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... Simeon Hrissomallis und Konsorten über Hörspiele, Märkte und die Zukunft

Simeon Hrissomallis ... Simeon Hrissomallis und Konsorten ...
... über Hörspiele, Märkte und Nester

Simeon Hrissomallis (Russell&Brandon Company) Äußerungen in der Hörspiellobby (und im Zauberspiegel) sind Thema unseres aktuellen Leitartikels. Wir haben im Interview nochmal nachgehakt. Und das nicht nur bei ihm, sondern auch bei einigen seiner Kollegen. Als da sind Sven Schreivogel (Nocturna Audio bzw. künftig Entertainment), Thomas Birker (TS-Dreamland), Joachim Otto (Romantruhe Audio). Wegen akuter Arbeitsüberlastung mußte Mario Cuneo (Delicious Media) leider absagen.

So versuchen wir dem Hörspielmarkt und seinen Mechanismen und seiner Zukunft auf den Grund zu gehen. Und ich muß sagen, es sind einige Augenöffner unter den Antworten der "Kleinen" der Branche. - Und wir hoffen auf eine rege Diskussion.

Viel Spaß...

 

Zauberspiegel: Simeon, du redest im Interview mit der Hörpiel-Lobby Klartext was Verkaufszahlen und Qualität angeht. Bist Du ein Nestbeschmutzer?
Simeon Hrissomalis: Bin ich das? Ich denke nicht. Aber irren ist ja bekanntlich menschlich. Es waren einfache ehrliche Antworten auf interessante Fragen.
Was habe ich mit meinen Aussagen bezweckt? Wollte ich all die Fans erschrecken? Ihnen was Falsches vorgaukeln?
Gewiss nicht, mir ist es auch schwer gefallen über Verkaufszahlen, und im Besonderen über unsere Verkaufszahlen zu sprechen.
Es ist ja ein ungeschriebenes Gesetz in der Verlagswirtschaft: Über Auflagenzahlen und Verkaufszahlen spricht man nicht.
Als ich vor kurzem las, dass von JOHN SINCLAIR #50 eine limitierte Auflage (Metallbox) rauskommt in einer Zahl von 10.000 Exemplaren, war ich überwältigt und stolz auf uns… das würde ja heißen. JEDE Produktion von uns ist EXTREM limitiert. Also, liebe Fans besorgt euch unsere extrem limitierten Produktionen. Wink

Zauberspiegel: Simeon Hrissomalis redet im Interview mit der Hörpiel-Lobby Klartext was Verkaufszahlen und Qualität angeht. Ist er ein Nestbeschmutzer?
Sven Schreivogel: Nein, keinesfalls. Es ist eine realistische Einschätzung – zumindest, was die Verkaufszahlen der kleinen Labels und Verlage angeht. Ich finde es sehr mutig von ihm. Allerdings würde ich meine eigenen Zahlen nicht bekannt geben; ich dürfte es auch nicht, weil so was von den Lizenzverträgen her unter Interna fällt. Meine Geschäftspartner würden mich dafür rügen, und das zu Recht. Außerdem betrifft es meine Firma nur zum Teil, weil wir ja auch Auftragsproduktionen machen.
Thomas Birker: Nein, zwar gibt es das ungeschriebene Gesetz: Über Verkaufszahlen spricht man nicht. Aber wirklich verboten ist es nicht, es spricht nur eben normalerweise niemand wirklich drüber. Ob es jetzt sinnig war, Verkaufszahlen anderer Mitbewerber zu sprechen, möchte ich nicht beurteilen. Dennoch ist es so, dass er Recht hat, viele reden den Tatsächlichen Zustand einfach besser als er wirklich ist.
Was nicht zu letzt, mit an meinem Lieblings Reizthema Raubkopien und Illegale Downloads liegt.
Joachim Otto: Meiner Meinung nach nicht. Ich mag Leute, die offen sagen, was sie denken.

