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Das historische Kalenderblatt - 30. März 1867 - Alaska an USA verkauft

Das historische Kalenderblatt30. März 1867
Alaska an USA verkauft

Alaxsxaq - Land wo das Meer anstrandet
Am 30. März 1867 ging ein legendärer Handel über die Bühne. Hierbei wechselten 7,2 Millionen Dollar in Gold und knapp 1,5 Millionen Quadratkilometer Land seinen Besitzer. Zwei Jahre zuvor war der Bürgerkrieg in den amerikanischen Staaten beendet worden, Sklaverei im gesamten Staatsgebiet verboten. Das Land hatte nun einen anderen Kampf auszufechten: Wieder zu einer Nation zu werden.
historische Karte von Alaska
Präsident war zum Zeitpunkt des Handels Andrew B. Johnson, ein eher altmodischer, konservativer Südstaaten-Demokrat. Andrew Johnson war nach dem Mord an Abraham Lincoln an die Stelle des ersten Mannes in den USA gerückt, ein zweifellos schweres Erbe. Die Idee des Kaufs dieses riesigen Gebietes weit oben im Norden, von Gegnern des Handels als "Andrew Johnsons Eisbärgarten" bezeichnet, kam jedoch nicht von ihm. Auch wenn sie sich spätestens mit dem Goldfund am Klondike als Glücksfall herausstellte.

Die verschiedenen Entdeckungen Alaskas

Die – westlich bekannte – Geschichte Alaskas begann 1648, als der Russe Semeon Dezhnev/Deschnjow die (später Bering-Straße genannte) Meerenge durchquert und auf an der Tschukutschen Halbinsel landete.
 
Rechts ist auf einer historischen Karte Alaska abgebildet (Achtung - beim Klick auf die Karte öffnet sich eine Großdarstellung - evtl. lange Ladezeiten)
 
Zu diesem Zeitpunkt war in den Russen in Sibirien offenbar jedoch bereits bekannt, dass es Handelsbeziehungen zwischen Alaska, Chukchi und den Eskimos Asiens gab. An Sibiriens Küsten und Kamtschatka galt Alaska als eine Art Paradies am anderen Ende des Meeres. Diese Beziehungen weisen nicht nur darauf hin, dass diese Meerenge überwindbar war, sie gelten auch, ebenso wie verschiedene ethnologische Studien, als ein Hinweis auf den Ursprung der verschiedenen Volksstämme, die in Alaska lebten.
 
Totem der Ureinwohner in Wrangell, Alaska Man geht inzwischen davon aus, dass es entweder zwei Siedlungsphasen über Asien (und die vereiste Meerenge) gab (ca. 12.000 – 15.000 Jahre zurückdatiert), oder aber eine Besiedelung über den Seeweg (sozusagen von Insel zu Insel – vergleichbar evtl mit der Besiedelung Islands und Grönlands durch die Wikinger).

Im 18. Jahrhundert lebten vermutlich etwa 80.000 Ureinwohner in Alaska. Die Gruppen der Ureinwohner sind durch unterschiedliche kulturelle und ethnologische Wurzeln geprägt.  Man nimmt heute an, dass es insgesamt drei Siedlungsbewegungen waren: Die jüngeste Siedlungswelle sollen hiernach die Vorfahren der Aleuten gewesen sein, die am südlichen Rand der Beringsee in Form eines Halbkreises vom amerikanischen Festland in eine Vielzahl von Inseln auslaufen. Dies ist aufgrund der vergleichsweise weiten Entfernung der Inselgruppe und des Festlandes im Vergleich zu den Küstenregionen zwischen Norton und Kotzebue Sound von Sibirien durchaus verständlich. In den der Beringstraße nahe gelegenen Westküste Alaskas hatten sich in einer zweiten Siedlungswelle die Inuit angesiedelt, fälschlicher Weise auch als Eskimos bezeichnet, die einen großen Teil Alaskas besiedelt hatten. Die früheste Wanderung von Sibirien nach Alaska fand vor über 10.000 Jahren statt, über die damals aller Wahrscheinlichkeit noch bestehende Landverbindung zwischen Alaska und Sibiren. Die Indianerstämme, die damals einwanderten, hatten sich an der Südostküste Alaskas in den gemäßigteren Regionen der Halbinsel angesiedelt.
 
