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... Sergej Lukianenko über »Trix Solier«, Lesereisen und Wellen

Sergej Lukanienko ... Sergej Lukianenko ...
... über »Trix Solier«, Lesereisen und Wellen

Nach Sergej Lukianenkos Lesung Mitte September  in der »schwangeren Auster« in  Berlin hatte ich die Gelegenheit, ihm ein paar Fragen zu stellen. Glücklicherweise war Frau Pöhlmann, die Übersetzerin seiner Werke auch dabei.

Man hatte uns dafür übrigens einen schönen, ruhigen Raum organisiert – das heißt, er war sehr ruhig dafür, das da vor die Proben eines Jazzorchesters liefen
.
Zauberspiegel: Herr Lukianenko, Sie sind nicht das erste Mal auf Lesereise in Deutschland. Ich hab schon vor ein paar Jahren mitgekriegt, sie waren auf Lesereise und habe es dann leider verpasst. Ich hab es gelesen,   eine halbe Stunde, bevor die Lesung anfing. Deswegen freut es mich dass das in Berlin jetzt geklappt hat.  Machen Sie auch in Russland Lesereisen?
Sergej Lukianenko: Ich reise auch in Russland sehr viel, durch große und durch kleine Städt. Aber bei uns in Russland läuft das ganze etwas anders ab. Normalerweise liest dort der Autor nicht ein Stück aus seinem Buch, sondern diskutiert einfach mit den Lesern und Leserinnen und beantwortet ihre Fragen.

Zauberspiegel: Jetzt war hier ja auch der Sprecher des Hörbuches da, der die Figuren sehr schön belebt hat. Ich habe gesehen, es hat sie auch sehr fasziniert wie er Persönlichkeit in die einzelnen Stimmen gelegt hat. Gibt es auch in Russland Hörbücher zu Büchern oder ist das eher ein deutsches Phänomen?
Sergej Lukianenko: Es gibt auch in Russland Hörbücher und alle meine Bücher sind auch als Hörbücher erschienen. Das wird auch immer populärer dieser Zweig. Ist aber vielleicht noch nicht ganz so verbreitet wie in Deutschland oder in Europa, es ist aber auf alle Fälle ein wachsendes Marktsegment.

Zauberspiegel: Man sagt ja auch, das sich der Buchhandel insgesamt wandelt, von gedruckten Buch weggeht und zum elektronischen Buch, zum elektronischen Medium. Wobei ein elektronisches Medium liegt nicht so schön in der Hand, wie ein gedrucktes Buch.  Wie meinen Sie, wird sich der Markt entwickeln?
Sergej Lukianenko: Es gibt natürlich auch in Russland die Entwicklung der eBooks und die nimmt auch immer stärker zu. Und im Prinzip ist dagegen auch gar nichts einzuwenden. Das eBook als solches ist ja nur eine veränderte Form am Inhalt selbst ändert sich dadurch ja nichts. Aber es gibt auch wiederum ein echtes Problem. Das ist das das halt im Internet viele Bücher als Raubkopie vorliegen, das man sie runterladen kann. Davon hat der Autor dann überhaupt nichts, das wirkt sich dann auch negativ auf seine finanzielle Situation aus und kann sogar dazu führen, dass manche Leute dann einfach aufhören zu schreiben, weil sie nicht mehr davon leben können. Jetzt ist es dann nötig, entsprechende Gesetzte einzuführen, um das irgendwie zu regeln.

Zauberspiegel: Abgesehen von Gesetzen scheinen auch viele Autoren den Weg zu gehen da noch ein bisschen 'Mehrwert' zu bieten, beziehungsweise die Leserschaft nicht nur durch die Bücher sondern durch  Präsenz beim Leser zu binden.
Sergej Lukianenko: Also letztlich hängt es ja hier doch ab von Gesetzen und einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Schriftsteller und seinen Lesern. Denn ein Schriftsteller wird natürlich, egal wie gut er auftritt, nie so hervorragend lesen wie ein Schauspieler. So wie wir das heute auch gerade gesehen haben. Und da muss einfach auch auf andere Art und Weise für Ordnung gesorgt werden, so dass auch Schriftsteller weiterhin von ihrem Beruf leben können.