Simeon HrissomallisZauberspiegel: Warum redest Du Klartext? Was bewegt Dich? Was willst Du erreichen?
Simeon Hrissomalis: Letztendlich stand ich vor der Entscheidung – wie üblich bei Interviews -  alles schön zu reden und die R & B Company zu bewerben und uns als tollstes Label darzustellen ODER die unschönen Fakten zu offenbaren.
Ich habe mich die für die Wahrheit entschieden. Jeder der nur annährend ein guter Geschäftsmann ist, wird dir das bestätigen das unterstelle ich mal so.
Es gibt kein einziges kleines Label, dass sagen kann: „Wow, wir sind total zufrieden mit unseren Produktionen! Wahnsinn wir haben tolle Abverkäufe.“
Die Wahrheit liest sich eher so: „Na ja, die Zahlen sind zufriedenstellend, aber es könnte besser sein ODER Oje, frag lieber nicht. Katastrophal ODER Es geht noch, aber ein bisschen weiter nach unten und wir können den Laden dicht machen…“
Es gibt natürlich auch die Möglichkeit des Blenders und Täuschers, oder sagen wir mal den „Hardcore-Businessman“, dieser wird sagen: „Alles Toll unsere Serie ist der Überflieger! Wir sind die Besten! Besser geht es gar nicht und nebenbei haben wir auch das Hörspiel neu erfunden und überhaupt haben wir die dickste Hose an, u.s.w.“
Diese Aussagen sind besonders amüsant, zumindest so lange bis die Bank den Geldhahn zudreht.
Wieso schreibe ich dies alles? Bin ich ein destruktiver Mensch? Ein Miesepeter? Ein widerwärtiger unsympathischer Denunziant und Besserwisser?
Wer mich kennt weiß, dass ich dies alles  NICHT bin. Ich möchte auch unsere und die Produktionen der Kollegen nicht schlecht reden, aber ich möchte unseren Fans gegenüber ehrlich sein und die Fans einfach für das Thema sensibilisieren.
Vielleicht auch die erreichen, die bisher unsere Produktionen nicht legal erworben haben und nun vielleicht uns doch finanziell unterstützen möchten, damit ihre Lieblingsserie weiter produziert wird.
Es muss jedem illegalen „Downloader“ klar werden: Wer „saugt“ gefährdet durch sein Handeln den Fortbestand der Hörspielserien! Abgesehen davon ist es eine kriminelle Handlung, da gibt es gar nicht darüber zu diskutieren. Von wegen Kavalierdelikt und so weiter…
Ich gehe ja auch nicht in den Mediamarkt um die Ecke und leihe mir CDs aus um sie zu kopieren und dann wieder ins Regal zu stellen.
Genauso „tödlich“ ist die Zweitverwertung über Ebay, die bringt den Hörspiellabels gar nichts. Dem Konsumenten schon, aber die Freude währt nicht lange, wenn Aufgrund schlechter Umsätze die Serie eingestellt wird.
Ich denke, dass viele Fans/Konsumenten einfach nicht Hintergrundinformationen über den bestehenden Hörspielmarkt besitzen. Aus diesem Grund auch nun meine Offenheit:
Bitte kauft die Originale. Wenn euch bestimmte Serien gefallen kauft sie legal und empfehlt sie weiter. Kauft bitte auch zeitgleich beim Erscheinen, damit diese Hörspiele nicht retourniert werden. Unterstützt die kleinen Labels, da die Startauflagen nicht höher als 1.000 bis 2.000 Exemplare betragen.
Unterstützt uns und habt viel Freude mit unseren Produktionen und damit meine ich natürlich auch die Produktionen der Kollegen.
Die Fans, bzw. Konsumenten sind das A und O. Ich möchte nicht das unsere Fans zwei oder drei Monate warten und unsere Produkte kaufen, sondern SOFORT! Wieso? Es kann sein, man weiß je mittlerweile, dass der Markt übersättigt ist, dass der Tonträgerhandel schon nach sechs Wochen anfängt zu retournieren! Das ist für jedes Hörspiellabel tödlich.
Ich möchte dieses System erläutern:
Die fertige Ware (Hörspiel-CD) wird durch die Vertriebe in den Einzelhandel (Saturn, Mediamarkt, Karstadt, etc.) gebracht, diese liegen einen gewissen Zeitrahmen im Handel aus. Früher betrug diese Zeit 3 bis 6 Monate, manchmal sogar länger.
Durch die (Über-)Sättigung des Marktes, kann der Handel mittlerweile nach sechs Wochen retournieren.
Das heißt: Wenn sich der Saturn in „Hörspielhausen“ vier Hörspiel-CDs der Serie „Kauf mich“ in die Regale stellt und innerhalb von sechs Wochen keinen einzigen Abverkauf hat, wird die gesamte Ware retourniert.
Ich weiß, dass viele Fans sich bei laufenden Serien, viel Zeit lassen die Produkte zu kaufen, da sie glauben diese Hörspiele wären lange im Handel verfügbar. Dies ist ein Irrglaube.
Wenn sich eine Serie nicht anmessend verkauft, ist sie bei der nächsten Folge nicht mehr im Handel vorrätig. Es ist ein Teufelskreis.
Nochmals: Ich möchte Die Sammler, Fans, Kunden, Liebhaber nicht verschrecken. Ich möchte einfach darauf aufmerksam machen, dass wir als R & B Company und viele Kleinlabels auf JEDEN Abverkauf angewiesen sind.
In der heutigen Zeit können 100 oder 200 Abverkäufe mehr oder auch weniger über das Schicksal einer Hörspielserie entscheiden.
Das sind die Fakten, und wenn ich wegen solcher Aussagen ein Nestbeschmutzer sein soll… dann bin ich es von mir aus gerne!

