Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

... C. Huber und R. Lübke über eine Vision, das interaktive Hörbuch und eine neue Idee

Die Audioagenten … ... C. Huber und R. Lübke ...
... über eine Vision, das interaktive Hörbuch und eine neue Idee um Geschichten zu erzählen

Computerspiele, bei denen der Anwender den Verlauf einer Geschichtebedingt selbst steuern kann sind bekannt. Drei junge Entwickler haben nun eine Technologie für Hörspiele entwickelt, bei denen der Hörer genau dieses kann: Den Verlauf der Geschichte verändern. Interaktiv eingreifen in das Hörspiel. Eine Neuheit? Eine Sensation? Wird sich sowas durchsetzen? Drängende Fragen, die mir zwei aus dem Team, nämlich C. Huber und R. Lübke beantworten.

Das Hauptmenue Zauberspiegel: Zu allererst muss natürlich die Frage kommen, wie die Idee zu dem Hörspiel APP entstanden ist?
C. Huber: Am Anfang steht die Vision: ein professionelles Interaktives Hörspiel produzieren ohne die üblichen technischen Einschränkungen, ohne die nur allzu bekannten kreativen Kompromisse, ohne wenn und aber – also eine Form der Darstellung, bei der ich mich voll und ganz auf die Story einlasse und gleichzeitig den Handlungsverlauf uneingeschränkt und intuitiv verändern kann, so dass ich eine symbiotische Verbindung mit der Geschichte eingehe. Mit dieser Vision beschäftige ich mich intensiv seit nunmehr fünf Jahren.
Mit diesem Ziel vor Augen beginnt man, sich durch bestehende Produkte, Arbeiten und wissenschaftliche Forschungsthemen zu wühlen. Man beginnt, die Komplexität des Themas "Geschichtenerzählen" zu erahnen. Man versucht herauszufinden, worin die Grenzen bestehen und warum es bis heute noch niemand geschafft hat, sie zu überwinden. Dabei macht man nicht mal vor Themen Halt, die auf den ersten Blick nichts mit interaktiven Geschichten zu tun zu haben scheinen, wie zum Beispiel: die psychologische Bedeutung der Tastenbelegung von Beat'em'up-Spielen.
Stets mit den Fragen im Hinterkopf "Was ist trendy? Was spricht die Leute an? Wie werden Medien heute konsumiert?" schreibt man Entwürfe für Geschichten, denkt sich neue Erzählstrukturen aus und entwickelt und verwirft Interface-Konzepte am laufenden Band.
Schließlich erstellt man eine mathematische Abstraktion seiner Konzepte: Man schreibt ein Computerprogramm. Dann beginnt der nervenaufreibende Teil, denn die Konzepte müssen evaluiert werden. Also muss Content erstellt werden – sehr viel Content. Das ist gar nicht so einfach, wenn man vollkommen ohne Budget auskommen muss, denn die Qualität des Contents hat einen direkten Einfluss auf das interaktive Hörerlebnis. Alles in allem ist die Erstellung eines solchen Mediums eine unglaubliche wissenschaftliche, technologische, psychologische und kreative Herausforderung.
Im ersten Augenblick ist es eine ungeheure Erleichterung, wenn man nach all den Jahren merkt, dass die Konzepte funktionieren, die Theorien aufgehen und die Demogeschichten von den Versuchspersonen förmlich verschlungen werden. Doch dann beginnt die eigentliche Herausforderung: Wie macht man diese innovative Technologie nun massentauglich?
R. Lübke: Und damit sind wir bei der eingangs gestellten Frage angelangt "Wie ist die Idee zur App entstanden?". Die lässt sich schnell und einfach mit unseren Leitfragen beantworten "Was ist trendy? Was spricht die Leute an? Wie werden Medien heute konsumiert?" Antwort: iPhone
 