Zauberspiegel: Das ist ja schon mal ganz wichtig, weil ein Schriftsteller der verhungert unter ner Brücke sitzt, der kann auch nicht schreiben. Zu dem neuen Buch, dem Trix hatte der Verlag ein Gewinnspiel, wo sie einen Textausschnitte veröffentlicht hatten und die Leser hatten raten lassen, wer könnte jetzt der Autor sein. Wir geben zu, wir haben falsch gelegen beim  ersten Raten. Woran könnte man denn so einen Text erkannt haben?
Sergej Lukianenko: Das ist eine ziemlich komplizierte Frage, weil ich versuche, jedes Buch irgendwie anders zu schreiben. Aber, was ich sagen kann, was meine Bücher alle verbindet, das sind schon irgendwie Pageturner und ich schreib halt auch oft über Jugendliche Helden, also der Protagonist ist oft  ein Jugendlicher. Das wären vielleicht Momente gewesen, wo man die Antwort hätte finden können. Ich weiß jetzt leider nicht, wer die anderen Autoren gewesen sind, was für Bücher die schreiben, ob die über Jugendliche schreiben und ob ich mich dann da irgendwie abgrenze.

Zauberspiegel: Ja, also Terry Pratchett war einer der genannt war, als Schreiber von witziger Fantasy, den dritten weiß ich jetzt leider nicht mehr auswendig. Ich sag mal auf dem deutschen Markt sind wir ja hauptsächlich die 'Wächter-Bücher gewohnt und dann war der jugendliche Protagonist bei Schlangenschwert dann schon die Ausnahme. Also denke ich mal, ein deutscher Leser hat es da schwerer gehabt das zu erkennen.
Sie schreiben hauptsächlich Fantasy und Science Fiction, kommen auch sehr stark aus der SF, haben Sie auch schon mal Lust was wirklich ganz anderes auszuprobieren genremäßig,   Krimi oder so?

Sergej Lukianenko: Ich versuch mich gerade auch an einem Krimi und ich hoffe, dass mir das auch gut gelingen wird.

Zauberspiegel: Da bin ich auf jeden Fall schon mal gespannt.
Sie (Frau Pöhlmann) hatten jetzt als die Frage nach den Übersetzungen kam gesagt, das wäre auch deswegen spannend, weil jedes Buch ein wenig anders ist. Haben Sie, Herr Lukianenko, auch ein einen Stilwechsel je nach Genre: Fantasy, SF, Jugendbuch?

Sergej Lukianenko: Das hängt eigentlich hauptsächlich davon ab, das es dann auch für mich selber dann interessanter ist zu arbeiten. Also wenn ich jetzt gerade SF geschrieben hab und ein Weltraumabenteuer, dann möchte ich danach eigentlich Fantasy schreiben oder  phantastische Geschichte, die in einer Alternativwelt spielt oder sowas. Ja, das ist einfach mein Weg um die Arbeit für mich selber interessant zu machen. Ich vermute ich versuch es zu vermeiden, dass ich zwei Bücher im selben Stil hintereinander schreibe.

Zauberspiegel: Also einfach auch alles für sich selbst interessanter zu halten. Ja, da wir jetzt ja auch von Büchern hintereinander schreiben sprachen. Auf der deutschen Fanseite, gab es eine Abstimmung, so nach dem Motto, würden die Fans sich weitere Wächterbücher  wünschen. Da waren dann die meisten bei mindestens zwei gelandet. Ist da was in Planung ist dieser Stoff immer noch interessant, jetzt nach Wächter der Ewigkeit.
Sergej Lukianenko: Es gibt schon die Pläne meinerseits noch einen fünften Wächter zu schreiben. Ich drücke mich aber so ein bisschen darum, weil ich selber noch nicht ganz so angefixt davon bin, aber ich weiß auch dass die Leser das wollen, die Verleger wollen das.  Und eigentlich fragen mich alle: Wann kommt da noch was und ich sehe auch ein, das die Geschichte auch irgendwie zu Ende gebracht werden muss. Habe auch schon ein paarmal angefangen,dann aber gemerkt, nee das klappt noch nicht. Und habe es halt bisher noch nicht geschrieben.