Zauberspiegel: Was kann man aus Simeons Äußerungen mitnehmen? Sind sie geeignet für eine Selbstreflexion der Branche? Welche Schlüsse sind zu ziehen, welche Taten sollten folgen?
Sven SchreivogelSven Schreivogel: Zuerst mal gibt’s tatsächlich eine begrenzte Zahl der Horror-Puristen – diese Fangruppe wird nämlich am häufigsten von den Klein-Labels/Verlagen bedient. Und auch das Portemonnaie des größten Fans ist irgendwann mal leer. Es ist unstrittig, dass es in der Branche, in der wir uns bewegen, eine Marktübersättigung gibt, der eine Marktbereinigung folgen wird. Damit möglichst viele „Kleine“ überleben können, sollten sie zusammenarbeiten – so wie es Nocturna Audio mit befreundeten Kollegen wie Thomas Birker von Dreamland, Björn Korthof von Hearoric und Horst Kurth von Hörfabrik jetzt schon tut. Das ist ein guter Weg ...
Thomas Birker: Ich kann Simeons Worten eigentlich kaum was zufügen, er sieht es ja ganz ähnlich wie ich. Es gibt Leute in der Szene und auch ein paar wenige Kollegen, die Sachen einfach schön reden und gewisse Rezensenten die ihnen nach dem Mund reden.
Aber eben auch Kollegen wie Simeon, die Kollegen von Titania, Balthasar von Weymarn und einige mehr, die Aufzeigen das der illegale Download Szene nicht bewusst ist was sie eigentlich mit ihren Straffrechtlichbestraffbahren Taten anrichten oder es ist ihnen einfach egal. Aber sie werden sicher auch noch zur Einsicht kommen, wenn sie selbst erleben wie es ist, wenn es an den Geldbeutel geht und man für verbotene Taten zur Verantwortung gezogen wird. Um so mehr ist jedem Käufer zu danken, der die Hörspiele auf dem direkten Weg ersteht und so dem Label und den Hörspielen seines Geschmackes das Fortbestehen sichert. Ich habe nichts gegen Ebay, nur bringts es dem Label nichts, wenn man Hörspiele aus zweiter Hand kauft. Es sichert nicht den Fortbestand der Serie, die der Hörer gerne weiter verfolgen möchte.
Daher allen treuen Hörspielfans Danke für Eure Unterstützung, wir wissen das sehr zu schätzen. Was das andere Problem angeht, dass Übermaß an Angebot, so bin auch ich sicher, dass sich Qualität durchsetzten wird und sich er Markt selbst bereinigen wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass bis Ende 2012 der Markt bereits anderes Aussehen wird, wie er noch im Moment da steht.
Joachim Otto: Ich denke, der Markt reguliert sich von selber. Qualität wird sich durchsetzen.

