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Wie weit würdest du gehen, um deinen Bruder vor dem Tod zu bewahren? - Prison Break - Season 1

FotoWie weit würdest du gehen, um deinen Bruder vor dem Tod zu bewahren?
Prison Break

Es ist ein Thema, das immer wieder verfilmt wird: mehr oder weniger gefährliche Verbrecher oder zu Unrecht Verurteilte, die in einem streng bewachten Gefängnis sitzen und die Flucht planen. Unzählige Hindernisse versperren ihnen den Weg, und ihr Plan scheint aussichtslos. Trotzdem stellen sie sich der Herausforderung und fesseln damit den gebannten Zuschauer 90 Minuten lang an den Bildschirm oder die Leinwand.


Atemlos sitzt er da, hofft, bangt und fragt sich: Schaffen sie es oder wird etwas furchtbar schief gehen?

Keine Frage, Filme rund um Gefängnisausbrüche sind immer wieder ein aufregendes Erlebnis. Das liegt nicht von ungefähr an dem Tempo, das solche Thriller an den Tag legen. Mehr als 90 Minuten stehen den Protagonisten für ihre Flucht auch nicht zur Verfügung, da sind die Drehbuchautoren gnadenlos. Das ist auch gut so, verhindert es doch, dass solche Filme langweilig und einschläfernd werden.

Und dann entwickelt der amerikanische Drehbuchautor Paul T. Scheuring eine Serie, deren erste Season genau diese Story zum Thema hat: einen Gefängnisausbruch. 22 Episoden à 45 Minuten für eine Handlung, die normalerweise deutlich kürzer (und gerade deshalb so spannend) ist. Da fragt man sich: Kann das gut gehen? Der Anfang wird bestimmt toll, wie bei den meisten Serien, aber spätestens nach vier oder fünf Folgen ist dann doch die Luft raus. Oder?

Scheuring beweist, dass dem nicht so ist. Sein Prison Break ist eine der aufregendsten, Adrenalin treibendsten Serien der letzten Jahre. Statt nachzulassen wird die Thrillerreihe immer besser, eine Wendung jagt die nächste und bringt den Zuschauer immer wieder ins Schwitzen. Selten habe ich eine Serie gesehen, die ein derart hohes Suchtpotenzial hat.

Ganz ohne Zweifel: So und nicht anders muss Fernsehen sein.

 

Die Story

 

Weil er den Bruder der amerikanischen Vizepräsidentin umgebracht haben soll, sitzt Lincoln Burrows (Dominic Purcell) im Fox River State-Gefängnis und wartet auf seine Hinrichtung. Er behauptet, unschuldig zu sein, doch die Beweislast ist zu erdrückend, niemand nimmt ihm seine Beteuerungen ab.

Niemand, außer seinem Bruder Michael (Wentworth Miller).

Als alle Begnadigungsgesuche abgelehnt werden, sieht Michael nur noch eine Chance seinen Bruder zu retten: Er muss Lincoln selbst aus dem Gefängnis holen. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es nur einen Weg: Michael muss nach Fox River – als Insasse.

In monatelanger Arbeit tüftelt er einen genialen Plan aus, wie er Lincoln vor dem elektrischen Stuhl bewahren und gemeinsam mit ihm aus dem Hochsicherheitsgefängnis fliehen kann. Um kein Detail zu übersehen und seinen Rettungsversuch dadurch zu gefährden, lässt er sich alle wichtigen Informationen gemeinsam mit einem Lageplan der Strafanstalt auf seinen Körper tätowieren, versteckt in einem gewaltigen, seinen ganzen Oberkörper bedeckenden Tattoo aus Engeln und Teufeln.

Der Plan ist durchdacht, aber voller Risiken. Wie gefährlich er wirklich ist, bekommt Michael in Fox River allzu oft schmerzhaft am eigenen Leib zu spüren. Doch er gibt nicht auf und setzt alles dran, den Fluchtplan in die Tat umzusetzen und seinen Bruder vor dem sicheren Tod zu bewahren.

