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Ringo´s Plattenkiste - Richard Wright - Wet Dreams

Ringo´s Plattenkiste Richard Wright - Wet Dreams

»Music was my first love« sang John Miles anno 1976. Meine auch, sieht man von Uschi L. mal ab, der blonden Nachbarstochter, mit der ich im zarten Alter von 6 Jahren fast täglich zusammen war. Bis sie wegzog. Mit ihren Eltern natürlich.

Aber um die geht es hier nicht, sondern um Musik. -

Einzig und allein.

Ringo´s PlattenkisteEs gibt berühmte Bands, die jeder kennt, wobei man aber über die einzelnen Mitglieder recht wenig weiß. Pink Floyd ist eine solche Band, und deren Keyboarder Richard Wright dürfte auch nur denen bekannt sein, die sich aktiv mit Musik beschäftigen. Wright blieb nämlich stets im Schatten seiner  dominanten Kollegen Roger Waters und David Gilmour. Mehr noch als Drummer Nick Mason. Der kommt hier vielleicht auch noch dran, mal sehen. Werfen wir aber mal zuerst einen Blick weit, weit zurück.

Wright wurde mitten im Krieg am 28. Juli 1943 als Sohn eines Biochemikers geboren und wuchs im britischen Hatch End auf, einem Bezirk im Nordwesten Londons. Seine Herkunft ist – wie er selbst auch – recht unauffällig und unspektakulär.

Einzig erwähnenswert an Hatch End ist nur, dass sich dort 1964 eine Band formierte, aus der später die weltberühmte Combo Deep Purple hervorging (Ringo wird berichten).
Wright ging auf die Haberdashers' Aske's School, wo er seine schulische Ausbildung absolvierte. Der junge Richard war musikalisch äusserst talentiert, und so brachte er sich ganz nebenbei das Spiel auf Posaune, Trompete, Gitarre und Klavier bei. Mutter Wright tat das glücklicherweise nicht als vorrübergehenden Spleen ab, sondern ermunterte und förderte ihren Sohn. Sie riet ihm aber, sich nur auf ein einziges Instrument zu konzentrieren: dem Klavier. Richard tat dies und bekam Privatunterricht  bei Eric Gilder, einem damals namhaften Musiker, der sogar eine eigene Musikschule besaß. Der vom Jazz begeisterte Wright vertiefte sein Spiel und seine Kenntnisse, erlernte auch noch das Saxophonspiel, behielt aber stets den Fokus auf dem Klavier. Nach erfolgreichem Schulabschluss schrieb er sich zunächst, unschlüssig, was er eigentlich werden wollte, für ein Architekturstudium an der Regent Street Polytechnic ein.

Eine schicksalhafte Entscheidung, wie sich zeigen sollte. Wright lernte dort nämlich zwei Mitstudenten kennen, die sein Leben verändern sollten: Roger Waters und Nick Mason, deren eigentliche Leidenschaft ebenfalls nicht das Studium, sondern die Musik war. Bald schon war mit einem weiteren Studenten ihre erste Band namens Sigma Six gegründet. Man musizierte eifrig gemeinsam neben dem Studium, wobei Name und Besetzung der Studenten-Band mehrmals wechselte.

Da Wright ein ruheloser Geist war, verließ er die Universität aber bald wieder, um eine Auszeit in Griechenland zu nehmen. Ein Sabbatical, wie man heute sagt. Waters und Mason verblieben an der Universität, absolvierten ihr Studium und machten weiterhin nebenbei Musik. Während Wrights Abwesenheit war ein weiterer Musiker namens Syd Barrett zu Waters und Mason gestoßen. Ein charismatischer, verrückter und phantasievoller Bursche, leider den Drogen zu sehr angetan. Wright stieg nach seiner Rückkehr wieder in die Band ein, die sich nun in Pink Floyd umbenannte und schon bald einen Plattenvertrag ergatterte. 1967 erschien Pink Floyds erstes Album The Piper at the Gates of Dawn. Eine Legende war geboren!

