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Die Mauer ist weg - Rebecca Gablé und »ihre« Waringhams

Rebecca Gablé und die waringhams»Die Mauer ist weg«
Rebecca Gablé und ›ihre‹ Waringhams

Rebecca Gablé reagiert auf die Frage, wie es mit der ›Waringham-Saga‹ nach dem Erscheinen des aktuellen Romans »Der dunkle Thron« weitergeht: »Die Mauer ist weg. Jetzt ist alles offen!« Man mag sich nun fragen, was die Bestseller-Autorin damit meint.
 
Die Antwort ist ganz einfach. Mit »Der dunkle Thron« hat Rebecca Gablé in ihrer Saga das Mittelalter verlassen. Etwas, was sie sich lange nicht vorstellen konnte.

 

Rebecca GabléJetzt ist sie in der Renaissance angekommen, hat sich mit der Zeit von Heinrich VIII. und seinen Ehen befasst und wie ihre Helden aus dem Hause Waringham dort überleben - gerade wenn man aufrechter Katholik bleiben will.  

Nun kann es also passieren, dass ihre Leser irgendwann einen Waringham im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg kämpfen sehen oder als Beobachter der ›Rotröcke‹ erleben werden, dass einer an der Seite von Dr. John Watson in Afghanistan unterwegs ist (Rebecca Gablé bricht in herzhaftes Lachen aus), oder als der Letzte des Geschlechts im 1. Weltkrieg fällt.

Aber solche Hoffnungen greifen zu weit und kommen verfrüht. Wie weit die Waringham-Saga durch die Jahrhunderte reichen wird, und ob wir Leser noch in den Genuss von einem Waringham an der Seite von Queen Viktoria kommen werden (Viktorianik ist ja derzeit eine aufmerksam beobachtete Epoche), weiß die Autorin selbst noch nicht. Sie sagte dazu im Gespräch mit dem Zauberspiegel:
Danach werde ich wahrscheinlich wieder einen Waringham-Roman schreiben. Aber ob der im elisabethanischen Zeitalter angesetzt sein wird (wie ich es eigentlich vor hatte) oder ins 13. Jahrhundert, mithin in die „Vergangenheit“ der Waringhams führt, ist noch völlig offen. (...) Aber über die mache ich mir jetzt noch keine Gedanken, denn die liegen noch weit in der Zukunft – meiner eigenen wie auch der des Hauses Waringham.
Das Lächeln der Fortuna in der aktuelle AusgabeAls großmütiger Leser überlässt man es der Autorin, wohin die Reise geht. Denn wie sie selbst ausführt, muss eine von ihr erzählte Geschichte sie in erster Linie selbst fesseln. Dann schreibt sie diese auch mit Begeisterung nieder (wovon dann wieder der Leser profitiert). So entstehen Bücher wie ein Überblick über die englische Geschichte des Mittelalters, sehr kurzweilig und gelehrig geschrieben. Ganz ohne fiktive Personen oder Geschehnisse, aber nicht minder leicht und genussvoll lesenswert.
 
Rebecca Gablé kann es sich als Bestseller-Autorin (inzwischen) leisten, sich keinerlei Zwängen zu unterwerfen - und nicht auf Teufel komm raus  weitere Waringham-Romane schreiben.
 
In einem Interview mit ihr meinte sie, dass in der Anfangszeit der Druck auf sie auch viel größer war und man zunächst eher skeptisch reagierte, als sie den ersten historischen Roman von bemerkenswertem Umfang zu schreiben begann. Es hat sich für sie und den Buchmarkt gelohnt, hier auf ihre "Nase" und "Bauch" zu hören.
 
Begonnen hat "Alles" vor etwa 15 Jahren, als die Krimi-Autorin Rebecca Gablé ihrer Leidenschaft für historische Stoffe nachgab und den Roman »Das Lächeln der Fortuna« schrieb: Ein junger Landadeliger gerät unverschuldet in Armut und kämpft darum, seinen Titel und sein Recht wieder zu gewinnen. Dabei dient er als Knecht auf einem herrschaftlicher Besitz (der erste Waringham taucht auf - und so ist der erste historische Roman auch gleich ein Waringham).

Dieser Roman verbreitete sich durch simple Mundpropaganda. Er ist ein Beispiel für einen (mittlerweile) Kultroman des historischen Genres, der nicht mit massivem Werbeaufwand in den Markt gepresst wurde. Ich selbst gehörte zu den Opfern der Mund-zu-Mund-Werbung, las den Roman auch auf Empfehlung und war begeistert. Mit der Begeisterung der Leser für die Geschichten  in und um die Waringhams und das englische Mittelalter wuchsen die Verkäufe. Rebecca Gablé fügt ihre fiktiven Charaktere nahtlos in die historische Umgebung ein. Ihre Helden sind bei vielen Schlüsselereignissen dabei. Durch die Augen der Waringhams versucht Rebecca Gablé Geschichte zu zeigen. Und das macht sie richtig gut. Die Mischung zwischen historischen Fakten und fikitven Geschichten um diese herum sind es wohl, die neben einem gewissen "Serienaspekt" den Reiz ausmachen. Hinzu kommt, dass jeder Roman in sich abgeschlossen ist, sich einzeln als Einstieg in die "Serie" darbietet.
 
