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# 108: Verlorene Seelen, Islandpullover, Peitschen und Massaker

As Times Goes by# 108: Verlorene Seelen, Islandpullover, Peitschen und Massaker

Der Stuhl hob mich auf dem Zeltcon aus der Masse der Besucher empor und gab mir das Gefühl eine höhere Lebensform zu sein. Das war ein schönes Gefühl, die Leute vor mir im Staub sitzen zu sehen. Aber es gab noch einiges, was sich lohnt zu erzählen.

Im Sommer 1983 drehten die berühmten Filmemacher Giesa & Michael den Film Satans Todesschwadron. Eine Verfilmung der Abenteuer eines berühmten französischen Parapsychologen, der lt. W. K. Giesa „immer genug Kleingeld in der Tasche hat und nie zum Klo muߓ.

Der Zeltcon bot eine ideale Kulisse und willige Opfer für einige Massenszenen, die flugseilends in den Film geschrieben wurden. Am Samstagvormittag waren wir kurz einkaufen und noch jemanden vom Bahnhof holen. Als wir wieder zurück waren, hatte Manfred Feuerriegel in der Maske eines Dämons mehr als 50 % der Conbesucher kameragerecht getötet und dabei insbesondere der ausgesprochen ansehnlichen Schwester Martin Dembowsky besonders viel Aufmerksamkeit zu widmen. Als ich den Film das erste Mal sah fiel mir etwas auf. Und es mag eine optische Täuschung gewesen sein, aber seine Hände (mit einer dämonischen Latexdarstellung einer Klaue überzogen) verweilten einen Moment an der Brust des Opfers. Es gibt da zwei Möglichkeiten: Entweder war es eine optische Täuschung oder aber die Schauspielerin blieb wunderbar in der Rolle, ohne dem Drang zu folgen der Kampfkugel eine zu drücken.

Da der Badesee ob der außergewöhnlich hohen Temperaturen gut besucht war, diente auch dieser dem Film. Die Badenden gaben Leidende Seelen, die in den Tiefen der Hölle für ihre Sünden büßten. Insbesondere Norbert Aichele tat sich dabei hervor. Er litt so überzeugend, dass er zum Zentrum der Szene wurde. Um den Eindruck der Hölle zu erzeugen und zu verstärke, wurde ein Rotfilter vors Objektiv geklemmt. Insgesamt ein teilweise glaubwürdiger Effekt.

Nach diesen Szenen nahte der Auftritt eines Schauspielers, der bisher lediglich auf der Bühne brilliert hatte. In Murder at Nine spielte er den Inspector Price vom CID, in mehreren Bauernschwänken den jugendlichen Liebhaber, in Schule gestern – Schule morgen brillierte er in einer Aufsehen erregenden Doppelrolle als Lehrer im 19. Jahrhundert und 9jähriger Schüler im 23. Jahrhundert. Kurzum – Ein Bühnenstar wie er im Buche steht. Bei Filmen rümpfte er die Nase und fand dieses Kommerzgemache offiziell nicht gut, aber nnerlich drängte es ihn, den Film zu erobern...

Und der Bühnenstar bekam gleich eine Doppelrolle. Natürlich spielte ich einen der Helden des Zamorra-Kosmos. Colonel Balder Odinson und dann noch einen Dämon. Dieser Dämon hatte einen Nachteil. War er doch in einen Wintermantel gehüllt, der dafür sorgte, dass der Träger bei minus fünfzehn Grad Celsius noch Schweißausbrüche bekommt. Dann noch eine Gummimaske über den Kopf (ich wollte Bela Lugosis Fehler nicht wiederholen, einfach auf die Monsterrolle zu verzichten, weil ich unbedingt meinen Charakterkopf zeigen wollte).

Aber was musste der Bühnenstar aus Kehdingen leiden. Bei vierzig Grad in der Sonne in dem Mantel unter der Maske. Und die Stunts selber spielen, als Asmodis (Rolf Michael) mich mit Wonne auspeitscht, weil der von mir gespielte Dämon versagte.

Als der Dreh im Kasten war und das berühmte: „Kopieren!“ gerufen war, trank ich zwei Liter eines coffeinhaltigen Erfrischungsgetränks aus Atlanta/Georgia auf Ex und hatte den Flüssigkeitsverlust nicht mal annährend ausgeglichen.

Der zweite Dreh war einfacher. Als Balder Odinson saß ich am Schreibtisch (den von Rolf Michael in seiner Wohnung in Ahnatal), telefonierte und nahm von einem Subalternen (gespielt von Manfred Feuerriegel) Nachrichten entgegen.

Das war ein großartiges Erlebnis in einem solch schlechten Film mitzuwirken. Kein Wunder, dass meine Filmkarriere ins Stocken geriet. Und ist es nicht symbolisch für unser Land, dass meine Bühnenkarriere zu Ende ging, nur weil ich einem Trashfilm mitgewirkt habe...

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