Ringo´s PlattenkisteObwohl er zwar Multiinstrumentalist war, spielte Wright bei Pink Floyd hauptsächlich die Orgel und hielt sich auch kompositorisch weitgehend zurück. Der charismatische und ideenreiche Barrett war das Mastermind, und so stammten die meisten Stücke des Debutalbums aus seiner Feder. Lediglich bei 3 von 11 Tracks war er nicht alleiniger Urheber. Wright wurde als Co-Autor von „Pow R. Toc H.“ und „Interstellar Overdrive“ genannt. Barrett gab aber nicht nur musikalisch den Ton an, sondern dominierte auch beim Gesang. Waters durfte 1x ans Mikrofon, Wright sang bei 2 Tracks gemeinsam mit Barrett: „Pow R. Toc H." und „Astronomy Domine". Wright hielt sich zwar weitgehend im Hintergrund, prägte aber den Sound der Band erheblich mit seiner Orgel, die lange Zeit sein Hauptinstrument war. Auf dem Album kann Wright in bescheidenem Umfang auch seine Künste als Multiinstrumentalist ein wenig unter Beweis stellen. Er spielte auf einigen Tracks nicht nur seine Keyboards, sondern auch Geige, Vibraphon und Cello.

Piper erschien zeitlich genau richtig und musikalisch passend  zum Psychedelic-Trend und wurde ein Erfolg. Leider befand sich Barrett zu dieser Zeit gesundheitlich aber schon auf dem absteigenden Ast, bedingt durch psychische Probleme, die durch seinen massiven Drogenkonsum noch weiter verstärkt wurden. Barrett fiel mehr und mehr aus der Rolle und war schließlich nicht mehr tragbar. So war es kein Wunder, dass er bereits auf dem zweiten Album quasi schon gar nicht mehr zur Band gehörte. Der schwer angeschlagene Barrett wurde während der Aufnahmen durch einen neuen Gitarristen ersetzt, David Gilmour. Auch der Großteil der Songs des zweiten Albums stammte nun nicht mehr von ihm, sondern von seinen Bandkollegen. Wright steuerte 2 Songs bei, „Remember a Day“ und „See-Saw“ und sang bei 4 Tracks. Ausserdem war er Co-Autor des titelgebenden Longtracks "A Saucerful of Secrets".

Barrett war raus, Gilmour war drin und Pink Floyd hatten mehr und mehr Erfolg. Es erschienen weitere Alben, und schnell avancierte Bassist Roger Waters zur neuen Frontfigur. Der überwiegende Teil der Songs stammte bald schon von ihm alleine. Wright geriet noch mehr in den Hintergrund. So war er auf dem Soundtrack „More“ nur bei einem Track Co-Autor, gesanglich kam er gar nicht zum Zuge. Erst auf dem Doppelalbum „Ummagumma“ von 1969 war er wieder mit einem eigenen Titel vertreten: "Sysyphus (Parts 1–4)“, einem instrumentalen Longtrack mit sehr düsterer Atmosphäre, Pianoimprovisationen und schrägen und nervtötenden Psychedelic-Einsprengseln. Man muss zu diesem Album anmerken, dass das Konzept vorsah, neben zwei Plattenseiten mit Live-Aufnahmen, jedem Musiker eine halbe Plattenseite für eigenes Material zur Verfügung zu stellen.

Pink Floyd hatten sich inzwischen endgültig etabliert, auch nach dem raschen Abklingen des Psychedelic-Trends. Im Gegensatz zu vielen anderen Psychedelic-Bands, die schnell verschwanden, suchten sie stets neue Ufer, die sie mit dem Album „Atom Heart Mother“ (Ringo wird berichten) auch erreichten. Wright schrieb und sang dort wiedermal einen eigenen, sehr schönen Song. In „Summer 68“ beschreibt er seine Gedanken über einen One-Night-Stand.

Wright trat danach nur noch gelegentlich als Co-Autor in Erscheinung, wie z.B. auf „Meddle“ und dem Soundtrack „Obscured by Clouds“.

