The Experiment (2010)

The ExperimentThe Experiment

Eine Gruppe von Testpersonen erklärt sich bereit, an einer Sozialstudie über Dominanz und Unterdrückung teilzunehmen. Dazu soll in einer künstlichen Gefängnissituation das Aggressionsverhalten der Teilnehmer auf die Probe gestellt werden. Per Zufallsprinzip aufgeteilt in Wärter und Gefangene, spielen die 26 Beteiligten zunächst den fiktiven Gefängnisalltag nach. Was sich anfänglich wie ein zwangloses Rollenspiel gestaltet, eskaliert nach und nach zu einer Spirale aus Angst und Gewalt. Bevor die Initiatoren die lebensbedrohliche Tragweite ihrer psychologischen Studie erkennen, ist es zu spät. Das Experiment ist bereits in vollem Gange. Und es fordert Opfer.


Es passiert nicht gerade oft, dass deutsche Filme auch im Ausland so viel positives Aufsehen erregen, dass selbst die Amerikaner sich dazu berufen fühlen, eine eigene Version dieser Filme zu produzieren. Oliver Hirschbiegels "Das Experiment" aus dem Jahre 2001 zählt allerdings zu diesen Filmen, und so ist es denn auch nicht weiter überraschend, dass nun mit dem Werk von Paul Scheuring eine Neuauflage vorliegt. Bis auf wenige Änderungen kleiner Details und dem Weglassen einiger Passagen aus dem Original hat man im Prinzip eine 1:1-Kopie vor sich, die zwar jederzeit gute und auch spannende Unterhaltung bietet, aber in keinster Weise an die Klasse des deutschen Originals herankommt. Hirschbiegels Werk ist ganz einfach noch um einiges intensiver gestaltet und geht auch mehr auf die psychischen Abgründe ein, die sich bei den Beteiligten auftun.

Zwar wird auch in vorliegender Neuauflage der charakterliche Wandel einiger Testpersonen recht eindrucksvoll in Szene gesetzt, doch setzt die Geschichte hier allerdings nur recht oberflächlich an und focusiert sich vor allem auf den offensichtlich zu Tage tretenden Sadismus des Anführers des Wachpersonals (Forest Whitaker). Die ihm verliehene Machtposition verschafft ihm dabei sogar erregende Gefühle, was man insbesondere in einer Situation sehr gut erkennen kann, als er auf der Toilette vor einem Spiegel steht und der Zuschauer ganz deutlich eine Schwellung in seinem Genitalbereich erkennen kann. Er kostet dieses Machtgefühl schonungslos aus, wobei ihm mit Adrien Brody ein aufsässiger Gegner gegenübersteht, der für die Rechte der Gefangenen-Testpersonen eintritt. Hier liegt auch das eigentliche Problem des Filmes begraben, denn das Hauptaugenmerk wird zu sehr auf die beiden Hauptcharaktere gerichtet, so dass die anderen Akteure doch größtenteils lediglich als notwendige Statisten erscheinen. In diesem Punkt wirkt der deutsche Beitrag doch wesentlich ausgeglichener und die anderen Charaktere erhalten mehr Aufmerksamkeit, was die Intensität des Szenarios doch noch um ein Vielfaches höher erscheinen lässt. Fairerweise sollte man allerdings anmerken, dass Whitaker und Brody rein vom darstellerischen Aspekt her vollkommen überzeugen können.

Eine wesentliche Änderung des Storyverlaufes ist ganz sicher, dass die das Experiment überwachenden Wissenschaftler hier eigentlich überhaupt keine Rolle spielen, was ja im Original noch vollkommen anders war. Die Passagen, in denen das Experiment wegen einsetzender Gewalt langsam außer Kontrolle gerät und deswegen abgebrochen werden soll, fehlen ausnahmslos. Auch die Vergewaltigung einer Ärztin wurde aus dem Szenario entfernt, was dem offensichtlich zu Tage tretenden seelischen Verfall der Männer doch etwas an Stärke nimmt. Waren es doch gerade diese Passagen, die 2001 den Zuschauer extrem schockierten, da so die ausufernden Zustände brillant dargestellt wurden und ein sehr tiefer Einblick in die tiefsten seelischen Abgründe eines Menschen gewährt wurde. Hier allerdings bekommt der Zuschauer durch das Fehlen dieser Szenen eine ganz andere Sichtweise auf die Ereignisse, entsteht doch fast zwangsläufig der Eindruck, dass die eskalierende Gewalt von den Wissenschaftlern so gewollt war. Denn selbst nach dem Tod einer Testperson wird das Experiment immer noch nicht abgebrochen, erst als die restlichen Gefangenen sich befreien können und es zu einer Massenschlägerei mit den Wärtern kommt, öffnen sich die Tore.

Das darauf gewählte Ende beinhaltet dann sogar eine extrem sarkastische Note, die das Ganze meiner Meinung nach sogar einigermaßen unglaubwürdig macht, sitzen doch alle Testpersonen friedlich in einem Bus zusammen und halten sogar ihre Schecks in der Hand. Irgendwie entsteht dabei der Eindruck, dass die Probanten für die eskalierende Gewalt und dem Mord an einem Menschen belohnt wurden, was doch einen sehr bitteren Nachgeschmack hinterlässt. Ebenso verhält es sich mit der Passivität der Wissenschaftler, die scheinbar bewusst dafür gesorgt haben, dass die Situation außer Kontrolle gerät, und dabei den eventuellen Tod einiger Menschen billigend in Kauf genommen haben. Gerade in Bezug auf diesen Aspekt lobe ich mir doch die deutsche Version des Filmes, die meiner Meinung nach viel glaubwürdiger erscheint, wurde dort doch wenigstens der Versuch unternommen, die Ereignisse zu beruhigen, auch wenn dies im Endeffekt nicht gelungen ist. Dennoch ist auch die Neuauflage auf jeden Fall ein sehenswerter Film, den man sich auf jeden Fall anschauen sollte.

Fazit: Trotz zweier erstklassiger Hauptdarsteller kann "The Experiment" nicht mit Oliver Hirschbiegels Version mithalten, bietet aber trotzdem eine gelungene Mixtur aus Thriller und Drama, die allerdings keineswegs so intensiv und explosiv ist wie im Original. Zu sehr ist der Focus auf die beiden Hauptpersonen gerichtet, wodurch alle anderen Beteiligten zu sehr in den Hintergrund gedrängt werden, was dem Film insgesamt gesehen nicht unbedingt zugutekommt. Ein Vergleich der beiden Filme lohnt sich allemal, aber wenn man sich für eine Version entscheiden muss, dann würde ich ohne zu zögern das deutsche Original empfehlen.
 
 
Daten zur DVD

Darsteller: Adrien Brody, Forest Whitaker, Cam Gigandet, Clifton Collins Jr., Ethan Cohn, Fisher Stevens, Travis Fimmel, David Banner, Jason Lew, Damien Leake, Maggie Grace, Rod Maiorano, Rachel O'Meara, Jack Mishler
Regie: Paul Scheuring
Drehbuch: Paul Scheuring / Mario Giordano
Kamera: Amy Vincent
Musik: Graeme Revell
Keine Jugendfreigabe
USA / 2010


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