Zauberspiegel: Was kann der Konsument, sprich Hörer von Simeons Äußerungen lernen?
Simeon Hrissomalis: Mein Anliegen war, dass ich für Transparenz und etwas mehr Verständnis beim Hörer sorge. Ich halte das für wichtig. Nur so können die Fans wirklich verstehen wie es um ihr Hobby steht und der verklärte Fanblick wird anhand der Auflagenzahlen und Verkaufszahlen-  klarer. Hoffe ich zumindest.
Ich bin mir sicher, die Fans die diesen Artikel/Interview gelesen haben, begreifen nun, dass die große Zeit der Hörspiele und auch Heftromane vorbei ist. Beide Medien sind in der unserer modernen Konsumgesellschaft zu Nischenprodukten geschrumpft. Ich wünsche mir, dass der Hörer/Fan/Sammler/Konsument ein klareres Bild seines Hobbys hat anhand der Artikel und Hintergrundinformationen.
Sven Schreivogel: Die Hörspiel-Fans müssten dahingehend sensibilisiert werden, dass Klein-Produzenten – und ich spreche hier jetzt nicht von Leuten, die das Hörspielmachen als aufwändiges Hobby betreiben – von der Wirtschaftlichkeit ihres Unternehmens abhängig sind. Es ist bekannt, dass in bestimmten Foren ein rüder Tonfall herrscht, wo nach der Einstellung einer Serie aufgrund rückläufiger Zahlen mitunter mal geschrieben wird: „Warum macht dieser Arsch eigentlich nicht weiter?“ Ein weiteres Problem sind illegale Kopien der Produktionen, die im Internet verbreitet werden.
Thomas BirkerThomas Birker: Was die Konsumenten daraus lernen können? Kauft was Euch gefällt und saugt es Euch nicht. Ihr habt es in der Hand, ob Hörspielserien die Euch gefallen, unter Umständen eingestellt werden müssen oder ihr noch viele weitere Folgen erleben könnt. Und sensibilisiert auch Eure Freunde, Geld liegt nicht auf den Strassen und das wisst Ihr ja auch alle. Also bedenkt, läuft eine Serie nicht mindestens kostendeckend, kann die beste Serie nicht überleben. Ich frage mich bei manchen Usern, ob sie eigentlich was sie von sich geben, wenn sie bemängeln, dass Serien eingestellt werden obwohl die Macher im Vorfeld bereits da vor gewarnt hatten, dass es nicht gut um die Serie steht. Ich denke da an Meteor Horror, Mark Brandis, Andi Meisfeld, Twilight Mysteries, Holgers Weltreisen, Schattenreich und andere Serien, die alle ihre Fans haben/hatten, aber dennoch eingestellt wurden oder ums Überleben kämpfen ob wohl sie in der Gunst der Fans eigentlich ganz gut da stehen. Nur gibt es eine zu geringe Käuferschicht, da sollten die Personen die die Hörspielserie nicht unterstützen, obwohl sie sie hören und sie ihnen gefällt mal drüber nachdenken.
Joachim Otto: Besser auf Qualität zu achten. Aber für den Kunden zählt eigentlich nur der Preis. Manchmal schade.

Zauberspiegel: Joachim  ist auch Kleinverleger. Kann man manches von Simeons Äußerungen auch auf den Printbereich übertragen?
Joachim Otto: Mit der modernen Technik sind jetzt sicherlich auch Kleinauflagen gesuchter Titel möglich, die sonst nicht möglich waren. Geld lässt sich damit nur bedingt verdienen.

Zauberspiegel: Wie ist Eure persönliche Prognose für den Hörspielmarkt in den nächsten zwei, drei Jahren? Was passiert?
Simeon Hrissomalis: Überleben werden die Labels die einen gesunden wirtschaftlichen Hintergrund haben. Auch Labelmacher die die Hörspielproduktionen als Hobby betreiben haben gute Chancen. Ich schätze mal bei einigen Serien, bzw. Produktionen werden die Preise angeglichen, das heißt Preiserhöhungen, und das produzieren für einen kleineren Kreis von interessierten Kunden, ähnlich wie es schon auf dem deutschen Comicmarkt passiert ist. Ich schätze mal in 2 – 3 Jahren werden wir ca. ein Drittel von den Serien auf dem Markt haben im Vergleich zum gegenwärtigen Zeitpunkt. 2009/2010 wird es noch einen gewaltigen Ausstoß an neuen Serien/Produktionen geben und dann folgt die Bereinigung.
Sven Schreivogel: Wie gesagt: Der Markt wird sich bereinigen. Im Hinblick auf die Zukunft bin ich eher optimistisch, und zwar weil wir unser Spektrum gerade erweitern.
Thomas Birker: Wie ich bereits schrieb, ich bin mir sicher, das der Mark am Ende 2012 schon ganz anders aussieht, als noch heute. Labels die einen guten wirtschaftlichen Hintergrund haben und wo man nicht nur glaubt mit Hörspielen den schnellen Reibach zu machen, sondern mit Herzblut bei der Sache ist, werden es schaffen.
Im Falle Dreamland Productions, bin ich optimistisch, „Dreamland Grusel“ und „Tony Ballard“ haben sich gut am Markt platziert, „Dreamland Action“ wird die erste Serie ihrer Art. Und sonst sind noch einige Einzelhörspiele und Hörbücher geplant.
Wir haben treue Fans und darüber sind wir sehr glücklich und auch stolz.
Ganz klar steht für mich auch fest, dass Labels wie Titania Medien, Stil, WortArt, R & B Company und ein paar andere durch ihre besonders hohe Klasse ihrer Produktionen am Markt bestehen werden. Alles andere wäre eine Schande.
Joachim Otto: Es wird weiterhin eine große Auswahl an professionellen Hörspielen geben, aber auch einer ganzen Reihe von kostenlosen oder preiswerten Hörspiele zum downloaden.