Mit dem Album „Dark Side of the Moon“ war schließlich der Höhepunkt erreicht. Der Sound war ausgefeilt und perfekt, die Kompositionen vertrackt und vielschichtig, das musikalische Spiel äusserst versiert und die Aufnahmequalität auf dem Höhepunkt der damaligen Möglichkeiten. Wright verfasste für dieses Album mit der melancholischen Instrumental-Ballade „The great gig in the sky“ einen Klassiker, der hauptsächlich von Clare Torrys Vocals lebt. Torry wurde lange Zeit nicht als Co-Autorin angegeben, sie kam auf Vermittlung Alan Parsons zu den Aufnahmen, wo ihr gesagt wurde, sie sollte einen textlosen Gesang über ein bereits fertiges Musikstück improvisieren. Torry wurde nur für den Gesang bezahlt, bekam aber keine Tantiemen. Erst 2003 entschloss sie sich zu einer Klage, bei der sie in einem Vergleich eine Position als Mitautorin zugesprochen bekam.

Das Album avancierte zu einem der am meisten verkauften Platten überhaupt. Seit seinem Erscheinen sind davon ca. 50 Millionen Platten verkauft worden.

Zwei Jahre später setzten Pink Floyd mit dem epochalen „Wish you were here“ noch eins drauf. Die Songs stammten wie gewohnt überwiegend von Waters, allerdings dominiert Wright mit seinen Keyboards, hauptsächlich dem Synthesizer und wird auch wieder als Co-Autor genannt.

Pink Floyd hatten inzwischen ihren absoluten Zenit erreicht, und allmählich wurde das Publikum der Mega-Bands mit ihrem ausufernden Sound und den überkandidelten Bühnenshows langsam müde. Es gab viel Neues, denn die Musikbranche war in stetigem Wandel. Punk eroberte die Plattenteller und Charts, bis auch er seine Schuldigkeit getan hatte. John „Rotten“ Lydon trug in seiner Anfangszeit übrigens gerne ein Pink-Floyd T-Shirt, dessen Schriftzug er mit „I hate…“ ergänzte.

Das nächste Floyd-Album, „Animals“, stellte eine Abkehr vom perfektionistischen und effekthaschenden Klang der Vorgängeralben dar. Der Sound war deutlich roher und bodenständiger. Wright spielte auf diesem Album keine bedeutende Rolle mehr, ebenso wie seine Mitstreiter. Waters hatte das Ruder endgültig übernommen.
Allmählich machten sich Spannungen in der Band breit, Waters war mit Wright unzufrieden, dass er zu wenig in die Musik einbrachte, aber dennoch voll finanziell beteiligt werden wollte. Wright hatte auch persönliche und familiäre Probleme, die Ehe befand sich in einer Krise. Wright gab seiner Familie und seinen Kindern, für die er zu wenig Zeit hatte, schließlich den Vorzug. Er legte nach der 77er Tour eine Pause ein und wollte etwas Eigenes machen.

So machte er sich daran, ein Soloalbum mit eigenem Material aufzunehmen und verpflichtete versierte Musiker, darunter Snowy White, der Pink Floyd bereits auf der letzten Tournee an der Gitarre unterstützte. Aufnahmeort war das brandneue und schicke Super Bear Studio in Berre-les-Alpes in der Nähe von Nizza.

Ringo´s PlattenkisteDas Studio war in den Räumlichkeiten eines ehemaligen Restaurants untergebracht, das von einem englischen Songwriter gekauft und von der Firma Eastlake Audio in ein hochmodernes Studio umgewandelt wurde. Eröffnet wurde es 1978 und war nicht zuletzt wegen seiner malerischen Umgebung bald sehr gefragt, denn das Das mittelalterliche Dorf Berre-les-Alpes, wo sich das Studio befand, liegt am Fuße der Alpes Maritimes in der Nähe Nizzas. Eine einmalige und  idyllische Kulisse für dieses "geheime" musikalische Refugium. Mit modernstem akustischem Design von Tom Hidley, einem quadraphonischen Kontrollraum mit einem der ersten automatisierten analogen Mischpulte (MCI JH-500), Mehrspur-Aufnahmegeräten, Mikrofonen und vielen Instrumenten war es zudem auch technisch exzellent ausgestattet. Hochkarätige Musiker waren dort zu Gast. Kate Bush beispielsweise nahm dort ihr Album „Lionheart“ auf, David Gilmour einige Monate vor Wright sein erstes Soloalbum und Queen „Jazz“.

