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Tatort- The best cases ever: Das Haus im Wald

tatortDas Haus im Wald

Während eines Feierabendbieres wird Kriminalhauptkommissar Schimanski in der Wohnung seines Kollegen Thanner von einer Frau am Telefon gebeten, sie in der „Bumerang-Bar“ zu treffen. Die schüchterne Frau namens Ulla bittet Schimanski um Hilfe, weil ihr Freund verschwunden ist. Er ist Journalist und war einer heißen Sache auf der Spur. Ulla nimmt Schimanski in ein außerhalb gelegenes Haus im Wald mit, weil ihr Freund dort Beweismittel gegen die Firma Sunshine Tours versteckt hat. Doch sie findet zunächst nichts und beide müssen im Haus übernachten. In der Nacht wird sie aber doch noch fündig, behält aber das Geheimnis, das der Koffer ihres Freundes Mangold birgt, für sich. (1)


Das Haus im WaldThrill im Wald
Dass ein Schimanski-Tatort auch ein richtiger Krimi sein konnte, beweist die Folge "Das Haus im Wald" wie eigentlich keine andere Folge aus dieser WDR-Ära. Nicht Schimanski und Thanner und die Ruhrpott-Rowdys an sich stehen im Mittelpunkt eines reichlich konstruierten und konfusen Falles, sondern der Kriminalfall selbst. Es gibt allerdings einige Logiklöcher, die Kritiker offenbar zu dem Urteil kommen ließen, das ausgerechnet diese Schimanski-Folge unglaubwürdig sei. Als Verfasser dieser Zeilen und bescheidenen Kenner von deutschen Fernsehkrimis fast jedweder Art, darf ich vermuten, dass eben diese Kritiker bestimmt keinen anderen Schimanski gesehen haben. Denn unglaubwürdig ist - im Rahmen der fiktiven Krimiserienwelt betrachtet - jeder Schimanski. Und das "Haus im Wald" hat wenigstens eine spannende und nachvollziehbare Handlung.

Die wird dadurch erzeugt, dass es für Schimanski und Ulla keinen Ausweg aus dem Haus gibt, da sie beschossen werden. Dann kommt auch noch Franz hinzu, der jeden Donnerstag die "Eier" bringt und unversehens in Gefahr gerät.

Schimanski: "Der sieht ja aus, als könne er wirklich nur Eier bringen"

Doch Franz kann noch mehr (als Eier am falschen Tag bringen, denn er hatte sich geirrt. Es war Mittwoch...) und wird zum unterschätzten Helfer des "Superbullen", der diesem Feuerschutz gibt und das Motorrad wieder in Gang bringt, welches im Schuppen steht. Ein Ausweg aus der schwierigen Lage ist das für Schimmi und seine Leidensgenossen nicht. Da muss am Ende erst Thanner kommen und reinen Tisch mit den Herren Gangstern machen.

Löcherige Winkel
Die Löcher der Logik finden sich im Drehbuch und dem Drumherum. Schimanski glaubt den ganzen Film über, Ulla hätte ihn hierher gelockt um ihn an der Aussage in einem Mordfall zu hindern. Den Gerichtstermin verpatzt er deswegen. Doch das Fehlen eines einzigen Zeugen hätte nicht prozessentscheidend sein dürfen. Im besten Falle hätte man den Gerichtstermin verlegt. Logischer war es demnach, wie es tatsächlich war. Der Journalist wurde in der Tat entführt, weil er Heroin unterschlagen hat. und die Gangster vermuten es im Haus von Ulla. Deswegen der Beschuss. Die Übelmänner wollen an den Stoff.

Es gibt in diesem Tatort sogar einige spritzig-witzige Dialoge und alles wirkt stimmig und gut aufeinander gereiht. Es fehlt jedoch wie üblich in einem Schimanski-Tatort eine Erklärung an den Zuschauer was so manche Hintergründe betrifft. Doch sparten sich dies, die Drehbuchautoren wie Peter Adam seinerzeit gerne auf. Später ging das auch oft zu Lasten der Logik. Sollte der Zuschauer sich doch selbst alles irgendwie zusammenreimen. Die Gründe für eine derartige Schreibweise sind nicht nachvollziehbar. Heute werden fast alle Tatort-Folgen so geschrieben. Große Stars wie Hansjörg Felmy und Götz George verfluchten diese Vorgehensweise (auch nachzulesen in der aktuellen HÖRZU, 1000x Tatort). Felmy letztlich überwarf sich sogar mit den jungen Regisseuren, weil er ihre Arbeitsweise nicht gewohnt war und schmiss das Handtuch.

Darsteller mit Geschichte
Darstellerisch hat auch dieser Tatort viel zu bieten: Dominik Raacke spielt den Franz. Etwa 15 Jahre später spielte er den Berliner Tatort-Kommissar Ritter. Auch er boykottierte den Tatort am Ende und blieb den Dreharbeiten zu zwei letzten Ritter-Folge fern.

"Es hat weniger damit zu tun, dass ich beleidigt war...[...] ...Das war eine Bauchentscheidung. Die Vorstellung, acht Monate später noch einmal Ritters Klamotten anzuziehen, wissend, dass jetzt Schluss ist, hat mir nicht gefallen. Irgendwie hatte ich da keinen Bock drauf." (2)

Andras Fricsay spielt den Gangster. Die übliche Rolle für den gebürtigen Ungar, der durch diesen Tatort auch später immer wieder in der gleichen Weise besetzt wurde (u.a. Derrick). In der Rolle der Ulla sieht man Christiane Lemm.

Dieser 171. Tatort hatte einen Marktanteil von 48%. Fast 20 Millionen Menschen sahen zu. Das ist ganz solide, für einen Tatort Mitte der Achtziger (Erstsendung: 18.08.85) - sogar sehr gut. Man darf nicht vergessen, dass Kabelfernsehen damals schon in weiten Teilen verfügbar war.

Für seinen ersten Tatort kassierte George laut Tatort-Erfinder Rohrbach im Jahre 1981 eine Gage von 35000 DM. Das war seiner Aussage nach deutlich mehr als damals jeder andere Kommissar bekam. George war laut ihm, der Beste den der Tatort je hatte. Aber er brachte nicht die besten Quoten. Weil nicht alle ihn mochten.

"Er hatte wie kein anderer diese körperliche Art der Darstellung. Heute gehen viele Schauspieler ins Fitnessstudio, das war früher anders" (3)


Besetzung:
Kriminalhauptkommissar Schimanski - Götz George
Kriminalhauptkommissat Thanner - Eberhard Feik
Kriminalrat Kissling - Werner Schwuchow
Ulla - Christiane Lemm
Nasig - Rolf Zacher
Sonny - Andras Fricsay
Franz - Dominic Raacke
Skinny - Hartmut Nolte
Mungo - Nicolas Brieger

Stab:
Buch & Regie: Peter Adam
Kamera - Klaus Eichhammer
Musik - Stefan Melbinger

(1)= Wikipedia
(2)=Dominik Raacke (welt.de)
(3) Günter Rohrbach (HÖRZU)

© by author

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