Rennschmid, Andrea - Totenkopf und weisse Segel

CoverTOTENKOPF UND WEISSE SEGEL
Lexikon des klassischen Piratenfilms
von ANDREA RENNSCHMID

„Von alters her fand das Piratentum in den Volksschatz und jagte dem Leser oder Zuhörer in seiner guten und sicheren Stube Schauer über den Rücken oder versetzte ihn zum Träumen in eine andere, ferne Welt.“

Mit diesem sehr treffenden Satz beginnt ein längerer Aufsatz zu Beginn des Buches, der sich mit der geschichtlichen Entwicklung dieses Genres befasst.


Ein Genre, das als Solches kaum wahrgenommen wird, weshalb es sogar weltweit eher wenige Werke gibt, die sich umfassend mit diesem Thema auseinander setzen. Immerhin gelten mehrere Filme als der Inbegriff des Abenteuerfilms im Allgemeinen. Stars wie Errol Flynn oder Maureen O'Hara verdanken ihnen Weltruhm. Aber will man sich mit dieser Spielart auseinander setzen, dann ist man weitestgehend auf deren Biografien angewiesen oder man muss sich mühsam die Filme in allgemeinen Abschnitten von Filmführern zusammen suchen, oder gar endlos im Internet herumsurfen. Als Leser Deutscher Filmbücher geht man dabei sogar praktisch leer aus.

Es muss einen verwundern, dass plötzlich ein Buch darüber existiert. Selbst in gut sortierten Buchhandlungen wird man aber leider kaum darüber stolpern, denn der Verlag, der sich so rührend darum bemüht hat, ist praktisch unbekannt.

Nach persönlicher Auskunft des Herausgebers und der Autorin entstand das Werk über einen Zeitraum von vier Jahren, in denen umfangreich recherchiert wurde.

Aber von vorn:

Das Buch beginnt mit einem geschichtlichen Abriss über das Piratentum. Ob die Angaben stimmen, vermag ich nicht zu beurteilen, aber dieser Artikel wirkt kompetent geschrieben, umfasst einen Zeitraum von rund 4000 Jahren und praktisch die ganze Welt. Natürlich kann es nur ein Abriss sein, aber die Dichte und Fülle der Informationen ist beeindruckend.

Dann folgt der schon erwähnte Artikel über die Geschichte des Genres. Ganz nebenbei werden die Grenzen abgesteckt und die grundsätzlichen Mechanismen erklärt. Der Informationsgehalt erreicht dabei eine erstaunliche Höhe. Der Stil der Autorin ist jederzeit sachlich aber nicht trocken. Ich würde manch einem Romanautoren diese Flüssigkeit wünschen.

Kernstück dieses Buches ist darauf folgend das Lexikon.

Für Gewöhnlich erscheinen Werke dieser Art mit Filmen, die im Deutschsprachigen Raum zu sehen waren. Das erschien der Autorin jedoch zu wenig. Der Ehrgeiz, weiter zu forschen, einen wirklich umfassenden Überblick zu schaffen, trieb sie offenbar dazu, tief ins Eingemachte zu gehen, Informationen zu finden, die dem Ganzen etwas Außergewöhnliches verleihen.

Um nicht lange um den heißen Brei herum zu reden. Ich habe bis heute nur sehr selten auf dem Deutschen Markt ein solch hervorragend recherchiertes Filmbuch gelesen. Geboten wird hier mehr, als man beim Kauf des Lexikons erwarten würde. Wirklich alle Filme, der die Autorin habhaft werden konnte, werden hier aufgeführt. Es beginnt in den frühesten Stummfilmtagen, als der Film sich aus einer reinen Jahrmarktsattraktion zu einer Erzählform entwickelte bis zur Wiederbelebung des Genres mit „Fluch der Karibik“.

Was dabei vor allem an Frühwerken zu Tage gefördert wird, ist beachtlich. Die Masse der Stummfilme ist enorm. Weiter gibt es sehr viele Eintrage von Streifen, die bei uns nie zu sehen waren. Vergessen werden auch nicht die (für uns) Exoten, aus Indien, Japan oder Hongkong, wobei es nicht nur aktuellere Filme sind. Man findet sogar einen US-Pornofilm darunter, sowie einige Streifen, die man niemals hier vermutet hätte, die aber thematisch deutlich hier hinein gehören.

Je nach Verfügbarkeit werden umfangreiche Stab- und Besetzungsangaben geboten, gefolgt von einer klaren, ausreichenden Inhaltsangabe. Der anschließende Text bewertet den Film in seiner Bedeutung für das Genre. Die qualitative Einschätzung wird jeweils durch Zitate aus anderen Publikationen vorgenommen. Hier ist die Autorin selbst sehr zurückhaltend.

Dieser Stil erweist sich als Vorteil. Das Genre ist gefüllt von billigen kleinen Filmen, vornehmlich aus Italien der 50'er und 60'er. Es ist wohltuend, dass hier nicht auf den Filmen herumgehackt, sondern eher versucht wird, ihrem eigentlichen Charakter (Hey, es ist Popcornkino) gerecht zu werden. Nur wenn denn ein Film arg zu schlecht ist, dann wird er auch verrissen.

Etwas unglücklich ist die Sortierung des Lexikons. Die Filme werden zwar alphabetisch geordnet, aber bunt gewürfelt. In der Regel geht es nach dem Deutschen Verleihtitel, ist dieser jedoch nicht vorhanden, so reiht sich einfach der Originaltitel dazwischen. Das erschwert ein wenig die Suche, sollte der Leser nach einem Film suchen, von der er den O-Titel besitzt, der aber bei uns gelaufen ist. Im Anhang befindet glücklicherweise ein kompletter Index mit den originalen Titeln. Das ist trotzdem ein wenig umständlich.

Bei der Masse der nicht hier verliehenen Filme wäre das Lexikon besser komplett unter den O-Titeln abgehandelt worden und man hätte die Deutschen Titel als Index gebracht.

Das aber ist nicht wirklich ein Minuspunkt. Es wäre auch ungerecht, denn hier wurde mit viel Liebe zum Genre und zum Detail ein Filmbuch geschrieben, wie es in Deutschland nur sehr selten erscheint. Der Informationsgehalt ist ungeheuer hoch, der Lesespaß ist jederzeit vorhanden.

Das Buch braucht sich wahrlich nicht zu verstecken und hält jederzeit einen Vergleich mit international hochwertigen Publikationen wie etwa aus dem Hause McFarland stand.

Ich kann nur, nein ich muss einfach eine Empfehlung aussprechen. Sollte den weiteren Büchern aus diesem Verlag auch nur ansatzweise eine ähnlich sorgfältige Bearbeitung widerfahren, so kann man, ganz ehrlich, nur ins Schwärmen geraten.

TOTENKOPF UND WEISSE SEGEL
Lexikon des klassischen Piratenfilms
von ANDREA RENNSCHMID
168 Seiten, DIN-A4 Hardcover, 70 Abbildungen, teilw. Farbe
ISBN 978-3980939003
Reinhard Weber Fachverlag für Filmliteratur

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