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Die Reize der schönen Busze - »Die Reise nach Tilsit«

Die Reise nach TilsitDie Reize der schönen Busze
»Die Reise nach Tilsit«

Die Werke des deutschen Schriftstellers Hermann Sudermann (1857-1928) sind mittlerweile ein wenig in Vergessenheit geraten. Neben dem Roman „Katzensteg“ hatte der in Ostpreußen geborene Autor insbesondere Erfolg mit Theaterstücken wie „Johannisfeuer“, denen man mitunter Trivialität und überzeichneten Pathos vorwarf, die aber auch ein sicheres Gespür für Effekte und Spannungsaufbau zeigten.

Die Reise nach TilsitSeit den 1910er Jahren wurden seine Vorlagen auch regelmäßig für die Kinoleinwand adaptiert, wobei die Novelle „Die Reise nach Tilsit“ neben „Der Katzensteg“ fraglos am häufigsten verfilmt wurde. Friedrich Wilhelm Murnau inszenierte im amerikanischen Exil 1927 nach dem Stoff den frühen Tonfilm „Sonnenaufgang – Lied von zwei Menschen“ mit Janet Gaynor in der Hauptrolle. Als „Die Reise nach Tilsit“ schuf der berüchtigte NS-Regisseur Veit Harlan 1939 mit Kristina Söderbaum und Frits van Dongen ein erstes Remake der dramatischen Geschichte, die aber insbesondere bei Joseph Goebbels nicht gut angekommen sein soll, weil er zu viele Parallelen zu seinem eigenen Liebesleben ausmachte. Bevor schließlich der litauische Filmemacher Arunas Zebriunas 1980 die Fassung „Reise ins Paradies“ realisierte, schuf der deutsche Krimiroutinier Günter Gräwert 1969 mit populären Fernseh- und Kinostars eine Variante fürs Zweite Deutsche Fernsehen, die nun in der Reihe „Pidax Film-Klassiker“ erstmals auf DVD erschienen ist.

Die Reise nach TilsitDer reiche Bauer Ansas Balczus (Karl Michael Vogler) wohnt mit seiner Frau Indre (Ruth-Maria Kubitschek) und den beiden halbwüchsigen Kindern zu Beginn des 20. Jahrhunderts in einem Fischerdorf am Haff. Die neue Magd Busze (Violetta Ferrari), der bereits ein einschlägiger Ruf vorauseilt, verdreht auch Ansas den Kopf. In ihrer Verzweiflung wendet sich Indre an den Lehrer (Peter Lühr), der ihr die Konsequenzen einer Scheidung erläutert. Über die Nachbarn der Balczus‘ (Elisabeth Goebel und Mogens von Gadow) erfährt schließlich auch Indres Vater, der Jakstat (Gustav Knuth), von den Seitensprüngen seines Schwiegersohnes und reist vom Festland herüber. Er macht Ansas unmissverständlich klar, dass er Busze vergessen und noch am selben Tag vom Hof jagen muss. Ansas lässt sich darauf ein, doch als er einige Zeit später geschäftlich in einer größeren Stadt ist, begegnet er seiner Geliebten erneut. Die hat gar nicht vor, den reichen Bauern in den Wind zu schlagen und heckt mit Ansas einen Plan aus, wie man Indre loswerden kann. Ansas soll seine Frau zu einem Ausflug nach Tilsit einladen, wo man auf der stürmischen See leicht einen Unfall haben könnte…

Die Reise nach TilsitEin wenig veraltet sind Hermann Sudermanns Geschichten gut einhundert Jahre nach ihrem ersten Erscheinen schon. Selbst der versierte Spannungsregisseur Günter Gräwert („Derrick“, „Der Alte“) kann hier nicht verhindern, dass es zum einen oder anderen Durchhänger kommt. Insgesamt holt er aber fraglos das Beste aus dem Stoff heraus und nutzt das dräuende Unheil, um ab dem zweiten Drittel die Spannung gehörig anzuschrauben. Zum weiteren Gelingen des bei der Erstausstrahlung ungemein erfolgreichen Films tragen auch die stimmungsvollen On-Location-Aufnahmen und das differenzierte Spiel der ausnahmslos guten Darstellerriege bei. Wer gerne in Geschichten aus früheren Zeiten eintaucht, wird hier auf jeden Fall auf seine Kosten kommen. Die DVD-Erstveröffentlichung präsentiert den schwarz-weißen Fernsehfilm im seinerzeit üblichen Vollbildformat (1,33:1). Der deutsche Originalton liegt in Dolby Digital 2.0 vor und ist zumeist gut verständlich, lediglich in einigen Außenaufnahmen mit Nebengeräuschen wird es mitunter etwas schwieriger. Extras sind keine vorhanden.

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