Zauberspiegel: Du hast gesagt, Du willst Dein Spektrum erweitern. Und in der Tat firmierst Du um. Eine homepae ist zu finden. Das Portrait für die HÖRSPIEL 2009 beinhaltet auch nicht mehr NOCTURNA AUDIO. Welche Bereiche soll den NOCTURNA ENTERTAINMENT, wie Deine Firma sich im Portrait für die Hörspiel schon nennt, denn abdecken? Spielfilme, wie früher? Vielleicht auch Print? Aber doch wohl auch Hörspiele? Erzähl mal was... Wink Mach uns klug... Laughing
Sven Schreivogel: Nocturna Entertainment wird als Medienproduzent in den Bereichen Film/Video und Hörbuch/Hörspiel arbeiten. Seit 2006 hat es sich so entwickelt, dass Nocturna Audio (dieser Name soll als Marke erhalten bleiben) immer mehr Aufträge erhielt, die das Medium Video voraussetzten. Zum Beispiel hat meine Firma einen Imagefilm für das Amt für Straßen- und Verkehrswesen Eschwege hergestellt, mit dem sich die Behörde auf dem Hessentag 2006 in Hessisch Lichtenau präsentierte. Aber auch Online-Videoclips für die Extra Tip Mediengruppe gehören inzwischen zu den Daueraufträgen. Deshalb wollte ich das Spektrum meiner Firma jetzt auch "offiziell" erweitern.
Neben dieser Vielzahl an Videoprojekten mit dokumentarischem Inhalt wäre es - natürlich! - denkbar, auch mal ein Spielfilmprojekt anzugehen. Allerdings sollte dafür erst mal der passende Rahmen gefunden werden. Also: Warten wir's ab!
Nach wie vor wird der Schwerpunkt auf dem Bereich Hörbuch/Hörspiel liegen. In Anbetracht der derzeitigen Entwicklung dieser Branche ist es jedoch wichtig, sich multimedialer zu orientieren - vor allem, wenn man wie in meinem Fall damit zu seinen Wurzeln zurückkehren kann.
Der Print-Bereich ist geplant, ja! Das erste Projekt auf diesem Sektor ist ein Buch, an dem ich seit letztem Sommer gemeinsam mit meinem Freund und Kollegen Michael Caspar, einem Journalisten vom Göttinger Tageblatt, arbeite. Dabei handelt es sich um einen Bericht, der sich mit übersinnlichen Phänomenen beschäftigt.

Zauberspiegel: Was glaubt Ihr, gibt es einen Markt für Eure Hörspiele jenseits der Kassettenkinder? Wie können kleine Labels diesen Markt, so es ihn gibt, erreichen?
Simeon Hrissomalis: Den Markt gibt es nicht. Laut einer Umfrage des Hörspiel-Awards Team sind 65% der Hörspielhörer zwischen 25 und 40 Jahre alt. Unter 15 Jahren sind es gerade mal 1,5%. Wer mit Hörspielen nichts anfangen kann, wird sich auch nicht von ausgeklügelten Top-Produktionen überzeugen lassen. Entweder man interessiert sich für ein Medium oder eben nicht.
Sven Schreivogel: Als Produktionsfirma ist Nocturna Audio nicht festgelegt, was die Zielgruppe angeht. Insbesondere bei den Auftragsproduktionen ist das Interesse sehr unterschiedlich. Das ist eine echte Abwechslung. Ein Label oder Verlag hat’s schwerer, weil eine Positionierung, sprich: eine Programmstruktur erwartet wird. Im Moment ist’s keine gute Zeit, um so ein Vorhaben zu realisieren.
Thomas Birker: Die meisten Hörer sind über Fünfundzwanzig, aber es gibt auch eine kleine, aber nicht zu unterschätzende Gruppe an Junghörern. Diese jedoch zu erreichen ist sehr schwer und eigentlich nur durch gute Werbung zu schaffen. Für kleine und mittelständige Labels ein schweres Unterfangen, da oft eben dieses Budget fehlt um Werbung in Funk- und Fernsehen sowie Printmedien zu schalten. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, unsere Jugendserien „Andi Meisfeld“ und auch „Codename SAM“ kamen bei den Hörer eigentlich gut bis sehr gut an. Dennoch waren die Verkaufszahlen bei „Codename SAM“ eine Katastrophe und bei unsere von der Szene gefeierten Serie „Andi Meisfeld“ müssen auch noch einige Hörer/Käufer her, damit die Zukunft der Serie gesichert ist.
Joachim OttoJoachim Otto: Ich bin dabei, dies zu tun.