Super Bear bot den Kunden diverse luxuriöse Annehmlichkeiten wie z.B. einen Tennisplatz und einen Swimmingpool. Insgesamt war es eine recht elitäre Location.

Nachdem es 1986 komplett renoviert wurde, fiel es an einem extrem heißen Julitag leider einem Waldbrand zum Opfer und wurde weitgehend zerstört. Das Gebäude wurde allerdings wieder aufgebaut und ist inzwischen ein Gästehaus.

Die Besetzung sah aus wie folgt:
Rick Wright: Piano, Electric Piano, Hammond Organ, Oberheim Synthesizer, Vocals
Mel Collins: Saxophones, Flute
Snowy White: Guitars
Larry Steele: Bass Guitar
Reg Isadore: Drums, Percussion

Aufgenommen wurden die Tracks von 10.01.1978  bis 14.02.1978. Produzent war Richard Wright persönlich.

Mel Collins war bis 1972 Saxophonist bei King Crimson. Danach wurde er ein gefragter Sessionmusiker und arbeitete für bekannte Acts wie Eric Clapton, Robert Palmer, Bryan Ferry, Alvin Lee und Camel, denen er von 1977 bis 1979 angehörte.

Snowy White begleitete Pink Floyd auf der 77er Tour und war auf der Cassettenversion ihres Albums „Animals“ zu hören, wo er ein kurzes Gitarrensolo auf „Pigs on the Wing“ spielte.

Larry Steele spielte früher Bass für Stephen Stills, Elton John und Cat Stevens.

Reg Isadore heißt in Wirklichkeit Isidore und arbeitete mit Ex-Procol-Harums Gitarristen Robin Trower und Peter Bardens von Camel zusammen.

Hier die Tracklist des Original-Albums

Seite 1:
1. Mediterranean C (instrumental)         
2. Against the Odds    Richard Wright, Juliette Wright    
3. Cat Cruise (instrumental)         
4. Summer Elegy         
5. Waves (instrumental)         
Seite 2:
1. Holiday    
2. Mad Yannis Dance (instrumental)    
3. Drop In from the Top (instrumental)    
4. Pink's Song    
5. Funky Deux (instrumental)

Ringo´s PlattenkisteDas fertige Album erschien unter dem Titel „Wet Dreams“ am 22. September 1978 im Gatefold-Cover, das, wie könnte es auch anders sein, von Hipgnosis gestaltet worden war. Das umlaufende Coverbild zeigte den Ausschnitt eines Swimming Pools von oben. Auf dem Front-Cover sind ein Liegender in Shorts – neben ihm steht ein gefülltes Likörgläschen - sowie ein Modellsegelboot zu sehen, auf der Rückseite eine unbekleidete Badenixe. Alle Bildelemente sind nur teilweise zu sehen und diagonal angeordnet, allerdings völlig parallel zueinander. Eine entspannte Szene mit sommerlichem Flair, die sehr gut zum Albumtitel passt.

Ringo´s PlattenkisteKlappt man die Hülle auf, ist dasselbe Szenario abgebildet. Allerdings ist hier keine Spur mehr vom relaxten Leben am Pool, denn es ist alles in Unordnung geraten. Der Liegende ist verschwunden, sein Likörglas um geworfen, der Inhalt verschüttet. Die Badenixe schwimmt davon und das Boot ist auf die linke Bildseite gesegelt. Neu hinzugekommen ist eine Hand, die eine s/w-Photographie von Rick Wright hält. Ein typisches Hipgnosis-Design, das scheinbar eine Geschichte erzählt, und das zum Nachdenken anregen soll.

