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60 ist doch kein Alter - Norbert Aichele ist tot

Zauberwort - Der Leit(d)artikel60 ist doch kein Alter
Norbert Aichele ist tot

Frankfurt 1981. Mein erster Marlos Con. Uwe Schnabel der Organisator. Dan Shocker der Ehrengast. W.K. Giesa brachte Rolf Michael, dessen Bruder Peter und Hans Klipp mit. Mechthilde Weichel und andere waren da. Dazu aus Hamburg Harburg dann noch Norbert Aichele und Jörn Drögemöller.

Norbert und ich verstanden uns auf Anhieb.

Zauberwort - Der Leit(d)artikelDer Beginn einer wundervollen Freundschaft, wie es schon in einem unvergesslichen Film hieß. Wir waren aber weder die Filmfiguren Rick und Renault, noch die Schauspieler Bogart und Rains. Aber wir waren schon ein seltsames Paar (und Unger und Madisson waren wir auch nicht). Uns verband, so schien es auf den ersten Blick, kaum mehr als die Leidenschaft für Dan Shocker, Horrorheftromane und Filme.

Und doch wäre aus der gegenseitigen Sympathie fast nie eine Freundschaft geworden. Briefe (ein oder zwei) wurden ausgetauscht. Aber weder Norbert noch ich waren die produktiven Typen für eine Brieffreundschaft. Wir verloren uns dann gleich wieder aus dem Auge. Dann war aber Halloween auf der Burg Frankenstein, und wieder kam Marlos dazwischen. Jürgen Grasmück hatte es sich in den Kopf gesetzt, sein Club, der Dan Shocker's Fantastik Club ›Marlos‹, sollte Regionalgruppen bilden.

Die Aktionsgruppe 2000 wurde geboren, und obwohl es damals schweineteuer war, telefonierten Norbert und ich nun. Das gab unser Freundschaft ganz neue Impulse. Die unvergessliche Reise nach Altenstadt, um die Reginalgruppen zu gründen und mit dem Chef Pläne zu entwickeln. Eine faszinierendes Wochenende, und Dan Shocker selbst gab dem Magazin seinen Namen: Zauberspiegel.

So oft es Norberts Dienst bei der Bundeswehr zuließ, traf man sich in Drochtersen oder in Harburg. Unzählige Zigaretten wurden gequarzt und jede Menge Coca Cola getrunken. Dazu Filme geguckt (der Boom der Videos setzte gerade ein). Norbert verfügte zunächst über einen Betamax, der seinen Dienst bis ins neue Jahrtausend tat, und einen VHS-Recorder. Was haben wir damals neben all dem Zauberspiegel-Kram Filme geguckt. Neben dem ganzen phantastischen Kram auch gern mal ne Komödie. Beim Humor lagen wir häufig auf einer Wellenlänge.

Aus der Aktionsgruppe 2000 (gemeint war die Postleitzahl und nicht das Jahr) wurde der "HFC Söhne der Zauberer". Aber Norbert verlor die Lust am Leiten und stieg aus. Er wollte schreiben. Mir macht das auch nicht immer Spaß, aber um den Print-Zauberspiegel am Leben zu erhalten, gab ich dann den furchtlosen Anführer - und tue das beim Online-Zauberspiegel bis heute. Aber aus dem Zauberspiegel wurde dann das unabhängige Magazin, da er bis heute ist. Das Organ eines Club schleppt einfach viel Ballast mit sich herum.

Aber auch als Norbert sich von der Leitung verabschiedet hatte, hatten wir zusammen viel Spaß. Norberts Vater lud uns einmal in den Achtzigern zum DFB-Pokalspiel Bergedorf 85 gegen den FC Bayern ein (Bergedorf unterlag nach großem Kampf). Wir machten eben immer wieder Dinge auch abseits dessen, was uns zusammengebracht hat. So besuchten wir dann auch das erste und einzige NDW-Festival in Stade. Erschreckend, aber ein toller Abend mit dem Höhepunkt Morgenrot und dem Tiefpunkt Marcus, dessen Guitarrist noch sein Instrument suchte, als die Band schon spielte.

