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... Moritz Wulf Lange über ungelöste Rätsel, Planungen und Ideen zu Edgar Allan Poe

Moritz Wulf lange (Foto: Kai Bienert) ... …Moritz Wulf Lange ...
...über ungelöste Rätsel, Planungen und Ideen zu Edgar Allan Poe

Lübbe Audio offenbarte den Hörern das Ende der Hörspielserien Edgar Allan Poe, Offenbarung 23 und Perry Rhodan. Während die beiden letzteren wenigstens nicht abrupt enden, da Pop.de eine Weiterführung bis zum Ende von vorgeplanten Staffeln wagt, so endet Edgar Allan Poe mitten in der Geschichte. Dass man das auch anders sehen kann, erzählt der Autor der Hörspiele, Moritz W. Lange. Und er klärt einige Fragen, die den Hörern auf den Nägeln brannten.

Zauberspiegel: Lübbe hat Edgar Allan Poe zum Leidwesen der Fans eingestellt, und zwar mittendrin. Wie haben Sie diese Entscheidung aufgenommen?
Moritz W. Lange: Sagen wir so: Es gibt schönere Enden einer jahrelangen Zusammenarbeit.

Zauberspiegel: Sie haben in einem früheren Interview mit mir erwähnt, dass fünf Handlungsbögen geplant waren. Jetzt war erst der zweite im Gange. Es gab aber nur ca. 50 Poe-Vorlagen. Wie hätten Sie die übrigen 3 Handlungsbögen noch unterkriegen können in 13 Folgen (ab 37 gerechnet)?
Moritz W. Lange: Ich arbeite mit einer englischen Gesamtausgabe, in der ungefähr 80 Kurzgeschichten von Poe abgedruckt sind. Natürlich eignen sich davon nicht alle. Aber es wäre kein Problem gewesen, noch drei Handlungsbögen zu erzählen - zumal es dazu keine Längenvorgabe gab.

Zauberspiegel: Wie frustrierend ist es für einen Autor eine so tolle Serie nicht zu Ende schreiben zu können? Ich meine nicht wegen dem Problem, eventuell nichts mehr zu tun zu haben, sondern wegen der verlorenen Ideen und der verschenkten Geschichte.
Moritz W. Lange: Es ist noch nicht endgültig zu Ende. Sehen Sie, die Idee zu einer Hörspielserie stammt zwar vom Verlag, aber die Geschichte ist von mir. Für die bestehenden Folgen hat der Verlag die Audio-Rechte, aber ich bin frei, die Geschichte weiter zu erzählen. Insofern ist für mich nichts verloren, sondern nur aufgeschoben. Irgendwann wird der richtige Moment da sein, um die Geschichte zu Ende zu erzählen. Das werde ich dann auch tun.

Zauberspiegel: Wird die Geschichte vielleicht in Buchform weiter erzählt werden? Im Internet kursiert dieser Vorschlag bereits.
Moritz W. Lange: Schon nach dem ersten Roman, "Lebendig begraben", hat der Verlag mit mir über eine Fortsetzung gesprochen. Daraus ist damals nichts geworden, wir hatten zu unterschiedliche Vorstellungen. Aber wer weiß, was sich irgendwann einmal ergibt. Wenn ein Verlag möchte, dass ich weiterschreibe, werde ich das sicher auch tun.

Zauberspiegel: Nun bleiben für die Fans ja leider einige Fragen unbeantwortet. Was genau hatten Sie vor. Der Handlungsstrang „Wer bin ich?“ war abgeschlossen, der zweite „Wie beweise ich mich?“ war in vollem Gange. Wie lange sollte dieser noch andauern?
Moritz W. Lange: Der zweite Strang war gerade zu Ende erzählt: mit einem symbolischen Knall, als die Kutsche, die Poe retten sollte, von der Straße gesprengt wird. Poe ist endgültig mit allen legalen und illegalen Mittel gescheitert, seine Identität und damit sich selbst als Schriftsteller zu beweisen.

Zauberspiegel: Und was sollte danach kommen, ging die Planung schon so weit?
Moritz W. Lange: Nun hätte Poe sich damit auseinandersetzen müssen, wo er hin will: verzeiht er und fängt ein neues Leben an? Geht er als gebrochener Mensch durchs Leben, der zu vergessen versucht? Begibt er sich auf einen verzweifelten Rachefeldzug? Das Monte-Christo-Motiv aus der Folge "Teer und Federn" legt nahe, dass er sich zumindest nicht sang- und klanglos irgendwo verkriechen wird.

Zauberspiegel: Es gab in der zweiten und dritten Staffel die Figur George Appo, die dann starb. War diese Figur wirklich durch, oder sollte sie nochmals auftauchen?
Moritz W. Lange: Appo ist tot, Friede seiner Asche. Er war eine gute Figur.

Zauberspiegel: Welchen Raum sollte die Figur Leonie noch einnehmen? Sie war ja nie über jeden Zweifel erhaben. Spielte sie wirklich falsch?
Moritz W. Lange: Leonie hat ihre ganz eigene Geschichte. Sie ist in engerem Sinne keine Falschspielerin, sondern persönlich integer - einer der Gründe, warum Iris Berben so gut für die Rolle gepasst hat. Aber es ist richtig, dass Leonie nicht über jeden Zweifel erhaben ist. Nur kann sie dafür nichts, das liegt an ihrer Geschichte.
Zauberspiegel: Und Leonies Ehemann - welche Rolle sollte er noch spielen?
Moritz W. Lange: Ich meine, ich habe Leonie ihren Mann erschießen lassen, in Folge 35? In der Schlussszene von "Marie Roget". Möglicherweise wäre er bei passender Gelegenheit noch einmal in einer Rückblende, im Traum oder als Geist durchs Bild gelaufen, mehr aber nicht.
Zauberspiegel: Stimmt, aber in einer Gruselserie ist die Wiederkehr von Toten nicht unmöglich. Und die anderen Figuren wie Griswold und Anna Rogét, hätten die noch Raum bekommen?
Moritz W. Lange: Anna Roget liegt seit der "Flaschenpost" neben Kapitän Hardy begraben, aber Griswold, oh ja, eine wichtige Figur - genau wie der historische Griswold im Leben des historischen Poe eine wichtige - und sehr umstrittene - Figur gewesen ist.