Die Russische Entdeckung - Wie Russland zu Alaska kam
Zar Peter der GroßeZar Peter der Große (Regierungszeit 1682-1725) wollte sein Wissen – und seine Machtmöglichkeiten – erweitern, dazu gehörte auch die Frage nach den Möglichkeiten von Schiffswegen von Sibiriens Osthäfen über die Datumsgrenze hin zu dem westlichen Kontinent. Zu diesem Zweck beauftragte er den dänischen Seemann Vitus Bering mit der Suche nach dem Seeweg vom Norden Russlands nach Amerika.
 
Bering, seit 1703 Kapitän der vom Peter dem Großen gebildeten russischen Marine, führte zunächst Linienschiffe und war Kriegsteilnehmer in verschiedenen militärischen Auseinandersetzungen, bevor er sich als Entdeckungsreisender aufmachte. 1725 wurde er von Peter damit beauftragt wurde, im Meer von Kamtschatka zu untersuchen, ob es eine Meerenge gab, oder ob es doch eine Landbrücke gab. Leider waren die ersten Expeditionen (1728 und 1729) nicht sehr erfolgreich. Er kam Alaska (genauer gesagt einer der vorgelagerten Inseln) sehr nahe, aufgrund der Wetterverhältnisse gelang es ihm jedoch nicht, Land zu sehen.

Die zweite Kamtschatka Expedition, in Auftrag gegeben von Zarin Anna, war es schließlich, die den Forschungsdurchbruch brachte. Sie wird auch die "Große Nordische Expedition" genannt und gilt als die größte Expedition aller Zeiten.
 
Vitus Bering - Columbus RusslandsVon 1733 bis 1743, über einen Zeitraum von zehn Jahren, war Bering mit seinen Schiffen unterwegs. Insgesamt handelte es sich um drei Gruppen, die gemeinsam und unabhängig voneinander reisten und forschten. Zum einen ging es um die Erfassung von Russlands Norden und Osten auf Karten, dann gab es die „akademische Gruppe“ mit dem Auftrag ethnologische Studien zu betreiben, Flora und Fauna in Sibirien zu erkunden. Bering als Leiter war mit der dritten Gruppe unterwegs. Diese „pazifische Gruppe“ sollte den Pazifik erforschen und herausfinden, ob es bisher unbekannte Regionen und Seewege gab.

In einer ersten Etappe erreichte Bering mit seinen Mannschaften, Wissenschaftlern und Helfern nach vier Jahren das Ochotskische Meer an Sibiriens Ostküste. Dort begann man mit dem Bau von zwei Schiffen, der St. Peter und der St. Paul, mit denen man dann in See stach.

 Nachdem die Arbeiten an den Schiffen beendet waren, begann man die zweite Etappe der Reise im September 1740. Über Kamtschatka und einem Zwischenstop bei der späteren Stadt Petropawlowsk lenkte Bering die Schiffe Juni 1741 in Richtung Alaska.
 
Die beiden Schiffe wurden in einem Sturm getrennt und mussten getrennt voneinander weiterreisen. Sowohl Bering an Bord der St. Peter als auch sein zweiter Kapitän Tschirikow mit der St. Paul erreichten Alaska. Tschirikow gelangte in die Nähe der heutigen Stadt Sitka, Bering landete weiter nördlich auf einer der Aleuten-Inseln. Dort lief die St. Peter auf Grund, und die Besatzung war gezwungen auf der Insel zu überwintern. Unter den Toten dieses Winters war auch Bering selbst. Die Überlebenden bauten aus dem Material der havarierten St. Peter ein Schiff, mit dem sie es zurück nach Kamtschatka schafften.

Während dieses Aufenthalts sammelten der deutsche Georg Wilhelm Steller und Lt. Khitrovo ethnographische Gegenstände, die als Sensation galten.
 