Als der Zauberspiegel-Online sich entwickelte, war Norbert als Mitarbeiter im Hintergrund dabei, dachte und überlegte mit, schrieb seine Artikel und war für uns ein wichtiges Mitglied.

Wir verloren uns nicht aus den Augen, obwohl wir uns lange nicht sahen, wurden wir uns nur einmal fremd und haben uns dann doch wieder zusammengerauft - gerade dafür sind Bettina und ich unheimlich dankbar - dass wir uns vor seinem Tod noch ein paar Mal getroffen haben, telefonierten, er hier bei uns zu Besuch sein konnte. Aus diesen frühen Jahren habe ich in der Kolumne As Time Goes By aus der Gründerzeit so manch unvergessliches Erlebnis erzählt. Wer Lust hat, mag mal dort suchen. Da findet man so manch seltsames Ereignis aus den frühen Jahren.

Gerade heute dachte wieder an all die alten Geschichten. Bekannte und auch die nur uns bekannten. Denn heute Nachmittag erfuhr ich, dass Norbert bereits am 20. Mai diesen Jahres in einem Harburger Krankenhaus verstorben ist. Seine Gesundheit war schon seit Jahren nicht die Beste. Norbert war auch schon mal tot, konnte aber reanimiert werden. Aber gerade im letzten Jahr baute er immer mehr ab. Er wollte immer wieder schreiben, aber Diabetes, Ödeme und anderes verhinderte, dass er viele seiner Pläne umsetzen konnte. Diesmal war es nicht seine Faulheit, die seine Pläne zunichte machte, sondern seine diversen Krankheiten.

Aus nächtelangen Filmschlachten wurden Nachmittage bei Kaffee und stillem Wasser, Ausflüge mit dem Auto ins Alte Land, oder eine Einsdiele in Harburg, seit wir hier in der Wilstermarsch wohnten.

Noch am Tag vor seinem Tod hatten wir telefoniert, weil er wieder mal meinen Geburtstag vergessen hatte. Er maulte noch rum, dass sein Geschenk nun herumliegt. Ich werde nun nie mehr erfahren, was ich von ihm hätte kriegen sollen, Bettina hatte er am Telefon etwas erzählt von Filmen auf DVD. So wird die kommende Folge seiner Kolumne über schlechte Filme am nächsten Sonntag die letzte sein, die von ihm veröffentlicht werden wird. Ich habe jede einzelne Folge genossen.

Wir wissen, dass es eine Menge Material auf seinem Rechner gibt, von dem er uns immer wieder erzählt hatte, mal per Mail einen kleinen Einblick schickte, das er für den Zauberspiegel geschrieben hatte, das wir sehen sollten, aber das unerreichbar ist, denn Norbert war allein.

Ich vermisse Norbert. Mehr als ich in ein paar dürren Zeilen ausdrücken kann. Der Zauberspiegel wird ihm zu Ehren heute nur mit diesem einen Beitrag erscheinen. Mehr gibt es heute nicht. Heute halten wir inne und sind sicher, dass es einige von euch gibt, die dies auch tun. Wenn jemand noch etwas über Norbert erzählen möchte, dann schreibt uns.

Ich gedenke demjenigen, mit dem ich den Zauberspiegel in seiner Druckform damals aus der Taufe hob, und der zu Anfang sein Motor war, der maßgeblich das Projekt vorantrieb und mich anfeuerte nicht aufzugeben, der den Online Zauberspiegel mit Rat und Tat unterstützte, auch wenn er nicht im Leitungsteam war.

Norbert Aichele
28.01.1959 - 20.05.2019

Kommentare  

#31 Bettina.v.A. 2019-07-06 20:12
zitiere Demon Girl:
Wenn Norbert Aichele tatsächlich allein gelebt hat, dann frage ich mich allerdings, wie Horst davon erfahren hat, dass er nicht mehr am Leben ist.