Zauberspiegel: Ich muss gestehen, dass ich total überfordert mit dem Begriff überhaupt bin. Ich stelle mir das wie Computerspiele vor. Nur dass man die nicht sehen, sondern nur hören kann.
C. Huber: Die Verwirrung finde ich keineswegs verwunderlich. Allein bei dem Begriff "Hörbuch" hat man sich bis heute nicht auf eine einheitliche Definition einigen können. Wie sollte es da mit dem Begriff "Interaktives Hörbuch" besser sein?
Wir kennen etwa zehn unterschiedliche Produkte, die als "Interaktives Hörbuch" bezeichnet werden, die aber nach unseren Kriterien nicht einmal ansatzweise die Anforderungen erfüllen, um sich so nennen zu dürfen. Viele dieser Produkte haben nicht einmal etwas mit Hörbüchern zu tun und andere sind nicht interaktiv. Als Vorreiter der innovativsten Technologie für Interaktive Hörbücher sehen wir es als unsere Aufgabe, hier Aufklärungsarbeit zu leisten und mit den Missverständnissen ein für alle mal aufzuräumen, die mit diesem Begriff einhergehen.
Wir werden uns hiermit noch intensiv auf unserer Webseite www.audiogent.com beschäftigen. Für den Augenblick kann ich eine stark vereinfachte Antwort geben: Ja und nein. Für das Interaktive Hörbuch haben wir uns einerseits Techniken aus Computerspielen angesehen, aber uns an vielen Stellen ganz bewusst über gewisse Regeln hinweggesetzt. Das Interaktive Hörbuch ist das Beste aus den Welten der Hörbücher und der Computerspiele und kann darüber hinaus noch mit ein paar Überraschungen auftrumpfen, die es bis heute nicht gab.
R. Lübke: Mit "Raumzeit – Der verbotene Sektor" geben wir lediglich einen ersten sehr knappen Vorgeschmack auf die Welt dieses faszinierenden Mediums und seinen Möglichkeiten. Wir möchten, dass sich jeder sein eigenes Urteil darüber bilden kann, ob wir da einen interessanten Weg eingeschlagen haben. Deshalb werden wir die App anfangs KOSTENLOS zum Download zur Verfügung stellen.

Zauberspiegel: Wie stelle ich mir das technisch vor. Gibt es mehrere produzierte Szenen für den Handlungsverlauf, die dann zufällig angesteuert werden, oder ist das ganze wirklich viel komplizierter?
C. Huber: Man darf davon ausgehen, dass wir uns in den vergangenen fünf Jahren nicht nur damit beschäftigt haben, Geschichtsteile auseinander zu nehmen und neu zusammen zu würfeln. Jeder darf sich selbst überlegen, wie das ganze technisch funktioniert. Und jeder darf auch Vermutungen dazu anstellen, warum das was wir machen so gut funktioniert. Aber welche Techniken wir da nun konkret entwickelt haben, das ist Firmengeheimnis.

Zauberspiegel: Um was geht es im ersten Hörspiel?
R. Lübke: Captain Burke, ein intergalaktischer Glücksritter sucht auf einem verkommenen Raumhafen einen Navigator für einen ganz besonderen Flug. Er will den Sprung in einen „verbotenen Sektor“ wagen, ein abgeriegeltes Stück Weltraum, in dem unbekannte Gefahren und Reichtümer auf wagemutige Abenteurer warten. "Raumzeit – Der verbotene Sektor" ist eine rasante Science-Fiction Komödie an der die ganze Familie Spaß haben wird. Weitere Infos gibt es unter www.audiogent.com.

Zauberspiegel: Diese Apps funktionieren auf iPOD, iPhone und PC?
C. Huber: Das was wir gebaut haben kann man sich so vorstellen, wie eine MP3-Software. Nur das unser Player keine MP3-Dateien abspielt, sondern IH-Dateien (IH = Interaktive Hörbücher). Im Kern ist unsere Software plattformunabhängig, also ja: sie funktioniert auf iPod, iPhone, PC, MAC, Android, etc. Die Geschichte, die wir gebaut haben – "Raumzeit" – wird zunächst für iPod, iPhone und iPad erscheinen.

Zauberspiegel: Liese sich sowas auch mit Hörspielen umsetzen, die nicht extra dafür gedacht sind? Also Produkte aus dem derzeitigen kommerziellen Bereich wie John Sinclair oder den drei???
C. Huber: Natürlich geht das. Man braucht sich bloß mal den Markt für Videospiele anzusehen. Wie viele Harry Potter Computerspiele gibt es mittlerweile? Die basieren alle auf den wohlbekannten linearen Büchern. Der Kommerz macht alles möglich. Aber ob diese "freien Interpretationen" von J. K. Rowling's Bestsellern auch die gleichen Begeisterungsstürme herbeirufen wie ihre Vorlagen steht auf einem anderen Blatt.
Deshalb gibt es bei Audiogent auch einen sehr strengen Prozess für Qualitätssicherung von Interaktiven Hörbüchern (mit dem wir Autoren regelmäßig auf die Palme bringen). Nicht jede nichtlineare Geschichte darf sich bei uns automatisch "Interaktives Hörbuch" nennen. Dafür haben wir andere Produktkategorien und Güteklassen eingeführt – aber das würde an dieser Stelle zu weit führen.
Am schönsten sind natürlich solche Geschichten, die speziell für das Medium geschrieben werden. Aber wer sagt denn, dass die nicht mit John Sinclair oder den Dr3i ??? zu tun haben dürfen?

