Feral 11
Schon in der letzten Ausgabe war zu bemerken, dass sich die Gestaltung des Magazins von Ausgabe zu Ausgabe verändert. Die Feral News nehmen nun nur noch eine Seite ein. Es gibt einen kurzen Bericht über die englischsprachige Ausgabe von Feral, die nun nach zwei Jahren wieder erscheint. Darüber hinaus gibt es eine Buchvorstellung von M.W. Ludwig, den der Leser als Comicautor aus Feral kennt.
Das bedeutet nicht, dass der redaktionelle Anteil gekürzt wurde. Nunmehr ist es so, dass zu jeder Comicgeschichte eine einseitige Begleitseite erscheint, auf der die Autoren und Zeichner zu Wort kommen. So erhält der Leser einige interessante Informationen zu der jeweiligen Story und setzt sie in den Kontext des Schaffens der Künstler.
Den Anfang macht die Fortsetzung von Bloodlust, geschrieben und gezeichnet von Ester Cardella.
Die Geschichte wird nahtlos an der Stelle fortgesetzt, an der der Leser Luna und Clare zurückgelassen hat. Luna erwähnt kein Wort von dem Sexabenteuer mit dem Fremden, der ihr seltsam vertraut vorkam. Clare hat sich nach dem Biss Lunas in eine Vampirin verwandelt und der Durst überkommt sie. Luna kann ihren Angriff abwehren und fesselt die neue Gefährtin.
Die 4-seitige Geschichte hebt sich wiederum davon ab, dass sie teils koloriert ist. In den vergangenen Episoden waren lediglich die roten Bänder, die die spärliche Kleidung der sexy Vampirin darstellen, in einem Rotton gehalten. Nun sind alle Figuren und Hintergründe farblich gestaltet.
Mittlerweile ist es empfehlenswert, die alten Episoden noch einmal zu lesen, damit sich ein angenehmer Lesefluss ergibt. Hintereinander weggelesen liest sich die Geschichte wie aus einem Guss. Es wäre interessant zu erfahren, ob die Autorin Bloodlust von vorn herein als Fortsetzungsgeschichte geplant hat oder ob eine bereits vollständige Story in Feral häppchenweise serviert wird.
Im redaktionellen Teil zu Bloodlust gibt es einen Bericht über eine Veranstaltung in Florenz. Dort hat Ester Cardella vor Publikum ein sexy Model gezeichnet.
Die nächste Geschichte wurde von dem Regisseur Ezra Tsegaye geschrieben und gezeichnet. Im redaktionellen Teil berichtet er über sein neuestes Filmprojekt, einem Low-Budget-Horror-Film. Ein Foto zeigt eine Szene aus dem Film „Monster on a plane“, in der eine Tower-Mitarbeiterin in Feral blättert.
In der Story „Teuflisches Spiel“ beschließen zwei Frauen einer Freundin einen Streich zu spielen und sie zu erschrecken.
Sie wollen mit ihr ein dämonisches Ritual begehen, bei dem sich Ana unbekleidet auf einen Tisch legen soll, auf dem ein Pentagramm gezeichnet ist. Der Leser erfährt nicht mehr, welche Gemeinheit die Beiden für Ana vorbereitet hatten, denn das Ritual zeigt Wirkung und sie verwandelt sich in einen Dämon.
Der Twist funktioniert nach dem Prinzip „Wer Anderen ein Grube gräbt“ und findet sich zuhauf in der Literatur wieder. Der Leser wird bereits ahnen, auf welches Ende die Geschichte hinausläuft. Das bedeutet keineswegs dass die Story langweilig ist. Mit diebischer Freude erwartet der Leser das Ende, in dem sich die Handlungen der Protagonisten gegen sich selbst richten.
Die Layouts und die Perspektivwechsel ergeben einen angenehmen Flow. Große und kleine Panels wechseln sich ab und gehen ineinander über. Das macht die Story ziemlich abwechslungsreich und kurzweilig. Im redaktionellen Teil spielt Tsegaye seine Fähigkeiten herunter. Er berichtet, nebenbei zum Zeichnen dieser Geschichte gebeten worden zu sein. Den Zeichnungen sieht man deutlich an, dass er sie nicht einfach nur nebenbei gemacht hat, sondern dass er über eine Menge Praxis zu verfügen scheint. Es wäre schön, weitere Arbeiten von ihm in Feral zu sehen.
In der folgenden Story „Nuns of Blood“ erzählen Chridtoph RDZG und Gaetano Matruligo einen kleinen Horror-Actioner, der ein Auftakt zu einer Serie sein könnte.