Zauberspiegel: Reicht es aus, einfach nur gute Hörspiele zu produzieren?
Simeon Hrissomalis: Nein. Es gehört noch viel mehr dazu. Auch eine gute Öffentlichkeitsarbeit und ein gutes Preis/Leistungsverhältnis. Ich denke auch ein Quentchen Glück… Mit der richtigen Serie zum richtigen Zeitpunkt auf dem Markt sein. Nicht alles ist planbar…
Sven Schreivogel: Nein! So was zu glauben, wäre sehr naiv. Man braucht vor allem gute Ideen für die Vermarktung. Was nützt das beste Produkt, wenn’s nicht wahrgenommen wird? Für gezielte Werbeaktionen ist das Internet nahezu unverzichtbar, weil’s so gut wie nichts kostet, und die Informationen direkt zu den Hörspiel-Fans gelangen.
Thomas Birker: Nein, wenn der potentielle Interessent nicht weiß, dass es das Hörspiel/die Hörspielserie überhaupt gibt, kann eine Serie noch so gut sein, sie wird es sehr schwer haben sich zu behaupten. Denn leider hat der Handel die Hörspielecken bei weitem nicht mehr so gefächert wie in den ´70er, ´80er und auch teilweise noch in den ´90 Jahren. Und was mir noch immer unverständlich ist, selbst sich gut verkaufende Hörspiele, werden nicht immer automatisch nachbestellt. Warum nicht liebe Händler?
Findet ihr nicht, dass leere und unsotierte Regale unschön aussehen? Danke, an dieser Stelle mal, an die Verkäufer, denen es nicht egal ist und die dafür sorgen das ihre Kundschaft auch in den Genuss von guten Hörspielen kommen können.
Und neben der Qualität des Hörspiels, sehe ich auch den Preis und den Unterhaltungswert für sehr wichtig. Es gibt Produkte von Kollegen, die produktionstechnisch auf guten bis sehr guten Niwo sind und von gewissen Personen auch abgefeiert werden, mich und viele andere Hörer aber kalt stellen, da sie einfach nicht oder nur schwer zu unterhalten wissen und teilweise sogar kryptisch daher kommen. Hörspiele hören muss vorrangig einfach Spaß machen und da ist es egal ob es eine Topproduktion ist oder eine Fanproduktion wie bei Hoerspielprojekt.de
Joachim Otto: Nein, auch der Verkaufspreis und vor allem eine gute Werbung ist nötig.