Zauberspiegel: Wie lange dauert es so ein Hörspiel APP zu produzieren?
C. Huber: Das kann man kaum bemessen. Wir haben verschiedene Versuche von anderen beobachtet, sich einer solchen Herausforderung zu stellen. Einige haben nach einem halben Jahr auf halbem Weg aufgegeben, andere sind Kompromisse eingegangen oder haben nach Abkürzungen gesucht – mit entsprechendem Ergebnis.
Wir haben weniger eine App produziert, als ein Software-System und eine hochoptimierte Produktionspipeline zu schaffen, mit der sich der komplexe Projektoverhead managen lässt, ohne dass man Qualitätseinbußen und kreative Kompromisse eingehen muss. Mittlerweile sind wir ziemlich effizient im Produzieren solcher Apps geworden. Mit unserem eingespielten Team und einem kooperativen Produktionspartner benötigen wir angefangen beim Drehbuch schreiben grob geschätzt ein bis zwei Monate für die Herstellung einer App mit 20-30 Minuten Spielzeit.

Zauberspiegel: Welche Erfahrungen haben Sie beide persönlich zuvor mit Hörspielen gehabt?
C. Huber: Unsere Kindheiten sind durchzogen von Hörspielen. Wir haben alles rauf und runter gehört, von Kindergeschichten, Fantasy, Krimi bis hin zu Musik-Hörspielen. Das hat bei einigen von uns noch weit über die Zeit angehalten, in der die Klassenkameraden bereits auf Punkrock umgeschwenkt hatten. Von daher haben wir eine sehr präzise Vorstellung davon, was bei Hörspielen gut/schlecht funktioniert und wie wir das Hörerlebnis gestalten möchten.

Zauberspiegel
: Ist der Erfolg für diese Idee, die Sie da hatten eher eine Hoffnung oder ein fester Glaube, dass sich so etwas in Zukunft etabliert? Denn man darf nicht vergessen, dass der Hörspielmarkt eher ein Nischenmarkt ist?
C. Huber: In der ersten Zeit ging es weder um Hoffnung noch um festen Glauben an ein funktionierendes Produkt. Man hatte sich da etwas Außergewöhnliches ausgedacht und man wollte es einfach mal in Aktion sehen. Als die ersten Prototypen dann fertig waren und wir das ganze einfach mal spaßeshalber mit ein paar Versuchspersonen getestet haben, waren die Rückmeldungen geradezu überwältigend. Die Frage, ob sich so etwas in Zukunft etablieren kann ist seitdem kein fester Glaube, sondern eher eine klare Gewissheit.
R. Lübke: WIE man ein solches Hybridprodukt erfolgreich etablieren kann ist vielmehr eine Frage der Vermarktung. Es mag sein, dass manch einer den Hörspielmarkt als Nischenmarkt ansieht. Aber wer daraus schlussfolgert, dass wir mit dem App Store ebenfalls auf einen Nischenmarkt setzen, sollte sich mal die Verkaufszahlen der letzten 24 Monate ansehen.
Zauberspiegel: Wie teuer wird so ein Hörspiel sein?
R. Lübke: Wenn man all die Unkosten, Arbeit, Zeit und Mühe berücksichtigen wollte, die bei der Produktion von "Raumzeit – Der verbotene Sektor" entstanden sind, dann müsste man einen Verkaufspreis veranschlagen den wohl niemand bereit wäre zu zahlen. Auf der anderen Seite würde jeder symbolisch veranschlagte Preis unsere getätigten Investitionen kaum decken. Und da es derzeit kein vergleichbares Produkt am Markt gibt, können wir auch keine zuverlässige Erfolgsprognose machen. Deshalb haben wir uns entschieden das Pferd von hinten aufzuzäumen: Unsere erste App "Raumzeit – Der verbotene Sektor" wird KOSTENLOS zum Download zur Verfügung stehen. Wir möchten die Community entscheiden lassen, ob dieses Projekt es wert ist, fortgesetzt zu werden – ob die Serie "Raumzeit" fortgesetzt werden soll, ob es andere Interaktive Hörbücher geben soll. Unsere App wird eine Funktion enthalten, mit der man uns einen beliebigen Betrag spenden kann (eine sogenannte DONATIONWARE). Wir werden außerdem dafür sorgen, dass die Community über zahlreiche Kanäle mit uns in Kontakt treten kann, um mit uns zu diskutieren, was sich Fans als nächstes wünschen, welches Features sie vermissen, was sie von dem Projekt als solches halten, usw.

Zauberspiegel: Denken Sie, die Kosten können alle gedeckt werden?
C. Huber: Ja, ich denke sehr wohl dass das möglich ist. Es gibt genug Hörspiel- und App-Fans im deutschsprachigen Raum. Wenn wir genug Leute davon überzeugen können, eine Spende für unsere Sache zu geben, dann wird 2011 das Jahr des Interaktiven Hörbuchs!
"Oh Junge, oh Junge! Und das ist erst der Anfang!" – Kenny Faulzahn

 

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.