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... Jacqueline Lichtenberg über Sime~Gen, Vampire im SF-Gewand und Deutsche Ausgaben

Jacqueline Lichtenberg... Jacqueline Lichtenberg ...
... über Sime~Gen, Vampire im SF-Gewand und deutsche Ausgaben

zum englischen OriginalNachdem Jacqueline Lichtenberg sich selbst und ihre  Sime~Gen-Serie im ersten Teil des Interviews vorgestellt hat, wenden wir uns der Serie ein wenig intensiver zu.

Wir sprechen unter anderem darüber, ob es zutrifft, dass es sich dabei um eine Vampir-Serie im SF-Gewand handelt. Dazu geht es auch um die deutschen Ausgaben ...

Zauberspiegel: Kann man Sime~Gen als einen Vampirmythos in SF-Kleidung bezeichnen? Oder wäre das unzutreffend?

Jacqueline Lichtenberg: Absolut unzutreffend. Es ist eher Science Fiction im Vampirgewand. Aber auch das kratzt nicht einmal an der Oberfläche der wahren Definition.
Es ist nicht ganz falsch, dass die Kernthemen von Sime~Gen Ähnlichkeiten zu modernen Vampirstories haben, vor allem von Vampir-Liebesgeschichten. Vampirfans mögen Sime~Gen, wenn sie ansonsten Vampirgeschichten ohne Horrorelement bevorzugen. Die Horror-Vampirfans können Sime~Gen nicht leiden, weil die Welt hinter Sime~Gen mehr mit STAR TREK und dem dortigen optimistischen Blick auf das Universum zu tun hat.
Das Universum von Sime~Gen fußt auf dem Konzept, dass Menschen essentiell gut sind. Ohne Beschränkungen und ohne Kontrolle von außen neigen Menschen dazu, Gutes zu tun. Der natürliche Mensch ist konstruktiv, nicht destruktiv, und wir frönen der Liebe, nicht dem Hass.
Das ist eine Annahme hinsichtlich der menschlichen Natur, die die meisten Leute durch die Brille der Science Fiction sehen müssen. Es ist bizarr. Es passt nicht mit dem zusammen, was wir in der alltäglichen Welt um uns herum sehen. Es ist eine Fiktion, eine Fantasie.
Aber als solche ist sie ein großartiger Eckstein für die Errichtung eines Science Fiction-Universums. Eine andere bizarre Annahme der Sime~Gen-Welt ist, dass das Universum grundsätzlich harmlos ist, ein komfortables und einladendes Heim für den Menschen. Menschen sind hier Teil der Natur – es kann also niemals diesen klassischen fiktiven Konflikt des „Menschen wider die Natur“ geben, die Basis für die größten Bestseller.
Die Idee meiner Welt (die so nie geäußert wird) ist die, dass der menschliche Körper, die menschliche Seele und die Natur (das Universum, das uns umgibt) alle ein großes Ganzes sind, perfekt integriert, absolut in Harmonie. Dies existiert, weil Gott unablässig das Universum erweitert. Wir sind ein Lied, das Gott singt – in perfekter Harmonie.
Erst in den letzten Jahren habe ich erfahren, dass meine Theorie von studierten Philosophen erläutert wird, die mehr über solche Dinge wissen als ich je erfahren werde. Ich habe einen Kurs belegt, in dem es darum ging, dass die Seele unsere Realität über die Dimension der Zeit begreift (was erklärt, warum sie keine physikalische Dimension hat und wissenschaftlich nicht erfasst werden kann).
Ich habe darüber in meinem Rezensionsblog geschrieben, die in 4 Teilen in meiner Kolumne erschienen sind (es gibt dort Links zu allen Teilen, die unter dem Titel THE SOUL-TIME HYPOTHESIS erschienen sind).
Diese Konzepte als Grundlage des fiktiven Konstruktes Sime~Gen (die nie ausgesprochen werden) laufen den Ideen des Horror-Genres völlig entgegen.
Die Grundidee des Horrorgenres ist die, dass Du das Böse bekämpfen musst, aber nicht gewinnen kannst; das Beste, was Du tun kannst, ist: Es in eine Kiste zu sperren und diese mit heiligen Symbolen zu verriegeln, oder davonzulaufen und sich zu verstecken.
Die Prämisse von Sime~Gen ist auch ein Schlag in das Gesicht jedes Science Fiction-Universums, über das ich je gelesen habe, bevor ich Sime~Gen erfand.