Leider war das Album nicht besonders erfolgreich, insgesamt fand es wenig bis gar keine Beachtung. Über die Gründe kann man nur spekulieren. 1979 war ohnehin kein gutes Jahr für die alten Recken, und schon gar nicht für diese Art von Musik. Wright war bei Pink Floyd eher die graue Maus und  vermutlich fand sein Soloalbum bei den Floyd-Fans deshalb auch wenig Interesse. Obendrein suggerierte das Cover auch eher seichte Pop-Musik. „Wet Dreams“ lag wie Blei in den Regalen, was Wright aber scheinbar nicht besonders störte. Das Album half ihm dabei, seine musikalischen Energien für das nächste Floyd-Projekt wieder zu finden, glaubt man seinen Worten. Wie dem auch sei.

Sehen wir uns die einzelnen Stücke wie üblich mal ein wenig genauer an.

Das Album wird mit Mediterran C eröffnet, einem getragenen und verträumten Instrumental mit Mel Collins am Saxophon. Der Song gleitet träumerisch langsam dahin und weckt Assoziationen an einen ruhigen Tag am Strand, wo die Wellen träge ans Ufer branden. Ein sehr schöner und entspannter Opener, der stark an Pink Floyd erinnert, was aber kein Manko ist, sondern Lust auf Mehr/Meer macht.

Against the Odds ist ein melancholischer Song, zu dem Wrights damalige Frau, Juliette, die Lyrics verfasste. Kennengelernt hatten sich die beiden an der Uni, wo sie zeitweise in seiner Band sang. Der Song lebt hauptsächlich von Wrights Gesang und seiner Pianobegleitung. In der Mitte setzen dezente Drums und ein sehr schöner Gitarrenpart ein.

Mit Cat Cruise folgt ein Instrumental mit einer leicht unheilschwangeren Atmosphäre. Man meint auf einer Yacht zu sitzen und beobachtet die langsam heraufziehenden Gewitterwolken. Ein Sturm zieht auf. Lässt sich das Ufer noch erreichen, bevor der Sturm losbricht?  Der Song wird schneller und wilder, als die E-Gitarre einsetzt. Auch hier spielt Collins wieder im Vordergrund, Wright begleitet am Piano.

Summer Elegy ist ein Song, der an alte Floyd-Zeiten erinnert. Mr. White spielt hier eine ganz tolle Gitarre, die sich vor David Gilmour nicht zu verstecken braucht.    

Seite 1 schließt mit einem weiteren Instrumental, Waves. Abermals branden die Wellen ans Ufer, diesmal aber stärker und bedrohlicher. Nur ab und an blitzt die Sonne ein wenig durch. Collins spielt wieder sein typisch warmes Saxophon, White schlägt den Rhythmus auf der Akustik-Gitarre. Wright selbst bleibt mit seinem Synthesizer-Klangteppich im Hintergrund. Zum Schluß des Songs beruhigt sich das Meer wieder und der Himmel reißt auf. Seite 1 endet mit diesem tollen Stück.

Seite 2 beginnt mit einem melancholischen und nachdenklichen Song, Holiday. Der Text spiegelt einerseits Wrights Gedanken über das Leben am Meer wieder, andererseits aber wohl auch eine gewisse innere Zerrissenheit. Wie wird es wohl mit Pink Floyd weitergehen, wie mit seiner Ehe? Das Beste wäre, einfach loszusegeln. Wrights Stimme wird lauter und gefühlvoller, als er die Textzeile „Sail on, across the sea. There is no other way i like to be“ singt.

Mad Yannis Dance ist wieder ein Instrumental, und wieder ist das Tempo langsam, diesmal sogar sehr langsam. Die Grundstimmung ist melancholisch und getragen. Wright gibt mit seinen Synthesizern den Ton an, nur gelegentlich ist ein verhaltenes Saxophon zu hören. Mad Yannis Dance ist einer der schwächsten Songs des Albums, der irgendwie nicht richtig in die Gänge kommt.

Ganz im Gegensatz zum nächsten Track, Drop In from the Top, einem weiteren Instrumental, das ebenfalls recht gemächlich daherkommt, dafür aber einen coolen und entspannten Shuffle-Rhythmus hat, der in Richtung Reggae ausschlägt. Wright spielt feuchte Orgel und ahmt mit seinen Synthesizern ein Blechblasensemble nach, das an frühe Pink Floyd-Zeiten erinnert. Kurioserweise erschien 1978 eine 12“ mit je einem Titel von Rick Wright (Drop in from the Top) und David Gilmour (No Way). Auf dem Cover standen die Namen der Beiden, darunter in Großschrift „of Pink Floyd“. Achja, Special-Disco-Mix stand auch noch drauf. Im Gegensatz zu Rick Wright war David Gilmour mit seinem 4 Monate früher erschienenen Solo-Album weitaus erfolgreicher. Ihr Kollege Roger Waters nutzte die Zeit zum Schreiben von neuem Material für Pink Floyd.