Rebecca Gablé gibt freimütig zu, dass sie seinerzeit (beim Schreiben des "Lächeln der Fortuna") keinen Gedanken an die große Waringham-Saga verschwendet habe. Sie wollte einfach einen Roman schreiben, der im Mittelalter angesiedelt war. Seither folgten wir Leser der Romane der Familie Waringham durch den hundertjährigen Krieg, den Rosenkrieg und was das englische Mittelater sonst noch so zu bieten hatte.
 
der Dunkle ThronIm aktuellen Roman "Der dunkle Thron" verlässt die Autorin nun also das Mittelalter - und im Interview fanden wir uns fachsimpelnd über die Unterschiede der Zeitepochen "Mittelalter" zwischen England und Deutschland (bzw. des Kontinents), die gegenseitigen Beeinflussungen und weitreichenden Verknüpfungen.
 
Und obwohl sich vieles in dem Roman um Heinrich VIII. und seine Regentschaft dreht, bleiben die Waringhams, insbesondere der Held Nick of Waringham, dem Königshof fern.
Denn die Waringhams - lange Zeit königstreu und (fast) immer im Schatten der Herrschenden aus den Häusern Lancaster und Tudor unterwegs - sind in Ungnade gefallen. Etwas, das in jenen Jahren leichter war, als geruhsam auf seinem Besitz zu verharren.
 
Aber Heinrich VIII. ist nicht der gemütliche Dicke Charles Laughton oder jener  Heinrich aus der TV-Serie ›The Tudors‹. Es scheint, als fühle sich dieser Herrscher nur seinem eigenen Vergnügen verpflichtet. In seinem Schatten ringen Handlanger um die Macht am Hof und im Land. Das ist beileibe kein Ort für einen Helden aus dem Geschlecht der Waringham.
 
Allerdings sind Auseinandersetzungen, Kämpfe und Intrigen für die Handlung unausweichlich, und eingeflochten in die großen und kleinen Geschehen hat Rebecca Gablé die Bestimmung für ihren aktuellen Waringham gefunden: Nick of Waringham musste erleben, wie sein Vater den Intrigen und Machtspielen am Hofe zum Opfer fiel und zu Tode gefoltert wurde (hier mischt die Autorin sehr geschickt Geschichte und Fiktion). Entsprechend hat Nick dann auch gar keine Lust dazu, in des Königs Diensten zu stehen und für ihn auch noch freudig zu den Waffen zu greifen, als er gerufen wird.
 
Nick of Waringham versucht stattdessen, seine schützende Hand über Heinrichs Tochter aus erster Ehe Mary zu halten. Um als Stallknecht weiterhin in der Nähe der ständig in Todesgefahr lebenden Mary zu sein, heiratet Waringham gar seine Bedienstete. Diese Mary Tudor (nicht Maria Stuart), um deren Leben er sich sorgt, wird als ›Bloody Mary‹ oder >katholische Mary< in die Geschichte eingehen. In ihrer nur sieben Jahre dauernden Regentschaft führte sie eine blutige Rekatholisierung durch. Wie wäre die Geschichte verlaufen, wenn es Nick und seinen Mitstreitern nicht gelungen wäre, Marys Leben zu erhalten?
 
Mehr soll über dieses Buch gar nicht verraten werden, denn das Abenteuer Lesen erwartet den Neugierigen. Der Leser kann damit rechnen, gut unterhalten zu werden. Auch in diesem Roman gelingt es Rebecca Gable, die Spannung über 900 Seiten zu halten. Dabei ist nicht nur die reale Geschichte spannend, auf der die Autorin ihre Geschichte ausbreitet, sondern auch die des fiktiven Hauses Waringham trägt zum Unterhaltungswert des Romans bei.
 
Zur Regentschaft Marys werden wir vielleicht in einem der folgenden Bücher der Waringham-Saga kommen (ein Seitenblick zu Rebecca Gable, die nur lächelt und die Schultern zuckt), in der dann auch der Aufstieg Elisabeths I. zur Macht thematisiert werden dürfte. Ihre Fans sind höchst gespannt darauf, was geschehen könnte, wenn Rebecca Gablé dies zu einem Roman macht. Ob man vielleicht schon mal anfangen kann zu spekulieren, welche Position das Haus of Waringham dann einnimmt?

Was die Seefahrer angeht, so fährt ein Zweig der Familie schon seit den Zeiten der Rosenkriege zur See. Vielleicht ist ja einer dabei als .... Rebecca Gablé hat ›ihre‹ Familie breit aufgestellt.
 
Wieder einmal ist es Rebecca Gablé gelungen, den Leser spannend zu unterhalten ...
 

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