Die Essenz von Science Fiction ist, das Unvorstellbare zu postulieren und dann zu beschreiben, wie Menschen mit dieser Realität umgehen. Was, wenn alles, was Du zu wissen glaubst, falsch ist? Wie schaffst Du es dann, dein psychisches Verständnis von Realität wieder so weit in den Griff zu kriegen, dass Du Tag für Tag funktionierst? Darum geht es bei SF – Menschen, die mit dem Unbekannten und Ungewissen zurecht kommen.
Ein anderes „Gesetz“ der Literatur, das Sime~Gen bricht, ist das alte Sprichwort, dass alles sich verändert, außer der menschlichen Natur. Dieses Gesetz ist gerade in der historischen Literatur prägend.
Eine Grundregel von Sime~Gen ist:
Das Sime~Gen-Universum,
wo eine Mutation
die evolutionären Unterschiede
von Mann und Frau im Vergleich verblassen lassen.
Sime~Gen ist nicht „postapokalyptisch“, obwohl das die Kategorie ist, unter der es normalerweise eingeordnet wird.
Romane, die als postapokalyptisch bezeichnet werden, sind oft sehr deprimierend und handeln von dem verzweifelten Kampf ums Überleben in einer zerstörten, zerschmetterten Welt. Über den Schrecken, auf moderne Technologie verzichten zu müssen, über den Rückblick auf eine unerreichbare goldene Vergangenheit - statt über den Aufbau eines neuen, besseren goldenen Zeitalters.
Es ist ein Begriff, der sich im Laufe der Zeit dazu entwickelt hat auf jene Geschichten angewendet zu werden, in denen es darum geht, in einer hoffnungslosen, dem Menschen feindlichen Welt nur mit Mühe zu überleben; in einer Welt, die den menschlichen Geist bricht.
Das Gleiche findet man auch in vielen Fantasywelten, in denen Magie die Rolle der Technik einnimmt, wie beispielsweise in Katherine Kurtzs „Deryni“-Romanen (die ich sehr mag). Es scheint, als wäre den Charakteren jede Selbstachtung von einen feindlichen Welt ausgetrieben worden. In solchen Fantasywelten gab es irgendwann in der Vergangenheit eine Zivilisation, die die Geheimnisse der Magie ergründet hatte. Sie hatten ihr Wissen in Zauberbüchern festgehalten und diese Bücher mit Zaubersprüchen und Geheimnissen geschützt. „Heute“ ist das alles verloren gegangen, und die einzige Möglichkeit Wunder zu bewirken ist, einen magischen Stein oder sonst ein Hilfsmittel dieser Ahnen zu finden - oder ihre Zauberbücher. Kein einziger Charakter denkt, „Naja, wenn die das konnten, dann können wir das auch“ und dann einfach etwas NEUES erfindet. Sie versuchen immer zu kopieren oder nachzuahmen statt selbst zu denken, wie es eine Person mit gesunder Selbstachtung tun würde.
Meine Sime~Gen-Charaktere sind von ganz anderem Schlag. Obwohl es eine Gruppe gibt, die sich auf Archäologie spezialisiert hat und die urzeitliche Technik ausgräbt (in „House of Zeor“ erforschen sie, was eine „Kamera“ kann), denken die meisten Leute in dieser neuen Gesellschaft für sich selbst und erfinden Dinge; sie kommen erst gar nicht auf die Idee, dass sie etwas nicht können, weil sie’s nicht gelernt haben.
Die Sime~Gen-Entwicklung folgt dem gleichen Weg, dem die Menschen in alten Zeiten gefolgt sind – und aus denselben überzeugenden Gründen. Aber es gibt auch Unterschiede, bedingt durch die physiologischen und psychologischen Unterschiede zu den Menschen von früher.
Das vorgeschichtliche Ereignis, das für die Sime~Gen-Situation verantwortlich ist, war keine „Apokalypse“, wie sie sonst in Science Fiction- und Fantasy-Romanen beschrieben wird – eher das Gegenteil - aber ich glaube, es gibt keinen Gegenbegriff dafür.
Wie sich herausgestellt hat, passt die tatsächliche, sprichwörtliche und traditionelle Bedeutung des Begriffs Apokalypse perfekt auf Sime~Gen – während üblicherweise in Romanen diese Bedeutung ins Gegenteil verkehrt wird.
Hier ist eine nette Diskussion über den Ursprung des Apokalypse-Konzepts in einem Wiki
Der Eintrag beginnt mit dem Kern des Ganzen:
------------ZITAT---------
„Apokalypse (griechisch: ἀποκάλυψις, „Lüften des Schleiers“) ist ein Begriff, der die Offenbarung von etwas, das der Allgemeinheit verborgen ist, gegenüber erwählten Personen bedeutet. Heutzutage wird damit meist das Ende der Welt bezeichnet, möglicherweise als Verkürzung der Phrase „apokalupsis eschaton“, die wörtlich übersetzt „Offenbarung am Ende des Zeitalters“ bedeutet.