Aber auch andere Parteien sind nicht untätig, denn hinter Lincolns Verhaftung steckt mehr, als es zunächst den Anschein hat...

 

Die Charaktere

 

Lincoln Burrows (Dominic Purcell) ist alles andere als ein anständiger Staatsbürger. Er hat eine Menge auf dem Kerbholz, doch den Mord, für den er hingerichtet werden soll, will er nicht begangen haben. Lincoln hat einen Sohn, der ihn verachtet und den er kaum sieht.

Michael Scofield (Wentworth Miller) ist Lincolns jüngerer Bruder. Er weiß, dass Lincoln kein allzu guter Mensch ist, aber dieses Mal hält er ihn für unschuldig, weshalb er ihn befreien will. Dazu nimmt er viel Leid und Schmerz auf sich. Michael ist intelligent und kümmert sich häufig um die Probleme anderer, ein Charakterzug, den er in Fox River nicht zeigen darf, wenn er überleben will.

Veronica Donovan (Robin Tunney) ist Lincolns Exfreundin und seine Anwältin. Sie versucht alles, um Lincoln mit legalen Mitteln aus dem Gefängnis zu bekommen und Michael vor einer Dummheit zu bewahren. Die Jagd nach der Wahrheit führt die junge Frau schnell in einen Sumpf aus Gewalt und Mord.

Sara Tancredi (Sarah Wayne Callies) ist die Tochter des Govenors und arbeitet als Ärztin in Fox River. Sie hat eine geheimnisvolle, dunkle Vergangenheit und entwickelt Gefühle für Michael.

John Abruzzi (Peter Stormare) ist ein ehemaliger Mafiaboss, der nun im Gefängnis sitzt. Er spielt eine wesentliche Rolle in Michaels Fluchtplan. Im Laufe der ersten Staffel macht er eine gewaltige Veränderung durch.

Fernando Sucre (Amaury Nolasco) ist Michaels Zellengenosse. Unfreiwillig wird er zum Komplizen.

T-Bag (Robert Knepper) ist ein psychopathischer Mörder, der Michaels Plan in Gefahr bringen könnte. Zweifellos ist er einer der gefährlichsten Insassen des Gefängnisses.

Brad Bellick (Wade Williams) ist Aufseher in Fox River. Er ist hinterlistig, korrupt und ein brutaler Menschenschinder. Er hat Michael von Anfang an auf dem Kieker.

 

Die Darsteller

 

Obwohl weitestgehend unbekannt, ist die Darstellerriege exzellent. Die Schauspieler sind fantastisch in ihren Rollen, man nimmt ihnen die verzweifelten oder brutalen Charaktere, die sie verkörpern, mühelos ab. Allen voran ist hier Wentworth Miller zu nennen, dem es gelingt, Michael Scofield gleichzeitig sympathisch und eiskalt darzustellen. Es ist ein Wunder, dass Miller zuvor nicht viel stärker aufgefallen ist (man kennt ihn vielleicht noch aus dem Fernsehfilm Dinotopia), denn er ist wirklich brillant.

Aber auch des Rest des Casts ist enorm gut besetzt. Dominic Purcell (Der Fall John Doe, Blade Trinity) lässt den Zuschauer die Verzweiflung Lincolns fast schon körperlich spüren, und selten hat man im TV einen derart durchgeknallten Charakter gesehen wie Robert Kneppers (Carnivale, Hitman) T-Bag. Überhaupt haben die Macher sich deutlich Zeit gelassen beim Entwerfen ihrer Figuren. Die Charaktere sind gut gezeichnet und keiner wird vernachlässigt. Die Darsteller verleihen ihren Figuren eine ungemeine Lebendigkeit und lassen einen glauben, reale Personen vor sich zu haben

Auch die Gaststars können sich sehen lassen. So geben sich unter anderem Muse Watson (der Hakenmann aus Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast), Stacy Keach (Mike Hammer, Titus), Patricia Wettig (Alias, Brothers & Sisters), John Billingsley (Star Trek Enterprise) und Michelle Forbes (Star Trek Next Generation, Battlestar Galactica: Razor) die Ehre. Ganz große Namen sind zwar nicht vertreten, doch vermissen tut man dies nicht eine Sekunde lang.

