrew kommt auf brutale Art und Weise ums Leben. Noch ehe sich die Bewohner der Militärbasis vom ersten Schrecken erholen können, zieht ein Blizzard auf, der die Station von der Außenwelt abschneidet. Die Basis wird zur Todesfalle: Die anwesenden Menschen haben etwas geweckt, das niemals hätte gestört werden dürfen, einen uralten Schrecken, der sich in seinem Blutdurst durch nichts aufhalten lässt ...

Lincoln Child, seines Zeichens die eine Hälfte des Autorenduos Preston/Child, hat mit Romanen wie »Das Patent« und »Eden, Inc.« beweisen, dass er es versteht, grandiose Wissenschaftsthriller zu schreiben, die den Leser vom Fleck weg begeistern. Umso enttäuschender ist da sein neustes Werk »Terminal Freeze« (auf deutsch jüngst unter dem Titel »Nullpunkt« bei Wunderlich im Hardcover erschienen).

»Terminal Freeze« beginnt gar nicht einmal schlecht. Das Szenario einer Menschengruppe, die fernab jeglicher Zivilisation auf ein ungeheures Geheimnis stößt und mit dessen tödlichen Folgen zu kämpfen hat, ist zwar alles andere als neu; im Grunde ist das Setting des abgeschiedenen Labors, in dem es zu einem grauenhaften Zwischenfall kommt, der Klassiker der Wissenschaftsthriller-Settings schlechthin. Dennoch gelingt es Autoren immer wieder, dem Szenario neue Facetten abzugewinnen.

Auch »Terminal Freeze« macht zunächst den Eindruck, als hätte das Buch seinen Lesern eine gute Portion Hochspannung zu bieten. Man merkt Child seine Routine im Thrillergenre an; die Art und Weise, wie er einen fesselnden Spannungsbogen konstruiert (angefangen bei der mysteriösen Einleitung über den Fund des eingefrorenen Tiers bis hin dessen Verschwinden), ist ausgezeichnet. Der Mix aus wissenschaftlichen Fakten und Voranschreiten der Handlung stimmt punktgenau, und die Atmosphäre des Romans gewinnt mit jeder Seite an Spannung sowie einem nur schwer bestimmbaren Gefühl der Bedrohung.

In der zweiten Hälfte kippt der Roman jedoch. Und zwar ganz gewaltig.

Okay: Wer noch nie in seinem Leben einen Wissenschaftsthriller gelesen hat, der wird an »Terminal Freeze« seine Freude haben und nägelkauend durch die Seiten rasen. Das Buch ist gut geschrieben, und, wie schon gesagt, Child weiß, wie man einen Spannungsbogen erzeugt.

Das ändert allerdings nichts daran, dass jemand, der vor »Terminal Freeze« bereits mit dem Wissenschaftsthriller-Genre in Berührung gekommen ist, Mühe haben wird, seinen Mund nicht durchgängig fassungslos offen stehen zu lassen. Dass Autoren mitunter tief in die Klischeekiste greifen, ist nichts Neues. Der Umfang, in dem Child es diesmal wagt, dagegen schon.

Schon der Ablauf der Handlung und die Ausgestaltung der Kulisse triefen nur so vor Klischees; alleine die Tatsache, dass ein Sturm genau dann aufzieht, wenn sich die Gefahr für die Besatzung der Station das erste Mal bemerkbar macht, und pünktlich erst gegen Ende der Story wieder nachlässt, ist so vorhersehbar, dass man zum Schluss kaum glauben mag, dass es tatsächlich wie erwartet gekommen ist. Doch das ist nichts im Vergleich zur Charakterisierung der Protagonisten. Diese lässt einen beinahe schreien, so lächerlich simpel und stereotyp ist sie geraten.

Ein Held mit dunkler Vergangenheit; ein kerniger, wortkarger Soldat, einige abgespacte Wissenschaftler – kein Klischee, das nicht in seiner Gänze bedient wird. Am schlimmsten ist jedoch die Darstellung des Fernsehteams geraten. Ob man die eingebildete, enorm attraktive Moderatorin nimmt oder den knallharten Regisseur, der auch aus einer Katastrophe um jeden Preis Profit schlagen will, die Mitglieder der Filmcrew wirken samt und sonders wie die letzten Volltrottel (und verhalten sich auch dementsprechend).

Was für eine Enttäuschung! Nach einem ordentlichen Beginn versinkt »Terminal Freeze« in der zweiten Hälfte in einem Sumpf aus Mittelmäßigkeit, vorhersehbaren Entwicklungen und geradezu haarsträubenden Klischees. Irgendwann überfliegt man das Buch mehr, als es zu wirklich zu lesen. Warum sollte man auch? Man weiß ja eh schon, was passieren und wer überleben wird ...

»Terminal Freeze« ist ein mittelmäßiger Thriller, der einwandfrei geschrieben und routiniert in Szene gesetzt sein mag. Doch nur jemand, der mit Spannungsromanen bislang nur sehr selten in Kontakt gekommen ist, wird das Buch überzeugend finden. Alle anderen werden sich spätestens in der zweiten Hälfte verzweifelt die Haare raufen – und hoffen, das Childs nächstes Soloprojekt wieder deutlich besser wird.

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