------------ENDE DES ZITATS---------
Und es geht weiter mit der Beschreibung der Anwendung auf christliche Visionen – dies kam natürlich aus jüdischen Wurzeln.
Die Essenz des Bezugs besteht in den biblischen Beschreibungen des Messianischen Alters, und dem Aufruhr, der nach der Prophezeiung diesem Zeitalter vorausgeht.
Zu der Zeit als ich Sim~Gen erschuf, hatte ich von diesen apokalyptischen Dingen keine Ahnung.
Zu jener Zeit wurde die SF-Literatur von Apokalypsen durch Atombomben beherrscht, und alle meine Favoriten handelten von menschlichen Mutanten wie Andre Nortons Starman's Son und so weiter.
Alle waren warnende Geschichten (wie Silent Spring) oder geradliniger Horror (die Menschen sind in ihrem Herzen so teuflisch, dass sie sich – auf sich selbst gestellt – selbst zerstören werden. Dumme oder teuflische Menschen in einer feindlichen Umgebung).
Und da ich selbst Science Fiction Autorin war, postulierte ich das Gegenteil.
Statt die Menschen durch Gott für die in unserem Wesen liegenden Wesenszüge mit völliger Zerstörung zu verdammen, (sagte ich) WAS WENN …
Die Essenz von Science Fiction ist “Was wenn...?” oder “Wenn doch nur...?” oder “Wenn das geschieht...” Ich habe durch das Lesen von Literatur über das Schreiben gelernt, dass die beste SF alle drei dieser Spekulationen verbindet.
Also habe ich dies getan.
WAS WENN – die Menschheit gut ist, sich jedoch stur dagegen wehrt, Mitleid zu lernen?
WENN NUR – die Menschen mehr Sensibilität im Umgang mit den Schmerzen der anderen hätten?
IF THIS GOES ON – wird Gott uns mit einer sehr endgültigen Lektion segnen. Mangel an Mitgefühl wird zu einem Kapitalverbrechen.

Also hat Gott uns in Sime~Gen gesegnet, da er das Universum liebt. Wenn man postuliert, dass Gott real ist (eine schreckliche Aufgabe für einige Menschen, aber es ist nun mal SF – ohne Leid kein Preis) – und dass die Seele real ist, dann kann der Tod nur zeitlich begrenzt sein. Reinkarnation wäre real, da Gott, mit sehr viel Gefühl, diese komplizierten Kreaturen recyceln würde, die man Mensch nennt.
Die Neuerschaffung des Universums in einer Form, dass ein Mangel an Mitgefühl ein Kapitalverbrechen ist, ist einfach nur Gottes Methode, uns eine Lektion zu erteilen. Eine Lektion, die wir erfolgreich lernen wollen.
Es ist eine Lektion darüber, die man das Leben einfacher machen könnte, wie man zurecht kommt, wie man so lebt, dass nicht alles, was das menschliches Leben erhält, zerstört wird (unser Ökosystem – Sim~Gen ist eine Antwort auf die Probleme, das gesamte Öl der Erde für Energie zu verbrauchen, und so nicht dazu in der Lage zu sein die Zivilisation neu zu beginnen, falls diese in sich zusammenbrechen sollte).
Die Seelen dieser Charaktere haben also eine ganze Reihe kurzer, hässlicher Leben hinter sich gebracht, sind schreckliche Tode gestorben, bis die Lektion des Mitleids tief in das Gewebe ihres Daseins eingesickert ist.
Die Theorie des Erschaffens dieser Welt sagt, dass sich der Höhepunkt der Mitleidskurve unter den Menschen (nach der Gaußschen Normalverteilung) ungefähr um 10% in Richtung der X-Achse nach rechts verschoben hat [also um 10% gestiegen ist].
Aus diesem Grund sind die Geschehnisse in dem Roman Zelerod's Doom und die folgenden ein oder zwei Jahre in der Chronologie von Sime~Gen plausibel. Wenn man die “Ancient Humans” (also uns) mit dem gleichen Problem heute konfrontieren würde, wären die ganzen Geschehnisse bestimmt nicht so gut abgelaufen.
Man kann also sagen, dass Sime~Gen das Etikett "Post Apocalyptic Literature" neu definiert. Und Sime~Gen definiert das Etikett "Vampire Novel" neu.  

