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... Rebecca Gablé über Otto, deutsches Mittelalter und Möglichkeiten

Rebecca Gablé ... Rebecca Gablé ...
... über Otto, deutsches Mittelalter und Möglichkeiten

Nachdem wir uns mit Rebecca Gablé über ihr letzes Buch »Der dunkle Thron« ausgetauscht haben und uns auch der gesamten »Waringham-Saga« zuwandten, nun ein Blick auf das kommende Werk der Autorin.

Es spielt im Reich Otto I., und die Autorin kehrt damit ins Mittelalter zurück, aber nicht in ihr geliebtes England. Das ist schon ein paar Fragen (und Antworten) wert ...

 

Zauberspiegel: Doch auf die Fortsetzung gilt es noch vier Jahre zu warten. Dein nächster Roman ist wieder im Mittelalter angesiedelt. Doch nicht in England, sondern es geht nach Deutschland. Du selbst hast verraten, es geht um Otto I. Was verschlägt dich nun nach Deutschland bzw. ins Heilige Römische Reich deutscher Nation?
Rebecca Gablé: Ha, erwischt, mein Lieber! Das HRR gab es im 10. Jahrhundert noch nicht.
Zauberspiegel: Der Fragesteller errötet zart und gibt seinen Fehler zu. Später wird er sich Asche aufs Haupt streuen und in der Ecke stehen.
Rebecca Gablé: Trotzdem gelten Otto I. und sein Vater als die Begründer des politischen Konstrukts, aus dem später einmal dieses sonderbare Reich deutscher Nation wurde. Was mich dorthin verschlagen hat, ist meine eigene Neugier. Ich trug mich vor einigen Jahren mit einer Romanidee, die im England des 10. Jahrhunderts angesiedelt war. Ungefähr zur gleichen Zeit kam ein Buch über die deutschen Herrscher des Mittelalters meines Weges, und mir kam in den Sinn, dass ich darüber so gut wie nichts wusste. Also las ich das Buch und fand, dass es dort viele äußerst spannende Menschen und Geschichten zu entdecken gab. Und da dachte ich mir, fang doch mit dem Anfang an. Warum denn nicht einfach mal Deutschland im 10. Jahrhundert statt England?

Zauberspiegel: Was unterscheidet das Mittelalter in Deutschland von dem in England? Was verbindet beide Gebiete (Nationen waren es ja noch lange nicht) in dieser Zeit?
Rebecca Gablé: Im 10. Jahrhundert finde ich mehr Gemeinsames als Trennendes. Beide waren als politische Einheit (im denkbar losesten Sinne) gerade erst dabei zu entstehen. Beide waren bestenfalls oberflächlich christianisiert, doch der christliche Glaube war die Religion der herrschenden Schichten, seine Vertreter erlebten einen enormen Machtzuwachs. Beide waren schwer von außen bedrängt, die Angelsachsen von den Norwegern und Dänen, die deutschen Völker vor allem von den Ungarn. Da dieses Jahrhundert hier bei uns von einer sächsischen Herrscherdynastie bestimmt wurde, gab es viele kulturelle Gemeinsamkeiten mit den Angelsachsen (und eheliche Verbindungen: Ottos erste Frau war eine angelsächsische Prinzessin). Ein großer Unterschied war aber, dass die Angelsachsen sich damit begnügten, ihre Küsten zu verteidigen. Erst die Normannen im 11. Jahrhundert schauten gierig nach Wales und nach Schottland. Die Ottonen trachteten hingegen schon Anfang des 10. Jahrhunderts danach, ihr Herrschaftsgebiet zu erweitern, sie überschritten die Elbe, um die slawischen Gebiete zu erobern, und träumten von Italien und Kaiserkronen, ehe das gerade entstehende deutsche Reich, dieses noch sehr zarte Pflänzchen konsolidiert war. Ich denke, Europa wäre viel erspart geblieben, wenn unsere Vorfahren auch auf einer Insel gewohnt hätten …

Zauberspiegel: Dürfen wir ›deutsche Waringhams‹ erwarten, deren Wege sich mit den Mächtigen kreuzen?
Rebecca Gablé: Die Personenkonstellationen in diesem Roman werden etwas anders sein, trotzdem ist da so ein gewisser junger Mann, dessen Wege sich mit denen der Mächtigen kreuzen. Wink

Zauberspiegel: Werden deine fiktiven deutschen Protagonisten deinen englischen Schöpfungen begegnen? Oder wirst du das deutsche Mittelalter ›anders‹ angehen?
Rebecca Gablé: Es wird keine Querverbindungen nach England geben bis auf die, welche sich aus der Historie ergeben.

Zauberspiegel: Wo ist der Roman angesiedelt? In Mitteldeutschland? Was macht diese Gegend aus? Warum ist sie für die Geschichte Deutschlands so wichtig?
Rebecca Gablé: Die deutschen Könige des 10. Jahrhunderts hatten ja keine festen Regierungssitze, sondern herrschten praktisch vom Sattel aus, während ihre Reisehöfe durchs ganze Land zogen. Das wird sich auch in den Handlungsorten des Romans widerspiegeln. Trotzdem war die Mitte Deutschlands – das damalige Sachsen – natürlich die Machtbasis der Ottonen, denn Ottos Vater war Herzog von Sachsen, ehe er König wurde. Darum wird der Roman auch immer wieder in diese Gegend zurückführen.

Zauberspiegel: Das deutsche Mittelalter hat viele starke Gestalten hervorgebracht. Neben Otto unter anderem auch Barbarossa und den Löwen, die Konkurrenten waren. Wären die beiden nicht auch was für dich? Werden wir mehr Romane von dir in heimischen Gefilden zu lesen bekommen?
Rebecca Gablé: Das hängt davon ab, wie viel Spaß ich mit meinen Ottonen habe. Bislang kann ich sagen, dass sich mein Vorurteil über die Behäbigkeit und wissenschaftlich verbrämte Langeweile historischer Fachliteratur in deutscher Sprache weitgehend bestätigt hat. Die Recherche ist darum ziemlich qualvoll. Keine Ahnung, ob ich mir das noch mal antue.

Zauberspiegel: Nachdem du ja schon einen Kaufmannsroman (Der Herr der purpurnen Stadt) in die Waringham-Saga eingebaut hast, wäre das Thema Hanse (vielleicht gar in Verbindung mit Vitalienbrüdern) nicht auch ein Thema, das man in den Schilderungen des deutschen Mittelalters einbauen könnte?
Rebecca Gablé: Hier gilt das Gleiche.

Zauberspiegel: Besten Dank fürs Interview.
Rebecca Gablé: Ich danke ebenso.

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