Zauberspiegel: Warum hieß Dr. Baker ab Folge 26 plötzlich wieder Dr. Templeton. Es heiß doch dieser sei von Baker erschlagen, um dessen Identität anzunehmen?
Moritz W. Lange: Die Namenswechsel sind vor allem aus Poes Perspektive wichtig - sein Vertrauter Arzt und Freund entpuppt sich als Monster, entsprechend ändert sich der Name. Später darf er dann wieder zum vertrauten Namen zurückkehren, inzwischen weiß Poe ja, wer dahintersteckt.

Zauberspiegel: Ist Poe wirklich der Dichter Poe, oder sollte da noch eine Überraschung kommen?
Moritz W. Lange: Poe ist tatsächlich der Dichter Edgar Allan Poe - trotzdem schließt das eine Überraschung nicht aus! Dass er über das historische Datum hinaus am Leben geblieben ist, hat seinen ganz eigenen Sinn.

Zauberspiegel
: Viele bemängeln die nachlassende Qualität nach 25 Folgen. Zu viele Wiederholungen wurden kritisiert (z.B. Poe unter Mordverdacht, Leonie und Poe getrennt). Warum haben Sie die Geschichten sehr oft so angelegt?
Moritz W. Lange: Poe hatte eine ganze Menge durchzumachen. Unschuldig unter Mordverdacht geraten ist wohl eines der schlimmsten Dinge die passieren können, zumal wenn die Todesstrafe droht. Gewaltsam von seiner Frau getrennt zu werden, wünscht man sich auch nicht unbedingt. Insofern haben Mordverdacht und Trennung Poes verzweifelte Lage dargestellt. In Zukunft hätte es andere Schwerpunkte gegeben.

Zauberspiegel: Wie stehen sie überhaupt zu dem Konzept, eine Serie endlos fortzusetzen bis sie eingestellt wird. Wäre es in diesem Falle nicht besser gewesen, z.B. nach Folge 25 Schluss zu machen?
Moritz W. Lange: Ein plötzliches Ende nach Staffel 9 scheint mir nicht gerade das Kennzeichen einer endlosen Serie zu sein. Ein Problem wäre es aber gewesen, wenn es nach dem fünften Handlungsbogen immer noch hätte weitergehen sollen. Vielleicht wäre dann für mich der Zeitpunkt da gewesen, nicht mehr weiterzuschreiben.

Zauberspiegel: Denken Sie auch, es sollte noch eine Abschlussstaffel oder wenigstens Folge gemacht werden? Und haben Sie sich dahingehend auch bemüht?
Moritz W. Lange: Nur weil die Serie eingestellt wurde, ist die Geschichte von Edgar Allan Poe ja noch nicht zu Ende erzählt - warum also eine Abschlussfolge? Das würde die Erzählung künstlich ausbremsen. Von daher habe ich bei internen Diskussionen von einer Abschlussfolge abgeraten. Statt in dieser Richtung zu arbeiten, habe ich ein paar Gespräche geführt, um die Serie vielleicht doch noch unter einem anderen Dach weiterlaufen lassen zu können. Leider vergeblich.

Zauberspiegel: Was kommt für Sie persönlich nun nach? Schreiben Sie weiterhin Hörspiele?
Moritz W. Lange: Ein Hörspiel von mir, "Totholz", wurde vor Kurzem auf WDR 5 gesendet. Die Romane "Kleine Aster" und "Kalter Abgrund" sind die ersten Bände einer Krimireihe um den Privatdetektiv Michael Dallinger, die ich für Bloomsbury Berlin schreibe. Ermutigende Sachen, um weiter zu machen. Und gerade habe ich einen Beitrag für eine Poe-Anthologie zugesagt.

Kommentare  

#1 Freibeuter 2010-09-30 20:33
Schade das sich Moritz W. Lange gegen einen Abschluß über wenige Folgen ausdrücklich ausgesprochen hat. Er verhindert dadurch nicht nur weitere Folgen, denn kein Label wird jemals diese Serie weiter als Endlos-Serie weiterführen wollen, sondern er entäuscht damit auch viele Poe-Fans, die seit Folge 25 auf einen vernünftigen Abschluß gehofft haben. Ich für meinen Teil hätte mich jedenfalls über eine Adschluß-Doppel-Folge oder ähnliches sehr gefreut und mit einer in sich abeschlossenen Serie könnte man immer noch neue Poe-Freunde finden. So wird kein Neuling mehr mit der Serie anfangen denn er weiß das die Handlung mittendrin endet :sigh:
#2 G. Walt 2010-09-30 23:24
Die Autoren haben manchmal ganz andere Auffassungen von ihren Geschichten und Ideen, als eben die Fans. Auch ich hätte eine Abschlussfolge besser gefunden. Doch in heutiger Zeit wollen die neuen Autoren wohl kein Ende mehr das alles aufklärt. Stattdessen wollen Sie ein Ende mit Spielraum für die persönliche Phantasie.
Ich akzeptiere die Entscheidung des Autoren, auch wenn sie mir nicht gefällt. Aber es ist sein Werk.

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