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Deutscher Nazihorror

Schrott auf DVD und BluRayDeutscher Nazihorror

Was ist ein schlechter Film? Nun, diese Betrachtung ist sehr subjektiv, denn es liegt immer im Empfinden des Zuschauers.

Filme die ich schlecht finde muss ein anderer nicht zwangsläufig auch so ansehen. Für mich sind zum Beispiel die weitaus meisten der heutigen A-Filme schlecht. Da wird es manch einen Leser geben, der nun die Stirn runzelt und ein Fragezeichen über dem Kopf trägt.

Wenn die Deutschen sich mit den Nazis auseinandersetzen, dann geschieht das in der Regel nicht im Unterhaltungs-/Trivialfilm, im Horrorfilm schon gleich gar nicht. Ist ja auch nicht einfach, denn meistens reagieren Leute, die etwas zu sagen haben, recht ungehalten darauf, wenn ein Film nicht eindeutig Stellung bezieht. Die folgenden zwei Filme scheren sich im Grunde nicht darum. Mag jeder denken wie er will, doch die Stoffe sind eh' so hohl, dass man schon verbohrt sein muss will man die Filme ernst nehmen.

Caedes - Die Lichtung des TodesCaedes - Die Lichtung des Todes (2015)
(Caedes)
Regie: Slavko Spionjak, mit Bernhard Bozian, Lena Baader, Burak Akkoyun, Ewald Der, Jakob Philipp Graf, Max Meyr, Katja Schanz
Splatterkomödien glaubt jeder drehen zu können, manche gelingen sogar, aber in der Regel versanden die Filme, weil sie entweder zu albern oder schlicht zu dumm sind. In Deutschland kann so etwas kaum entstehen, da der Horrorfilm per se im Amateurbereich stattfindet. Somit sind brauchbare Schauspieler und Regisseure für eine eindrucksvolle Umsetzung kaum vorhanden. CAEDES kann man als semiprofessionell bezeichnen, hat Regisseur Slavko Spionjak doch vier Jahre zuvor bereits einen Kinofilm inszeniert (MEIN GROSSER LINKER ZEH, 2011). Die Schauspieler haben immerhin Erfahrungen in TV-Serien gesammelt. Auf eine Kinokarriere kann allerdings keiner zurück blicken.

Der große Wurf gelang nicht, aber wen wundert das? Deutsche Horrorfilme hatten es schon immer schwer. Also entschied man sich in diesem Fall, ein möglichst krudes Drehbuch zu verfassen, um ein wenig Aufmerksamkeit zu erregen. Es geht um Zombies, Nazis und einige Camper. Wer davon schlimmer ist lässt sich nicht eindeutig klären.

Ein paar Jungs fahren ins Nirgendwo auf einen gut besuchten Campingplatz, um ein wenig die Sau heraus zu lassen. Sie sind ehemalige Elitesoldaten, die auch schon in Afghanistan gekämpft haben (das Alter wird nicht verraten, doch optisch würde ich sie alle auf Anfang Zwanzig schätzen, ähem). Schon in der ersten Nacht werden alle Camper betäubt (durch was auch immer) und am kommenden Morgen verwandelt sich die Campinglichtung in eine Hölle. Von überall her stürmen seltsam veränderte Menschen auf sie ein, dürstend nach menschlichem Fleisch und Blut. Die Jungs und Mädels müssen sich ihrer Haut erwehren und es wird ein Blutbad unter den Campern und Zombies angerichtet. Als etwas Ruhe einkehrt müssen sie feststellen, dass ein Entkommen unmöglich ist. Wer eine unsichtbare Grenze im Wald überschreitet wird erschossen. Einige Zeit tappen sie ob des Grundes dafür im Dunkeln, doch dann gelingt es ihnen ein paar Leute ausfindig zu machen, die etwas darüber wissen. Leider werden sie überwältigt und landen in einem Keller, wo ein paar Nazis an einem Medikament arbeiten, das ewige Jugend verschaffen soll. Sogar der Führer (ja, der gute alte Adolf) existiert noch aufgrund des allerdings nicht problemlosen Medikaments, welches die meisten Organismen nicht vertragen und so die Menschen in Zombies verwandelt. Den Helden gelingt der Ausbruch, sie vernichten das Labor und töten jene, die das Experiment bisher durchgeführt haben. Lediglich Adolf kann mit einigen Getreuen fliehen.

Ob man den Film gut oder schlecht findet sei einmal dahingestellt. Er fand für den Kinovertrieb keinen Verleiher, was schon ob des Inhalts augenfällig ist. Die Machart ist zu billig, als dass sich jemand trauen würde dieses Ding den Leuten im Kino zuzumuten. Aber tun wir doch mal so, als hätte das Kino um die Ecke eine Kopie des Films erhalten und diese in Ermangelung einer Alternative im Spätprogramm aufgeführt. Irgendwie haben sich ein paar Normalgucker und einige Horrorfreaks (jedenfalls nennen sie sich so) darin verirrt. Freundlicherweise hat der Kinobesitzer keinen Eintritt genommen. "Es ist mir zu peinlich", hat er gesagt.