Den 22 Dec 1737. reiste abends um 3 Uhr aus Sankt Peterburg mit meiner Frau Liebsten, unserer kleinen Tochter... auf 3 Schlitten mit 4 Pferden...

 
So beginnt der Reisebericht von Georg Wilhelm Steller, der im Auftrag des Zaren aufbrach. Die Reise dauerte ingesamt neun Jahre, in denen Steller unter anderem auch als erster Europäer die sogenannte "Stellersche Seekuh" dokumentierte. Die Aufzeichnungen der ersten Etappe galten seit dem 18. Jahrhundert verschollen, bis sie 2001 von einem Historiker wiederentdeckt wurden.

Allgemein wird dieses Aufenthalt als die europäische Entdeckung Alaskas gesehen. Unter der Beute, die man an Bord der Expeditionsschiffe mitführte, waren eine beträchtliche Menge an Fellen von Füchsen und Seeottern. Mit erheblichem Gewinn konnten sie diese nach ihrer Rückkehr in Kamtschatka verkaufen.
 
Die Russisch-Amerikanische Kolonie Alaska
Der Hafen 
Petropawlowk, KamtschatkaDie Tatsache dieser Gewinne erregte zwangsläufig die Aufmerksamkeit von Händlern und Pelzjägern. Immer wieder fuhren einzelne Abenteurer vom Petropawlowsk („Peterpaulshafen“, eigentlich Awatscha, Hauptort der Halbinsel Kamtschatka) nach dem gegenüberliegenden Amerika, um ebenfalls Füchse und Ottern zu jagen. Bald darauf entschlossen sich mehrere sibirische Händler dazu, mit ihren Einlagen eine gemeinsame Handelsfirma zu gründen. Ihr Ziel war es, den Handel mit Pelzen aus Sibirien und Alaska zu dominieren.

Als Folge dieser Entdeckungen wusste man, dass die beiden Kontinente Amerika und Asien sich an einer Stelle bis auf ca. dreißig Stunden näherten, die Beringstraße.
Hinzu kam, dass die Straße (damals) immer wieder mit Eis bedeckt war. Zum einen wurde so ein Übergang über das Eis grundsätzlich denkbar, zum anderen war trotz des Eises eine Einfahrt ins Polarmeer möglich.

Damals nahm der russische Zarenhof wenig Notiz von diesen Entdeckungen, man war mehr mit sich und der Innenpolitik beschäftigt.

In den kommenden Jahren betreiben die Russen immer stärker die Ausbreitung ihrer Handelsbeziehungen mit den Aleuten und den anderen Völkern, die in Alaska leben. Nicht immer waren die Kontakte friedlich. Ähnlich den Konflikten der Siedler in Nordamerika kam es auch zwischen russischen Pelzjägern und Ureinwohnern zu Auseinandersetzungen. Es kam zu Strafexpeditionen, in denen die Russen versuchten, ihre Vorherrschaft gegenüber den Aleuten deutlich zu machen. Aus dem Jahr 1764 gibt es den Bericht des russischen Kapitäns Stepan Glotov, der den Winter mit seiner Mannschaft auf der Insel Kodiak verbrachte und von den Angriffen, der Taktik und den Waffen der Inselbewohner berichtet.

Die Pelzjäger legten Handelsstationen an, häufig armselige Hütten ohne jeden Komfort, die in der Regel nicht dauerhaft bewohnt waren, sondern nur zu bestimmten Zeiten im Jahre durch Schiffe aus Sibirien oder Kamtschatka besucht wurden. Die "Odinotschkas", so nannte man die Hütten, war damals der Begriff für eine "Einsiedelei" oder ein "vereinzeltes Gehöft".

Nicht weniger primitiv als die Unterkünfte waren die Schiffe, mit denen die Jäger über die Meerenge kamen. Es gibt Berichte über „Schiffe“, die diesen Namen nicht verdienten, und teilweise nur aus Brettern bestanden, die man mit Lederriemen, Seilen oder Sehnen miteinander verbunden hatte. Kein Wunder, dass eine große Menge dieser Fahrzeuge auf der Reise verloren gingen. Auf dem gleichen Weg kamen die Überlebenden wieder zurück, häufig mit reicher Beute – und machten gute Geschäfte. Die so erbeuteten Felle wurden bis nach Moskau geschafft, gelangten nach China, das seit 1728 mit einem Handelskontrakt verbunden war, oder auch noch weiter nach Westen.
 