 

Härte und eine Prise Unrealismus

 

Prison Break setzt bei seiner Darstellung auf eine gute Portion Härte und Gewalt. Das Knastleben wird als kalt und brutal dargestellt, und Tabuthemen gibt es eigentlich keine. Selbstmorde, Krawallen, Verstümmlungen... Keine Frage, Prison Break ist brutal und geht mit seinen Charakteren nicht gerade zimperlich um. Ob es in amerikanischen Gefängnissen nun wirklich so zugeht oder nicht, die unmenschliche Härte gibt der Serie einen realistischen und düsteren Anstrich.

Trotz Verschwörungstheorie im Hintergrund gelingt es den Machern dabei immer, die Serie auf dem Boden der Tatsachen zu halten. Besonders angenehm: Dass es überhaupt eine Verschwörung gibt, wird gar nicht erst bestritten. Schon von Folge 1 an ist klar, dass hier etwas faul im Busch ist und mehr hinter dem Mord steckt als ein einfacher Raubüberfall.

Allzu genau nimmt man es mit dem Realismus nicht immer. So werden Gefangene, die die Todesstrafe erhalten sollen, normalerweise von ihren Mithäftlingen isoliert. Bei Prison Break verzichtete man auf diese kleine Detail, was aber nicht wirklich stört, denn dem Spannungsaufbau tun diese Ungereimtheiten ungemein gut.

 

Spannung, Spannung, Spannung

 

Wo wir gerade bei Spannung sind: Prison Break ist nichts für Leute mit schwachen Nerven. Die Serie hetzt von einem Spannungsmoment zum anderen. Langweilig wird einem nie, immer gibt es neue Adrenalinstöße und böse Cliffhanger am Ende einer Folge. Das wiederum bewirkt, dass Prison Break durch und durch süchtig macht. Wer nur mal kurz reinschnuppern will und eigentlich keine Zeit hat, der sollte es lieber lassen; so schnell kommt man nicht mehr vom Bildschirm weg.

Wie schon gesagt geht es in der Serie teilweise durchaus recht brutal zu. Die Charaktere müssen einiges verkraften, und besonders Michael muss eine Menge wegstecken. Wer es also gar nicht leiden kann, dass Personen seelische und körperliche Schmerzen erdulden müssen oder anderen zufügen, der sollte die Finger von Prison Break lassen.

22 Folgen lang Thriller vom Feinsten

 In den letzten Jahren gab es eine Menge Thriller in TV und Kino, die einfach nur Müll waren. Anstatt Spannung aufzubauen, versuchen sie, den Zuschauer mit Hilfe eine möglichst komplizierte Storyline zu fesseln. Doch stattdessen erzeugen sie nur eine Menge Langeweile.

Prison Break beweist, dass es auch anders geht. Eine einfache Basisidee, geniale Darsteller, unvorhergesehene Wendungen und jede Menge nervenaufreibender Momente – die Serie hat alles, was ein guter Thriller haben muss. Und das Beste daran: Dieser Thriller ist nicht schon nach 90 Minuten zu Ende (auch wenn es einem am Ende der Staffel – die eines der fiesesten offenen Enden hat, das ich je gesehen habe, aber das nur nebenbei – so vorkommen mag...)

FotoPrison Break ist so ziemlich das Beste, was das amerikanische Fernsehen und überhaupt die TV-Landschaft in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Must-See-TV auf allerhöchstem Niveau. Wer das verpasst, ist wirklich zu bedauern.

Mein Tipp: Unbedingt anschauen. Mehr Thrill geht nicht.

Und dass mir nachher keiner sagt, ich hätte bezüglich des Suchtpotenzials nicht gewarnt...