Pink's Song ist ein kurzes, mit Gesang garniertes Einsprengsel. Der Text scheint mehrdeutig. Einerseits scheint er seine Eheprobleme zu behandeln, andererseits wohl auch seine Rolle bei Pink Floyd. Die Textzeile „Let me go, i can not stay“ spricht Bände. Collins spielt auf diesem Track nicht Saxophon, sondern glänzt mit Querflöte, die er sehr gefühlvoll spielt, und der er schwebende Klänge entlockt. Ganz im Gegensatz zu Ian Anderson, der gerne wild und  brachial hineinbläst, grunzt und sabbert.

Das Album endet mit Funky Deux, das tatsächlich sehr funky ist und einem leicht versetzten Shuffle-Rhythmus folgt. Gut hörbar ist Larry Steele am Bass. Wright spielt ein souliges Piano und Mel Collins trägt eine dunkle Sonnenbrille, steht an einer Straßenecke und spielt Sax. Der Titel des Songs ist vermutlich eine Anspielung auf „Funky Dung“ vom Atom Heart Mother-Album. Und dann ist diese schöne Platte auch schon aus.

Im Jahr seines Erscheinens fand „Wet Dreams“  auch den Weg auf Ringos Plattenteller. Nachdem Neues von etablierten Bands wie Jethro Tull (Heavy Horses)oder ELP (Love Beach) bei mir durchgefallen waren, konnte mich Richard Wrights Soloalbum angenehm überraschen. Sicher, es sind keine Highlights darauf, aber auch keine Durchhänger. Es klingt zwar stellenweise frappant nach Pink Floyd, versucht aber bei aller Ähnlichkeit selbständig zu sein. Wright ist zu sehr ein prägendes Mitglied von Floyd, um seine Wurzeln verleugnen zu können. Er versucht es aber auch gar nicht. Im Vergleich zu den Solo-Alben seiner Kollegen rangiert Wrights Album qualitativ ganz vorne. Wright versucht nicht, sich als Multiinstrumentalist (der er ja ist) zu profilieren, sondern beschränkt sich bescheiden ganz auf seine Keyboards. Die Ähnlichkeit zu Pink Floyd blitzt stellenweise durch, allerdings offenbart sich, dass diese Band ihre ganze Genialität und Einzigartigkeit tatsächlich nur im Verbund  zustande bringt. Jeder einzelne für sich ist zweifelsohne gut, fällt aber im Vergleich zu ihrem gemeinsamen Output durch. Was bei „The Wall“ deutlich wird, ist es doch schon kein Floyd-Album mehr, sondern wohl eher ein Waters-Soloalbum.

„Wet Dreams“ ist ein sehr schönes und ruhiges Album, das man am besten im Urlaub oder zum Entspannen hören sollte. Es ist angenehme Hintergrundmusik, sehr harmonisch, melodiös und in sich selbst homogen. Es scheint fast so, dass Wright gar nicht mehr im Sinn hatte, als ein Album mit melancholisch-schönen Songs zu machen. Und das ist ihm gelungen.

