60 ist doch kein Alter - Norbert Aichele ist tot
60 ist doch kein Alter
Norbert Aichele ist tot
Der Beginn einer wundervollen Freundschaft, wie es schon in einem unvergesslichen Film hieß. Wir waren aber weder die Filmfiguren Rick und Renault, noch die Schauspieler Bogart und Rains. Aber wir waren schon ein seltsames Paar (und Unger und Madisson waren wir auch nicht). Uns verband, so schien es auf den ersten Blick, kaum mehr als die Leidenschaft für Dan Shocker, Horrorheftromane und Filme.
Und doch wäre aus der gegenseitigen Sympathie fast nie eine Freundschaft geworden. Briefe (ein oder zwei) wurden ausgetauscht. Aber weder Norbert noch ich waren die produktiven Typen für eine Brieffreundschaft. Wir verloren uns dann gleich wieder aus dem Auge. Dann war aber Halloween auf der Burg Frankenstein, und wieder kam Marlos dazwischen. Jürgen Grasmück hatte es sich in den Kopf gesetzt, sein Club, der Dan Shocker's Fantastik Club ›Marlos‹, sollte Regionalgruppen bilden.
Die Aktionsgruppe 2000 wurde geboren, und obwohl es damals schweineteuer war, telefonierten Norbert und ich nun. Das gab unser Freundschaft ganz neue Impulse. Die unvergessliche Reise nach Altenstadt, um die Reginalgruppen zu gründen und mit dem Chef Pläne zu entwickeln. Eine faszinierendes Wochenende, und Dan Shocker selbst gab dem Magazin seinen Namen: Zauberspiegel.
So oft es Norberts Dienst bei der Bundeswehr zuließ, traf man sich in Drochtersen oder in Harburg. Unzählige Zigaretten wurden gequarzt und jede Menge Coca Cola getrunken. Dazu Filme geguckt (der Boom der Videos setzte gerade ein). Norbert verfügte zunächst über einen Betamax, der seinen Dienst bis ins neue Jahrtausend tat, und einen VHS-Recorder. Was haben wir damals neben all dem Zauberspiegel-Kram Filme geguckt. Neben dem ganzen phantastischen Kram auch gern mal ne Komödie. Beim Humor lagen wir häufig auf einer Wellenlänge.
Aus der Aktionsgruppe 2000 (gemeint war die Postleitzahl und nicht das Jahr) wurde der "HFC Söhne der Zauberer". Aber Norbert verlor die Lust am Leiten und stieg aus. Er wollte schreiben. Mir macht das auch nicht immer Spaß, aber um den Print-Zauberspiegel am Leben zu erhalten, gab ich dann den furchtlosen Anführer - und tue das beim Online-Zauberspiegel bis heute. Aber aus dem Zauberspiegel wurde dann das unabhängige Magazin, da er bis heute ist. Das Organ eines Club schleppt einfach viel Ballast mit sich herum.
Aber auch als Norbert sich von der Leitung verabschiedet hatte, hatten wir zusammen viel Spaß. Norberts Vater lud uns einmal in den Achtzigern zum DFB-Pokalspiel Bergedorf 85 gegen den FC Bayern ein (Bergedorf unterlag nach großem Kampf). Wir machten eben immer wieder Dinge auch abseits dessen, was uns zusammengebracht hat. So besuchten wir dann auch das erste und einzige NDW-Festival in Stade. Erschreckend, aber ein toller Abend mit dem Höhepunkt Morgenrot und dem Tiefpunkt Marcus, dessen Guitarrist noch sein Instrument suchte, als die Band schon spielte.
Als der Zauberspiegel-Online sich entwickelte, war Norbert als Mitarbeiter im Hintergrund dabei, dachte und überlegte mit, schrieb seine Artikel und war für uns ein wichtiges Mitglied.
Wir verloren uns nicht aus den Augen, obwohl wir uns lange nicht sahen, wurden wir uns nur einmal fremd und haben uns dann doch wieder zusammengerauft - gerade dafür sind Bettina und ich unheimlich dankbar - dass wir uns vor seinem Tod noch ein paar Mal getroffen haben, telefonierten, er hier bei uns zu Besuch sein konnte. Aus diesen frühen Jahren habe ich in der Kolumne As Time Goes By aus der Gründerzeit so manch unvergessliches Erlebnis erzählt. Wer Lust hat, mag mal dort suchen. Da findet man so manch seltsames Ereignis aus den frühen Jahren.
Gerade heute dachte wieder an all die alten Geschichten. Bekannte und auch die nur uns bekannten. Denn heute Nachmittag erfuhr ich, dass Norbert bereits am 20. Mai diesen Jahres in einem Harburger Krankenhaus verstorben ist. Seine Gesundheit war schon seit Jahren nicht die Beste. Norbert war auch schon mal tot, konnte aber reanimiert werden. Aber gerade im letzten Jahr baute er immer mehr ab. Er wollte immer wieder schreiben, aber Diabetes, Ödeme und anderes verhinderte, dass er viele seiner Pläne umsetzen konnte. Diesmal war es nicht seine Faulheit, die seine Pläne zunichte machte, sondern seine diversen Krankheiten.