Zauberspiegel: Sime~Gen erzählt die Geschichte der Simes und der Gens, einer Gesellschaft von zwei unterschiedlichen Arten von Menschen. Wie beziehst du dich auf diese beiden … sind es unterschiedliche Arten von Menschen? Rassen? Spezies? Da vor allem die jüngeren Leser sehr wenig über die Romane wissen, erzähl uns doch bitte mehr davon. Wie sieht diese Gesellschaft aus? Welche Beziehungen gibt es zwischen den beiden?
Jacqueline Lichtenberg: Die Sime~Gen Mutation teilte die Menschheit in die Simes und Gens.  
Einige Simes sind männlich, einige weiblich.
Einige Gens sind männlich, einige weiblich.
Kinder mit einem Sime-Elternteil und einem Gen-Elternteil sind weder Sime noch Gen, sondern einfach Kinder.
Ein Kind von 2 Simes wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 33% im Verlauf der Pubertät zu einem Gen.
Ein Kind von 2 Gens  wird mit einer Wahrscheinlichkeit von 33% im Verlauf der Pubertät zu einem Sime.
Das Kind mit einem Sime- und einem Gen-Elternteil – da ist alles offen. (Und ja, es gibt Kreuzungen, was einige ziemlich explosive Geschichten ergibt!)
Ich habe nur die Begriffe Sime und Gen verwendet, bis dann Fans das Universum auf einem Listserver diskutierten (der zu der Facebook Sime~Gen-Gruppe geworden ist) und auf die Notwendigkeit (in der englischen Sprache) stießen, eine Entsprechung für den Begriff Gender (Geschlecht) zu finden.
Also taten wir, wofür Jean und ich besonders anfällig sind: Wir ließen die Fans Vorschläge machen und machten dann eine Abstimmung, wie ein zu Gender analoger Begriff lauten sollte. Wir haben immer die Leser die Richtung der Geschichten vorgeben lassen, und Fans, die Geschichten in diesem Universum schreiben (die wir online veröffentlichen), sehen dann manchmal sogar, dass ihre Anmerkungen zu dem Universum in die gedruckten Geschichten eingearbeitet wurden.
Das Wort “Larity” hat gewonnen – ich weiß nicht genau, was es etymologisch gesehen bedeutet, aber ich glaube, es hat etwas mit Lateral Tentacles zu tun (übersetzt in etwa “Seitenstrang-Tentakel”).
Es ist dabei wichtig zu wissen, dass Simes Tentakel an ihren Armen haben, Gens nicht.
Da die Geschichten über die Jahrtausende der Menschengeschichte verstreut sind, verändern sich die Annahmen der Charaktere über ihre eigene Natur.
Niemand weiß (und es ist Vorgabe des Universums, dass die Charaktere niemals wissen werden, dass dies ein Teil ihrer Probleme ist), was der wirkliche Grund für diese Mutation war. Allerdings wissen sie, dass die Altvorderen wie Gens ausgesehen haben (einige Statuen haben überlebt).
Da nun also kein Sime jemals einem Altvorderen nahekam (Simes haben Sinne, die Gens nicht haben), wurde (in einer Vor-DNA-Forschung) angenommen, dass die Gens die Altvorderen waren, und die Simes die Anderen. Wie sich ihre Annahmen verändern, so bewegt sich die Gesellschaft hinterher, um sich anzupassen.
Nach dem Zusammenbruch der Zivilisation der Altvorderen (also vor der Mutation) herrschen etwa 1000 Jahre Chaos.  
Dies ist in den archäologischen Aufzeichnungen durchaus Standard: Wenn eine größere Zivilisation wie das alte Rom kollabiert, dauert es etwa 1000 Jahre, um die Dinge wieder zu sortieren.
Während dieser Phase sind es hässliche Leben mit einem schrecklichen, hässlichen Tod - bis sie Mitgefühl gelernt haben.
Als sie das Mitgefühl dann gelernt hatten, beginnt eine dritte Mutation die Pubertät zu überleben [also in der Pubertät der Sime~Gens-Menschen zu geschehen]: die Channels, die Simes sind, jedoch statt eines Nervensystems zwei haben.
In dem Roman von Jean Lorrah, First Channel, entdeckt ein solcher Channel (durch den Gen, den der Channel liebt), dass er das Selyn (die Lebensenergie) eines Gens nehmen kann, ohne diesen Gen zu töten. Dieses Selyn kann der Channel dann an einen anderen Sime weitergeben (channeln). Mit diesem Selyn kann ein anderer Sime überleben, ohne einen Gen töten zu müssen.
Die Menschheit steht vor dem Problem, dass die Gens Lebensenergie (Selyn) im Überfluss produzieren, ihre Körper aber nur sehr wenig davon verbrauchen, wenn überhaupt etwas von ihnen verbraucht wird. Die Simes stellen in ihren Körpern überhaupt kein Selyn her, aber ihre Körper benötigen Selyn - nicht Kalorien - zum Überleben (Sie essen nicht viel, ersetzen nur Proteine und Minerale, um die Zellen am Leben zu erhalten und zu ersetzen).