Zauberspiegel: Ich persönlich war dann auch schon am überlegen, nach Wächter der Ewigkeit, war insgesamt von der Magie von der Erklärung her ein ganz gute Abschluss. Die Frage, was danach kommt, stelle ich mir schon sehr schwierig vor.
Sergej Lukianenko: Ja stimmt schon, das war irgendwie Schluss. Dann gibt es aber auch dieses Verständnis dafür, das da noch Interesse besteht und ja, das Ende der Anderen wird vielleicht nicht ganz mitleidig werden. Möglicherweise kriegen sie einfach ihre magischen Fähigkeiten entzogen.

Zauberspiegel: Ich warte es einfach mal ab, bis sie eine zündende Idee haben. Ich persönlich finde es schöner wenn weiter so originelle Sachen  so wie das mit dem Trix rauskommen.
Hier ist ein Zitat über die Zauber: "Sprich in Bildern. Du gibst nicht einem Schmied einen Auftrag. Du wirkst einen Zauber! Und Magie basiert auf reiner Schönheit, auf einer zauberischen Harmonie der Wort." Das ist ein sehr schönes Zitat. Das hört sich auch fast so an wie etwas was man einen Schriftsteller, jemandem der selber schreiben, möchte ans Herz legen kann. Ist das so auch das Rezept, der Zauber der hinter dem schreiben von Büchern selbst steht?

Sergej Lukianenko: Es ist eigentlich schon so, das man sagen kann, die Zauberer dieser Welt, sind die Schriftsteller unserer Welt. Insofern gibt es da schon Parallelen und Anspielungen und mit der Gestalt der Zauberer mach ich mich ein bisschen über Kollegen lustig und ein bisschen über mich selber.

Zauberspiegel: Es ist ja auch schon wichtige, wenn man ein bisschen über sich selbst schmunzeln kann. Ich wermute mal das Buch steckt voll einer ganzen Menge Anspielungen, die man nicht erst auf den ersten Blick mitkriegt. Ich sag mal das mit dem Eipott, das ja wirklich zum schmunzeln ist du auch die jüngeren gleich zum lachen brachte, ist mal jetzt was Offensichtliches.  Aber ich denk mal, da steckt noch viel mehr drin.
Sergej Lukianenko: Ja.

Zauberspiegel: Da wird man dann wohl suchen müssen und das Vergnügen dabei haben.
Sergej Lukianenko: Es gibt in dem Buch auch viele versteckte Zitate und auch aus der Literatur, aus der russischen und ich bin sehr froh das meine Übersetzerin da eine Lösung gefunden hat, das in ne adäquate Form gebracht hat, so das die deutschen Leser dann nachher auch was davon haben.

Zauberspiegel: Es ist ja schon mal schön für einen Autor wenn die Übersetzerin kontinuierlich mit einem zusammenarbeiten kann. Ist ja leider im Buchhandel sehr häufig so bei den englischen, das nicht immer kontinuierlich ein Übersetzer da ist. So kann man vielleicht besser am Stil arbeiten. Wie eng ist diese Zusammenarbeit, wenn sie übersetzen?
Sergej Lukianenko: Also die Beziehung ist schon sehr nett, aber Christiane fragt mich halt sehr selten weil sie halt sehr taktvoll und zurückhaltend ist und kriegt halt ziemlich viel alleine raus. Und meine französische Übersetzerin die zufälligerweise auch Christine heißt stellt mir wesentlich mehr Fragen und versucht halt dann die Sachen zu präzisieren und herauszufinden. Aber obwohl meine Bücher in Frankreich gute Kritik bekommen haben, sind sie hier nicht so populär wie in Deutschland. Das ist wirklich ein Rätzel, weil die Büchern allen gefallen haben. Sowohl den Verlagen, als auch den Kritikern, aber halt nicht so viel gelesen werden.