Wir waren befreundet und wissen Dinge wie Krankenhaus etc, wo er gewesen ist. Warum interessiert dich das?
#32 Friedhelm 2019-07-06 21:19
Zitat:
Einen Teilaspekt von ihm hast du in seinen Artikeln ja auch wirklich kennengelernt, auch wenn es nur ein Teil war. Das ist es, finde ich, was so Magazine ausmacht.
Dieser tragische Einschnitt wird uns ganz sicher noch eine Weile beschäftigen. Und damit geht ja auch jeder anders um. Für meine Person habe ich daraus eine (längst überfällige) Lehre gezogen. Unter anderem werde ich künftig nicht mehr soviel über meine eigenen, gesundheitlichen Probleme jammern - sondern diese einfach annehmen und endlich wieder zur Tat schreiten. Es warten Aufgaben, die erledigt werden wollen. Dabei fällt mir Norberts Kommentar zu meinem Artikel über die "Euro-Superhelden" ein: "Hat mir gut gefallen, Friedhelm. Warum hast du an dir gezweifelt?" Jetzt kann ich nur noch sagen: "Weiss ich auch nicht, Norbert. Aber, ich pack's wieder an..."
#33 Laurin 2019-07-06 23:04
zitiere BettinaM.:
zitiere Demon Girl:
Wenn Norbert Aichele tatsächlich allein gelebt hat, dann frage ich mich allerdings, wie Horst davon erfahren hat, dass er nicht mehr am Leben ist.

Wir waren befreundet und wissen Dinge wie Krankenhaus etc, wo er gewesen ist. Warum interessiert dich das?

Na ja, ich kann den Hintergrund der Frage schon verstehen und glaube auch nicht, das Demon Girl dies jetzt böse gemeint hat.
Ich lebe ja auch alleine und wenn mir was passieren würde, würde man wohl auch erst dann ein unwohles Gefühl bekommen, wenn plötzlich von mir keine Artikel mehr kommen und auch keine Reaktion mehr auf Telefonanruf oder Mail zu erreichen wäre.
Die Welt ist ja mittlerweile oft so, das man nicht mal mehr weiß, wie es gerade z.B. dem Nachbarn geht. Und wenn dann niemand da ist, der einen informiert, dann kann es fasst unmöglich werden, dann noch genaueres zu erfahren, wenn die betreffende Person nicht gerade um die Ecke wohnt.
#34 Friedhelm 2019-07-07 00:04
Zitat:
ch lebe ja auch alleine und wenn mir was passieren würde, würde man wohl auch erst dann ein unwohles Gefühl bekommen, wenn plötzlich von mir keine Artikel mehr kommen und auch keine Reaktion mehr auf Telefonanruf oder Mail zu erreichen wäre.
Zumindest in dieser HInsicht habe ich es da wohl besser. Zum einen lebe ich seit 16 Jahren in einer Beziehung - und dann sind da noch 4 Schwestern, meine gute, alte Mutter (inzwischen 89 Jahre alt)und ein paar andere Menschen, die mir wohlgesonnen sind. Da würde man bereits nach ein paar Stunden beunruhigt sein, wenn ich nichts von mir hören ließe. Im Zauberspiegel würde meine "Abwesenheit" gar nicht auffallen, weil ich eben nur selten abliefere. Mir ist allerdings auch nicht ganz klar, warum "Demon Girl" so eine Welle macht.
So...oder so.-sehe ich keinen wirklichen Grund für einen solchen Aufriss ( seitens D.G.)..
#35 Bettina.v.A. 2019-07-07 18:21
zitiere Laurin:
(...) Ich lebe ja auch alleine und wenn mir was passieren würde, würde man wohl auch erst dann ein unwohles Gefühl bekommen, wenn plötzlich von mir keine Artikel mehr kommen und auch keine Reaktion mehr auf Telefonanruf oder Mail zu erreichen wäre.
(...)Und wenn dann niemand da ist, der einen informiert, dann kann es fasst unmöglich werden, dann noch genaueres zu erfahren, wenn die betreffende Person nicht gerade um die Ecke wohnt.