Aus nächtelangen Filmschlachten wurden Nachmittage bei Kaffee und stillem Wasser, Ausflüge mit dem Auto ins Alte Land, oder eine Einsdiele in Harburg, seit wir hier in der Wilstermarsch wohnten.
Noch am Tag vor seinem Tod hatten wir telefoniert, weil er wieder mal meinen Geburtstag vergessen hatte. Er maulte noch rum, dass sein Geschenk nun herumliegt. Ich werde nun nie mehr erfahren, was ich von ihm hätte kriegen sollen, Bettina hatte er am Telefon etwas erzählt von Filmen auf DVD. So wird die kommende Folge seiner Kolumne über schlechte Filme am nächsten Sonntag die letzte sein, die von ihm veröffentlicht werden wird. Ich habe jede einzelne Folge genossen.
Wir wissen, dass es eine Menge Material auf seinem Rechner gibt, von dem er uns immer wieder erzählt hatte, mal per Mail einen kleinen Einblick schickte, das er für den Zauberspiegel geschrieben hatte, das wir sehen sollten, aber das unerreichbar ist, denn Norbert war allein.
Ich vermisse Norbert. Mehr als ich in ein paar dürren Zeilen ausdrücken kann. Der Zauberspiegel wird ihm zu Ehren heute nur mit diesem einen Beitrag erscheinen. Mehr gibt es heute nicht. Heute halten wir inne und sind sicher, dass es einige von euch gibt, die dies auch tun. Wenn jemand noch etwas über Norbert erzählen möchte, dann schreibt uns.
Ich gedenke demjenigen, mit dem ich den Zauberspiegel in seiner Druckform damals aus der Taufe hob, und der zu Anfang sein Motor war, der maßgeblich das Projekt vorantrieb und mich anfeuerte nicht aufzugeben, der den Online Zauberspiegel mit Rat und Tat unterstützte, auch wenn er nicht im Leitungsteam war.
Kommentare
Wir waren befreundet und wissen Dinge wie Krankenhaus etc, wo er gewesen ist. Warum interessiert dich das?
Na ja, ich kann den Hintergrund der Frage schon verstehen und glaube auch nicht, das Demon Girl dies jetzt böse gemeint hat.
Ich lebe ja auch alleine und wenn mir was passieren würde, würde man wohl auch erst dann ein unwohles Gefühl bekommen, wenn plötzlich von mir keine Artikel mehr kommen und auch keine Reaktion mehr auf Telefonanruf oder Mail zu erreichen wäre.
Die Welt ist ja mittlerweile oft so, das man nicht mal mehr weiß, wie es gerade z.B. dem Nachbarn geht. Und wenn dann niemand da ist, der einen informiert, dann kann es fasst unmöglich werden, dann noch genaueres zu erfahren, wenn die betreffende Person nicht gerade um die Ecke wohnt.
So...oder so.-sehe ich keinen wirklichen Grund für einen solchen Aufriss ( seitens D.G.)..
Ich kann dir in dem Fall eigentlich nur ein paar Hinweise und Tipps geben.
Vordrucke/Formulierungshilfen und Hinweise auf evtl notwendige Eintragungen in Listen, bei Notaren und so hier:
www.bmjv.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Betreuungsrecht/Betreuungsrecht_node.html
Es ist kein Thema, mit dem man sich gerne beschäftigt, geht mir auch so, aber ich finde, gerade wenn man allein ist, ist es notwendig.
Viele Grüße,
Bettina
Ehrlich gesagt, hatte ich mich mit diesen Dingen auch noch nicht wirklich beschäftigt.
Es ist auch nicht wirklich schön, sich damit zu beschäftigen. Ausschlaggebend war für mich damals nach dem Tod meines Lebensgefährten die Tatsache, dass ich für die beiden Katzen verantwortlich war ... und irgendwie auch für mich ...
Gruß,
Bettina
Soeben musste ich von Norberts Tod erfahren. Ich durfte ihn 23 Jahre meinen Freund nennen. Auch wenn es immer mal Zeiten gab,in denen wir weniger Kontakt hatten,hatte die Freundschaft immer Bestand. Bei unserem letzten Telefonat ca 1 Woche vor seinem Ableben hatte er noch Pläne. Er wollte gerne wieder zu uns nach Bremen kommen. Ich hätte ihn sogar aus Harburg abgeholt. Leider kamen wieder Komplikationen dazu. Er hatte sich sogar ein Smartphone zugelegt,wogegen er sich jahrelang zuvor sträubte Seine letzte Watts App bekam ich am Samstag,zwei Tage vor dem Ende.
ALTER FREUND,DU WIRST MIR FEHLEN!!!!!!!!!!!!!