Wenn ein Sime einem Gen Selyn nimmt, stirbt dieser.
Natürlich sind die Gens darüber nicht sehr glücklich. Es kommt zu Kriegen. Löscht alle Simes aus, dann ist das Problem gelöst. Aber nein, die Kinder der Gens können noch immer zu Simes werden. Diese gehen dann Beziehungen mit Freeband Raiders (Sime Überlebenden, die als Rebellen leben) ein, die nur zum Spaß töten.
Einige Banden der Freeband Raider werden zu groß, um durch die Gegend zu ziehen. Sie werden sesshaft und geben sich eine Sime Regierung. Sie domestizieren Gens, indem sie diese in Pferchen halten, und sie an Simes ausleihen, die Steuern zahlen.
Sie verteidigen ihr "Territorium" - und es dauert nicht lange, bis die Landschaft mit seltsam geformten Sime-Regionen überzogen ist, umgeben von Gen Besitz, und die Grenzkriege beginnen.
In dieser Situation erscheint "The First Channel" (Sohn eines Genfarmers der Sime-Rasse, der Gens züchtet, um diese zu töten).
Im Folgeband "Channel's Destiny" wird gezeigt, wie die Forts entstehen. Diese sind kleine, von Wällen umgebene Orte der Simes und Gens, die zusammenleben, und die Channels als ihre Vermittler benutzen.
In "The Farris Channel" erlebt der Leser dann, wie diese Forts nicht überleben können, und sich zu jenen Lebensgemeinschaften entwickeln, die sich Householdings nennen. Manche entscheiden sich dazu, eine Tecton zu bilden – woraus sich dann in "Zelerod's Doom" das Modern Tecton entwickelt (eine Regierung, die sowohl das Sime-, als auch das Gen-Territorium verwaltet) – und es gibt Romane, die noch geschrieben werden müssen, in denen es dann um interstellare Tectonen geht.

Zauberspiegel: Du hast oft mit Jean Lorrah zusammen gearbeitet. Wie habt ihr euch kennen gelernt? Wie habt ihr begonnen miteinander zu schreiben? Wie ist es, über so lange Zeit mit einer anderen Person so eng zusammen zu arbeiten? Wie teilt ihr euch die Arbeit in euren Schreibaufgaben auf? Betrifft eure Zusammenarbeit nur Sime~Gen?  
Jacqueline Lichtenberg: Ich bin erstmals in der Geschichtensammlung von STAR TREK LIVES! auf Janets Geschichten gestoßen. Jean hatte an einer STAR TREK Geschichte mitgeschrieben, die wir in einer wichtigen Stelle der STAR TREK LIVES Fan-Fiction unterbringen wollten – es hatte niemals zuvor in einem kommerziellen Verlag veröffentlichte (im Radio ausgestrahlte oder in professionellen journalistischen Medien diskutierte) Fan-Fiction gegeben, die sich an einer Fernseh-, Film- oder Buchserie orientierte.
Es stellte sich heraus, dass der Fan-Fiction Bereich mit dieser Geschichte zu lang werden würde (und ja, die Verleger waren im Grunde auch gegen das Konzept der Fan-Fiction. Es gab sehr unangenehme Copyright Auseinandersetzungen mit Paramount, die zu jener Zeit die Rechte an Star Trek besaßen). Also wurde diese Geschichte nicht mit abgedruckt.
Zur großen Überraschung [der Rechte-Inhaber] wurde STAR TREK LIVES! zu einem Bestseller und hatte insgesamt 8 Auflagen – wir zogen das Star Trek Fandom in das Licht der Öffentlichkeit! Sondra Marshak nahm sich dann einen anderen Mitherausgeber, Myrna Culbreth, und brachte die Anthologie "STAR TREK: THE NEW VOYAGES" heraus (sowie einige Nachfolgebände, plus einige original Trek Romane). In dieser Zeit entwickelte ich Sime~Gen.
Als "HOUSE OF ZEOR" erstmals als Hardcover erschien, verkaufte ich die Bücher, die ich selbst gekauft hatte, an Star Trek Fans, die ich durch Magazine oder Gruppen kannte (damals noch mit der Briefpost verschickt). Ich verkaufte sie mit einer Geld-zurück-Garantie (das Hardcover war exorbitant teuer). Die Garantie galt nur für Spock-Fans. Menschen, die Trek aus Gründen mochten, die mit Spock zu tun hatten, waren nicht meine anvisierte Leserschaft für "HOUSE OF ZEOR" gewesen (bei "UNTO ZEOR, FOREVER" zielte ich auf McCoy-Fans als Zielgruppe ab). Ich verkaufte über 60 Bände der Hardcoverausgabe mit dieser Garantie - und nicht eines kam jemals zurück.