Ich kann dir in dem Fall eigentlich nur ein paar Hinweise und Tipps geben.
  • Zum einen kann ich nur empfehlen, eine Patientenverfügung zu machen und darin genau die Personen zu benennen, die von Behörden, Ämtern, Klinik etc Informationen über deine persönliche Situation erhalten dürfen, mit Name, Adresse, Tel.nr, Beziehung etc., auch, wer nach deinem Tod die Wohnung betreten darf
  • Dann solltest du unbedingt ein Testament machen, wenn du willst, dass Personen, die nicht mit dir verwandt sind, Dinge aus deinem persönlichen Besitz erhalten, zB "meine Sammlung an Heftromanen soll an die Phantastische Bibliothek gehen" etc. Ebenso der Umgang mit Dingen wie Texte, die du verfasst hast, und die für die "Verwerter" eines Erbes von keinem/geringem finanziellem Wert sind - in riesiges Thema ist auch der digitale Nachlass (nicht nur wer bekommt es, sondern auch Passwörter und so, zB für mich als Hobbyahnenforscherin, wohin soll mein Genealogiekram gehen)
  • Wenn du alleinstehend bist, sollte außer der Patientenverfügung und Testament eine Vorsorgevollmacht gemacht werden, damit geklärt ist, wer evtl Betreuer etc werden soll.
  • Alle relevanten Dokumente sollten in Kopie bei Hausarzt, Bank, relevanten Freunden und Verwandten liegen, jeder von ihnen sollte wissen, wer noch diese Infos und Dokumente hat.
  • Nichts offizielles, aber echt sinnvoll ist diese Notfalldose: www.notfalldose.de/ durch den Aufkleber an der Tür erfahren die Helfer, dass es diese Dose gibt, idR wissen die auch, dass die im Kühlschrank ist.
  • In deinen Geldbeutel einen Medikamentenplan, Hinweis auf Existenz von Patientenverfügung etc, wo die sind, soweit vorhanden auf die Notfallose.

Vordrucke/Formulierungshilfen und Hinweise auf evtl notwendige Eintragungen in Listen, bei Notaren und so hier:
www.bmjv.de/DE/Themen/VorsorgeUndPatientenrechte/Betreuungsrecht/Betreuungsrecht_node.html
Es ist kein Thema, mit dem man sich gerne beschäftigt, geht mir auch so, aber ich finde, gerade wenn man allein ist, ist es notwendig.
Viele Grüße,
Bettina
#36 Laurin 2019-07-08 10:02
Danke für die Infos, Bettina.
Ehrlich gesagt, hatte ich mich mit diesen Dingen auch noch nicht wirklich beschäftigt.
#37 Friedhelm 2019-07-08 10:28
Geht mir genauso wie Laurin - bisher "wollte ich von diesem Thema gar nichts wissen." Aber jetzt sieht man ja, wie wichtig es ist, die wichtigsten Dinge zu regeln. Wir sind halt auch in einem gefährlichen Alter - da kann es ohnehin schnell mal vorbei sein.
#38 Bettina.v.A. 2019-07-08 17:02
zitiere Laurin:
Danke für die Infos, Bettina.
Ehrlich gesagt, hatte ich mich mit diesen Dingen auch noch nicht wirklich beschäftigt.

Es ist auch nicht wirklich schön, sich damit zu beschäftigen. Ausschlaggebend war für mich damals nach dem Tod meines Lebensgefährten die Tatsache, dass ich für die beiden Katzen verantwortlich war ... und irgendwie auch für mich ...
Gruß,
Bettina
#39 VM 2019-07-10 23:30
Eine sehr traurige Meldung. Mir tut es sehr leid. Ich hätte Norbert noch einige gute Jahre gewünscht.
#40 Hartmut Schuette 2019-07-14 18:29
Aua!!!!!!!!
Soeben musste ich von Norberts Tod erfahren. Ich durfte ihn 23 Jahre meinen Freund nennen. Auch wenn es immer mal Zeiten gab,in denen wir weniger Kontakt hatten,hatte die Freundschaft immer Bestand. Bei unserem letzten Telefonat ca 1 Woche vor seinem Ableben hatte er noch Pläne. Er wollte gerne wieder zu uns nach Bremen kommen. Ich hätte ihn sogar aus Harburg abgeholt. Leider kamen wieder Komplikationen dazu. Er hatte sich sogar ein Smartphone zugelegt,wogegen er sich jahrelang zuvor sträubte Seine letzte Watts App bekam ich am Samstag,zwei Tage vor dem Ende.
ALTER FREUND,DU WIRST MIR FEHLEN!!!!!!!!!!!!!

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