Der Billigcharakter des Films springt dem Zuschauer schon früh ins Auge, spätestens nach der Titeleinblendung, die einem kurzen Prolog folgt. Die Helden fahren über einen kleinen Waldweg bis zu einer Lichtung, von der wir uns für den Rest des Films kaum weg bewegen. Solcher Art Naturkulisse ist die billigste Möglichkeit einen Film zu realisieren, wenn man kein Geld hat. Ist ja an sich nichts Schlimmes, wenn genügend Talent vorhanden ist dieses ein wenig zu kaschieren. Aber wenn man es nicht kann ... Die Normalos unter den Gästen stöhnen bereits auf.

Und was bedeutet überhaupt dieser Titel? An entsprechender Stelle mehr dazu. Immerhin, es braucht nicht lange bis es los geht. Beide Parteien im Saal sind schockiert. Da geht es ganz schön zur Sache. Die Normalos sind so etwas eh' nicht gewöhnt, die Horrorfreaks, die allerdings eher durchschnittliche Amiware kennen, reiben sich verwundert die Augen. Es handelt sich schließlich um einen deutschen Film, in einem solchen geht es doch eigentlich immer recht gesittet zu. Tatsächlich ist der Film in der ungeschnittenen Version ab 18 Jahren. Er besitzt einige Deftigkeiten. Für Unmut sorgt allerdings die Tatsache, dass diese meistens vor einer extrem wackeligen Kamera stattfinden. Auch gibt es fast immer das Gleiche zu sehen. Ein Zombie beißt einem Camper in den Hals und reißt ein Stück Fleisch heraus. Irgendwann macht sich das große Gähnen breit. Selbst die Normalos merken schnell, dass sie in jeder Folge von THE WALKING DEAD weitaus härtere, abwechslungsreichere und technisch bessere Maskeneffekte zu sehen bekommen.

Nachdem der Campingplatz von den Zombies weitgehend gesäubert ist, geschieht etwas das keiner mehr erwartet hat, der Film versucht sich in Handlung und Charakterzeichnung. Besonders Letzteres funktioniert gar nicht, da jeder Dialog mit Onelinern zugemüllt wird und Sprüche enthält, die selbst die Prolls unter den Zuschauern nur selten zum Lachen bringen. Wenn es schließlich in den Nazikeller geht, dann geben die Normalos endgültig auf. Die Freaks können sich immerhin an einem zwar eindimensionalen aber durchaus akzeptablen Bösewicht erfreuen. Hier wird man übrigens über den Titel des Films aufgeklärt. CAEDES ist der Name des Experiments der Nazischergen. Warum es allerdings diesen Namen trägt wird wiederum nicht gesagt. Na gut, wen interessiert's. Auch die tumbsten Freaks kriegen nun schnell die Krätze, wenn dem Helden mehrere Finger an beiden Händen gebrochen werden und er sich trotzdem auf jeden Faustkampf einlässt und sogar Waffen bedient.

Nun weiß ich nicht wie die Reaktionen der Fans auf den Festivals war, aber ich könnte mir denken, dass sie Auswirkungen auf potentielle Verleiher hatten. Dass sich Tiberius-Film für ein Heimkino-Release fand ist sicherlich eher darauf zurückzuführen, dass er ohne Kürzungen die FSK passierte und man mit einem tollen "Uncut"-Stempel auf dem Cover werben konnte. Zugegriffen haben trotzdem wohl nur wenige Leute.

Sollte ein Schauspiellehrer ein Lehrvideo suchen für die Stunde "Wie man es nicht machen darf", dann wird er hier fündig. Overacting kann manchmal eine spaßige Sache sein, aber in einer derartigen Konzentration wird es schnell ärgerlich. Ich habe manchen reinen Amateurfilm gesehen der weitaus bessere Schauspieler besaß. Cineastisch ist das Ding kaum zu ertragen. Regisseur, Kameramann, Ausstatter – ach, einfach alle sind bestenfalls drittklassig. Niemand macht sich auch nur ansatzweise die Mühe das Minibudget zu verheimlichen. Brauchbare oder gar witzige Dialoge sucht man vergeblich. Es gibt zwar im späteren Verlauf ein paar kurze Szenen, die man im Rahmen der Verhältnisse als gelungen bezeichnen möchte, aber man muss gut aufpassen um sie zu erhaschen.

Iron WerewolfIron Werewolf (2013)
(Werewolf Terror)
Regie: David Brückner, Jens Nier, mit Carolina Rath, Roland Freitag, Hannes Sell, Caterina Döhring, Michael Krug
Straighter deutscher Horror. Da ist man doch mal recht gespannt. Na ja, die Produktion ist äußerst billig, Darsteller und Macher kommen aus unbeleckten Ecken. Man sollte die Erwartungen nicht zu hoch schrauben.

