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#46 Vampire pflastern seinen Weg

As Time Goes By# 46: Vampire pflastern seinen Weg ...

 Hugh Walker aka Hubert Straßl hätte längst vor Wolfgang Hohlbein der Wolfgang Hohlbein werden können, aber eingestandenermaßen war er zu bequem. In den Siebzigern halb im Ernst, halb im Scherz als der Erste Deutsche Fantasyautor tituliert, hätte er sich mit seinen Horrorromanen und Fantasytexten zum Bestseller hocharbeiten können. Aber er fühlte sich wohl bei Pabel und wollte nicht weg. Nun gut, Chance vertan. Hauptsache er fühlte sich wohl dabei. Aber er hätte ...


Doch sein Verdienst soll da keinesfalls geschmälert werden. Er hat hervorragende Horrorromane geschrieben, verdienstvollerweise die "MAGIRA"-Serie gemacht (die nun erstmals bei Bastei vollständig im Taschenbuch erschienen ist). Dazu mit der Herausgabe der Terra Fantasy-Serie Maßstäbe gesetzt und der Fantasy auch als Autor der Serien Dragon und Mythor in Deutschland auf die Beine geholfen. Für einen bequemen Menschen doch eine ordentliche Leistung ...

Hubert hatte 1966 FOLLOW gegründet (in AS TIME GOES BY 100 ff werde ich darüber berichten) und entstammte der legendäre Wiener SF-Gruppe zu denen u. a. auch Kurt Luif aka Neal Davenport und Ernst Vlcek (Paul Wolf) gehörten. Er heiratete dann Lore Manthey, Übersetzerin und Utopia-Redakteurin und letztlich ließen sie sich auf dem Steinberg am Rande Büchlbergs im Bayerischen Wald unweit Passaus nieder.

Irgendwann plante Gustav Gaisbauer einen Jubiläumsband zum Thema "25 Jahre Hugh Walker" im Rahmen von Fantasia (dem Magazin des EDFC): Ich sollte nach dem Vorbild meines Artikels über Dan Shocker (Dan Shocker Reader, hrsg. Von Uwe Schnabel und mir anläßlich des 50. Geburtstag des Autors, nachgedruckt in Fantasia 61/62) auch einen Artikel über Hubert Straßl verfassen. Wie Franz Schröpf (lebenslanger 2. Vorsitzender des EDFC) meinte, wäre Hubert Horrorwerk damals als unwichtig abgetan worden. Das gerade laufende Dämonen-Land zeige aber, daß es doch bedeutender ist, als den Anschein hatte. Ich konnte dem nur beipflichten "Vampire unter uns", "Ich, der Vampir" und der Dracula-Vierteiler waren Highlights des deutschen Horrorromans.

Aber Hubert ist schwer zugänglich mahnte man uns. Aber ich setzte durch, daß Gustav uns (in diesem Fall Rolf Michael und mich) eine Einladung zu einer Tasse Kaffee organisierte. Und an einem Sonntagnachmittag klappte das auch. Wir fuhren (nach einem Wochenende bei Gustav) zu dem schwer zugänglichen Autor und seiner Frau, die bis zu ihrem viel zu frühen Tod 2003, auch eine hervorragende Übersetzerin war. Bilder eines Eremitenehepaars, daß ein wenig seltsam war, drängten sich uns auf. Was, wenn man uns mit Schimpf und Schande vom Hof jagte? Was wenn wir in einen Käfig gesperrt und zu Katzenfutter verarbeitet würden? Immerhin hatten sie gut ein Dutzend Stück davon (und Whiskas ist teuer).

Wir klingelten und das schwer zugängliche Ehepaar empfing uns mit einer Herzlichkeit, die unvergleichlich war. Wir tranken Kaffee, aßen selbstgebackenen Kuchen und redeten. Leider mussten wir aufbrechen, aber allein die Verabschiedung im Flur dauerte mehrere Stunden. Ich unterhielt mich blendend mit Lore, während Rolf mit Hubert palaverte. Immerhin schaffte ich es uns irgendwann ins Auto zu bringen und mit Hubert noch ein Interview am Telefon zu verabreden, das als Quelle für meinen Artikel dienen sollte.

Der Artikel erschien auch und wegen des hohen Anteils von Vampirromanen hatte er den Titel: "Vampire pflastern seinen Weg" bekommen. Dabei hat der unvergleichliche Jörg Ropers dazu ein Titelbild gemalt, dass Vampire beim Pflastern eines Gartenweges zeigt. Mit Hubert als breit lächelnden Herrscher darin. Einfach Klasse.

Man hat sich bei den Straßls sofort wie zu Hause gefühlt. Ich verbrachte noch des öfteren ein paar Tage bei einigen Besuchen im Hause Straßl, einmal sogar ein Weihnachtsfest, genoss Lores ausgezeichnete Küche (ihre Dampfnudeln waren ein Gedicht mit vielen Strophen und hohem Sättigungsfaktor, ihre Weihnachtskekse, die bei diesem Weihnachtsfest 1996 überall herumstanden und wunderbar waren). Glücklicherweise mache ich mir aus meiner Figur nichts, denn sonst wäre ich dort todunglücklich gewesen. Überhaupt herrscht im Hause Straßl eine gesunde Gastfreundschaft. Kam man herein, hieß es: Du weiß wo Kühlschrank und Kaffeemaschine stehen. Bedien dich. Wunderbar. Ich war immer gerne dort und denke immer wieder wehmütig an diese Zeit. Wenn du früher aufstehst als wir, geh Schwimmen und koch Dir einen Kaffee, so ging das zu. Eine völlig ungezwungene Atmosphäre eben.

Hubert ist bei allen Differenzen, die wir in FOLLOW von Zeit zu Zeit haben, ein Freund geworden, den ich außerordentlich schätze und seine verstorbene Frau werde ich als ein unglaublich warmherziges Wesen in Erinnerung behalten, die immer ein offenes Ohr hatte. Wenn das schwer zugänglich ist, dann ist mir das unglaublich sympathisch.

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