Zauberspiegel: Wo seht Ihr Ansatzpunkte zur Zusammenarbeit? Ist die überhaupt - und in welcher Form - möglich oder überwiegt der Wettbewerb untereinander?
Simeon Hrissomalis: Die R & B Company ist da offen. Allerdings ist es meistens, wenn es um gemeinsame Sprachaufnahmen geht, ein organisatorisches Problem. Ich könnte mir auch gemeinsame Werbeaktionen vorstellen.
Unser Denken und unsere Philosophie deckt sich nicht mit jener der „Ellbogengesellschaft“. Wir gehen auf jeden Mitbewerber freundschaftlich zu und sehen eigentlich die ganzen Hörspiellabels und Produzenten als „kleine Familie“. Bitte nicht zu verwechseln mit der „Mafia“… Wink
Sven Schreivogel: Das ist ein weites Feld. Mit einer Handvoll Kollegen verbindet mich inzwischen eine Freundschaft. Man hilft sich, in dem man gemeinsam ins Studio geht oder sich Werbeplatz und damit einhergehend Werbekosten teilt. Natürlich gibt’s auch Kollegen, die lieber ihr eigenes Süppchen kochen wollen ...
Thomas Birker: Wie man uns kennt sind Dreamland und meine Person für Zusammenarbeiten grundsätzlich offen und mit manchen Kollegen gab und gibt es ja bereits Zusammenarbeiten. Ich finde wir sind eine große Familie und die meisten Hörspielmacher sind wundervolle, herzliche Menschen mit einer Menge Phantasie.
Ausnahmen gibt es aber natürlich auch in dieser Szene, wie überall im Leben eben.
Dreamland und mir ist der freundschaftliche Kontakt zu denn Kollegen wichtig, ich erinnere nur daran das ich 2007 die Hörspielmesse ins Leben rief und die Kollegen von Lausch, dieses Event im Einvernehmen 2008 übernommen haben und das sehr gut machen. Für mich war immer wichtig, das es ein Event gibt, auf dem sich die Hörspielszene trifft und die Labels auch für die Fans zum greifen nahe sind.
Und es macht mich sehr glücklich, wenn ich sehe was aus dieser Idee geworden ist, aber auch etwas traurig das es solch ein Event nicht auch schon zur Hochzeit des Hörspiels (meiner Jugend) gab. Einzig von dem Kassettenkinder Image sollte man bei der dritten Messe 2010 etwas Abstand nehmen, denn an sich wäre es wichtig, auch neue Hörer dazu zu gewinnen und das kann man nur dann, wenn man auch zeigen kann, dass es eben nicht nur Kinderhörspiele gibt. Beim Begriff Kassettenkinder werden Unwissende, aber genau das dahinter erwarten. Es gibt eben auch coole Hörspiele für Jugendliche die sich nicht mehr als Kinder bezeichnen lassen wollen und auch Hörspiele die direkt für Erwachsene gemacht werden.
Zu den Zusammenarbeiten ist noch zu sagen, dass es mir wichtig ist, dass man bei Gemeinsamenaufnahmen die Sprecher steht’s in Kenntnis davon gesetzt werden.
Ich spiele mit offenen Karten und erwarte das auch von meinen Partnern. Mit Ehrlichkeit kommt man steht’s am weitesten.
Wichtig ist jedoch auch, dass man bei jedem Label noch die persönliche Handschrift erkennt und nicht jedes Label mit den immer gleichen Sprechern aufwartet.
Für gemeinsame Werbeaktionen zum Beispiel im Handel und in den Medien bin ich gerne zu Gesprächen bereit. Hörspiele sind eine tolle Sache, beflügeln sie doch die Fantasy und sind perfekt zum entspannen.
Joachim Otto: An mir liegt es nicht, mit anderen Labels zusammenzuarbeiten. Gespräche wurden schon geführt.

Zauberspiegel: Joachim hat (wie auch dennis Ehrhardt) schon im Printbereich auch einen kleinen Verlag. Joachim sogar noch Antiquariat und Abo-Verwaltung dazu... Sven produziert Auftragsarbeiten und erweitert sein Spektrum mit NOCTURNA ENTERTAINMENT. Ist es eine Möglichkeit, sich breiter aufzustellen, sprich nicht nur Hörspiele zu produzieren? Welche Möglichkeiten seht ihr da?
Simeon Hrissomalis: Na ja, ich hätte ja FAITH gerne als Roman- oder Buch-Serie raus gebracht, aber dies ist zur Zeit nicht machbar. Wer die Möglichkeiten hat, kann sich ja auch im Synchronbereich tummeln oder man geht über Masse, ähnlich wie Maritim.
Sven Schreivogel: Nachdem wir in letzter Zeit viel im Bereich Film/Video gemacht haben, werden wir diesen Bereich in den nächsten Monaten weiter ausbauen.
Thomas Birker: Hörspiele sind ein großes Intressenfeld von mir, aber auch im Musikbereich und im Printbereich tummle ich mich seit Jahrzehnten. In beiden Bereichen kann ich mir vorstellen, dass man von uns noch etwas hören wird. Gerade die Musik ist ein Bereich, wo ich noch einige Ideen hätte und mit Tom Steinbrecher habe ich bereits einen großartigen Musiker entdeckt, der eigentlich gefördert gehört.
Und in meiner Tätigkeit als D.J. hatte ich auch einen guten Riecher, was Künstler wie Sarah Connor, Sasha, die Fantastischen Vier, Rednax und andere anging. Die ich bereits sehr früh als besondere Künstler entdeckte und futscherte.
Ich werde also schauen ob wir junge Talente fördern werden, aber das ist eben auch eine Frage des Geldes. Und gerade in Zeiten wie diesen ein schweres Unterfangen. Aber auf jeden Fall wird es wie bereits oben geschrieben, neben unserem Hörspielprogramm in Zukunft auch Hörbücher von Dreamland Productions geben.
Joachim Otto: In dem Nischenbereich Phantastik, nicht.