Ringo´s PlattenkisteWas wurde aus den Beteiligten?
Richard Wright kehrte zu Pink Floyd zurück um an den Aufnahmen zu „The Wall“ teilzunehmen. Inzwischen hatte sich aber herauskristallisiert, dass Wright nicht mehr in Waters  Bandgefüge passte. Die Differenzen mit ihm waren unüberbrückbar, zumal dieser nun endgültig das Ruder übernommen hatte. Auf der sich anschließenden  Tour war Wright zwar noch dabei, allerdings nur noch als Gastmusiker. Er war auf Drängen von Waters aus der Band ausgeschieden und fortan auch kein Teilhaber mehr am Unternehmen Pink Floyd. Auf dem 1983 erschienenen Album „The final Cut“ war er gar nicht mehr dabei. Wright zog sich für eine Dekade aus dem Musikgeschäft zurück und lebte im sonnigen Griechenland. 1984 erschien er wieder auf der Bildfläche und war er eine Hälfte des Pop-Duos „Zee“,das eine einzige Platte herausbrachte, die ein katastrophaler Misserfolg wurde. Musikalisch war das Album enttäuschend und ekelhaft. Dumpf-blöder Synthie-Pop.

1987 reformierten sich Pink Floyd, bestanden aber nur noch aus Gilmour und Mason. Wright spielte zwar auf dem Album „A momentary lapse of reason“ Keyboards und nahm an der darauf folgenden Tour teil, war aber immer noch Gastmusiker. Das änderte sich erst 5 Jahre später mit dem Album „The division bell“, auf dem er wieder Vollmitglied war und für das er einige Stücke verfasste. Auch war er wieder als Sänger zu hören. 2 Jahre später erschien sein 2. Soloalbum „Broken China“, das aber wie sein Erstling wenig Beachtung fand. 2005 war er bei der überraschenden Reunion von Pink Floyd in Originalbesetzung für Live 8 dabei. 2008 verstarb er überraschend an Krebs. Das 2015 erschienene Pink Floyd Album „The endless river“ präsentiert letztmals Wright als Musiker. Auf dem Album finden sich überarbeitete und zusammengefrickelte Outtakes aus den Sessions zu „The Division bell“.

Mel Collins blieb bis 1979 Mitglied von Camel und wechselte dann für einige Jahre zu Alan Parsons und seinem Project. Nach vielen Gastbeiträgen für andere Musiker war er schließlich Blechbläser bei der 21st century schizoid Band. Zwischendurch war er festes Mitglied der Band von Helmut Zerlett, die die Harald-Schmidt-Show musikalisch begleitete. 2013 reformierten sich überraschend King Crimson, wo Collins seitdem festes Mitglied ist.

Snowy White wurde Mitglied bei Thin Lizzy und veröffentlichte einige Soloalben. In den Neunzigern arbeitete er mehrmals mit Roger Waters zusammen und gründete auch eine eigene Band: The white flames. In den 2000ern war er immer wieder mit Roger Waters auf Tour und gehörte zum festen Stamm seiner Band.

Larry Steele arbeitete nach dem Album weiterhin als Sessionmusiker, unter anderem für Peter Green.

Reg Isadore spielte mit Peter Green und Robin Trower und verstarb 2009.

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Kommentare  

#1 Ringo Hienstorfer 2021-09-06 15:35
Kleiner Nachtrag: Saxophonist Mel Collins hatte gestern am 05.09. seinen 74. Geburtstag.
#2 Toni 2021-09-06 16:49
Dein Artikel liest sich wie immer super fluffig :-)
Zu diesem Anlass habe ich dann auch gleich mal THE ENDLESS RIVER aufgelegt. Ist zwar nur so eine Art Resteverwertung alter Sachen, aber hier hat Wright eine Menge Material beigesteuert.
Auf Waters war ich eine Zeitlang richtig sauer (wer nicht).
#3 Cartwing 2021-09-06 18:41
Zitat:
Auf Waters war ich eine Zeitlang richtig sauer (wer nicht)
Mir ist der Typ vor allem unsympathisch und die Stimme fand ich immer schrecklich.
Habe neulich gelesen, dass er die Idee zu "The Wall" hatte, nachdem er einem Fan ins Gesicht gespuckt hat... :o

Schöner Artikel übrigens, werde gleich mal in das Album reinhören...
#4 Ringo Hienstorfer 2021-09-07 11:01
Ja, der Waters. Unsympathisch bis in die Zehenspitzen. Was unter anderem sehr gut in den Interviews in "Pink Floyd in Pompeji" rüberkommt, aber auch in einer Sequenz von "The Body", in der Waters als Kommentator fungiert. Und getoppt wird das alles noch von seinem Antisemitismus.

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