Jean Lorrah war weniger ein Spock-Fan, sie war ein Fan von Surak.
Also war "HOUSE OF ZEOR" in gewissem Sinn etwas für sie und doch wieder nicht. Sie schrieb eine Rezension in einem Fanzine unter dem Titel “Vampire in schmutzigen Stiefeln”. Dort nannte sie das "House of Zeor" einen Roman, der sich im Bereich eines typischen Erstlingsromans bewegte.
Sie war zu diesem Zeitpunkt eine hauptberufliche Textschreiberin, hatte jedoch noch keinen Roman veröffentlicht, und wusste nicht, dass jene “Schwachstellen, weil es der Autor nicht besser wusste", in dem Erstlingsroman gar nicht da waren. Der Verlag würde nur einen Roman kaufen, der ein Erstlingsroman war UND diese “Schwachstellen” NICHT hatte.
Catch-22 – [Sie lag falsch] Ein echtes Dilemma.
Schon bald nach der Veröffentlichung von "House of Zeor" explodierte mein Briefkasten vor lauter Briefen. Ich begann so viele Umdruckkopien zu erstellen wie ich konnte und gab sie in Rundlauflisten weiter (mit der Bitte an jede Person, die Kopie an die nächste Person in der Liste weiter zu schicken).
Das funktionierte nicht besonders gut. Und bevor ich es mitbekam, übernahm Betty Herr die Aufgabe, ein vervielfältigtes Fanzine namens "Abrov Zeor" zu schreiben.
Für die erste Ausgabe planten wir, Jean Lorrah's Rezension zu veröffentlichen, also schrieb ich ihr und bat um ihre Erlaubnis dazu. In den nächsten Monaten schickte sie verschiedene Fanzine-Geschichten ein, die im Sime~Gen-Universum spielten – und kurz danach trafen wir uns auf einem Star Trek Media Con, wo sie mir einen Entwurf für eine längere Geschichte zeigte.
Ich liebte den Entwurf und sagte ihr, ich würde einige Kapitel schreiben und ein Expose erstellen, und es an Doubleday schicken – als ein Buch von Jean Lorrah und Jacqueline Lichtenberg.
Sie kauften es, es war aber viel zu lang, also wurde es aufgeteilt und wurde zu "FIRST CHANNEL" und "CHANNEL'S DESTINY" – es gibt noch eine dritte Geschichte für eine Trilogie, die wir vielleicht eines Tages fürs Fernsehen schreiben werden.  
Die Geschehnisse des dritten Buches werden in "THE FARRIS CHANNEL" zusammen gefasst. Wenn man jetzt vollkommen durcheinander ist, könnte es helfen, die offizielle Chronologie anzusehen, die in der Reihenfolge der Sime~Gen-Geschichte aufgebaut ist - und nicht in der Reihenfolge der Veröffentlichung.
Für "FIRST CHANNEL" und "CHANNEL'S DESTINY" schrieb Jean den ersten Kapitelentwurf und schickte mir den (normal war es, täglich das Geschriebene zu schicken, manchmal aber auch erst in größeren Brocken). Ich würde das Kapitel dann nochmal abtippen, Veränderungen am Hintergrund vornehmen und die Wortwahl überarbeiten. Sie würde dann meine Überarbeitung überarbeiten und ich dann noch einmal abschließend einen endgültigen Text daraus machen.
Waren alle Kapitel geschrieben, gingen wir daran, dann das Buch als Ganzes zu glätten.
Für "ZELEROD'S DOOM" schrieb ich den Erstentwurf, sie dann den zweiten – sie entschied, dass sie meine grobe Art des Stoffentwurfs nicht aushalten könnte (inzwischen habe ich diese Art geändert, da es in der Überarbeitung weniger Arbeit macht).
Wir haben uns also dann darüber unterhalten was [in der Geschichte] geschieht und unabhängig voneinander geschrieben – diese Arbeiten sind also noch immer Kollaborationen, und so eng in die Erzählung der zukünftigen Geschichte wie möglich eingewoben und miteinander verwoben.
Wir haben sehr unterschiedliche Ansichten der Welt, Sime~Gen ist jedoch keine Serie sondern ein Universum – um seine Geschichte zu erzählen muss man viel von seiner Weltsicht einbringen. Somit ist unsere Fan-Fiction ein integraler Bestandteil der Erfahrung, wenn man Sime~Gen liest.