Zauberspiegel: Ist es reine Utopie, wenn sich kleine Label und Produktionsfirmen zu einer Art Genossenschaft zusammenschließen, die Kosten minimiert und auf der anderen Seite dazu dienen könnte gegenüber Handel und Vertrieb als größerer Anbieter aufzutreten?
Simeon Hrissomalis: Schwierig… Machbar, aber schwierig. Dreamland Productions und Romantruhe-Audio haben Roughtrade als Vertrieb, Hearoic ist soviel ich weiß noch „frei“ und der Rest ist bei Alive… Hmm, wie soll man das Vertriebsmäßig unter einen Hut bringen? Aber als Utopie würde ich das Ganze nicht sehen, wer weiß was die Zukunft bringt.
Sven Schreivogel: Thomas Birker und ich verfolgen solche Pläne seit geraumer Zeit (siehe dazu „Kasseler Gespräch“ Nr. 1). In der Praxis dürfte die Verwaltung einer gemeinsamen Plattform die größte Herausforderung sein, weil dafür ein einheitliches System gebraucht wird. Im Moment arbeitet jedes Label und jeder Verlag nach seinem eigenen Prinzip. Aber: Es ist nicht unmöglich ...
Thomas Birker: Es ist schwer, aber nicht unmöglich, glaube ich. Mit den richtigen Partnern wie Simeon und Sven oder auch Dennis, Joachim und dem ein oder anderen, kann ich mir eine stärkere Zusammenarbeit gut vorstellen, Grundsätzlich könnte ich mir vorstellen mit den meisten aus der Hörspielszene gemeinsam einen Packt für die Stärkung des Marktes und gegenüber dem Handel zu schließen. Aber auch mit Handelspartnern könnte ich mir vorstellen gemeinsam an einen Strang zu ziehen.
Wie geschrieben Dreamland ist für vieles offen.
Joachim Otto: Gespräche wurden schon geführt, mal sehen, wie es klappt. Ich sehr das positiv. Nicht das Konkurrenzdenken sollte im Vordergrund stehen. Damit tun sich einige noch schwer.

Zauberspiegel: Wo seht Ihr Euch und Eure Label und Firmen in fünf oder zehn Jahren? Oder provokant gefragt: Gibt es die da noch?
Simeon Hrissomalis: Da wir mit 100% Eigenkapital wirtschaften, wird es uns Aufgrund der guten Umsatzzahlen von FAITH auch in 10 Jahren noch geben. Diese Aussage beruht auf der gegenwärtigen Marktsituation, sollten die Umsätze noch dramatisch zurückgehen, könnte es vielleicht Probleme geben.
Unsere Kalkulationen sind sehr durchdacht und wir machen ja fast alles selber, außerdem reagieren wir sofort auf Veränderungen des Marktes. Ich möchte optimistisch sein und sage: JA, wir werden dem Hörspielmarkt erhalten bleiben.
Sven Schreivogel: Davon gehe ich aus – wenn auch in einer anderen Form. Allerdings wird Nocturna Audio bzw. der Rechtsnachfolger multimedialer aufgebaut sein.
Thomas Birker: Mit Dreamland Productions habe ich meinen Lebenstraum verwirklicht und dank unseres guten Vertriebes, den Hörern die uns unterstützen und einem großartigen Team an meiner Seite sehe ich sehr positiv in die Zukunft.
Sollte sich nicht etwas frappierend negatives auf dem Markt entwickeln, bin ich mir sicher, dass Dreamland Productions auch in 10 Jahren noch da ist und wer weis, was bis dahin noch aus uns wird. Es gibt einige Streckenpunkte bis dahin, die ich bereits gesteckt habe
und mit dem Dreamland aus heutiger Sicht noch lange nicht alle Trümpfe aus der Tasche geholt hat. So das sich Hörspielfans auch in Zukunft auf viele wundervolle Hörspiele aus unserem Hause freuen dürfen. Mein Team und ich werde auf jeden Fall mit Herzblut bei der Sache bleiben.
Joachim Otto: Denke schon, werde auf jeden Fall alles dafür tun, damit es dazu kommt.

Zauberspiegel: Danke für das Interview...

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