Erst 1766 (unter der Zarin Katharina der Großen, der die profitablen Aussichten klar wurden) wurde eine neue Expedition veranlasst.

1770 kam es zu einem – offenbar dem ersten – festen russischen Gebäude in Unalaska, auf den Inseln der Aleuten. Zwei Jahre später schließlich kam es zu der ersten ständigen Siedlung von Russen in Unalaksa.

Mittlerweile war es auch anderen Mächten nicht entgangen, dass sich die Russen auch jenseits der Beringstraße ausbreiteten. Die Spanier befahlen eine Aufklärungsreise. Von Mexiko aus segelte man an der Pazifikküste entlang nach Norden. Diese Expedition gelangte nach Südost Alaska. Auch James Cook berichtet von Alaska. Aus dem Jahr 1778 gibt es Karten aus der Feder Cooks über die Südküste Alaskas.

Das russische Gebiet umfaßt den nordwestlichen Theil des Continents von Nord-Amerika, von der Behringsstraße ostwärts bis zum St. Eliasberg (60 Grad nördlicher Breite), von da südlich, die Küste des stillen Meeres entlang, im Ganzen 394,000 O.-Meilen. Das Land ist sehr gebirgig, einzelne Schneegipfel erreichen eine ungewöhnliche Höhe, so der St. Elias 17,000 Fuß. Vom Inneren des Landes ist beinahe nichts bekannt. (...). Auch die der Küste entlang gelegenen Inseln gehören zu Rußland; die bedeutendsten sind (von Norden nach Süden): Kodiak, Sitka, Prinz Eduards Insel, Königin Charlotte oder Washington Insel. — Das Klima von russisch Amerika ist sehr kalt, im Sommer regnerisch, im Winter von häusigen Schneefällen begleitet. — Das Land gehört der russisch-amerikanischen Compagnie, die von Kaiser Paul das Monopol des Pelzhandels an diesen Küsten erhielt. Die erste Niederlassung geschah auf der Insel Kodiak, die Hauptstation der Compagnie befindet sich in Neuarchangel an der Küste der Insel Sitka mit ungefähr 1000 Einwohnern. Im Innern des Continents herrscht Rußland nur dem Namen nach, nur einige Indianerstämme an der Küste, die einen Pelz- und Tauschhandel mit Rußland treiben, erkennen seine Oberhoheit an, die im Innern dagegen sind ganz unabhängig.1

 
Die Russisch-Amerikanische Handelskompagnie
Es war den in Alaska lebenden Ureinwohnern, Indianerstämmen des Südostens, Inuit und Aleuten, unmöglich, sich dauerhaft gegen die übermächtigen Russen zu wehren. Sie waren ihnen zwar zahlenmäßig durchaus überlegen, gegen Waffen wie Kanonen oder Gewehre hatten sie wenig aufzubieten.
 
Fahne der Russisch-Amerikanischen HandelskompagnieAus den einzelnen Trupps von Jägern und Händlern wurden größere Gruppen, die zunächst nur einzelne Behausungen hatten, später ein erstes festes Gebäude errichteten, bis schließlich eine erste Siedlung entstand. Diese Gruppen von sibirischen Fellhändlern, den Promyshleniki, wurden immer besser organisiert. Unter der Führung ihres Sprechers, dem sibirischen Händler Schelichkof, gelang es ihnen schließlich, den Zarenhof von der Wichtigkeit einer Handelsorganisation zu überzeugen, die - wenig verwunderlich - von ihnen dominiert wurde. Es entstand die Russisch-Amerikanische Handelskompagnie. Die Kompagnie ist einen eigenen Artikel wert, der als Ergänzung zum Kalenderblatt morgen erscheinen wird. Im Laufe der Zeit wurden sie so bedeuten, dass sie vom Zar selbst die Erlaubnis einer eigenen Flagge erhielten. 
 