Man muss ein paar kleine Unlogiken akzeptieren, wenn man dem Film Wohlwollen entgegen bringen möchte. Er beginnt mit einem Geschehen in den letzten Kriegstagen. Die Nazis waren mal wieder erfindungsreich. Ein Wissenschaftler hat die Gene eines Werwolfs mit jenen eines Ariers gekreuzt. Der daraus entstandene Superwerwolf soll dann gegen die Feinde zu Felde ziehen. Daraus wird leider nichts, denn die Russen überfallen das Versuchsgelände und machen die Deutschen nieder. Der Prototyp bleibt hinter verschlossenen Türen und wird nie entdeckt. 65 Jahre später dringt ein Penner in das Gebäude ein, findet eine alte Waffe und eine Uniform. Außerdem gibt es da diese verschlossene Tür, hinter der Brüllen und Stampfen zu vernehmen ist.

Man muss also akzeptieren, dass seit Kriegsende offenbar niemand in diesem Haus gewesen ist, denn wie sonst könnte es sein, dass weder die Utensilien der Nazis entdeckt wurden noch das Ungeheuer, welches hinter der Tür Randale macht. Auch die Aufzeichnungen des Wissenschaftlers sind noch vorhanden, wie sich später herausstellt.

Acht Jugendliche kommen nun in das Haus. Einer von ihnen öffnet natürlich die Tür und der Werwolf wird befreit. Es kommt wie es kommen muss, die Gruppe wird dezimiert, auch der Penner muss dran glauben, der sich häuslich niedergelassen hat. Am Ende bleibt ein Paar übrig.

Warum sollte man auch eine innovative Story erfinden? In diesem Fall finde ich das gar nicht so schlimm. Es geht den Leuten offenbar darum, das zu zeigen, was der Zuschauer auch aus internationalen Filmen kennt. Na ja, ein paar komische Eigenheiten müssen mit hinein. So trägt der Wolf eine Hakenkreuzarmbinde und reagiert auf entsprechende Symbole der alten deutschen Armee. Zeigt man ihm diese, dann bleibt man von seinen Angriffen verschont.

Ich finde ja den Titel dieses Repacks von Great Movies wesentlich sinnvoller und effektiver als den originalen, denn er trifft den Kern besser. Der Wissenschaftler zu Beginn bezeichnet seine Kreation als unzerstörbar. Tja, man kann auf ihn schießen, ihn verhauen, nichts funktioniert. Da mutet das Ende schon etwas seltsam an, wenn er mit einem simplen Fingerring aus Silber vernichtet wird.

Sie hassen das Ding mal wieder alle. Okay, es ist nicht einfach den billigen Digikameralook zu goutieren. Das unbeholfene Englisch der originalen Version verursacht selbst bei einem Grundschüler Ohrenschmerzen. Da ist die Synchro, welche für den heimischen Markt von den gleichen Darstellern eingesprochen wurde, dann doch deutlich angenehmer und authentischer.

Hinzu kommen eben die logischen Fehler und die Kreatur, deren Maske so unbeweglich ist, dass sie fast gar nicht gezeigt wird. Ich finde all das eher sympathisch, denn der Wille ist deutlich spür- und sichtbar. Es gehört ein wenig Selbstvertrauen dazu, ein solches Projekt ohne nennenswertes Budget in Angriff zu nehmen - und das auch noch in Deutschland, wo auf so etwas ohnehin abfällig herunter geschaut wird.

Ich finde die Schauspieler überraschend gut, ihre Handlungen größtenteils nachvollziehbar. Sie machen das Beste daraus und bieten differenziertere Charaktere als manche Großproduktion. Das Drehbuch ist nicht immer logisch, aber es ist auf den Effekt hin geschrieben und will nicht mehr sein als die Geschichte die es erzählt. Die Regie schließlich ist unter den gegebenen Umständen gut. Brückner/Nier sind sich der Schwächen bewusst. So sehen wir oft nur die Schnauze des Werwolfs (was für ein Klassiker - er bewegt sich aufrecht wie ein Mensch - toll!), wenn er sich auf sein Opfer zu bewegt. Diese Szenen finde ich sehr gelungen, sie sind spannungsintensiver als wenn das Biest ganz gezeigt würde. Lächerlich ist dann der Schluss, wo wir die doch eher etwas mäßige Kreatur vollständig zu sehen bekommen. Schade, ich hätte diese sonst in guter (grausiger) Erinnerung behalten.

Mir hat der Film über weite Strecken gut gefallen. Oft werden solche amateurhaften Dinger mit Goreeffekten zugemüllt um Aufmerksamkeit zu erregen. Hier fehlte wohl ein wenig das Knowhow dafür, was ich ausgesprochen angenehm finde. So ist die Mordsequenz im Prolog schon eine Art Veräppelung, wenn der Typ einfach mit mehreren Litern Blut vollgesaut wird. Später gibt es mal die eine oder andere kleine Splatterszene. Insgesamt fallen diese sehr sparsam aus, obgleich der Stoff mehr hergegeben hätte.

Empfehlen kann man das Ding leider nicht, denn es sieht zu billig aus und besitzt ob der Gegebenheiten handwerkliche Schwächen. Ich würde den Machern wünschen, eine Neuverfilmung mit höherem Budget in Angriff nehmen zu können. Allerdings - würde dann noch der naive und damit sympathische Charakter erhalten bleiben? Ich habe da so meine Bedenken.

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