Lies dir einen gedruckten Sime~Gen Roman durch, lies einige Fan-Fiction Geschichten, die auf  simegen.com/sgfandom/ veröffentlicht sind – und dann lies nochmal den gekauften Roman durch – und du wirst das Gefühl haben, eine ganz andere Geschichte zu lesen. Dieser Effekt ist es, der die veröffentlichten Romane ihr Geld wert sein lässt - sogar den Preis der Audiobook Versionen.

Zauberspiegel: Aus der Serie wurden nur "The Haus of Zeor" (Dt: "Das Haus Zeor") Und "Unto Zeor, Forever" ("Für Zeor auf ewig") in Deutsch veröffentlicht. Als der Moewig-Verlag sein SF-Paperback-Programm einstellte (etwas, das ich tief bedauere), gab es keine Folgebände. Gab es niemanden, der daran interessiert war, weitere Bücher aus dieser Serie zu veröffentlichen? Versucht ihr derzeit, einen deutschen Herausgeber zu finden?
Jacqueline Lichtenberg: Im Moment suchen wir nicht aktiv nach einem deutschen Verlag. Alas, leider waren die Übersetzungen des Moewig-Verlags (hast du schon die Diskussion über die künstlerische Gestaltung ihrer Cover in der Sime~Gen Gruppe gesehen?) sehr ungenau, irreführend und so weiter. Wir haben einige Fans in Deutschland (zumeist aus dem Trek Fandom), die glücklicher Weise Englisch lesen. Durch Ebooks und audible.com sind Versionen international ohne jede Verzögerung verfügbar. Dies hat den Druck Übersetzungen zu machen abebben lassen.
Ich halte es aber für möglich, dass eine (solche) Möglichkeit mit einem echten Fan, der dazu in der Lage ist eine gute Übersetzung zu machen, unwiderstehlich wäre.

Zauberspiegel: In den USA wurde die Serie nicht nur fortgeführt, sie war auch ziemlich erfolgreich und hat noch immer einen ziemlich große Fangemeinde, das auch noch sehr aktiv ist. Die Serie bildete sich zu einem ganzen Universum heran, das nicht nur dich selbst und Jean Lorrah einbezieht, es ist aktiv, und Fan-Fiction spielt eine wichtige Rolle. Wie formte sich dieses Fandom?
Jacqueline Lichtenberg: Wie sich das Fandom von Sime~Gen formte?  Ich könnte ganz ehrlich nicht sagen, DASS es sich jemals geformt hat. Es is eine amorphe Wucherung von glücklichen Rollenspielern, die es einfach lieben, Ideen herumfliegen zu lassen, und die das schon bestehende Sime~Gen Universum neu schreiben, genau so wie Star Trek Fans (so wie auch ich mit "Kraith") Star Trek neu geschrieben haben.
Diese Fans schaffen alle diese alternativen Universen, die ich einfach total großartig finde, und ein paar andere begannen einfach damit, einige Ideen in der Sime~Gen Gruppe on Facebook aufbrachte. Erinnre dich an die 60 Bücher des Romans “House of Zeor”, die ich mit der Garantie verkaufte, dass die Leser ihr Geld zurückverlangen konnten, wenn ihnen das Buch nicht gefällt. Naja, sie gingen alle an Spock-Fans, und die meisten von ihnen waren Fans meiner Kraith-Serie aus der Star Trek Fan-Fiction - sie kannten mich aus den Fanzines, die sie lasen, und in denen viele von ihnen selbst Geschichten schrieben.
Ich zog eine Linie (und zielte dabei) direkt auf die Tatsache, dass Spocks Charakter bei jenen Schreibern einen Nerv traf. Und sie antworteten auf Sime~Gen genau auf die gleiche Weise, wie sie es bei Trek taten – sie streckten ihre Hände aus, griffen nach dem feuchten Ton meines Universums und formten es um.
Das ist etwas, das mich Marion Zimmer Bradley lehrte – indem sie meine Worte mit ihren Händen formte, meine Wörter durch ihre Schreibmaschine laufen ließ, sie knetete, wie man Brotteig knetet. Die Fanautoren von Star Trek schickten mir die  Sime~Gen-Geschichten, die sie geschrieben hatten.
Wenn du einen Tiger am Schwanz gegriffen hast, hast du nichts anderes zu tun als aufzuspringen und ihn zu reiten. Also habe ich die Geschichten an den Herausgeber von "Ambrov Zeor" geschickt (das waren zu unterschiedlichen Zeiten  unterschiedliche Verlage), und sie haben diese dann veröffentlicht.