Fünf Freunde sind mit ihrem Wagen in der Einsamkeit Transsylvaniens unterwegs, als sie mit einem Motorschaden liegen bleiben. Sie können keine Hilfe rufen, da ihre Smartphones keinen Empfang haben.
Sie gehen zu Fuß los und erreichen ein altes, verlassenes Kloster. Aus einem angrenzenden Schuppen brechen auf einmal mehrere grauenhafte Wesen hervor, die in Nonnentracht gekleidet sind. Sie metzeln die Reisegruppe nieder, von der nur Lea überlebt. Eines der Wesen erklärt, dass sie nun zu Ihnen gehören würde.
Die Story ist wie ein klassischer Horrorfilm konstruiert. Eine Gruppe junger Leute strandet in der Einsamkeit und wird von einem Slasher niedergemetzelt. In der Regel überlebt eines der Opfer und der Killer auch. Es muss ja schließlich eine Fortsetzung geben.
Für Nuns of Blood haben sich RDGZ und Matruligo etwas Besonderes einfallen lassen. Lea überlebt als letztes Opfer, wird aber ebenfalls zur Nonne. Sie bekommt ein Buch von einer der untoten Nonnen in die Hand gedrückt und kann nachlesen, warum sie zur Novizin wird.
Der Leser erfährt nichts über die Ursachen oder den Inhalt des Buches. Die Geschichte kann für sich allein stehen, mit einem überraschenden Twist am Ende. Möglich ist auch eine Fortsetzung, in der die Erlebnisse der Novizin Lea fortgeschrieben werden. Ein spannender Auftakt, den die Beiden da hingelegt haben und der hoffentlich fortgesetzt wird.
Im redaktionellen Teil berichten RDGZ und Matruligo, wie ihre Zusammenarbeit mit Feral zustande kam. Insbesondere Matruligo beschäftigt sich mit den Charakteren der vorliegenden Story und stellt eine Fortsetzung in Aussicht.
In der nächsten Geschichte setzt Herausgeber Ömer Yalinkilic „Dreams in the witchhouse“ als Autor und Zeichner fort. Er setzt nahtlos dort an, wo die Leser Diane und Valentina in der letzten Ausgabe verlassen haben. Aura kreuzt die Gedankenströme der Beiden, die daraufhin in Trance verfallen.
Das asiatische Mädchen ist in das Haus zurückgekehrt und irrt durch die Flure. Zusammen mit Aura begeht sie ein Ritual, in dem sie Lucifer anrufen.
Die Geschichte besticht wiederum durch die schönen portraitartigen Zeichnungen, die durch die teils minimalistischen Hintergründe gut in den Fokus gerückt werden. Um der Story folgen zu können, sollten die Lesenden die vorangegangenen Episoden kennen oder sie ggf. nachlesen. Die Komplexität der Story nimmt von Kapitel zu Kapitel zu. Gelegenheitsleser könnten überfordert sein.
Zeitgleich zu diese Ausgabe erscheint Feral in englischer Sprache für den internationalen Markt. Darin sind mehrere Kapitel von Dreams in the witchhouse enthalten, die den Lesefluss deutlich erhöhen. Der Umfang ist größer als die deutsche Ausgabe und der Preis ist entsprechend angeglichen. Vielleicht wäre eine Erweiterung des deutschen Magazins eine überlegenswerte Option. Der deutsche Preis von 6,66€ hat zwar einem dem Genre angemessenen Charme, wird aber auch nicht ewig gehalten werden können.
Der letzte Beitrag dieser Ausgabe ist von dem mittlerweile eingespielten Team M.W. Ludwig uns Detlef Klewer gestaltet. Die Story hebt sich schon optisch von den anderen Beiträgen ab, denn sie ist vollständig koloriert. Wer sich schon an Jette Greif nicht satt sehen konnte, wird mit der vorliegenden Geschichte „Halloween „ sehr zufrieden sein. In dunklen, leuchtenden Farben strahlen dem Leser die detailliert ausgearbeiteten Seiten entgegen, die den Zeichenstil des Künstlers sofort erkennen lassen.
Die Beiden erzählen eine kleine Gruselgeschichte, in der eine Frau mit ihrer Tochter an Halloween durch die Straßen streift. Die verkleideten Kinder sind vor allem der kleinen Tochter unheimlich. Als sie einen nahegelegenen Friedhof erreichen, wird schnell klar, dass sie selbst die unheimlichen Wesen sind. Mutter und Tochter sind bereits tot und jährlich zu Halloween steigen sie aus ihrem Grab empor, um sich unerkannt unter die Menschen zu begeben.
09/2025