Prison Break – Season 1 ist bei Twentieth Century Fox Home Entertainment auf DVD erschienen. In den USA läuft zur Zeit die dritte Season.

Prison Break – Season 1
von Paul T. Scheuring
mit: Wentworth Miller, Dominic Purcell, Robin Tunney, Stacy Keach u.a.
USA 2005
läuft auf RTL

Kommentare  

#1 horror1966 2008-11-06 00:39
Ich muß ganz ehrlich gestehen, das ich das vollkommen anders empfinde. Ich habe mir die ersten 10 - 12 Episoden im TV angesehen und fand die Serie ziemlich langweilig und konnte ihr so kaum etwas abgewinnen.

Suchtpotential konnte ich hier zu keiner Zeit feststellen, aber das ist sicherlich Empfindungssache. Da lobe ich mir doch Serien wie 24 oder Alias - Die Agentin, aber das ist nur meine Meinung.
#2 Gabriel Adams 2008-11-06 15:21
@ horror1966

Man kann es jedes mal wieder sagen: Geschmäcker sind halt (glücklicherweise) verschieden. Ich habe Alias, 24 und so ziemlich alles andere an britischen und amerikanischen Serien geschaut, die zur Zeit laufen, und muss sagen, dass keine mit "Prison Break" mithalten kann.
Ohne deine Meinung herabwürdigen zu wollen (gegenmeinungen sind mir immer hochwillkommen!!!): Die Art und Weise, wie du dir "Prison Break" zu Gemüte geführt hast, mag dein Urteil ins Negative gezogen haben. Jede Woche 1-2 Folgen - kein Wunder, dass da keine Spannung aufkommt. Das Problem hatte ich mit 24 auch, bis ich es endlich auf DVD gucken konnte. Hat mir die Serie am Anfang gar nicht zugesagt, so hat sie durch das Schauen am Stück eine ganze Menge gewonnen.
Mein Tipp daher: Serials wie "Prison Break" oder "Lost" auf DVD in einem Rutsch (oder auch in 2 oder 3 Etappen) gucken. Ich habs bei "Prison Break" entsprechend gehandhabt und bleibe dabei: Die Serie hat ein Suchtpotenzial, wie ich es bisher nicht kannte (und ich schaue, wie gesagt, eine Unmenge an Serien).
Aber die Reihe ist halt nicht jedermanns Geschmack, sonst wären die Einschaltquoten deutlich besser. Schade, dass sie dir nicht gefallen hat, aber dass du "24" und "Alias" magst, zeigt mir, dass wir zumindest manchmal ein und derselben Ansicht sind. Ich wünsche dir jedenfalls viel Spaß beim weiteren Gucken dieser Reihen und hoffe, dass du auch bald eine (weitere?) Serie findest, die dich so süchtig macht wie mich "Prison Break".
Im Leben eines Serienjunkies gibts schließlich kaum was Schöneres :lol:
#3 horror1966 2008-11-06 15:45
Der von Dir angesprochene Punkt ist sicherlich richtig, ich schaue auch 24 oder Alias immer am Stück, da ist das Empfinden logischerweise ganz anders. Bei Prison Break bestand die Möglichkeit zu der Zeit ja leider nicht.

Nun bin ich natürlich so abgeschreckt von der Serie, das ich mich nicht überwinden kann, sie mir auf DVD zuzulegen. :lol:
#4 zeitkugel 2008-11-06 18:47
Zitat:
Nun bin ich natürlich so abgeschreckt von der Serie, das ich mich nicht überwinden kann, sie mir auf DVD zuzulegen
Du solltest Dir die Serie auf DVD kaufen, die 2. Staffel ist sogar noch spannender. Was das Suchtpotenzial angeht kann ich nur zustimmen, es ist ähnlich wie bei 24 und LOST.
#5 horror1966 2008-11-06 20:44
Mal sehen, wenn ich da mal günstig rankomme, werde ich das vielleicht wirklich machen. So eine komplette Staffel wirkt natürlich wirklich vollkommen anders auf den Zuschauer, weiss ich ja von 24.

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