Russland und Amerika beginnen zu verhandeln
Die Vereinigten Staaten strebten danach, keine andere (Kolonial-)Macht auf dem Nordamerikanischen Kontinent zu haben - und davon waren sie zu jenem Zeitpunkt noch weit entfernt: Neben Russland, das neben Alaska auch noch in Kalifornien mit Jägern und Händlern aktiv war, erhob Spanien Anspruch auf einzelne Gebiete, die Briten hatten Land in Kanada für sich beansprucht.

US-Präsident James MonroeDie sogenannte "Monroe-Doktrin" (benannt nach dem amerikanischen Präsidenten James Monroe) von 1823 hielt genau dieses Bestreben fest. "Preis" für die Nichteinmischung der Vereinigten Staaten in Belange und Kriege der europäischen Staaten war die Wahrung der exklusiven Interessen der Vereinigten Staaten auf den amerikanischen Kontinenten. Ein Bruch dieser "kontinentalen Unversehrtheit" würde von den USA als Bedrohung der Sicherheit gesehen - und entsprechend beantwortet.

So kam es den USA sehr entgegen, dass Spanien so geschwächt war, dass es Florida an die USA verkaufte. 1846 sorgten die USA für einen Zwischenfall mit Mexiko. Es kommt zu einem Krieg, in dessen Folge Mexiko die heutigen Staaten Kalifornien und Utah, Nevada und New Mexiko an die USA abzutreten. Da man Kanada nicht in ihren Einfluss bringen kann, kommt ihnen Alaska gerade recht.

Präsident Andrew JacksonAndrew Jackson, unter dessen Regierungszeit der Kauf von Alaska vorgenommen wurde, war schon vor seiner Zeit als Präsident ein Mensch der "Grenzverschiebung". Er war es, der ohne Genehmigung der damaligen Regierung mit seinen Truppen in Florida eindrang, spanische Städte einnahm und dafür sorgte, dass sich die Spanier aus Nordamerika zurückzogen.
 
In Russland waren durchaus nicht alle der Meinung, Alaska sei wertlos. Man hatte Petroleum und Kupfer gefunden, außerdem gab es Hinweise auf (vermutlich kleine und unbedeutende) Goldvorkommen.

Die Handelsgesellschaft war verschuldet, die Fellausbeute ließ immer weiter nach. Die Pro-Asien-Fraktion in Petersburg, darunter Nicholas Muraviev, Generalgouverneur von Ostsibirien, drängten auf eine Entscheidung für Asien und gegen Alaska.

Neben den USA waren auch die Engländer an Alaska interessiert. Russland jedoch war mit der englischen Großmacht in den Krimkrieg verwickelt. Es erlebte die englische Marine, die durch ihre Präsenz im nördlichen Pazifik und in Nähe des russischen Hafens Petropavlovsk ihre Macht deutlich zur Schau stellte. Dies trug dazu bei, dass England als Käufer Alaskas uninteressant wurde. Die USA rückten in den Fokus. Bei einem Verkauf Alaskas an die USA, so Muraviev in einem Memorandum, könnte man sich die junge Nation zum Freund machen - und sie damit England entfremden.

1843 war es bereits einmal zu einer "vollkommen harmlosen" Anfrage von zwei amerikanischen Politikern an den russischen Botschafter in den USA gekommen. William Marcy, ein Staatssekretär, und der Senator William M. Gwin fragten nach, was denn von den Gerüchten zu halten sei, nach denen Russland plane seine Kolonien in Nordamerika zu verkaufen. Baron Eduard de Stoeckel, der Botschafter, verneinte dieses Ansinnen energisch - doch konnten die Russen aus dieser Anfrage entnehmen, dass Amerika durchaus Interesse an einem Kauf der Region hatten.

Nach diesem ersten Anlauf herrschte für Jahre Stille in dieser Sache.

Mit dem Tod von Zar Nicolaus 1. in Jahre 1855 und dem Nachrücken seines Sohnes Alexander 2. auf dem Thron, kam neue Bewegung in den Verkauf. Alexander baute stark auf seinen jüngeren Bruder, Großfürst Constantine. Wie auch Nicholas Muraviev vertrat Constantine die Ansicht, dass man sich von Russisch-Amerika trennen sollte.