Zauberspiegel: Das ist dann die Frage, wie sieht französische F und SF aus, die in Frankreich gelesen wird. Da habe ich jetzt nicht so den Überblick. Ich würd mal sagen in Deutschland sind ihre Werke auch deswegen auch deswegen so interessant, weil sie gegenüber dem was so immer rüber schwappt, das US Amerikanischen, doch eine erfrischend andere Perspektive bieten.
Sergej Lukianenko: Ja, das kann so sein.

Zauberspiegel: Was unterscheidet ihrer Meinung nach moderne russische Fantasy von der amerikanischen?
Sergej Lukianenko: Den Hauptunterschied würde ich darin sehen, das die Amerikaner ganz stark sind darin, wenn es darum geht Welten zu erschaffen und die Russen, wenn es darum geht Menschen zu schaffen, die Figuren. Duaman kann nicht sagen, das der eine Zugang besser ist und der andere schlechter. Einfach unterschiedlich. Ich selbst versuche da so einen Mittelweg zu finden und so ein bisschen beide Ansätze zu vermengen und eine interessante Welt zu schaffen und interessante Figuren. Und grundsätzlich sehe ich in diesem unterschiedlichen Zugang, unterschiedlichen Herangehen  den wesentlichen Unterschied zwischen der russischen und amerikanischen Literatur.
Was aber auch noch zu beobachten ist, das hier viele eine sehr simpel gestrickte SF / Fantasy schreiben und da kommt's dann im Prinzip gar nicht mehr drauf an, ob das Russen sind, ob das Amerikaner sind, ob das Deutsche sind, die ist halt überall gleich und sehr, sehr simpel.

Zauberspiegel: In Deutschland und Amerika gibt es so eine Welle der phantastischen Romane der Richtung "Twilight".  Also dieses romantische 'Vampir trifft Mädchen – Mädchen trifft Vampir'. Gibt es die in Russland auch?
Sergej Lukianenko: Ja, gibt es, finde ich schrecklich. Es gibt sogar schon Witze da drüber: Der eine Fantasy Schriftsteller trifft seinen Kumpel und fragt: Na, wat macht der Vampir bei dir? Also diese Vampirschwämme ist einfach...
Ich muss zugeben, dass mich dieses Twilight nicht sonderlich begeistert, das am Anfang von dieser ganzen Hysterie stand und manchmal überlege ich man sollte eine Persiflage oder literarische Antwort darauf schreiben. Wie man so mit einem Vampir umzugehen hat und so weiter und so fort.

Zauberspiegel: Nach den Vampiren kommen hier wohl die Zombies, mal sehen was das für eine Welle wird.
Sergej Lukianenko: (Lacht) Ja kann schon so sein.

Zauberspiegel: Nun, dann bin ich mit meinen Stichworten soweit durch. Eine Frage vielleicht noch. So als Autor was für eine Reaktion, was für Rückläufe wünscht man sich von seinen Lesern, abgesehen natürlich von der offensichtlichen die Bücher zu kaufen?
Sergej Lukianenko: Also was mich am meisten freut, ist wenn ich mitkriege, dass die Leute die Bücher auch wirklich lesen, nicht nur kaufen, sondern lesen. Und da freut es mich besonders, wenn ich das bei Kindern oder Jugendlichen mitkriege.  Na klar, es gibt diese anderen Angebote. Computer, Fernseher. Und wenn ich dann aber sehe, da werden die Bücher gelesen, dann weiß ich aber auch, das meine Bücher notwendig sind, das sie leben, einfach Zukunft haben.

Zauberspiegel: Ich fand das auch sehr schön das hier in der Lesung einige Kinder waren von denen man den Eindruck hatte, die sind nicht nur her geschleift worden, weil gerade Deutschstunde ist.
Sergej Lukianenko: Das hat mir auch gut gefallen, vor allen Dingen das so viele sich auch beteiligt haben, Fragen gestellt haben und einfach auch aktiv waren.

Zauberspiegel: Vielen Dank an Herrn Lukianenko für die Zeit zum Beantworten der Fragen und an Frau Pöhlmann für die Live-Übersetzung. Und ein Dankeschön an Frau Dick und Frau Kraft vom Beltz Verlag für Ermöglichung und Organisation dieses Interviews. 

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