Ok, es war nicht ganz so einfach. Bevor ich erlaubte, irgend etwas in "Ambrov Zeor" zu veröffentlichen, musste ich sicher stellen, dass die höchstmöglichen professionellen handwerklichen Standards eingehalten wurden. Es kommt immer wieder vor, dass Sime~Gen-Geschichten, die ein Fan geschrieben hat, drei bis fünf Mal durchgesehen und überarbeitet werden musste (und andere kleine Dinge), bevor man sie zum Herausgeber geben konnte – der gleiche Prozess, den auch ein professioneller Verlag geht.
Indem wir das tun, haben wir viele Autoren in dieser Kunst trainiert, dazu einige Lektoren. Zwei von ihnen arbeiten nun professionell auf der Basis dessen, was sie dort gelernt haben.
Ich kann mich gerade an zwei Autoren erinnern, die professionell Bücher geschrieben (wörtlich: verkauft) haben. Viele Fanautoren wollen aber gar nicht professionell schreiben – das heißt nicht, dass sie nicht hochprofessionelles handwerkliches Können gezeigt haben, aber ihre Themen sind nicht nach dem kommerziellen Markt ausgewählt.
Dies drückt viel Material in den Markt der Fan-Fiction, der jetzt online ist, zusammen mit allen Arten von Fan-Fiction, Spinoffs von Fernsehsendungen. Viele unserer Autoren schreiben noch immer in diesen Bereichen.
Ein anderes Phänomen, das ich auf meinem Blog aliendjinnromances.blogspot.com verfolge, ist das Thema der unabhängiger Verleger und Verleger von Ebooks, ebenso wie unabhängige Autoren, die ihren eigenen Weg verfolgen. Dies ist eine Form von Kreativität, die keine andere Möglichkeit hatte zum Ausdruck zu kommen, als so viele Sime~Gen Fan-Fiction schrieben.
Einmal gab es fünf gedruckte, voneinander unabhängige Sime~Gen Fanmagazine. Ich war damit beschäftigt sie zu beraten und zu koordinieren, welche Exemplare auf welchen Cons erscheinen sollten.
Die Rechte für den größten Teil des Materials haben wir klären können, und es steht nun auf der Seite simegen.com/sgfandom/  für die Leser kostenlos zur Verfügung.
Im gleichen Bereich auf simegen.com findet sich eine große Menge meiner eigenen Arbeiten – einen frühen Entwurf von "Unto Zero, Forever". Anhand dieser Geschichte kann man lernen, wie sich eine Geschichte vor ihrer Veröffentlichung verändern kann. Es sind auch einige unveröffentlichte Arbeiten dabei. Darunter ist auch die allererste Kurzgeschichte, die ich jemals verkauft habe, Operation High Time. Und bald wird es unter Fan-Fiction einen zweiten Bereich geben.

Zauberspiegel: Gibt es so etwas wie eine “Bibel” für die Serie, die den Leuten, die sich mit Fan-Fiction beschäftigen, als Leitlinie dient? Wenn es eine gibt, was enthält diese Bibel?
Jacqueline Lichtenberg: Nein, etwas Schriftliches, das die Schreibenden anleitet, gibt es nicht. Wir haben eine 'Bibel' für die Kraithgeschichten, da zu jener Zeit etwa 50 Leute daran beteiligt waren, Kraith zu schreiben, aber ich glaube nicht, dass es bei uns so viele Mirwirkende bei Sime~Gen gibt (aber ich kann mich auch irren; ich habe sie nicht gezählt). Ganz ehrlich: Ich würde gar nicht wissen, wie man eine solche 'Bibel' für die Sime~Gen-Autoren zusammenstellen sollte. Ich sage immer: Lest die veröffentlichten Geschichten und lest sie dann nochmal in unterschiedlichen Richungen. Und dann kommt in die Sime~Gen-Gruppe auf Facebook und stellt Fragen.

Zauberspiegel: Es gibt eine sehr aktive Gruppen zu Sime~Gen bei Facebook. Welche Bedeutung hat Facebook für dich im Bezug auf Sime~Gen?
Jacqueline Lichtenberg: Die Facebookfrage ist sehr leicht zu beantworten: Spam hat unsere Liste auf unserem alten Server gekillt. Ende 2011 sind wir auf unseren neuen Server umgezogen, installierten dazu aber keine Liste, und inzwischen hat sich die Welt verändert (einmal mehr) und fast jeder, den wir kennen, ist auf Facebook. Aus diesem Grund hat Zoe Farris für uns diese Gruppe gegründet, und wir treffen uns hier seit etwa einem Jahr. Es kann sein, dass wir wieder eine private Liste, ein Forum oder was auch immer gründen, im Moment aber ist dies hier auf Facebook.



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