Alle diese Gedanken und Überlegungen, sowie offenbar bereits erste geführte inoffizielle Gespräche brachen abrupt ab, als in Amerika der Bürgerkrieg ausbrach.

Nach der Erkundungsreise von Pavel Golovin, der 1862 im Auftrag des Zaren einen Bericht über Russisch-Amerika und die Handelskompagnie einreichte, erkannte Russland zu seinem Schrecken, welche riesigen Ausgaben mit dem Besitz Alaskas auf sie zukommen würden. Das Eisenbahnsystem, so Golovin, musste ebenso ausgebaut werden wie der gesamte Rest der Infrastruktur. Die Kompagnie habe vollkommen versagt. Russland, das eher Geld benötigte statt welches auszugeben hatte, war von diesen Tatsachen nicht begeistert. Erneut rückte die Frage eines Verkaufs in den Fokus.

Im Dezember 1866 kam es zu dieseem Thema zu einem Treffen in St. Petersburg, bei dem hochrangige Politiker und Berater zusammenkamen. Die Regierung war in Alarmbereitschaft: Der Aktienkurs der Russisch-Amerikanischen Handelsgesellschaft fiel rapide, sie war praktisch bankrott ist und benötigte dringend die Hilfe des russischen Staates in Form von einer Finanzspritze. Für Russland in dieser Situation undenkbar. Neben dem Zaren und seinem Bruder Großfürst Konstantin waren Gorchakov, Finanzminister Michael Reutern, Botschafter Stoeckel und zwei weitere Personen an dem Treffen beteiligt. In diesem Besprechung fiel die endgültige Entscheidung für einen Verkauf der Kolonie, und die Wahl, diese Botschaft so diplomatisch und klug wie möglich zu übermitteln, fiel auf Russlands Botschafter in den USA.
 
Eduard Alex. von StoeckelEduard von Stoeckel erhielt vom Zaren den Befehl, sofort nach seiner Rückkehr mit Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten zu beginnen. Tatsächlich nahm er direkt nach seiner Ankunft - noch von New York aus - Kontakt mit dem Staatssekretär William Seward auf. Man nimmt an, dass Thurlow Weed, ein damals bekannter Politiker, als Vermittler fungierte.

Am Montag dem 11. März 1867 begannen die Verhandlungen. Zunächst sprach man über eher weniger wichtige Themen, bis Seward direkt fragte, ob Alaska zu verkaufen sei. Nach einer zustimmenden Antwort Stoeckels eilte Seward zu seinem Präsidenten mit der neuen Nachricht. Anders als Stoeckel, für den ganz klar war, dass man hier zuschlagen musste, zögerte Johnson. Er wollte dies erst mit seinem Kabinett besprechen und seine Entscheidung von der seiner Berater abhängig machen. Schließlich gelangte die Regierung der USA zu einer positiven Antwort, und Seward kehrte zu Stoeckel zurück - mit dem Auftrag, den Kauf abzuklären.

Nach nur einer Woche der Verhandlungen wurde von Stoeckel ein Telegramm an seine Regierung aufgegeben. In ihm erbat Stoeckel die Erlaubnis, dem Verkauf zuzustimmen.

SewardNach einem Bericht des Sohnes von Seward suchte Stoeckel den Außenminister am Abend des 29. März in dessen Privathaus auf und überbrachte die Nachricht, dass der russische Zar mit dem Angebot einverstanden sei. Gleich am darauffolgenden Tag sollte der Vertrag unterzeichnet werden. Seward, voller Ungeduld, wollte nicht warten und stellte die Gegenfrage, warum man dies nicht gleich unter Dach und Fach bringen sollte. Noch in dieser Nacht holten beide Vertragsseiten ihre Berater und Mitarbeiter aus dem Bett und bestellten sie in die Büros des State Department, wo nach mehreren Stunden weiterer Verhandlungen die Vertragsentwürfe fertig gestellt wurden. Da weder Seward noch Stoeckel die Vollmachten zu einer endgültigen Zustimmung hatten, gingen die Verträge an ihre jeweiligen Regierungen zur Begutachtung.
 
Die Kaufsumme, für die Russisch-Amerika den Besitzer wechselte, betrug 7,2 Millionen US-Dollar in Gold. Nur ein Jahr zuvor hatte man in Russland eine erste Kalkulation für den Verkauf Alaskas aufgestellt. Damals hatte sie 5 Millionen Dollar betragen.
 
Abbildung der Verkaufsverhandlung zwischen Russland und Alaska Mit diesem Vertrag, der am 30. März 1867 beschlossen wurde, und mit der Übergabe Alaskas an die USA, die am 18. Oktober des gleichen Jahres stattfand, ging die Ära der russischen Regierung in Alaska zu Ende.
 
Die Botschaft des Verkaufs war für die meisten Staaten wenig erwähnenswert. Niemand interessiert sich außerhalb des amerikanischen Kontinents für dieses Stück Erde. In vielen Berichten und Chroniken war er allenfalls eine Randnotiz.



Zitate und (wichtigste) Quellen:
1  Wilhelm Rapp - llustrirte Geographie von Nord und Süd-Amerika: nach den neuesten und besten Quellen bearbeitet, Verlag John Weik, 1854
 
  • Sylvia Englert - Cowboys, Gott und Coca-cola, Campus Verlag, 2005
  • Claus-M Naske, Herman E. Slotnick - Alaska: A History of the 49th State, University of Oklahoma Press, 1994
  • http://www.seemotive.de
  • Globus: illustrierte Zeitschrift für Länder- und Völkerkunde, Band 11, Verlag  F. Vieweg und Sohn, 1867
  • National Geographic Deutschland, 2/2007
  • http://www.nationalgeographic.de
  • Friedrich Heinrich Kittlitz - Denkwürdigkeiten einer reise nach dem russischen Amerika, nach Mikronesien und durch Kamtschatka, Band 1-2, Verlag J. Perthes, 1858
  • o.V. - De Aarde en haar volken,  Jaargang 1892
  • Alaska Territory Late Russian America, Illustrated London News, 1868
  • Andrei Valterovich Grinev - The Tlingit Indians in Russian America, 1741-1867, Univ. of Nebraska Press, 2005
 
sowie weitere Quellen, genannt im Artikel zur Russisch-Amerikanischen Handelskompagnie

Kommentare  

#1 Torshavn 2010-03-30 08:33
Ein interessanter Artikel. Zu dem Thema wußte ich bisher nur sehr wenig.
Hast Du vielleicht einen Buchtipp für mich zur Geschichte der USA?
#2 Bettina.v.A. 2010-03-30 20:07
Hi Toshavn, danke :-). Ich finde es auch immer wieder sehr spannend, welche Erkenntnisse man so "entdeckt", wenn man einen solchen Artikel schreibt.

Es gibt kein spezielles Buch zur Geschichte der USA, zumindest kein einzelnes. Dazu ist mir die Geschichte der USA viel zu umfassend. Ich richte mich immer eher nach einzelnen Aspekten.

Cowboys, Gott und Coca-cola von Sylvia Englert fand ich ganz gut.
Karl Andrée - Amerika in geographischen und geschichtlichen Umrissen, Westermann, 1851 als historisches Werk.

Ansonsten - wie gesagt - picke ich mir eher einzelne Themen gezielt heraus.

Gruß, Bettina
#3 Pisanelli 2010-03-31 11:55
Wieder mal ein sehr schöner Artikel, liebe Bettina! Thumbs up! Ich hoffe, ich kann auch bald mal wieder was Schönes beisteuern...
Kleiner Hinweis: der Link zum Artikel über die Russisch-amerikanische Handelskompanie sollte freigeschaltet werden, man wird nicht verbunden.
#4 Harantor 2010-03-31 18:39
Der Link funktioniert jetzt. Da hatte Bettina versehentlich aus ihren eigenen Inhalten heraus verlinkt. Und an den kommt eben nur Bettina ran.

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